Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatzanspruch wegen Kartellverstoßes – Süßwarenkartell

Aktenzeichen  19 O 9546/16

Datum:
17.5.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 26641
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
GWB § 1, § 33, § 33a Abs. 2, § 87 S. 1
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 287

 

Leitsatz

1 Die bestimmte Angabe des Gegenstandes des erhobenen Anspruches erfordert es, dass dieser als solcher identifizierbar ist; im Falle einer Kartellschadensersatzklage ist dementsprechend gegebenenfalls eine Differenzierung zwischen eigenen und fremden Warenbezügen schon deswegen veranlasst, weil es sich bei Ansprüchen aus eigenem Recht und aus abgetretenem Recht um unterschiedliche Streitgegenstände handelt. (Rn. 37 – 43) (redaktioneller Leitsatz)
2 Eine Zielgerichtetheit des kartellrechtswidrigen Verhaltens auf einen bestimmten Adressaten ist angesichts der jede Kartellvereinbarung missbilligenden Zielsetzung der Gesetze nicht zu fordern; ausreichend ist eine unmittelbare und objektive Betroffenheit der Klägerin als wie hier bestimmbarer Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite. (Rn. 63) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine Kartellbetroffenheit der Klägerin kann hier nicht angenommen werden, da diese nicht im Kartellbußgeldbescheid erwähnt wird; auch ein Anscheinsbeweis kann nicht angenommen werden, da die Lebenserfahrung bei einem Kartell, bei dem lediglich grobe Informationen über bevorstehende Bruttolistenpreiserhöhungen ohne konkreten Produktbezug unter Teilnehmern unterschiedlicher Marktbereiche ausgetauscht wurden, nicht für eine generelle Kartellbetroffenheit der von der Klägerin bezogenen Waren spricht. (Rn. 67 – 74) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird, soweit sie Warenbezüge der Jahre 2003 und 2004 betrifft sowie soweit die Feststellung der Verzinsung der eingetretenen Schäden beantragt ist, als unzulässig abgewiesen.
2. Im Übrigen wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
3. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen:
4. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

A. Zulässigkeit
Die Klage ist im Wesentlichen zulässig. Es fehlt lediglich in Bezug auf die für die Jahre 2003 und 2004 nicht nach Klägerin und Zedentin vorgetragenen Warenbezüge an der Bestimmtheit des Klageantrags und in Bezug auf die geltend gemachten Zinsen das Feststellungsinteresse.
I. Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth
Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts ergibt sich aus § 87 S. 1 GWB.
Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Nürnberg-Fürth ergibt sich aus § 32 ZPO.
Begehungsort im Sinne von § 32 ZPO ist jeder Ort, an dem ein wesentliches Tatbestandsmerkmal verwirklicht wurde, insbesondere der tatbestandsmäßige Erfolg eingetreten ist. Das ist bei der Verletzung des den Kläger schützenden Gesetzes des § 33 GWB auch der Geschäftssitz desjenigen, dessen Rechte verletzt sind (Immenga/Mestmäcker/Schmidt GWB § 87 Rn. 38, beck-online; vgl. auch Wirtz/Holzhäuser, WRP 2004, S. 683 ).
Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs der Ort, an dem sich der behauptete Schaden konkret zeigt (EuGH, Urteil vom 16. Juli 2009 – C-189/08 -, Rn. 27 – juris – NJW 2009, 3501 – Zuid-Chemie). Da es sich um einen Schaden handelt, der in den Mehrkosten besteht, die wegen eines künstlich überhöhten Preises anfielen, lässt sich dieser Ort nur für jeden einzelnen mutmaßlich Geschädigten ermitteln und liegt grundsätzlich an dessen Sitz. Das so bestimmte Gericht ist bei einer Klage gegen einen oder mehrere Urheber des betreffenden Kartells für die Entscheidung über den gesamten Schaden zuständig, der dem mutmaßlich geschädigten Unternehmen aufgrund der Mehrkosten für den Bezug der von dem Kartell betroffenen Produkte entstanden ist (EuGH, Urt. v. 21.5.2015 – Rs. C-352/13, Celex-Nr. 62013CJ0352, GRUR Int. 2015, 1176 Rn. 52 ff. – CDC Hydrogen Peroxide).
II. Bestimmtheit des Klageantrags
1. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruches enthalten. Dafür kommt es nicht darauf an, ob der maßgebende Lebenssachverhalt bereits in der Klageschrift vollständig beschrieben oder der Klageanspruch schlüssig und substantiiert dargelegt worden ist; vielmehr ist es – entsprechend des Zwecks der Klageerhebung, dem Schuldner den Willen des Gläubigers zur Durchsetzung seiner Forderungen zu verdeutlichen – ausreichend, wenn der Anspruch als solcher identifizierbar ist (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 295/00 -, Rn. 16, juris). Die gebotene Individualisierung der Klagegründe kann grundsätzlich auch durch eine konkrete Bezugnahme auf andere Schriftstücke erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 17. Juli 2003 – I ZR 295/00 -, Rn. 16, juris). Bei einer Feststellungsklage muss das Rechtsverhältnis, dessen Bestehen oder Nichtbestehen festgestellt werden soll, so genau bezeichnet werden, dass über dessen Identität und damit über den Umfang der Rechtskraft des begehrten Feststellungsanspruchs keinerlei Ungewissheit herrschen kann (BGH, Urteil vom 04. Oktober 2000 – VIII ZR 289/99 -, Rn. 35, juris).
2. Diese Anforderungen an eine ordnungsgemäße Klageerhebung sind im vorliegenden Fall erfüllt, soweit die Klägerin bei der Auflistung der Warenbezüge von der Beklagten zwischen eigenen Bezügen der Klägerin und Bezügen der … unterschied. