Handels- und Gesellschaftsrecht

Ansprüche auf Mehrvergütung im Rahmen eines Konzessionsvertrags

Aktenzeichen  11 O 6461/17

Datum:
31.1.2018
Fundstelle:
LSK – 2018, 1804
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 307 Abs. 2 Nr. 1, § 309 Nr. 7b

 

Leitsatz

1. Die Übernahme der Verantwortung für die Planung stellt im Rahmen eines Konzessionsvertrags keine unangemessene Benachteiligung gem. § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB dar. Liegt dem Vertrag als Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Grunde, ist der Vertrag als Baukonzession zu beurteilen. Maßgeblich ist insoweit, dass mit der Einräumung des Nutzungsrechts auch das Nutzungsrisiko auf den Konzessionär übertragen wird. Die Verlagerung des wirtschaftlichen Nutzungsrisikos zum überwiegenden Teil auf den Konzessionsnehmer ist hier erfüllt, weil die Vergütung der Klägerin davon abhängig ist, in welchem Umfang mautpflichtige Lkw die Strecke befahren. (Rn. 112 – 140) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Übernahme der Planungsverantwortung stellt auch keine gegen § 309 Nr. 7b BGB verstoßende Haftungsfreizeichnung dar. (Rn. 141 – 146) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
I.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Mehrvergütung wegen behaupteter Fehler in der Referenzplanung (Paket 1).
1. Die behaupteten Ansprüche bestehen nicht nach §§ 631, 632 BGB, weil solche Ansprüche durch Regelungen im Konzessionsvertrag wirksam ausgeschlossen sind.
1.1 Nach § 13.3 KV trägt der Konzessionsnehmer für erbrachte oder nach diesem Vertrag zu erbringenden Planungsleistungen in vollem Umfang das Risiko von Planungsfehlern, ohne dass ein Anspruch gegenüber dem Konzessionsgeber auf irgendeine Vergütung der Mehrkosten besteht. Dies gilt auch für die vom Konzessionsgeber im Rahmen des Vergabeverfahrens vorgelegte unverbindliche Referenzplanung, soweit der erfolgreiche Bieter sich diese zu Eigen gemacht hat.
Nach § 49.2 KV werden Mehrkosten nur erstattet, soweit hierfür nach den Regelungen dieses Vertrages eine gesonderte Vergütung durch den Konzessionsgeber vereinbart ist. Die Erstattung darüber hinausgehender Kosten oder sonstiger Vermögensnachteile aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder VOB Teil B ist ausgeschlossen, soweit nicht zwingende gesetzliche Regelungen entgegenstehen.
1.2. Die Klägerin meint (Bl. 49f d.A.), eine sachgerechte Auslegung des § 13. 3 KV müsse dazu führen, dass die Beklagte für Fehler in der Referenzplanung verantwortlich bleibe und dadurch entstehende Mehrkosten ersetzen müsse. Die „Unverbindlichkeit“ der Referenzplanung sei vergaberechtlich zu bewerten. Der auslegungsbedürftige Begriff der „unverbindlichen Referenzplanung“ sei nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont gemäß §§ 133,157 BGB nur so zu verstehen, dass die Klägerin mit ihrem Angebot im Vergabeverfahren inhaltlich von der Referenzplanung abweichen konnte, ohne wegen einer Änderung der Vergabeunterlagen vom Vergabeverfahren ausgeschlossen zu werden. Nicht hingegen sei der Begriff der „unverbindlichen Referenzplanung“ als Hinweis an die Bieter zu verstehen, dass die von der Beklagten vorgelegte Referenzplanung unrichtig oder unvollständig sein durfte und die monetären Folgen solcher Fehler gleichwohl vom Auftragnehmer zu tragen wären. Die vertragliche Regelung sei deshalb nicht dahin auszulegen, dass die Planungsrisiken, die auf Fehlern in den Ausschreibungsunterlagen zurückzuführen waren, auf die Klägerin übergehen sollten.
Dem folgt die Kammer nicht, weil § 13.3 KV ausdrücklich das Gegenteil bestimmt, insoweit auch eindeutig ist und einer Auslegung nicht bedarf. Darauf wie die „Unverbindlichkeit“ der Referenzplanung gemeint ist, kommt es schon deshalb nicht an, weil in § 13.3 KV ausdrücklich steht, dass der Konzessionsnehmer in vollem Umfang das Risiko von Planungsfehlern zu tragen hat. Und zwar auch von Planungsfehlern in der Referenzplanung, soweit der Konzessionsnehmer sich die zu Eigen macht. Das lässt die Klägerin bei ihrer Auslegung außer Acht und konzentriert sich nur darauf, wie das Wort „Unverbindlichkeit“ im Zusammenhang mit der Referenzplanung zu verstehen sein mag. Darauf kommt es aber nicht an. Stünde in § 13. 3 KV nicht „unverbindliche Referenzplanung“ sondern nur „Referenzplanung“, ergäbe sich auch nichts anderes. Denn dann würde § 13. 3 lauten:
„Für erbrachte oder nach diesem Vertrag zu erbringenden Planungsleistungen trägt der Konzessionsnehmer in vollem Umfang das Risiko von Planungsfehlern, ohne dass ein Anspruch gegenüber dem Konzessionsgeber auf irgendeine Vergütung der Mehrkosten besteht. Dies gilt auch für die vom Konzessionsgeber im Rahmen des Vergabeverfahrens vorgelegte Referenzplanung, soweit der erfolgreiche Bieter sich diese zu Eigen gemacht hat.“
Damit sollten Planungsrisiken aus der Referenzplanung – völlig unabhängig davon, wie man die „Unverbindlichkeit der Referenzplanung“ versteht, nach der eindeutigen vertraglichen Regelung auf die Klägerin übergehen.
1.3. Gegen die von der Klägerin vorgenommene Auslegung der aufgrund ihrer Eindeutigkeit nicht auslegungsbedürftigen Regelung in § 13. 3 KV spricht zudem der Inhalt der Bewerbungsbedingungen zum Umgang mit der Referenzplanung (Anlagen K 6 und B 1 dort Ziff. 2.10.1.6). Auch dort steht, dass die gesamte Planungsverantwortung für die Referenzplanung an den Bieter übergeht, soweit er diese übernimmt.
Gleiches folgt aus dem von der Bietergemeinschaft unterzeichneten Formblatt „Erklärungen zur Referenzplanung im Bereich Straßenbau“ (Anlage K 7).
1.4 § 13.3 KV hält auch einer AGB-rechtlichen Überprüfung stand.
