Handels- und Gesellschaftsrecht

Kein Schadensersatz wegen Unterbrechung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs im sog. Abgasskandal

Aktenzeichen  3 U 4/20

Datum:
20.7.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 31098
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 826

 

Leitsatz

Die Beklagte hat Maßnahmen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit getroffen, die zu einer Unterbrechung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs geführt haben mit der Folge, dass ein möglicher Schaden der Beklagten nicht mehr zurechenbar ist. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 U 4/20 2020-05-19 Hinweisbeschluss OLGBAMBERG OLG Bamberg

Tenor

1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Endurteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 29.11.2019, Aktenzeichen 32 O 110/19, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Aschaffenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 25.569,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 29.11.2019 sowie auf den Hinweisbeschluss des Senats vom 19.05.2020 Bezug genommen.
II.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Aschaffenburg vom 29.11.2019, Aktenzeichen 32 O 110/19, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen. Zur klägerischen Stellungnahme vom 16.07.2020 ist anzumerken:
Die Klagepartei hat den Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung darauf gestützt, dass die Beklagte arglistig den Umstand verschwiegen hat, dass in ihrem Fahrzeug eine Manipulationssoftware verbaut worden sei, die während der offiziellen Messung die Motorsteuerung derart verändert habe, dass das Fahrzeug im Test weniger Abgase ausstoße als auf der Straße. Das Inverkehrbringen eines solchen Fahrzeugs stellt zwar im Grundsatz eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung i. S. d. § 826 BGB dar (BGH, Urteil vom 25.05.2020, VI ZR 252/19).
Der Senat hat jedoch bereits in seinem Hinweisbeschluss eingehend dargelegt, aus welchen Gründen vorliegend die Tatbestandsvoraussetzungen des § 826 BGB nicht erfüllt sind. Hierbei hat er daran angeknüpft, dass die Beklagte Maßnahmen zur Unterrichtung der Öffentlichkeit getroffen hat, die zu einer Unterbrechung des Rechtswidrigkeitszusammenhangs geführt haben mit der Folge, dass ein möglicher Schaden der Beklagten nicht mehr zurechenbar ist. Auch unter Berücksichtigung der klägerischen Gegenerklärung, die nach Art einer Textschablone schon keine ernsthafte Auseinandersetzung mit den einzelnen Senatshinweisen in der Sache erkennen lässt, ist daran festzuhalten, dass die im Hinweisbeschluss dargestellten Maßnahmen ausreichend waren, um das Fortwirken des Vorwurfs der sittenwidrigen Schädigung zu verhindern. Über diese Maßnahmen hinaus war die Beklagte nicht zu einer weiteren Aufklärung und insbesondere auch nicht dazu verpflichtet, ihr eigenes Verhalten als „sittenwidrige Schädigung“ zu bezeichnen oder als Sachmangel zu qualifizieren, um den Vorwurf eines sittenwidrigen Eingriffs in die Kaufentscheidung auszuräumen.
Diese Einordnung entspricht nunmehr auch der Feststellung im vorgenannten Piloturteil des BGH vom 25.05.2020, dort Rn. 3, wonach die X.-Seite bereits „im September 2015 öffentlich die Verwendung einer entsprechenden Software eingeräumt“ hat.
Überdies schweigt sich die Klagepartei weiterhin dazu aus, aus welchen Gründen sie trotz der wochen- und monatelangen Berichterstattung über den „Dieselskandal“ noch nicht einmal den Verdacht geschöpft haben will, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung ausgerüstet sein könnte. Der Senat sieht sich deshalb in seiner Auffassung bestätigt, dass dies für die Kaufentscheidung der Klagepartei offensichtlich nicht relevant war.
Aus diesem Grund fehlt es für einen Anspruch der Klagepartei gegen die Beklagte auch auf der Grundlage des § 826 BGB an den notwendigen Voraussetzungen. Entsprechendes gilt, soweit die Klagepartei ihren Anspruch auf andere deliktische Anspruchsgrundlagen stützt.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgt gemäß § 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO.


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