Familienrecht

Coronavirus, SARS-CoV-2, Bescheid, Kostenerstattung, Akteneinsicht, Betreuer, Pflegeheim, FamFG, Verfahren, Erledigung, Gewerbe, Bestellung, Ermessen, Mutter, Zeitpunkt, Erstattung, von Amts wegen, Erledigung der Hauptsache, Fortsetzung des Verfahrens

Aktenzeichen  101 VA 140/21

Datum:
5.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13114
Gerichtsart:
BayObLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

XVII 1238/19 — AGDEGGENDORF AG Deggendorf

Tenor

1. Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt.
2. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aus der Staatskasse wird nicht angeordnet.

Gründe

I.
Für die während des Verfahrens nach §§ 23 ff. EGGVG verstorbene Antragstellerin existiert beim Amtsgericht Deggendorf – Betreuungsgericht – eine Betreuungsakte, Az. XVII 1238/19.
Mit Schreiben vom 1. Juni 2021 hat die weitere Beteiligte zu 1), eine kommunale Gebietskörperschaft, in Vollzug der Gewerbeordnung beim Amtsgericht – Betreuungsgericht – um Überlassung eines ärztlichen Gutachtens über den gesundheitlichen Zustand der Antragstellerin, welches die Grundlage zur Bestellung des Sohnes der Betroffenen als Betreuer gebildet habe, gebeten. Ihr sei bekannt geworden, dass der Sohn der Betreuten zum Betreuer bestellt worden sei. Dieser habe mitgeteilt, dass seine Mutter dement sei und in einem Pflegeheim lebe. Im Hinblick darauf, dass die Betreute aber noch eine gewerbliche Tätigkeit angemeldet habe, müsse sie, die weitere Beteiligte zu 1), davon ausgehen, dass das Gewerbe aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausgeübt werde. Der Betreuer sei daher aufgefordert worden, das Gewerbe seiner Mutter abzumelden (§ 14 GewO). Er sei jedoch nicht bereit, der Aufforderung nachzukommen. Er meine, als bestellter Betreuer komme er einem gesetzlichen Vertreter einer Geschäftsunfähigen gleich und könne damit das Gewerbe seiner Mutter fortführen (§ 1902 BGB). Diese Rechtsauffassung werde nicht geteilt, da die Berechtigung zur Ausübung eines Gewerbes nicht auf eine andere Person übertragbar sei. Es sei daher eine Gewerbeabmeldung von Amts wegen vorzunehmen (§ 14 GewO). In diesem Zusammenhang bitte sie um Überlassung des Gutachtens.
Mit Schreiben vom 2. Juni 2021 hat die weitere Beteiligte zu 2), eine Industrie- und Handelskammer, beim Amtsgericht – Betreuungsgericht – ebenfalls in Vollzug der Gewerbeordnung um Gewährung von Akteneinsicht zur Prüfung der gewerberechtlichen Zuverlässigkeit der Antragstellerin gebeten. Sie sei in Bayern – mit Ausnahme des Bezirks der Industrie- und Handelskammer Aschaffenburg – die zuständige Erlaubnis- und Aufsichtsbehörde u. a. für Immobilienmakler und Darlehensvermittler nach § 34c GewO. Der Antragstellerin seien mit Bescheid vom 27. Februar 1992 die Erlaubnisse als Immobilienmaklerin und Darlehensvermittlerin nach § 34c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GewO erteilt worden. Die weitere Beteiligte zu 1) habe sie darüber in Kenntnis gesetzt, dass die Antragstellerin, wie vom Betreuer, ihrem Sohn, mitgeteilt, dement sein solle. Dieser habe bei der weiteren Beteiligten zu 1) für die Antragstellerin eine Zweitschrift deren Gewerbeanmeldung beantragt, um Corona-Hilfen beantragen zu können. Es stehe die gewerberechtliche Zuverlässigkeit der Antragstellerin in Frage. Eine Ausübung des erlaubnispflichtigen Gewerbes durch den Betreuer erscheine nicht möglich, da die Betreute keine Aufsicht über die Tätigkeiten des Betreuers führen könne.