1.4.1 Eine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB liegt nicht vor.
1.4.1.1 Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag ist in nicht ein bloßer Bauauftrag in Form eines Generalunternehmervertrages mit Erhaltungs- und Betreiberverpflichtungen dessen Vergütung von der Beklagten über 30 Jahre gestreckt an die Klägerin bezahlt wird (so die Klägerin u.a. auf Bl. 15/17 d.A.), sondern eine Baukonzession.
Nach § 32 VOB/A 2006 sind Baukonzessionen Bauaufträge zwischen einem Auftraggegeber und einem Unternehmer, bei denen die Gegenleistung für die Bauarbeiten statt in einer Vergütung in dem Recht auf Nutzung der baulichen Anlage, ggf. zuzüglich der Zahlung eines Preises, besteht.
Die Abgrenzung des öffentlichen Bauauftrags von der Baukonzession richtet sich damit nach der vertraglich vereinbarten Gegenleistung. Liegt dem Vertrag als Gegenleistung des öffentlichen Auftraggebers die Einräumung eines Nutzungsrechts zu Grunde, ist der Vertrag als Baukonzession zu beurteilen. Maßgeblich ist insoweit, dass mit der Einräumung des Nutzungsrechts auch das Nutzungsrisiko auf den Konzessionär übertragen wird (vgl. Heiermann/Riedl/ Rusam, VOB, 11. Auflage 2008, Rn. 13 zu § 32 VOB/A 2006).
Das ist hier der Fall.
1.4.1.1.1 Die Klägerin nutzt die vertragsgegenständliche Autobahnteilstrecke.
Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Strecke nicht selbst benutzt, sondern die Benutzung durch die Autofahrer stattfindet. Die Nutzung durch die Klägerin besteht darin, dass sie abhängig vom LKW-Verkehrsaufkommen eine Vergütung (Maut) erhält.
Nutzungen sind gemäß § 100 BGB die Früchte einer Sache oder eines Rechts sowie die Vorteile, welche der Gebrauch der Sache oder des Rechts gewährt.
Gemäß § 99 Abs. 1 BGB sind Früchte einer Sache die Erzeugnisse der Sache und die sonstige Ausbeute, welche aus der Sache ihrer Bestimmung gemäß gewonnen wird. Nach § 99 Abs. 3 BGB sind Früchte auch die Erträge, welche eine Sache oder ein Recht vermöge eines Rechtsverhältnisses gewährt.
Die Klägerin erhält neben einer Anschubfinanzierung in Höhe von 75 Millionen € zuzüglich Umsatzsteuer (§ 44 KV) eine Vergütung aus der Lkw Maut, die sich nach der mautpflichtigen Fahrleistung berechnet (§ 45 KV). Damit erhält sie Erträge aus der Nutzung der Autobahn durch LKW.
Gleichzeitig trägt die Klägerin das Nutzungsrisiko, da ihre Vergütung davon abhängig ist, wie viele LKW die von ihr zu betreibende Strecke benutzen. Zwar trägt die Klägerin nicht das volle Betriebsrisiko, weil die Parteien in § 47 KV Kompensationszahlungen durch die Beklagte unter bestimmten Voraussetzungen vereinbart haben, jedoch trägt die Klägerin einen erheblichen Teil des Betriebsrisikos, da die Kompensationszahlungen an bestimmte, genau definierte Voraussetzungen geknüpft sind.
Der Nutzung durch die Klägerin steht auch nicht entgegen, dass die Beklagte zunächst die Mauteinnahmen generiert und diese entsprechend der vertraglichen Regelung an die Klägerin vergütet, und die Klägerin somit nicht selbst Nutzungsverträge mit Dritten abschließt und die Maut nicht selbst erhebt. Es handelt sich dennoch um Erträge aus dem von der Klägerin zu betreibenden Streckenabschnitt, auch wenn die Zahlungen nicht direkt von den Mautpflichtigen an die Klägerin fließen.
Dass sich diese Erträge nach der im Vertrag niedergelegten Formel (§ 45 KV) berechnen und die Klägerin keinen Einfluss auf die Höhe der Erträge mehr nehmen kann, weil sie die Mauthöhe nicht selbst gegenüber Dritten festsetzten kann, steht ihrer Qualifikation als Erträge und damit auch als Früchte und Nutzungen nicht entgegen. Unzutreffend ist deshalb die Einschätzung der Klägerin (Bl. 14 d.A.), dass die Zahlungen aus der Vergütung Maut in keinem Zusammenhang mit einer „Nutzung“ des der Klägerin übertragenen Streckenabschnitts stehen.
1.4.1.1.2 Eine „freie“ Nutzung des Bauwerks durch die Klägerin dergestalt, dass die Klägerin frei bestimmen könnte, wer die Strecke befährt und wie viel dafür zu bezahlen ist, ist nicht Voraussetzung für die Annahme einer Baukonzession. Voraussetzung ist eine Nutzung, nicht eine ausschließliche oder alleinige Nutzung durch den Auftragnehmer.
Unschädlich ist auch, dass die Beklagte dadurch auch selbst ihren verfassungsrechtlichen Aufgaben nachkommt, und die Klägerin nicht genauso „wie ein Bauherr“ agieren kann.
Entscheidend für die Annahme einer Konzession ist die Verlagerung des wirtschaftlichen Nutzungsrisikos zum überwiegenden Teil auf den Konzessionsnehmer. Diese Voraussetzung ist hier erfüllt, weil die Vergütung der Klägerin davon abhängig ist, in welchem Umfang mautpflichtige LKW die Strecke befahren.
1.4.1.1.3 Der Einordnung als Baukonzession steht weiter nicht entgegen, dass Schwerpunkt des Vertrags die von der Klägerin zu erbringenden Bauleistung ist. Nach der Definition in § 32 VOB/A 2006 sind Bauaufträge Gegenstand von Baukonzessionen.
1.4.1.2 Typisch für den Konzessionsvertrag ist gerade die Risikotragung des Konzessionärs. Er trägt das Risiko, dass die letztlich über die Mauteinnahmen zu erzielende Vergütung nicht zur Deckung der Bau- und Erhaltungskosten ausreicht. Denn die Höhe der Mauteinnahmen ist abhängig von der Nutzung der Vertragsstrecke durch mautpflichtige LKW. Der Unterschied zum Bauauftrag besteht gerade darin, dass eine bestimmte oder angemessene (§ 632 BGB) Vergütung nicht geschuldet ist.
Die Kammer folgt deshalb nicht der Einschätzung der Klägerin (Bl. 55 d.A.), wonach mit der Risikoübernahmeklausel eine Abweichung von wesentlichen gesetzlichen Grundgedanken verbunden sei.
