Familienrecht

Streitwert für die Verlängerung einer Räumungsfrist

Aktenzeichen  3 T 38/20

Datum:
15.4.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 17184
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 3, § 569, § 572 Abs. 3, § 721 Abs. 3

 

Leitsatz

Begehrt der Räumungsschuldner in einem eigenen Verfahren eine (Verlängerung der) Räumungsfrist nach § 721 ZPO, bestimmt sich gemäß § 3 ZPO der Streitwert nach dem Nutzungsentgelt für den beantragten Zeitraum des Räumungsaufschubs. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

0120 C 1132/18 2020-02-17 Bes AGBAMBERG AG Bamberg

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bamberg vom 17.02.2020, Az. 0120 C 1132/18, aufgehoben.
2. Die ersetzende Entscheidung (Erlass eines neuen Kostenfestsetzungsbeschlusses) wird dem Amtsgericht Bamberg übertragen.
3. Die Beschwerdegegnerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
4. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 424,83 EUR festgesetzt.
5. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die gegen den amtsgerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschluss vom 17.02.2020 zulässigerweise erhobene sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angegriffenen Beschlusses.
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde
Die am 09.03.2020 eingegangene, statthafte Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den am 22.02.2020 zugestellten Beschluss wahrt Form und Frist des § 569 Abs. 1, Abs. 2 ZPO und wurde daher zulässig erhoben.
2. Zur Begründetheit der Beschwerde
Zudem hat die Beschwerde – auch unter Berücksichtigung des wechselseitigen Beschwerdevorbringens – in der Sache Erfolg.
Zwar ist die Kostenfestsetzung zulasten der Beschwerdeführer dem Grunde nach nicht zu beanstanden, da diese ausweislich der Kostengrundentscheidung der betreffenden Ausgangsentscheidung des Amtsgerichts Bamberg vom 30.12.2019, Az. 0120 C 1132/18, die Kosten der Beschwerdegegnerin zu tragen haben.
Jedoch hält die festgesetzte Höhe der geltend gemachten Rechtsanwaltskosten i.H.v. 687,82 EUR einer rechtlichen Kontrolle nicht stand, da insoweit ein unzutreffender Streitwert zugrunde liegt. Der Verfahrensgebühr, die dem anwaltlichen Vertreter der Beschwerdegegnerin erwachsen ist, ist nicht der Standardstreitwert für Räumungsmietstreitigkeiten (hier Jahresnettomiete i.H.v. 9.099,- EUR) zugrunde zu legen, sondern ein Streitwert i.H.v. 2.874,36 EUR, der nach § 3 ZPO für das (vom Hauptverfahren losgelöste) Verfahren nach § 721 Abs. 3 ZPO selbständig zu bestimmen war. Begehrt der Räumungsschuldner in einem eigenen Verfahren eine (Verlängerung der) Räumungsfrist nach § 721 ZPO, bestimmt sich gemäß § 3 ZPO der Streitwert nach dem Nutzungsentgelt für den beantragten Zeitraum des Räumungsaufschubs (vgl. dazu statt vieler Christian Rohn, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Auflage 2018, Stichwort I. Streitwerte bei Miet-, Pacht- und ähnlichen Nutzungsverhältnissen und in WEG-Sachen Rn. 53; Götz, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Auflage 2016, § 721 Rn. 7 m.w.N.).
Die Festsetzung des Streitwerts für das gegenständlich zugrunde liegende separate Verfahren nach § 721 Abs. 3 ZPO orientiert sich demnach maßgeblich an dem Nutzungswert der zu räumenden Wohnung sowie an dem Zeitraum, für den die Verlängerung der Räumungsfrist beantragt wurde, hier für eine Dauer von 6 Monaten, wie der Antragsschrift der Beschwerdeführer/Räumungsschuldner vom 17.12.2019 ausdrücklich zu entnehmen ist.
Da zwischen den Parteien vorliegend streitig ist, welche Miete/Nutzungsentschädigung (netto) geschuldet ist (Gläubigerin: 581,10 EUR, vgl. Schriftsatz v. 27.12.2019, Bl. 463 ff. d.A.; Schuldner: 377,01 EUR, vgl. Aufrechnungserklärung v. 17.12.2019, Bl. 442/443 d.A.) legt die Kammer den Mittelwert, mithin 479,06 EUR/Monat zugrunde. Daher ergibt sich für das kostenauslösende selbständige Verfahren nach § 721 Abs. 3 ZPO vorliegend ein Streitwert i.H.v. 6 x 479,06 EUR = 2.874,36 EUR, an dem sich auch die Kosten anwaltlicher Vertretung der obsiegenden Räumungsgläubigerin zu orientieren haben.
Demzufolge belaufen sich die festsetzbaren anwaltlichen Kosten der Beschwerdegegnerin, den Streitwert i.H.v. 2.874,36 EUR zugrunde gelegt, auf 262,99 EUR (1 Verfahrensgebühr zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer) anstatt der festgesetzten 687,82 EUR.
Der angegriffene amtsgerichtliche Kostenfestsetzungsbeschluss war nach alledem aufzuheben.
II.
Mit Blick auf den nach vorstehender Maßgabe neu zu erlassenden Kostenfestsetzungsbeschluss mach die Kammer von ihrem Ermessen nach § 572 Abs. 3 ZPO Gebrauch, statt einer eigenen ersetzenden Entscheidung die neue Sachentscheidung dem Untergericht zu übertragen (vgl. dazu Heßler, in Zöller, ZPO, 32. Aufl. 2018, § 572 Rn. 23).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
IV.
Der Streitwert für die gegenständliche Kostenfestsetzungsbeschwerde wird mit Blick auf das Kostenvermeidungsinteresse der Beschwerdeführer gemäß § 3 ZPO auf 424,83 EUR festgesetzt. Dieser Betrag ist die Differenz aus den (überhöht) festgesetzten Kosten i.H.v. 687,82 EUR und den (zutreffend) festzusetzenden Kosten i.H.v. 262,99 EUR.
V.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen hierfür gemäß § 574 ZPO nicht vorliegen.


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