Die Antragstellerin, vertreten durch ihren Sohn als deren Betreuer, hat sich den Gesuchen der weiteren Beteiligten mit der Begründung widersetzt, dass es sich bei dem Akteneinsichtsgesuch der weiteren Beteiligten zu 1) um eine „Retourkutsche“ für eine gegen die zuständige Sachbearbeiterin der weiteren Beteiligten zu 1) erhobene „Disziplinarbeschwerde“ handele. Die Behörden hätten keine eindeutigen Tatsachen „vorgelegt“, die eine komplette Gewerbeabmeldung rechtfertigen würden.
Mit Beschluss vom 27. Juli 2021 hat das Amtsgericht – Betreuungsgericht -, nachdem die weiteren Beteiligten ihre Gesuche entsprechend beschränkt hatten, durch den mit dem Betreuungsverfahren befassten Richter unter Hinweis auf die Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 6. August 2020, Az. 1 VA 33/20 (FamRZ 2020, 1942), entschieden, dass den weiteren Beteiligten jeweils Auskunft durch Mitteilung des wesentlichen Ergebnisses des vor der Anordnung der Betreuung eingeholten Sachverständigengutachtens (zum Gesundheitszustand und zur Geschäftsfähigkeit) zu erteilen sei.
Mit Schriftsatz vom 19. August 2021, eingegangen beim Bayerischen Obersten Landesgericht am 20. August 2021, hat die Antragstellerin beantragt,
die gerichtliche Entscheidung gemäß § 23 Abs. 1 EGGVG herbeizuführen und den Beschluss des Amtsgerichts Deggendorf vom 27. Juli 2021, Az. XVII 1238/19, aufzuheben und den weiteren Beteiligten zu 1) und 2) die Akteneinsicht zu versagen.
Die weitere Beteiligte zu 2) hat sich mit Schreiben vom 30. September 2021 geäußert, die weitere Beteiligte zu 1) mit Schreiben vom 13. Oktober 2021.
Der Antragsgegner hat am 20. Oktober 2021 unter Vorlage des Ausgangsverfahrens zum Antrag Stellung genommen. Die Antragstellerin sei verstorben, so dass angeregt werde, das Verfahren für erledigt zu erklären. Eine entsprechende Erledigungserklärung werde abgegeben.
Der Antragsgegner beantragt,
eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin aus der Staatskasse nicht anzuordnen.
Es liege kein offensichtlich fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten des Amtsgerichts vor.
Nach gerichtlichen Hinweisen vom 22. Oktober 2021, 24. November 2021 und 10. Dezember 2021 hat der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 22. Dezember 2021 der Erledigungserklärung des Antragsgegners zugestimmt.
Er beantragt,
die außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin der Staatskasse aufzuerlegen.
Die Entscheidung des Amtsgerichts entspreche in keiner Weise den vom Bayerischen Obersten Landesgericht aufgestellten Voraussetzungen im Hinblick auf die Gewährung von Akteneinsicht in besonders sensible Gesundheitsdaten. Zudem sei dem Amtsgericht zum Zeitpunkt seiner Entscheidung bekannt gewesen, dass die weitere Beteiligte zu 1) Akteneinsicht nur deshalb begehre, da der Betreuer eine „Disziplinarbeschwerde“ gegen ihre Mitarbeiterin erhoben habe. Es habe „Vergeltung“ durch Abmeldung von Amts wegen sämtlicher Gewerbe geübt werden sollen. Die Entscheidung des Amtsgerichts sei außerdem nicht durch Justizverwaltungsakt, sondern durch Beschluss erfolgt.
Die weitere Beteiligte zu 1) hat mit Schreiben vom 7. Dezember 2021 erklärt, dass trotz des Todes der Antragstellerin an dem begehrten Vollzug der Akteneinsicht in dem vom Amtsgericht bewilligten Umfang festgehalten werde. Zur Abwicklung der gewerberechtlichen Meldepflichten nach § 14 GewO sei es weiterhin erforderlich, dass sie das Datum der tatsächlichen Beendigung der gewerblichen Tätigkeit durch die Antragstellerin erfahre und damit nachträglich die Daten ordnungsgemäß in die Gewerbedatenbank aufnehmen könne. Die tatsächliche Beendigung stünde zumindest in dem Zeitpunkt fest, zu dem der Antragstellerin eine eigenständige Gewerbeausübung aufgrund attestierter dauerhafter Störung ihrer geistigen Fähigkeiten nicht mehr möglich gewesen sei. An den Zeitpunkt der Beendigung der Gewerbeausübung sei ferner das Erlöschen der Firma geknüpft.
