Handels- und Gesellschaftsrecht

Geltendmachung eines Anspruchs aus einer KG Beteiligung

Aktenzeichen  15 O 19846/17

Datum:
17.12.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 56896
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 22
HGB § 105 Abs. 3, § 161 Abs. 2, § 167 Abs. 3

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 7.340,00 € festgesetzt

Gründe

A)
Die zulassige Klage ist derzeit unbegründet.
I.
Die Klage ist zulassig Insbesondere ist das Landgericht München I örtlich zuständig nach § 22 ZPO Ein entgegenstehender ausschließlicher Gerichtsstand ist nicht ersichtlich.
II.
Die Klage ist jedoch derzeit unbegründet.
1. Die Klägerin macht einen Anspruch auf Zahlung eines negativen Abfindungssaldos von 4.340 € sowie einer Einlageforderung von 3.000 € geltend, §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 3, 167 Abs. 3 HGB, 739 BGB. Diese Einlageforderung kann jedoch nur als unselbststandiger Rechnungsposten im Rahmen der Berechnung des Abfindungsanspruchs des Ausscheidenden zu berücksichtigen sein (BGH, NJW 2000, 2586).
Der Beklagte ist aus der Gesellschaft ausgetreten.
In diesem Fall wird nach § 23 Abs. 5 des Gesellschaftsvertrags die Gesellschaft fortgesetzt und nach Abs. 6 ein Abfindungssaldo ermittelt Die Höhe des Abfindungssaldos ist durch einen von der Wirtschaftsprüferkammer … zu benennenden Wirtschaftsprüfer verbindlich zu ermitteln, da sich die Parteien insoweit nicht einigen konnten.
Der Anspruch der Klägerin, der in der Höhe noch offen ist, ist derzeit nicht fällig Ein Schiedsgutachtenvertrag im engeren Sinne enthalt in der Regel die stillschweigende Vereinbarung, dass die Begleichung der betroffenen Forderung für die Dauer der Erstattung des Gutachtens weder gerichtlich durchgesetzt noch außergerichtlich verlangt werden kann, mit der Folge, dass die Forderung in diesem Zeitraum noch nicht fällig ist (BGH, NJW-RR 2014, 492, BGH, Urteil vom 05.11.2015 – III ZR 41/15). Ein solches Schiedsgutachten im engeren Sinn ist in § 23 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags gemeint. Die Höhe des Abfindungssaldos, mithin eine tatsächliche Frage in Form der Bewertung des Kommanditanteils, soll durch den Schiedsgutachter verbindlich festgestellt werden (vgl. BeckOGK/Netzer BGB § 317 Rn 31-33, beck-online). Dem Gesellschaftsvertrag kann nicht entnommen werden, dass ausnahmsweise eine gerichtliche Durchsetzung bereits vor Erstattung des Schiedsgutachtens möglich sein soll. Der Zweck der Vereinbarung eines Schiedsgutachtens wurde unterlaufen, könnte eine Partei Klage erheben, ohne dass ein Schiedsgutachten vorliegt Daher ist die Klage „als derzeit unbegründet“ abzuweisen (BeckOGK/Netzei BGB § 317 Rn. 71, 72, beck-online).
Der Einwand der Klägerin, es gehe auch um den Anspruch dem Grunde nach, ändert daran nichts Die Höhe des Abfindungssaldos ist abhängig von der Frage, inwieweit noch Einlageforderungen offen sind (s.o.). Hierzu zahlt auch die Frage, ob die Einlage durch Verrechnung mit Gewinnen vollständig geleistet ist. Da es sich hier lediglich um die Frage der gesellschaftsinternen Buchung von Gewinnen auf das Einlagekonto des Beklagten handelt, kann dies ebenfalls von einem Wirtschaftsprüfer ermittelt werden. Der Zweck der Schiedsgutachtenabrede ist die Vermeidung eines Rechtsstreits vor den ordentlichen Gerichten. Daher ist auch diese Frage zunächst im Rahmen des Schiedsgutachtens zu klären. Im Übrigen kann auf das Schiedsgutachten ohnehin nicht verzichtet werden, da es Fälligkeitsvoraussetzung ist (s.o.).
Eine Fristsetzung entsprechend § 356 ZPO zu Nachholung des Schiedsgutachtens im laufenden Prozess ist nicht angezeigt § 358 ZPO ist nicht direkt auf diesen Fall anwendbar In Betracht kommt daher allenfalls eine entsprechende Anwendung (BGH, NJW-RR 1988, 1405; BeckOK ZPO/Bach ZPO § 356 Rn 1-6). Der Zweck der Schiedsgutachtenabrede, einen Rechtsstreit vor den ordentlichen Gerichten zu vermeiden, steht jedoch einer analogen Anwendung entgegen. Es besteht kein Grund, den Beklagten bereits zum jetzigen Zeitpunkt mit einer Klage zu belasten. Dies widerspricht dem Sinn der Vereinbarung in § 23 Abs. 6 des Gesellschaftsvertrags. Ein schutzwürdiges Interesse der Klägerin besteht nicht Eine analoge Anwendung scheidet daher aus.
2. Der Hilfsantrag ist derzeit unbegründet.
Da der Antrag ausdrücklich gestellt wurde, kommt es auf eine Auslegung nicht (mehr) an (vgl. BGH, NJW 2000, 2586).
Auch dieser Antrag ist jedoch derzeit unbegründet. Der Zweck der Schiedsgutachtenabrede ist die Vermeidung eines Rechtsstreits vor den ordentlichen Gerichten Dieser Zweck wurde unterlaufen, könnte eine Partei Klage hinsichtlich einzelner Abrechnungsposten erheben, ohne dass ein Schiedsgutachten vorliegt.
B)
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
C)
Die Streitwertfestsetzung beruht auf der Höhe des Leistungsantrags.


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