Familienrecht

Beschwerde gegen Verfahrensaussetzung

Aktenzeichen  III B 207/11

Datum:
20.2.2012
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BFH
Dokumenttyp:
Beschluss
Normen:
§ 31 BVerfGG
§ 26 EStG 2009
§ 26b EStG 2009
§ 74 FGO
Spruchkörper:
3. Senat

Leitsatz

1. NV: Die Aussetzung eines finanzgerichtlichen Verfahrens kann geboten sein, wenn vor dem BVerfG ein nicht als aussichtlos erscheinendes Musterverfahren gegen eine im Streitfall anzuwendende Norm anhängig ist, zahlreiche Parallelverfahren vorliegen und keiner der Verfahrensbeteiligten ein besonderes berechtigtes Interesse an einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der umstrittenen gesetzlichen Regelung hat.
2. NV: Setzt ein FG ein Verfahren, in dem es um die Zusammenveranlagung homosexueller Lebenspartner geht, im Hinblick auf die beim BVerfG anhängigen einschlägigen Verfassungsbeschwerden entsprechend § 74 FGO aus, so ist dies ermessensgerecht.

Verfahrensgang

vorgehend FG Düsseldorf, 20. Oktober 2011, Az: 9 K 1483/11 E, Beschluss

Tatbestand

1
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt –FA–) für das Jahr 2009 zusammen mit Herrn X, mit dem er in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebt, zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das FA lehnte dies ab und führte für den Kläger eine Einzelveranlagung durch. Dagegen wendet sich dieser mit Einspruch und Klage. Das Finanzgericht (FG) setzte das Verfahren durch Beschluss vom 20. Oktober 2011 nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) über die dort anhängigen Verfassungsbeschwerden 2 BvR 909/06 und 2 BvR 288/07 aus.
2
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers. Zur Begründung trägt er vor, das BVerfG habe die entscheidungserhebliche Rechtsfrage bereits beantwortet, so dass die Entscheidung über die Verfassungsbeschwerden, derentwegen das FG das Verfahren ausgesetzt habe, nicht vorgreiflich sei. Die Frage, ob die Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft einen Anspruch darauf hätten, im Steuerrecht wie Ehegatten behandelt zu werden, habe das BVerfG im Beschluss vom 21. Juli 2010  1 BvR 611/07, 1 BvR 2464/07 (BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295) bereits mit bindender Wirkung bejaht (vgl. § 31 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht –BVerfGG–). Diese Bindungswirkung dürfe von einem Fachgericht nicht durch eine Verfahrensaussetzung unterlaufen werden. Auch habe das FG seine Verpflichtung verletzt, wegen der Verfassungswidrigkeit der §§ 26, 26b des Einkommensteuergesetzes eine Vorlage nach Art. 100 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) an das BVerfG zu richten.


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