Die weitere Beteiligte zu 2) hat mitgeteilt, dass am Vollzug der Akteneinsicht wegen des Versterbens der Antragstellerin kein Interesse mehr bestehe.
II.
Das Verfahren ist durch den Tod der Antragstellerin gegenstandslos geworden, so dass nur noch über die Kostenfrage zu befinden ist.
1. Über die im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG anhängige Streitsache gegen die Entscheidung des mit dem Betreuungsverfahren befassten Richters ist wegen Erledigung der Hauptsache nicht mehr zu entscheiden.
a) Zwar findet § 22 Abs. 3 FamFG auch im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG Anwendung; dass in § 29 Abs. 3 EGGVG ausdrücklich nur auf § 17 FamFG und auf §§ 71 bis 74a FamFG verwiesen wird, beruht auf einem Versehen des Gesetzgebers. Ergänzend sind die übrigen Regelungen des FamFG heranzuziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2016, IX AR [VZ] 1/15, juris Rn. 15). Weil ein Verfahren der vorliegenden Art zudem nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag eines Beteiligten eingeleitet werden kann, ist der Anwendungsbereich des § 22 Abs. 3 FamFG hier eröffnet (vgl. § 22 Abs. 4 FamFG).
Es haben jedoch nicht sämtliche Beteiligte übereinstimmend und schriftlich erklärt, das Verfahren beenden zu wollen; eine derartige Erklärung kann jedenfalls der Stellungnahme der weiteren Beteiligten zu 1) vom 7. Dezember 2021 nicht ohne weiteres entnommen werden.
b) Indes kann dies dahinstehen, denn wegen des das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Antragstellerin betreffenden Streitgegenstands ist mit ihrem Tod Erledigung der Hauptsache eingetreten; dass ihr postmortales Persönlichkeitsrecht betroffen wäre, ist nicht ersichtlich.
Erledigt ist die Hauptsache in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Ereignis, welches eine Veränderung der Sach- und Rechtslage herbeiführt, weggefallen ist, so dass die Weiterführung des Verfahrens keinen Sinn mehr hätte, weil eine Sachentscheidung nicht mehr ergehen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 22. November 2017, XII ZB 578/16, FamRZ 2018, 198 Rn. 6; Beschluss vom 27. Januar 2015, II ZB 7/14, NJW 2015, 1449 Rn. 7; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 42. Aufl. 2021, § 22 FamFG Rn. 10b). Eine einseitige Erledigungserklärung verpflichtet das Gericht zur Prüfung, ob die Erledigung der Hauptsache eingetreten ist (BGH FamRZ 2018, 198 Rn. 5).
Dies ist hier der Fall. Eine Fortsetzung des Verfahrens über den Anfechtungsantrag scheidet aus, da die Antragstellerin verstorben ist; sie ist nicht mehr beteiligtenfähig und kann durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr in ihren Rechten verletzt sein. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht gewährleistet in seiner Ausprägung als Recht der informationellen Selbstbestimmung zwar die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27. Juni 2018, 2 BvR 1562/17, NJW 2018, 2395 Rn. 44 m. w. N; Beschluss vom 22. August 2006, 1 BvR 1637/05, juris Rn. 18; Urt. v. 15. Dezember 1983, 1 BvR 209/83 u. a., BVerfGE 65, 1 [juris Rn. 149]; BGH, Urt. v. 5. November 2013, VI ZR 304/12, NJW 2014, 768 Rn. 11; BayObLG, Beschluss vom 5. März 2020, 1 VA 63/19, juris Rn. 28). Ein Verstorbener ist jedoch nicht durch das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG geschützt, weil Träger dieses Grundrechts nur lebende Personen sind (BVerfG, Beschluss vom 22. August 2006, 1 BvR 1637/05; BGH, Urt. v. 29. November 2021, VI ZR 248/18, juris Rn. 20; BVerwG, Urt. v. 29. Juni 2017, 7 C 24/15, BVerwGE 159, 194 Rn. 53; zum Datenschutzrecht: Herzog in Kroiß/Horn/Solomon, Nachfolgerecht, 2. Aufl. 2019, Teil 1 9. Digitaler Nachlass Rn. 55).