1.4.1.3 Auch wird dem Auftragnehmer nicht entgegen § 7 Nr. 3 VOB/A (oder § 9 Nr. 2 VOB/A 2006) ein ungewöhnliches Wagnis aufgebürdet für Umstände und Ereignisse, auf die er keinen Einfluss hat und deren Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im Voraus schätzen kann.
Die Beklagte hatte im Vergabeverfahren unstreitig auf das Grundmuster einer funktionalen Leistungsbeschreibung gemäß § 9 Nr. 15 VOB/ A 2006 (heute § 7 c VOB/ A) zurückgegriffen. Zwar hatte die Beklagte den Vergabeunterlagen auch eine Referenzplanung beigefügt, jedoch war deren Verwendung nicht zwingend und im Falle einer Verwendung hatte der Bieter die Referenzplanung der Vergabestelle vollumfänglich inhaltlich zu prüfen (Anlage K 6 Ziff. 2.10.1.6)
Eine verbindliche Planung, für deren Richtigkeit die Beklagte die Verantwortung übernahm, lag für die Bieter damit erkennbar nicht vor. Im Gegenteil hatte der Auftragnehmer schon nach den Ausschreibungsbedingungen die Pflicht, die unverbindliche Referenzplanung zu überprüfen und zu entscheiden, ob er sie anstelle der Neu-Fertigung einer Planung als eigene Planung übernehmen will und zur Grundlage seines Angebotes machen möchte.
1.4.1.4 Die (ungeprüfte) Verwendung der Referenzplanung durch Bieter war auch nicht deshalb zwingend, weil nach der Wertungsmatrix im Wertungskriterium Planung automatisch die maximale Punktzahl bei einer Verwendung der Referenzplanung vergeben wurde. Der Erhalt der Maximalpunktzahl war auch bei der Erstellung einer eigenen Planung nicht ausgeschlossen. Zwar mag die Motivation eines Bieters, eine eigene Planung zu erstellen gering sein, wenn jedenfalls im Wertungskriterium „Planung“ keine höhere Punktzahl zu erreichen ist, jedoch entbindet das nicht die Bieter von der Pflicht, die übernommene Referenzplanung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen und damit auch bereits im Vergabeverfahren in einem gewissen Umfang Planungsleistungen zu erbringen. Die Übernahme der Planungsverantwortung auch für die Referenzplanung war im Vergabeverfahren bereits vorgesehen.
Würde man das anders sehen, würden die Bieter, die eine eigene Planung erstellen, benachteiligt. Denn die würden selbstverständlich für die Richtigkeit ihrer Planung einzustehen haben. Sie hätten dann ein höheres Haftungsrisiko als die Bieter, die in Kenntnis ihrer Planungsverantwortung die Referenzplanung übernehmen. Das kann nicht richtig sein. Die Beklagte hat gerade mit einer funktionalen Leistungsbeschreibung ausgeschrieben und die Referenzplanung als unverbindlich bezeichnet, damit davon abgewichen werden kann. Zu einer Benachteiligung – auch in Form eines größeren Haftungsrisikos – darf das nicht führen.
Weil die Bieter nach den Vergabeunterlagen verpflichtet waren, die Referenzplanung im Falle einer Übernahme auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen, konnten sie nicht davon ausgehen, dass die Referenzplanung die ideale Planungslösung darstellte und besonders gut war. Für die Bieter erkennbar, wollte auch die Beklagte die Verantwortung dafür nicht übernehmen.
1.4.1.5 Nach der vertraglichen Vereinbarung – deren Inhalt auch Gegenstand des Vergabeverfahrens war, hatte die Klägerin unter anderem alle für den Bau des Konzessionsgegenstandes erforderlichen Planungsleistungen zu erbringen (§ 13.1 des KV). Die Planungspflicht und -verantwortung lag deshalb trotz der beigestellten unverbindlichen Referenzplanung –für alle Bieter erkennbar – beim Auftragnehmer.
Die gesamten Planungsleistungen gehören damit zur vertraglich übernommenen Hauptleistungspflicht der Klägerin die mit der Anschubfinanzierung und den Erträgen aus der LKW Maut abgegolten sein sollte. Die Klägerin hat die Referenzplanung in Erbringung ihrer Hauptleistungspflicht überwiegend als eigene Planung übernommen und damit auch das Risiko etwaiger Planungsfehler.
Dem steht nicht entgegen, dass nach dem Vortrag der Klägerin eine komplette eigene Planung innerhalb der Angebotsfrist nicht zu bewerkstelligen gewesen wäre. Denn die Klägerin hat dennoch (also trotz Kenntnis, eine vollständige Überprüfung der Referenzplanung nicht durchgeführt zu haben) diese als eigene Planung verwendet und die Planungsverantwortung übernommen. Sie ist damit ein Wagnis eingegangen, aber keines, das für einen Baukonzessionsvertrag „außergewöhnlich“ wäre.
1.4.1.6 Von den wesentlichen Grundgedanken der §§ 631, 632, 645 BGB wird damit schon deshalb nicht abgewichen, weil die Klägerin die Planungsleistungen und die Planungsverantwortung übernommen hat und gerade nicht der Fall vorliegt, dass nach einer vom Auftraggeber beigestellten Planung zu bauen war.
1.4.2. Die Klausel verstößt auch nicht gegen § 309 Nr. 7b BGB.
Nach § 309 Nr. 7b BGB ist ein Ausschluss oder eine Begrenzung der Haftung für sonstige Schäden, die auf einer grob fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders oder auf einer vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen, unwirksam.
Ziff. 13.3 KV schließt Ansprüche wegen der Vergütung von Mehrkosten aufgrund von Planungsfehlern – auch in der übernommenen Referenzplanung – aus.
Nach der vertraglichen Regelung hatte die Klägerin jedoch die gesamten Planungsleistungen und damit auch die Planungsverantwortung als Hauptleistungspflicht übernommen. Konsequenterweise hat sie damit auch im Rahmen ihrer Hauptleistungspflicht für die übernommene Referenzplanung einzustehen, ohne Mehrvergütungsansprüche geltend machen zu können.
Nicht hingegen ist Ziff. 13.3 KV so auszulegen, dass evtl. denkbare Schadensersatzansprüche wegen grob fahrlässiger oder gar vorsätzlicher Pflichtverletzungen der Beklagten von vornherein ausgeschlossen sein sollen. Denn letztlich regelt § 13.3 KV nur die Planungsverantwortung der Klägerin als Hauptleistungspflicht, die zu keinen weiteren als den vertraglich vereinbarten Gegenleistungsansprüchen führen soll.
