Handels- und Gesellschaftsrecht

Berufung, Sittenwidrigkeit, Haftung, PKW, Herausgabe, Streitwert, Rechtsverfolgung, Kostenentscheidung, Feststellung, Vollstreckbarkeit, Zinsen, Vorsatz, Verwendung, Hinweisbeschluss, Zug um Zug, billigend in Kauf

Aktenzeichen  1 U 4977/20

Datum:
4.2.2021
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 43501
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

23 O 3719/19 2020-07-23 LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2020, Aktenzeichen 23 O 3719/19, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 27.780,00 € festgesetzt.

Gründe

I. Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2020 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin:
1. Die Beklagte unter Abänderung des am 23.07.2020 verkündeten Urteils 23 O 3719/19 zu verurteilen, an die Klagepartei € 27.780,17 nebst Zinsen aus € 25.045,42 hieraus in Höhe von 5% Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen, Zug um Zug gegen die Übereignung und Herausgabe des PKW Typs BMW 320d, FIN: …48.
2. Festzustellen, dass sich die Beklagte mit der Annahme des in Antrag 1. genannten Fahrzeugs seit dem 11.01.2019 in Verzug befindet.
3. Die Beklagte unter Abänderung des am 23.07.2020 verkündeten Urteils 23 O 3719/19 zu verurteilen, die Klagepartei von den Kosten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von € 1.564,26 freizustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
II. Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 23.07.2020, Aktenzeichen 23 O 3719/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist. Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Auch das klägerische Vorbringen im Schriftsatz vom 07.01.2021 rechtfertigt keine andere Beurteilung:
Wie der BGH in seiner jüngsten Entscheidung vom 19.01.2021 (VI ZR 433/19, juris) bestätigt hat, setzt die Annahme objektiver Sittenwidrigkeit voraus, dass die handelnden Personen bei der Entwicklung bzw. Verwendung einer temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein handelten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß zumindest billigend in Kauf nahmen (so auch bereits der Hinweisbeschluss, Ziffer 2.2.8.). Im Hinblick auf die Verwirklichung des subjektiven Betrugstatbestandes gilt nichts anderes; auch für eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB, § 263 Abs. 1 StGB muss sich der Vorsatz auf den Einsatz einer unzulässigen Abschalteinrichtung beziehen, weshalb sich entgegen der Auffassung der Berufung die Frage nach der Vermeidbarkeit eines Verbotsirrtums nicht stellt. Der Hinweis des Klägers auf die Entscheidung des EuGH vom 17.12.2020 (C-693/18) ändert daran nichts, weil es für die deliktische Haftung der Beklagten eben nicht ausreicht, dass objektiv eine im Sinne der VO (EG) 715/2007 unzulässige Abschalteinrichtung zum Einsatz gekommen ist.
Wie ebenfalls bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt, lassen sich aus dem Vortrag des Klägers keine greifbaren Anhaltspunkte für ein sittenwidriges Verhalten bzw. der Begehung eines Betrugs auf Seiten der Beklagten gewinnen. Die Grundsätze des Bundesgerichtshofs zur sekundären Darlegungslast der V.AG bezüglich des Kenntnisstandes ihrer Vorstände von der Entwicklung und Verwendung einer nachweislich unzulässigen Abschalteinrichtung in Fahrzeugtypen mit dem Dieselmotor EA 189 (vgl. BGH, Urt. v. 25.05.2020 – VI ZR 252/19, juris-Rn. 35 ff; v. 30.07.2020 – VI ZR 367/19, juris-Rn. 15 ff) sind schon deshalb auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Aus dem Beschluss des BGH vom 28.01.2020 (VIII ZR 57/19), der ein mit dem Dieselmotor OM 651 ausgestattetes Fahrzeug der D. AG betraf, kann der Kläger ebenfalls nichts für sich herleiten. Denn in diesem Fall lagen greifbare Anhaltspunkte für die Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung vor, nämlich ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stuttgart sowie eine Rückrufaktion des Herstellers, die sich jeweils auf Fahrzeugtypen bezogen, in denen der Motor OM 651 eingebaut war. Der Senat hält daran fest, dass demgegenüber vorliegend aus den klägerseits vorgetragenen Umständen keine Rückschlüsse auf eine bewusst und gewollt unzulässige Ausgestaltung des Emissionskontrollsystems gezogen werden können. Soweit der Kläger (erneut) auf Messergebnisse der Universität G. hinweist, gelten die Ausführungen unter Ziff. 2.2.1. des Hinweisbeschlusses weiterhin.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.


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