Handels- und Gesellschaftsrecht

Rückzahlung unberechtigt erstatteter Geschäftsführervergütungen

Aktenzeichen  1 HK O 34/16

Datum:
3.3.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 157042
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 612, §  812

 

Leitsatz

1. Ist bei zwei miteinander verflochtenen GmbHs ein Angestellter der einen GmbH gleichzeitig Geschäftsführer der anderen GmbH, wobei er nur von der erstgenannten GmbH entlohnt wird, bedarf eine Vereinbarung der GmbHs über die Erstattung dieser Entlohnung durch die andere GmbH der Zustimmung des bei dieser gebildeten Aufsichtsrates. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 428.209,50 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.04.2016 zu zahlen.
2. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.
3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Der Beklagten bleibt die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorbehalten.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 428.209,50 € festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist im Urkundsprozess zulässig und begründet. Die Klageforderung ist geschuldet aus § 812 BGB. Die Klägerin kann sowohl die Leistung als auch das Fehlen des von Beklagtenseite hierfür behaupteten Rechtsgrundes durch Urkunden belegen.
Unabhängig davon ist außer Streit geblieben, dass die Klägerin in Höhe der Klageforderung Zahlungen an die Beklagte geleistet und diese die Zahlungen vereinnahmt hat.
Die Beklagte hat als Rechtsgrund hierfür einen zwischen den Parteien durch mündliche Vereinbarung der jeweiligen Geschäftsführer geschlossenen Dienstverschaffungsvertrag behauptet. Sie hat weiter behauptet, der damals eingesetzt gewesene Aufsichtsrat der Beklagten sei über diesen Vertrag informiert worden.
Dies lässt sich mit den von Klägerseite vorgelegten Urkunden widerlegen: die Aufsichtsratsprotokolle enthalten einen solchen Vorgang nicht. Es hätte nach den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung vom 13. Oktober 2014 ohnehin dem Aufsichtsrat oblegen, nicht der Geschäftsführung, die behauptete Vergütungsvereinbarung zu treffen. Jedenfalls aber hätte der Aufsichtsrat aufgrund des Volumens der Vergütungsvereinbarung vorher zustimmen müssen. Beides ist nicht ersichtlich und wird von der Beklagten auch gar nicht behauptet. Die behauptete Unterrichtung des Aufsichtsrats liegt an der Grenze der Einlassungsfähigkeit und kann die Beschlussfassung eines dreiköpfigen Aufsichtsrats nicht ersetzen. Der Geschäftsführer hat bei dem von der Beklagten behaupteten Geschäft außerhalb seiner Kompetenzen gehandelt, was der Beklagten – in Person des für sie handelnden … – auch bekannt gewesen ist, wie sich aus dessen durch Anlage K 8 belegter Teilnahme an der Gesellschafterversammlung der Klägerin vom 13. Oktober 2014 ohne weiteres ergibt. Ob das Geschäft nun nichtig oder schwebend unwirksam gewesen ist, kann dahinstehen, da es die Klägerin (ihr Aufsichtsrat) nicht genehmigt hat.
Auf die Frage, ob Geschäftsführung und Aufsichtsrat der Beklagten zum fraglichen Zeitpunkt überhaupt wirksam bestellt waren, kommt es dagegen nicht an: die Klägerin muss nur den von der Beklagten behaupteten Rechtsgrund widerlegen.
Der Vollständigkeit halber ist auszuführen: Ein Rechtsgrund aus § 612 BGB (wie von der Beklagten zuerst behauptet) kann nicht zur Rechtfertigung der streitgegenständlichen Zahlungen hergenommen werden: ein solcher Anspruch hätte den einzelnen Geschäftsführern persönlich, nicht aber der Beklagten zugestanden.
Die Zinsen ergeben sich aus §§ 286, 288 BGB. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziffer 4, 711 ZPO. Der Beklagten war die Ausführung ihrer Rechte im Nachverfahren vorzubehalten.


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