Eine Vergleichbarkeit mit dem Sachverhalt aus der Entscheidung des OLG vom 30.01.1986 (29 U 3832/85) ist deshalb nicht gegeben. Dort geht es um Haftungsfreizeichnungen des Auftraggebers für Pläne und Leistungsverzeichnisse, die nicht „unverbindlich“ waren und ohne dass der Auftragnehmer Planungsleistungen als Hauptleistungspflicht zu erbringen gehabt hätte.
2. Die behaupteten Ansprüche der Klägerin bestehen auch nicht nach den Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag gemäß §§ 683,677 BGB i.V.m. § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B 2008 Die Klägerin schuldete die von ihr erbrachten Leistungen aufgrund des Konzessionsvertrages, so dass sie schon kein fremdes Geschäft besorgt hat.
3. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche aufgrund Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB Ein solcher Anspruch scheitert schon daran, dass die Klägerin die Referenzplanung als eigene Planung im Rahmen der Erbringung ihrer Hauptleistungspflicht übernommen hat und damit auch das Risiko eventueller Fehler der Planung trägt. Diese Risikoverteilung haben die Parteien auch ausdrücklich so im Vertrag vereinbart, so dass eine Vertragsanpassung zu keinem anderen Ergebnis führen könnte. Die Parteien haben im Vertrag gerade eine Risikozuordnung für den vorliegend verwirklichten Fall getroffen.
4. Schadensersatzansprüche nach den Grundsätzen der Haftung für vorvertragliches Verschulden, §§ 311 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB bestehen nicht.
Die Klägerin durfte nicht auf die Richtigkeit der Referenzplanung vertrauen, sondern war nach den Vergabeunterlagen im Falle einer Übernahme der Referenzplanung verpflichtet, diese inhaltlich zu prüfen (Anlage K 6 Ziff. 2.10.1.6). Damit hat die Beklagte der Klägerin kein „außergewöhnliches“ Wagnis übergewälzt.
Dass die Beklagte von Fehlern in der Referenzplanung Kenntnis gehabt hätte, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
II.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine Ansprüche wegen mangelhafter oder unterlassener Angaben zum existierenden Straßenbelag bzw. Bodenaufbau (Paket 2).
1. Die behaupteten Ansprüche folgen nicht aus § 48.3 KV. Nach § 48.3 KV kann der Konzessionsgeber vom Konzessionsnehmer die Ausführung geänderter Leistungen oder zusätzlicher Leistungen verlangen, die nicht für die Ausführung der vertraglichen Leistungen erforderlich sind, sofern diese im sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichen Leistung stehen. In diesem Fall hat der Konzessionsgeber dem Konzessionsnehmer die dadurch entstandenen Mehrkosten zu erstatten.
Vorliegend hat die Beklagte keine geänderten oder zusätzlichen Leistungen verlangt.
1.1 Die Klägerin behauptet eine stillschweigende Anordnung (Blatt 96 der Akte), weil der tatsächliche vorgefundene Fahrbahnaufbau erheblich von dem zur Geschäftsgrundlage gemachten Fahrbahnaufbau abgewichen sei.
1.2 Tatsächlich haben die Parteien jedoch keinen bestimmten Fahrbahnaufbau zur Geschäftsgrundlage gemacht. Soweit in den Vergabeunterlagen auf Unterlagen zum vorhandenen Deckenaufbau und – zustand verwiesen wird, steht dort auch:
„Die Datensätze aus der Bayerischen Straßeninformationsdatenbank sowie die Ergebnisse der Zustandserfassung sind als Anhalt zu betrachten und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit. Vor der Durchführung von Erhaltungsmaßnahmen sind in jedem Fall Untersuchungen durchzuführen.“
Unterlagen, die nach Angabe einer Vertragspartei keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit erheben, können nicht Vertragsgrundlage geworden sein. Gleiches gilt für „unterlassene“ Angaben, mit denen die Klägerin ihre Ansprüche in Paket 2 ebenfalls überschreibt.
Die Klägerin konnte auch nicht darauf vertrauen, dass die Datensätze als Kalkulationsgrundlage geeignet waren. Das ergibt sich aus den Ausschreibungsunterlagen nicht. Über die Wiederverwendbarkeit werden keine Angaben gemacht. Die Beklagte wollte noch nicht einmal für den bereits ausgebauten – und damit neueren – Streckenabschnitt, an dem nur Erhaltungs- und keine Baumaßnahmen durchzuführen waren, verbindliche Angaben über dessen Zustand und Aufbau machen. Ebenso wenig wollte sie das für den noch auszubauenden Teil. Unklarheiten in der Ausschreibung gibt es nicht; vielmehr wird die angestrebte Risikoverteilung bereits in der Ausschreibung deutlich.
Auch haben die Parteien keine bestimmte Beschaffenheit des vorhandenen Fahrbahnaufbaus vereinbart. Vielmehr wird dem Konzessionsnehmer nach Ziff. 10. 1 des KV der Konzessionsgegenstand in dem Zustand überlassen, wie er bei Beginn des Konzessionszeitraums steht und liegt. Ausdrücklich ist im KV geregelt, dass dem Konzessionsnehmer im Rahmen des Vergabeverfahrens Gelegenheit gegeben wurde, den Zustand des Konzessionsgegenstandes zu untersuchen.
Dass eine Veranlassung zur Untersuchung des Konzessionsgegenstandes bestand, hat die Bietergemeinschaft auch erkannt, nachdem sie sich bereits zu Beginn des Vergabeverfahrens auf dieses Recht berief (Anlage B 10). Sie hat damit auch erkannt, dass verbindliche Angaben zum vorhandenen Zustand in den Vergabeunterlagen nicht gemacht sind.
Darüber hinaus haben die Parteien in § 29.1 KV vereinbart, dass der Konzessionsnehmer, also die Klägerin, das Baugrundrisiko trägt.
1.3. Für einen Anspruch aus 48.3 KV fehlt es damit sowohl an der Ausführung einer geänderten oder zusätzlichen Leistung, wie auch an einer Anordnung der Beklagten. Die Klägerin hat vielmehr die Leistung erbracht, die sie nach der vertraglichen Vereinbarung schuldete.
2. Wegen mangelhafter oder unterlassener Angaben zum existierenden Straßenbelag bzw. Bodenaufbau hat die Klägerin auch keinen Anspruch aus § 2 Abs. 5 VOB/B Nach § 49. 1 KV gilt § 2 Abs. 5 VOB/ B nicht für die Abwicklung unvorhergesehener Mehrkosten.
Unabhängig davon sind dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt, da weder eine Änderung des Bauentwurfs vorliegt noch eine andere Anordnung des Auftraggebers (vgl. oben).
3. Ebenso wenig bestehen Ansprüche in diesem Zusammenhang aus § 632 BGB, Geschäftsführung ohne Auftrag, Störung der Geschäftsgrundlage, oder Schadensersatzansprüche für vorvertragliches Verschulden.
