Handels- und Gesellschaftsrecht

Nach pflichtwidriger Versendung der Selbstanzeige eines Mandanten beglichene Steuerschuld außerhalb des Schutzzwecks der verletzten Pflicht aus dem Anwaltsvertrag

Aktenzeichen  6 O 1944/15 (2)

Datum:
15.3.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 128575
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 249, § 280 Abs. 1 S. 1, S. 2, § 675 Abs. 1

 

Leitsatz

Auch wenn der Rechtsanwalt mit der Versendung einer Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung an das Finanzamt ohne Freigabe des Mandanten schuldhaft eine Pflicht aus dem Anwaltsvertrag verletzt hat, ist es von vornherein nicht Schutzzweck der verletzten Pflicht, dem Mandanten die aufgrund der Selbstanzeige nunmehr beglichene Steuerschuld im Wege des Schadensersatzes wieder zugute kommen zu lassen. (Rn. 18 – 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 71.788,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet.
1. Der Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 249 BGB wegen Verletzung von Pflichten des entgeltlichen Anwaltsvertrages (§ 675 Abs. 1 BGB) zu.
Zwar hat der Beklagte dadurch, dass die verfassten Selbstanzeige ohne erfolgte Freigabe durch die Klägerin aus dessen Kanzlei an das Finanzamt … versandt wurde, schuldhaft eine Pflicht des Anwaltsvertrages verletzt; § 280 Abs. 1 S. 1 und S. 2.
Jedoch liegt aus Sicht des Gerichts der eingetretene Schaden außerhalb des Schutzzweckes der Norm und ist daher nicht erstattungsfähig. Die verletzte Pflicht soll nicht vor Schäden der eingeklagten Art schützen. Denn nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch gilt die Einheitlichkeit der Rechtsordnung. Nach Auffassung des Unterzeichners kann es daher von vornherein nicht Schutzzweck der Norm sein, eine unstreitige Steuerhinterziehung der Klägerin, welche nun „lediglich“ zur Begleichung der entsprechenden Steuerschuld führte – streitgegenständlich sind gerade keine im Wege eines steuerstrafrechtlichen Verfahrens festgesetzten Geldauflagen – ihr im Wege des Schadensersatzes wieder zugute kommen zu lassen.
Der Beklagte hat gerade keine Fehler im Rahmen der Ermittlung der Steuertatbestände gemacht; ein Schadensersatzanspruch ist aus Sicht des Gerichts bereits deswegen ausgeschlossen.
2. Demzufolge scheidet auch ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten und der Nebenforderungen aus.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, wonach die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.


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