Eine Fortsetzung des Verfahrens, etwa nach Umstellung in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag nach § 28 Abs. 1 Satz 4 EGGVG, kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des aus der Garantie der Menschenwürde folgenden Schutzes des postmortalen Persönlichkeitsrechts in Betracht, denn dieses ist vorliegend nicht betroffen. Die Schutzwirkungen des postmortalen Persönlichkeitsrechts sind nicht identisch mit denen, die sich aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG für den Schutz lebender Personen ergeben. Postmortal geschützt wird zum einen der allgemeine Achtungsanspruch, der dem lebenden Menschen als solchem zusteht und den Verstorbenen davor bewahrt, herabgewürdigt oder erniedrigt zu werden. Zum anderen ist der sittliche, personale und soziale Geltungswert geschützt, den die Person durch ihre eigene Lebensleistung erworben hat. Insoweit wird der Verstorbene gegen schwerwiegende Entstellungen seines Lebensbildes, gegen die er sich nicht mehr selbst verteidigen kann, auf Verlangen seiner Angehörigen geschützt. Der Schutzbereich der ideellen Anteile des postmortalen Persönlichkeitsrechts erschöpft sich dementsprechend im Schutz des sogenannten Wert- und Achtungsanspruchs (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19. Dezember 2007, 1 BvR 1533/07, AfP 2008, 161 Rn. 8; BGH, Urt. v. 29. November 2021, VI ZR 248/18, juris Rn. 20; Urt. v. 16. September 2008, VI ZR 244/07, NJW 2009, 751 Rn. 16; BVerwG, BVerwGE 159, 194 Rn. 53; OLG Köln, Urt. v. 30. November 2017, 15 U 68/17, juris Rn. 52). Dieser ist hier nicht berührt, denn es ist grundsätzlich nicht entehrend, krank, gebrechlich oder aus anderen Gründen gehandicapt zu sein. Auch eine Darstellung der typischen Folgen einer Erkrankung, zu denen auch Einschränkungen der körperlichen wie der intellektuellen Leistungsfähigkeit und Persönlichkeitsveränderungen gehören können, ist nicht geeignet, das Ansehen einer Person negativ zu beeinträchtigen, da diese dem Einfluss des Betroffenen entzogen sind und sich der Wert einer Person im Rahmen des dem Grundgesetz zugrundeliegenden Menschenbildes gerade nicht nach ihrer natürlichen Leistungsfähigkeit beurteilt (vgl. OLG Köln, Urt. v. 30. November 2017, 15 U 68/17, juris Rn. 52 und Rn. 57).
2. Eine Entscheidung über die Tragung von Gerichtskosten ist entbehrlich, weil Gerichtskosten für das vorliegende Verfahren nicht anfallen.
Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 3 Abs. 2 GNotKG i. V. m. Teil 1 Hauptabschnitt 5 Abschnitt 3 der Anlage 1 zum GNotKG (Kostenverzeichnis) entstehen Gerichtsgebühren in Verfahren über die Anfechtung von Justizverwaltungsakten nach den §§ 23 bis 29 EGGVG nur bei (auch teilweiser) Zurücknahme (Nr. 15300: 0,5 Verfahrensgebühr) oder Zurückweisung (Nr. 15301: 1,0 Verfahrensgebühr) des Antrags; die Beendigung des Verfahrens durch übereinstimmende Erledigungserklärung löst keine Gerichtsgebühr aus (BGH, Beschluss vom 30. Januar 2008, IV AR [VZ] 3/05, juris Rn. 1; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 29. November 2017, 2 VAs 52/17, juris Rn. 2; KG, Beschluss vom 18. November 2014, 4 VAs 29/14, juris Rn. 9; Zimmermann in BeckOK Kostenrecht, 35. Ed. Stand: 1. Oktober 2021, GNotKG KV 15300 Rn. 3; Klüsener in Korintenberg, GNotKG, 22. Aufl. 2022, GNotKG KV 15300 Rn. 5 f.). Dies gilt auch für den Fall, dass eine Entscheidung über den Antrag nicht ergeht, weil Erledigung der Hauptsache eingetreten ist (Zimmermann in BeckOK Kostenrecht, a. a. O.; Klüsener in Korintenberg a. a. O.).