Die Klägerin hat die erbrachte Leistung nach dem Konzessionsvertrag geschuldet. Sie sind mit den vereinbarten Gegenleistungen (Anschubfinanzierung sowie Vergütung aus LKW Maut) vergütet.
Aufgrund ihrer vertraglichen Verpflichtung hat die Klägerin auch ein eigenes Geschäft geführt.
Angaben zum Fahrbahnaufbau wurden nicht Vertragsgrundlage (s.o.)
Vorvertragliches Verschulden ist nicht ersichtlich, nachdem die Beklagte in den Vergabeunterlagen ausdrücklich und zweifelsfrei darauf hingewiesen hat, dass die Angaben keinen Anspruch auf Vollständigkeit und Richtigkeit erheben, und es sich umgekehrt auch nicht um ein „außergewöhnliches“ Wagnis handelt.
Dass die Beklagte Kenntnis von den behaupteten Unrichtigkeiten hatte, hat die Klägerin nicht vorgetragen.
III.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Ersatz von Mehrkosten wegen außergewöhnlicher Witterungsverhältnisse (Paket 3)
1. Ein Anspruch folgt nicht aus § 48. 3 KV, weil die Klägerin entgegen der vertraglichen Regelung einen Anspruch auf Terminanpassung wegen höherer Gewalt nicht unter den im Vertrag vorgesehenen Voraussetzungen (§§ 26.7, 28.3 KV) gegenüber der Beklagten dargestellt hat.
Mangels schlüssiger Darstellung eines Terminanpassungsanspruchs der Klägerin gegenüber der Beklagten, stellt deren Festhalten am ursprünglichen Terminplan keine Änderungsanordnung dar.
Darauf, ob die klägerseits vorgetragenen Witterungsverhältnisse eine Naturkatastrophe und damit höhere Gewalt i.S. von § 2.3.30 des KV darstellen, kommt es deshalb tatsächlich nicht an.
1.1 Die Klägerin behauptet, mit Schreiben vom 20.12.2013 (Anlage K 45), wie auch mit den Schreiben vom 14.06.2013, 9.07.2013 und 13.11.2013 (Anlagenkonvolut K 65) einen Anspruch auf Anpassung des Terminplans geltend gemacht zu haben (Bl. 119, 379/380 d.A.). Richtig ist, dass die Klägerin in diesen Schreiben auch einen solchen Anspruch behauptet. Sie stellt aber dessen Voraussetzungen nicht dar. Damit hatte die Beklagte weder die Möglichkeit noch Veranlassung die Anspruchsvoraussetzungen zu prüfen:
1.1.1 Nach § 26. 7 KV hat der Konzessionsnehmer in Fällen höherer Gewalt bei unvermeidbaren Terminverschiebungen einen Anspruch auf Anpassung des Terminplans nach Maßgabe des § 28.
Laut § 28. 3 KV ist die Anpassung beschränkt auf die auch bei flexibler Anpassung des Bauablaufs unvermeidbaren Terminverschiebungen. Der Anspruch auf Verschiebung von Fristen und Terminen ist maximal auf die Zeiträume beschränkt, die in dem in den jeweiligen Regelungen dieses Vertrages geforderten Berichten ausgewiesen sind.
Gemäß § 26. 7 KV wird in der Konzessionsnehmer dem Konzessionsgeber innerhalb von 30 Kalendertagen, nachdem ihn ein Fall höherer Gewalt erkennbar war, sowie im Abstand von jeweils 4 Wochen bis zum Ende des Ereignisses einen detaillierten schriftlichen Bericht über alle von den Konzessionsnehmer erwarteten Auswirkungen des Vorfalls auf seine Leistungserbringung übersenden, soweit dies bei Anwendung größtmöglicher Sorgfalt zu diesem Zeitpunkt möglich ist.
1.1.2 Nachdem der Anspruch auf Terminverschiebung auf die Zeiträume beschränkt ist, die in den jeweiligen schriftlichen Berichten über die vom Konzessionsnehmer erwarteten Auswirkungen des Vorfalls auf seine Leistungserbringung ausgewiesen sind, ist Voraussetzung des Anspruchs, dass der Konzessionsnehmer die erwarteten Auswirkungen des Vorfalls auf seine Leistungserbringung schriftlich darstellt.
Dem genügen die Schreiben der Klägerin nicht. Denn sie enthalten zwar Angaben über eingetretene Schäden aber nicht zu den erwarteten Auswirkungen auf die Leistungserbringung.
Dass das aber erforderlich war, wusste auch die Klägerin.
So schreibt sie am 14.6.2013 (Anlagenkonvolut K 65): „Wie Sie vermutlich der lokalen Berichterstattung und Presse entnommen haben, hat sich im Bereich der Baustelle BAB A-B zwischen Sonntagabend ca. 20 Uhr und Montagabend ca. 22 Uhr eine durch schwere Niederschläge (Regen und Hagel) verursachte Unwetterkatastrophe ereignet,.…Die Auswirkungen aus den entstandenen Schäden werden derzeit untersucht… Einstweilen machen wir hiermit einen Anspruch auf Anpassung des Terminplans nach § 28. 3 in Verbindung mit § 26.7 des Konzessionsvertrags (KV) geltend. Den im Vertrag vorgesehenen Bericht über alle erwarteten Auswirkungen des Vorfalls werden wir Ihnen innerhalb der vorgesehenen Fristen vorlegen. Aus heutiger Sicht gehen wir davon aus, dass alle verbindlichen Vertragstermine jeweils um mindestens 2 Monate verschoben werden…“
Im Schreiben vom 9.7.2013 (Anlagenkonvolut K 65) führte die Klägerin aus:
„… nach Auswertung.… beantragen wir eine Terminanpassung aller pönalisierten TPL Termine um 3 Monate mit Ausnahme der TPL Termine 132 und 133… Der abschließende Bericht nach § 26.7 KV folgt.“
Mit Schreiben vom 13.11.2013 (Anlagenkonvolut K 65) teilte die Klägerin u.a. mit:
„… die konkreten Auswirkungen auf den Terminplan Bau werden derzeit noch ermittelt…“, und im Schreiben vom 20.12.2013 (Anlage K 45):
„… Einzelheiten zu den infolge des Unwetters und den Überschwemmungen entstandenen Schäden unter der daraus resultierenden Verzögerung des Baufortschrittes, die eine angemessene Anpassung des Terminplanes erforderlich macht, werden derzeit für sie aufbereitet und zusammengestellt…“
Eine Darstellung der Auswirkungen der Regenfälle auf die Leistungserbringung und in den Terminplan hatte die Klägerin bis zur Fertigstellung ihrer Bauleistung nicht mehr erbracht. Mit monatlichen Schreiben von Januar bis Juni 2014 (Anlagenkonvolut B 13) teilte die Klägerin – in Kenntnis ihrer Darstellungspflicht – mit:
„… in einem weiteren Schritt bilden dann die im Zuge der vorgenannten Schadenszusammenstellung bzw. Kostenermittlung anfallenden exakten Zeiten der Schadensbeseitigung die Grundlage für die Darstellung der terminlichen Auswirkungen der Witterungsereignisse. Infolge der Komplexität der vorgenannten Sachverhalte wird die Zusammenstellung der entsprechenden Unterlagen noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, so dass wir insofern noch um etwas Geduld bitten.“
Auch im Zeitraum, August 2014 bis Juni 2015 (Anlagenkonvolut B 13) schrieb die Klägerin regelmäßig:
„Die im Zuge der vorgenannten Schadenszusammenstellung bzw. Kostenermittlung anfallenden exakten Zeiten der Schadensbeseitigung bilden die Grundlage für die Darstellung der terminlichen Auswirkungen der Witterungsereignisse. Infolge der Komplexität der vorgenannten Sachverhalte wird die Zusammenstellung der entsprechenden Unterlagen noch eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, so dass wir insofern noch um etwas Geduld bitten.“
Da die Klägerin gegenüber der Beklagten ihren behaupteten Anspruch auf Terminanpassung nicht mit der erforderlichen Darstellung der Auswirkungen der Regenfälle auf die weiteren Bauarbeiten und den Terminplan begründet hatte, war die Beklagte nicht zu einer Anpassung des Terminplanes verpflichtet.
