Familienrecht

Beschwerdewert eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage

Aktenzeichen  4 UF 1147/19

Datum:
23.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 49211
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
FamFG § 61 Abs. 1, § 68 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Der Beschwerdewert eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage richtet sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, wobei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen ist, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (ebenso BGH BeckRS 2018, 22365). (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zur Bewertung des Zeitaufwands ist auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet (ebenso BGH BeckRS 2015, 5681). (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
3. Das Interesse des zur Auskunftserteilung und Belegvorlage Verpflichteten an einer Klärung, ob sich der Leistungsanspruch (hier: Trennungsunterhalt), dessen Vorbereitung die Verpflichtung zur Auskunft und Belegvorlage dient, nach deutschem Recht richtet, erhöht den Beschwerdewert nicht. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 F 231/19 2019-07-30 Teilbeschluss AGKEMPTEN AG Kempten

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Teilbeschluss des Amtsgerichts – Familiengericht – Kempten (Allgäu) vom 30.07.2019 wird verworfen.
2. Der Antragsgegner hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf bis zu 500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin macht gegen den Antragsgegner Trennungsunterhalt im Wege eines Stufenantrags geltend.
Das Amtsgericht – Familiengericht – Kempten (Allgäu) hat mit Teilbeschluss vom 23.07.2019 den Antragsgegner zur Auskunftserteilung über sein Einkommen und zur Belegvorlage verpflichtet und dabei deutsches Unterhaltsrecht für anwendbar erachtet.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, mit der dieser die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und Zurückweisung der Anträge der Antragstellerin erstrebt, und deren Zurückweisung die Antragstellerin beantragt.
Der Senat wies hin, dass der Beschwerdewert nicht erreicht sein dürfte.
II.
Die Beschwerde des Antragsgegners ist als unzulässig zu verwerfen, § 68 Abs. 2 FamFG, da der Beschwerdewert von 600,00 €, § 61 Abs. 1 FamFG, nicht erreicht ist.
1. Der Beschwerdewert eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung und Belegvorlage richtet sich grundsätzlich nach dem Interesse des Rechtsmittelführers, die Auskunft nicht erteilen zu müssen, wobei auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen ist, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordert (BGH FamRZ 2014, 644; FamRZ 2018, 1762).
Zur Bewertung des Zeitaufwands ist insofern auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet. Der Stundensatz ist deshalb mit 3,50 € zu bemessen, § 20 JVEG (BGH FamRZ 2015, 838).
Insoweit wird vom Antragsgegner auch nichts erinnert.
2. Daneben können (lediglich) ein Geheimhaltungsinteresse, dies allerdings nur, wenn die Gefahr bestünde, dass die Antragsgegnerin die ihr offenbarten Tatsachen über das Verfahren hinaus weitergeben würde, oder bei einem nicht vollstreckbaren Inhalt des Vollstreckungstitels die mit einer Vollstreckungsabwehr verbundenen Kosten werterhöhend sein (BGH FamRZ 2014, 1100, 1696; 2016, 1448).
Ein besonderes Geheimhaltungsinteresse trug der Antragsgegner ebenso wenig vor wie Bedenken wegen eines nicht vollstreckbaren Inhalts der angefochtenen Entscheidung des Amtsgerichts.
3. Demgegenüber vermag das Interesse des Antragsgegners an einer Klärung, ob sich der von der Antragstellerin begehrte Trennungsunterhalt nach deutschem Recht richtet, den Beschwerdewert nicht zu erhöhen, weil sich dieser nicht bereits dann nach dem Interesse der Antragstellerin an der Erteilung der Auskunft bemisst, wenn die Auskunfts- und Belegvorlage nicht nur dem Umfang, sondern bereits dem Grunde nach bestritten ist.
Darauf, ob die Antragstellerin im Inland (bereits) einen gewöhnlichen Aufenthalt begründete, kommt es deshalb hier nicht an. Maßgeblich wäre vielmehr allein eine Beschwer, die dem Antragsgegner aufgrund des Tenors des angegriffenen Teilbeschlusses erwächst.
III.
Der Antrag des Antragsgegners auf einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bedarf keiner Entscheidung mehr, nachdem der Senat über dessen Beschwerde abschließend befand.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 FamFG.
Gegen diesen Beschluss findet die Rechtsbeschwerde statt, § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO.


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