3. Eine Erstattung der der Antragstellerin im Verfahren entstandenen notwendigen außergerichtlichen Kosten wird nicht angeordnet.
Die Entscheidung ergeht nach billigem Ermessen gemäß § 30 Satz 1 EGGVG. Diese gesetzliche Regelung gilt auch dann, wenn die Streitsache durch übereinstimmende Erledigungserklärungen beendet wird (vgl. KG, Beschluss vom 18. November 2014, 4 VAs 29/14, juris Rn. 8) oder – wie hier – keine Entscheidung ergeht, weil sich die Hauptsache erledigt hat (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 11. Juni 1970, 1 VAs 24/68, NJW 1971, 209 [BeckRS 9998, 108881]; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, 10. Aufl. 2021, § 28 EGGVG Rn. 11).
Eine Kostenerstattung entspricht im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG billigem Ermessen, wenn sie durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Begründete Erfolgsaussichten allein genügen nicht, wohl aber ein offensichtlich fehlerhaftes oder gar willkürliches Verhalten der Justizbehörde (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Januar 2008, IV AR [VZ] 3/05, juris Rn. 1; OLG Bamberg, Beschluss vom 9. Oktober 2018, 1 VAs 16/18, juris Rn. 17; KG, Beschluss vom 18. November 2014, 4 VAs 29/14, juris Rn. 8 und Beschluss vom 20. Mai 2014, 1 VA 7/14, juris Rn. 4; Herget in Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2021, § 30 EGGVG Rn. 2; Köhnlein in BeckOK GVG, 13. Ed. Stand: 15. November 2021, § 30 EGGVG Rn. 8 m. w. N.; Mayer in Kissel/Mayer, GVG, § 30 EGGVG Rn. 5 m. w. N.).
Es ist nicht ersichtlich, dass die Behörde die Rechtsprechung des Senats zur Gewährung von Akteneinsicht einer Behörde in Gesundheitsdaten offensichtlich fehlerhaft oder willkürlich nicht beachtet hätte.
Dass der Entscheidung nicht die Annahme des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin zugrunde gelegt wurde, der auf den Vollzug des § 14 Abs. 1 GewO gestützte Antrag der weiteren Beteiligten zu 1) sei nur vorgeschoben, ist nicht willkürlich, sondern ohne weiteres nachvollziehbar.
Schließlich ist zutreffend ein Justizverwaltungsakt erlassen worden, auch wenn die Entscheidung in Beschlussform vom Amtsgericht – Betreuungsgericht – unter dem Aktenzeichen des Betreuungsverfahrens ergangen ist. Die Entscheidung über das Ersuchen einer am Verfahren nicht beteiligten Behörde, ihr Einsicht in die gerichtliche Betreuungsakte eines laufenden Verfahrens zu bewilligen, ergeht bei zutreffender Behandlung – wie nach der Begründung der Entscheidung und der Rechtsbehelfsbelehrunggeschehen – als Justizverwaltungsakt zur Regelung einer Einzelangelegenheit auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG i. V. m. § 13, § 23a Abs. 2 Nr. 1 GVG; dies gilt auch, wenn die Entscheidungskompetenz – wie dies vorliegend der Fall ist – auf den Spruchrichter delegiert ist. Aus § 13 Abs. 7 FamFG folgt nichts anderes. Der Anwendungsbereich der Vorschrift ist nicht eröffnet. Die weiteren Beteiligten sind weder am Betreuungsverfahren beteiligt noch – anders als ein privater Dritter – unter den Begriff der „Personen“ des § 13 Abs. 2 FamFG zu fassen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 27. Januar 2021, 1 VA 37/20, FamRZ 2021, 891 [juris Rn. 32]; FamRZ 2020, 1942 [juris Rn. 14 f. m. w. N.]; Beschluss vom 24. Oktober 2019, 1 VA 107/19, FamRZ 2020, 621 [juris Rn. 11]).
4. Der Festsetzung eines Geschäftswerts nach § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 79 Abs. 1 Satz 1 GNotKG bedarf es nicht, da keine Gerichtsgebühr zu erheben ist.


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