Das Festhalten der Beklagten am Terminplan kann dann konsequenterweise nicht als Änderungsanordnung gesehen werden.
1.2. Von der Darstellung der Auswirkungen der Regenfälle auf die Bauarbeiten und den Terminplan war die Klägerin auch nicht deshalb befreit, weil die Beklagte bereits das Vorliegen „höherer Gewalt“ verneinte, und schon deshalb einen Anspruch auf Terminanpassung ablehnte, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 28.11.2013 (Anlage K 66) ergibt.
Denn auch bei der Annahme von höherer Gewalt ergibt sich nicht allein daraus ein Anspruch auf Terminanpassung. Zusätzliche Voraussetzung ist, dass dadurch unvermeidbare Terminverschiebungen entstehen. Deren Darstellung hat die Klägerin aber bis zur Fertigstellung der Bauleistung nicht unternommen. Nach Fertigstellung der Bauleistung ist eine Anpassung des Terminplans ohnehin nicht mehr möglich, so dass es darauf, ob die Darstellung der Klägerin im Rechtsstreit den Anforderungen des Konzessionsvertrags genügt, nicht ankommt.
1.3. Einen Anspruch auf Terminanpassung von der Darstellung der Auswirkungen der behaupteten Naturkatastrophe auf die Bauarbeiten abhängig zu machen, begegnet auch keinen AGB-rechtlichen Bedenken. Eine unangemessene Benachteiligung ist nicht deshalb gegeben, weil ein Anspruchsteller die Anspruchsvoraussetzungen darzustellen hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass das vorliegend der Klägerin nicht möglich gewesen wäre. Derartiges behauptet sie auch nicht, sondern hat gegenüber der Beklagten stets die Zusammenstellung der ausstehenden Unterlagen angekündigt.
Der Anspruch der Klägerin auf Terminanpassung während der Bauzeit (danach ergäbe ein solcher Anspruch keinen Sinn mehr) scheitert vorliegend nicht daran, dass eine schriftliche Anmeldung eines solchen Anspruchs nicht binnen irgendeiner Frist vorgenommen worden wäre. Sollte die Klägerin die Ausführungen des Gerichts im Verhandlungstermin am 21.11.2017 (Bl. 346 d.A.) so verstanden haben (Bl. 379 d.A.), hat sie das Gericht missverstanden. Solche Fristen entnimmt das Gericht dem Vertrag nicht. Ein Anspruch der Klägerin scheitert daran, dass sie die konkreten Auswirkungen der Regenfälle auf den Bauablauf und den Terminplan während der Bauzeit nicht (auch nicht mündlich) gegenüber der Beklagten dargestellt hatte, so dass die keinen Anlass zu einer Terminanpassung hatte.
Ob tatsächlich höhere Gewalt im Sinne des Konzessionsvertrags vorlag, ist deshalb nicht entscheidungserheblich. Denn auch wenn man das Vorliegen höherer Gewalt unterstellt, musste die Beklagte dem Begehren der Klägerin, auf Terminanpassung mangels Darstellung der konkreten Auswirkungen auf den Bauablauf nicht nachgekommen.
1.4. Weil schon kein Anspruch dem Grunde nach besteht, ist auch kein Raum für eine Schätzung von Mehrkosten nach § 287 ZPO.
2. Die Klägerin hat gegen die Beklagte auch keine Ansprüche aus § 2 Abs. 5 VOB/ B oder § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B in Verbindung mit §§ 683,677 ff BGB.
Unabhängig von der Frage, ob die Anspruchsgrundlagen der VOB/B überhaupt Anwendung finden, liegt weder eine Anordnung der Beklagten vor (vergleiche oben), noch hat die Klägerin ein fremdes Geschäft geführt, weil sie aufgrund des Konzessionsvertrags mit der Beklagten zur Erbringung der Bauleistungen verpflichtet war.
IV.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keine weiteren Ansprüche wegen verzögerten Baubeginns in Höhe von 6.775.098,80 € netto (Paket 4), weil die Parteien Mehrkostenansprüche wegen verzögerten Baubeginns in der ersten Ergänzungsvereinbarung zum Konzessionsvertrages (Anlage K 2) abschließend geregelt haben und damit auch weitergehende Ansprüche auf Mehrkostenerstattung auf Grund des verspäteten Zuschlags und der Verschiebung der Ausführungsfristen abgegolten haben.
1. Mit der Ergänzungsvereinbarung haben sich die Parteien auf neue Termine geeinigt, und daraus resultierende Mehrkosten geregelt.
Dementsprechend heißt es in der Präambel der Ergänzungsvereinbarung:
„… wegen des durch ein Vergabenachprüfungsverfahren verzögerten Zuschlages haben sich die im Konzessionsvertrag enthaltenen Fristen, Termine und sonstigen Regelungen zum Teil überholt und sind anzupassen. Ebenso sind die sich aus diesen Anpassungen ergebenden Folgen zu regeln…“
Bereits diese Einleitung spricht dafür, dass die Parteien eine abschließende Regelung treffen wollten.
