Europarecht

Zuständigkeit Schwedens für die Durchführung des Asylverfahrens

Aktenzeichen  M 1 S 18.50250

Datum:
21.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 21789
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 34a Abs. 2
Dublin III-VO

 

Leitsatz

Das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Schweden weisen keine systemischen Schwachstellen auf, die eine Gefahr der unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung mit sich bringen. (Rn. 8 – 11) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Anträge werden abgelehnt.
II. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Die – nicht ordnungsgemäß ausgewiesenen – Antragsteller sind nach ihren Angaben ukrainische Staatsangehörige und reisten am …11.2017 nach Deutschland ein. Am 14.12.2017 stellten sie förmliche Asylanträge.
Nachdem eine EURODAC-Abfrage ergab, dass sich die Antragsteller zuvor in Schweden aufgehalten hatten, richtete das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) gemäß der Dublin III-VO ein Übernahmeersuchen an Schweden, welchem fristgerecht entsprochen wurde.
Mit Bescheid vom 17. Januar 2018 lehnte das Bundesamt den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheids), stellte fest, dass Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 2), und ordnete die Abschiebung der Antragsteller nach Schweden an (Nr. 3). In Nr. 4 des Bescheids wurde das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 3 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet. Auf die Begründung des Bescheids wird verwiesen.
Die Antragsteller erhoben gegen diesen Bescheid am 25.1.2018 Klage (M 1 K 18.50749) und beantragten zugleich im vorliegenden Verfahren, die aufschiebende Wirkung der Klage gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Zur Begründung trugen die Antragsteller im Wesentlichen vor, eine mögliche Abschiebung nach Schweden sei für die Kinder mit einer starken psychischen Belastung verbunden und müsse deshalb unterbleiben. Außerdem bestehe im Falle der Abschiebung nach Schweden die Gefahr einer Abschiebung in die Ukraine, was angesichts der dortigen Lage rechtswidrig sei.
Zum weiteren Sach- und Rechtsstand wird auf die Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der nach § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO zulässige Antrag ist unbegründet.
Die von den Antragstellern erhobene Klage entfaltet von Gesetzes wegen keine aufschiebende Wirkung, § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO, § 75 Abs. 1 AsylG. Das Gericht der Hauptsache kann nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Grundlage der Entscheidung ist eine eigene Interessenabwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse der Antragsteller und dem Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin. Ein gewichtiges Indiz sind dabei die Erfolgsaussichten des Hauptsacheverfahrens. Vorliegend überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin das Aussetzungsinteresse der Antragsteller, da die Abschiebungsanordnung gemäß § 34a Abs. 1 AsylG rechtmäßig ist. Nach § 34a Abs. 1 AsylG ordnet das Bundesamt die Abschiebung eines Ausländers in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Diese Voraussetzungen sind gegeben.
Das Bundesamt hat zu Recht seine Zuständigkeit für die Durchführung der Asylverfahren abgelehnt (1.) und das Vorliegen von Abschiebungshindernissen verneint (2.).
1. Schweden ist nach den Bestimmungen der Dublin III-VO der für die Durchführung des Asylverfahrens der Antragsteller zuständige EU-Mitgliedstaat.
Besondere Umstände, die die ausnahmsweise Zuständigkeit der Antragsgegnerin nach Art. 3 Abs. 2 Unterabs. 2 und 3 Dublin III-VO begründen oder nach Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO rechtfertigen bzw. bedingen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere können die Antragsteller ihrer Überstellung nach Schweden nicht mit dem Einwand entgegentreten, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen in Schweden systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung i. S. d. Art. 4 der Grundrechtecharta (GRCh) mit sich bringen, sodass eine Überstellung nach Schweden unmöglich wäre (Art. 3 Abs. 2 UAbs. 2 und 3 Dublin III-VO) (VG Greifswald, B. v. 9. 1. 2017 – 3 B 2023/16 As HGW –, juris; VG Gelsenkirchen, B.v. 23. 11. 2016 – 6a L 2587/16.A – juris; VG Köln, B. v. 16.11.2016 – 4 L 2546/16.A – juris; VG Potsdam, B. v. 14.10.2016 – 6 L 899/16.A – juris). Das hat das Bundesamt in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung im Bescheid ebenso ausführlich wie zutreffend herausgearbeitet. Es besteht keinerlei Anlass zu Zweifeln, die Behandlung der Asylanträge in Schweden werde nicht dem nationalen und internationalen Recht entsprechen.
2. Die Klage gegen die Abschiebungsanordnung in Nr. 3 des Bescheids bleibt voraussichtlich auch ohne Erfolg, als im Rahmen der Anordnung zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote und inlandsbezogene Abschiebungshindernisse und Duldungsgründe zu prüfen sind (zu dieser Prüfungspflicht siehe BayVGH, B.v. 12.3.2014 – 10 CE 14.427 – juris). Hierzu haben sich die Antragsteller nicht substantiiert verhalten. Es kann auf die Bescheidsbegründung verwiesen werden, § 77 Abs. 2 AsylG.
3. Die Anträge waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG)


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