Art. 2 der Ergänzungsvereinbarung trägt die Überschrift „Anspruch auf Mehrkosten“ und lautet:
„Zwischen den Vertragsparteien besteht Einigkeit darüber, dass dem Konzessionsnehmer gegen den Konzessionsgeber ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten zusteht, welche durch die Verschiebung der vereinbarten Ausführungsfristen gemäß Artikel 1 Ziffern 1 bis 5 entstehen, nicht jedoch solche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen. Sie vereinbaren hiermit, dass dieser Anspruch des Konzessionsnehmers mit der Zahlung von pauschal € 4.000.000,00 (…) zuzüglich Umsatzsteuer in gesetzlich maßgeblicher Höhe abgegolten wird und weitergehende Ansprüche auf Mehrkostenerstattung aufgrund des verspäteten Zuschlags und der Verschiebung der Ausführungsfristen seitens des Konzessionsnehmer s nicht bestehen…“
Die Parteien haben damit im Ergebnis, entsprechend der seitens der Klägerin zitierten Forderung des BGH für einen Bauvertrag (Blatt 129 der Akte) zugleich mit der Bauzeit auch den vertraglichen Vergütungsanspruch angepasst.
2. Die Behauptung der Klägerin, man habe sich nur über die damals bereits bekannten Mehrkosten verständigt, nicht jedoch über die zum damaligen Zeitpunkt noch nicht bekannten Kosten aus geänderten Kalkulationsgrundlagen, findet in der Ergänzungsvereinbarung der Parteien keine Stütze.
2.1 Die Klägerin meint (Blatt 130 der Akte), die Vereinbarung erfasse allein diejenigen Kosten, die unmittelbar durch die Verschiebung der in Art. 1 vereinbarten Ausführungsfristen entstehen. Das seien nur die Kosten für die verlängerte Vorhaltung der Baustelleneinrichtung sowie der Bau- und Projektleitung.
Tatsächlich handelt es sich aber auch bei den nun geltend gemachten Kosten aus der geänderten Kalkulationsgrundlage um Kosten, die unmittelbar durch die Verschiebung der Ausführungsfristen entstehen. Jedenfalls kann sich die Kammer keine andere Ursache für diese Kosten vorstellen und auch die Klägerin begründete den Anspruch mit dem verzögerten Baubeginn.
2.2 Das Gericht hat auch keinen Anlass zur Annahme, dass sich die Parteien nur über die zum damaligen Zeitpunkt bereits ermittelbaren Kosten verständigen wollten.
Die als Anlage K 47 vorgelegten Nachtrags-Aufstellung datiert vom 10. 8. 2015 und die Klägerin hat sie erst im Nachgang zur Plausibilisierung für die Beklagte gefertigt. Diese Aufstellung, aus der sich im Ergebnis 4.007.011,50 € ergeben, lag bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung nicht vor und war deshalb auch nicht deren Grundlage. Vielmehr hatte die Klägerin mit Schreiben vom 18.4.2011 (Anlage B 15) mitgeteilt, dass durch die Verlängerung und Verschiebung der Bauzeit bei ihrem Baupartner Mehrkosten in Höhe von acht Millionen € entstehen. Anhaltspunkte dafür, dass damit nur solche Mehrkosten gemeint waren, die in der im Nachgang gefertigten Aufstellung vom 10. 8. 2015 enthalten und mit 4.007.011,50 € angegeben wurden, hat die Kammer nicht. Die Kammer geht deshalb davon aus, dass die Klägerin damit die gesamten Mehrkosten gemeint hat, und diese, sofern sie sie nicht berechnen konnte, geschätzt hat.
Mit Schreiben vom 21.4.2011 (Anlage B 16) hatte die Klägerin eine weitere Berechnung vorgelegt, aus der sich Mehrkosten bei der Klägerin als auch bei ihrem Baupartner in Höhe von insgesamt 4,5 Millionen € ergaben. In diesen Schreiben führt die Klägerin am Ende aus:
„…Im Übrigen würden in der dargestellten Option sämtliche zusätzlichen Kosten und Risiken, die aus der verzögerten Vergabe resultieren, endgültig abgefangen und weiterer Anpassungsbedarf von unserer Seite nicht mehr geltend gemacht werden…“
Die Kammer ist deshalb überzeugt, dass die Parteien sich über sämtliche Mehrkosten einigen wollten.
2.3 Das bestätigen auch die Schreiben der Beklagten vom 26.4.2011 (Anlage B 17) sowie vom 2.5.2011 (Anlage B 18). Dort war vorgesehen, nachgewiesene Mehrkosten unter Berücksichtigung von Minderkosten zu erstatten. Eine Beschränkung auf nur einen Teil von Mehrkosten ist in den Schreiben nicht vorgesehen.
Mit dem Entwurf für die Ergänzungsvereinbarung vom 10.5.2011 (Anlage B19) wollte die Beklagte eine Begrenzung des nachgewiesenen Mehrkostenanspruchs auf 4,5 Millionen €. Anlass zu so einer Begrenzung hatte die Beklagte nur dann, wenn sie nachgewiesene Mehrkostenansprüche der Klägerin über diesen Betrag hinausgehend für möglich hielt und wenn die Parteien sich nicht nur über die Mehrkosten, die die Klägerin bereits vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ermitteln konnte, einigen wollten (so aber die Klägerin auf Bl. 126 d. A.). Denn dann hätte die Klägerin ihre Mehrkosten gleich nachweisen können oder zumindest eine Aufstellung vorgelegt vergleichbar der, die sie dann im Nachgang zur Plausibilisierung für die Beklagte gefertigt hat (Anlage K 47).
Die Aufstellung anzufertigen wäre der Klägerin auch vor Abschluss der Ergänzungsvereinbarung möglich gewesen, nachdem sie vorträgt (Bl. 126 d.A.), dass diese Kosten für die Klägerin zum Zeitpunkt der 1. Ergänzungsvereinbarung auf der Grundlage der neu vereinbarten Termine konkret kalkulierbar waren.
Würde die erste Ergänzungsvereinbarung nur diese bereits errechenbaren Kosten (die die Klägerin mit gut 4 Millionen € errechnet hat) betreffen, wäre der Wunsch der Klägerin (Anlage B20) die Deckelung des Mehrkostenanspruchs auf 4,5 Millionen € zu streichen, nicht nachvollziehbar. Die Parteien hatten somit im Vorfeld des Abschlusses der 1. Ergänzungsvereinbarung eine Einigung über die Mehrkosten insgesamt angestrebt und nicht nur über einen Teil davon.
2.4 Nichts anderes ergibt sich aus der schließlich unterzeichneten 1. Ergänzungsvereinbarung. Im Vergleich zu dem vorausgehenden Entwurf hatten die Parteien darin darauf verzichtet, dass Mehrkosten durch die Klägerin zu begründen und nachzuweisen sind. Im Gegenzug hatten sie eine Zahlung in Höhe von vier Millionen € vereinbart. War mit dem Vorentwurf, der eine Mehrkostendeckelung auf 4,5 Mio. € vorsah, dennoch aber Begründungen und Nachweise verlangte, seitens beider Parteien eine Erledigung sämtlicher Mehrkosten angestrebt, kann für die dann abgeschlossene Ergänzungsvereinbarung nichts anderes gelten. Die Beklagte ist der Klägerin im Vergleich zum Vorentwurf insoweit entgegen gekommen, als sie auf Begründung und Nachweis der Mehrkosten verzichtete und die Klägerin ist der Beklagten insoweit entgegengekommen als sie im Vergleich zu der angedachten Deckelung (trotz Nachweis) eine weitere Reduzierung des Betrages akzeptierte (in dem Wissen, sich Nachweise zu ersparen).
2.5 Auch der Wortlaut der 1. Ergänzungsvereinbarung ist eindeutig. Die Kammer kann das nur so verstehen, als zwischen den Vertragsparteien Einigkeit darüber besteht, dass dem Konzessionsnehmer gegen den Konzessionsgeber Ansprüche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen nicht zustehen. Auch am Ende von Art. 2 steht „…dass dieser Anspruch …mit der Zahlung… abgegolten wird und weitergehende Ansprüche auf Mehrkostenerstattung aufgrund des verspäteten Zuschlags und der Verschiebung der Ausführungsfristen seitens des Konzessionsnehmers nicht bestehen…“ (Hervorhebung durch das Gericht). Der nun geltend gemachte Anspruch, den die Klägerin mit der Änderung der Kalkulationsgrundlagen begründet, ist aber ein solcher weitergehender Anspruch, weil es sich um einen behaupteten Anspruch wegen verzögerten Baubeginns handelt.
2.6. Das Gericht folgt nicht der Auffassung der Klägerin, der Einschub „…, nicht jedoch solche wegen einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen“ sei so zu lesen, dass man über solche Mehrkosten überhaupt keine Einigung erzielt hat (Bl. 381ff d.A.).
Das steht da nicht, und kann auch nicht im Wege einer Auslegung hineingelesen werden. Der Hauptsatz beginnt damit, dass zwischen den Parteien Einigkeit besteht. Das Wort „solche“ kann sich nach den Regeln der Grammatik nur auf das Wort „Mehrkosten“ beziehen, weil „Mehrkosten“ das letzte Wort vor „solche“ ist, das nach Numerus, Genus und Kasus dazu passt.
Auch die Historie der Ergänzungsvereinbarung einschließlich ihrer Vorentwürfe würde einer solchen Auslegung, sofern man sie trotz entgegenstehenden Wortlauts für möglich erachten wollte widersprechen:
Der Halbsatz war bereits in dem von der Klägerin geänderten Entwurf vom 12.05.2011 (Anlage B20) enthalten, in dem die Klägerin die Deckelung der nachgewiesenen Mehrkosten in Höhe von 4,5 Mio. € gestrichen haben wollte. Konnte die Klägerin ihre Mehrkosten (mit Ausnahme der nun verlangen Mehrkosten wegen Änderung der Kalkulationsgrundlagen) aber zum Zeitpunkt der 1. Ergänzungsvereinbarung errechnen und hat diese entsprechend der nachträglich gefertigten Aufstellung (K47) mit gut 4 Mio. € errechnet, hätte sie mit einer Deckelung nur dieser Mehrkosten auf 4,5 Mio. € kein Problem gehabt (vgl. oben). Die Deckelung konnte nur deshalb nachteilig für sie sein, weil damit auch die Mehrkosten abgegolten sein sollten, die sie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht errechnen konnte, also die Mehrkosten, die sie nun mit der Klage geltend macht.
In ihrem nachfolgenden Entwurf vom 18.05.2011 (Anlage B 21), der bereits die Pauschale in Höhe von 4 Mio € enthielt, hatte die Klägerin diesen Halbsatz selbst wieder gestrichen.
Erst die Beklagte hat den Halbsatz dann entsprechend den Vorentwürfen wieder eingefügt, mit dem Verweis im E-Mail-Anschreiben vom 18.05.2011 (Anlage B 22), dass ein Mehrkostenanspruch nicht aufgrund einer Änderung der Kalkulationsgrundlagen besteht.
Für einen Parteiwillen beider Parteien, Mehrkosten wegen Änderung der Kalkulationsgrundlagen außen vor zu lassen, spricht auch nicht der Sachvortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 11.12.2017 (Bl. 385), wonach Vertreter der Beklagten ausdrücklich erklärten, dass mehr als 4 Mio. € in der Vereinbarung nicht akzeptiert würden. Denn Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte keine abschließende Regelung über sämtliche Mehrkosten treffen wollte, ergeben sich daraus nicht. Im Gegenteil: Mehr als 4 Mio. € wollte die Beklagte insgesamt nicht akzeptieren. Denn die bereits zu errechnenden Mehrkosten beliefen sich ohnehin nur auf gut 4 Mio € (Anlage K47). Wäre eine Gesamteinigung von den Parteien nicht beabsichtigt gewesen, hätte sich die Beklagte auf eine Zahlung von 4 Mio € pauschal und ohne Nachweis nach der Überzeugung des Gerichts gar nicht eingelassen.
Sollte der Wille der Klägerin bei Abschluss der Vereinbarung trotz entgegenstehendem Wortlaut und dem erkennbaren Willen der Beklagten eine Gesamteinigung zu erzielen, dahin gegangen sein, weitere Mehrkosten zu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen (Bl. 385 d.A.), hat die Klägerin jedenfalls nicht dargetan, dass dieser Wille bei Abschluss der Vereinbarung für die Beklagte deutlich geworden ist. Ein solcher Vorbehalt wäre nach § 116 BGB unbeachtlich.
3. Schriftsatzfristen waren nicht mehr zu setzen: Die Klägerin hat nach dem Termin eine angekündigte Rechnung vorgelegt, ohne dass hierfür eine Frist gesetzt werden musste. Die Beklagte wollte zu dem Paket 3 noch Stellung nehmen, was sich indes erübrigt. Auf die Ausführungen aus dem Schriftsatz vom 18.1.2018 ist es nicht mehr angekommen.
V.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO. Der Streitwert war gemäß § 63 Abs. 2 GKG endgültig zu taxieren; maßgebend (§ 3 ZPO) war die klägerische Hauptsacheforderung.


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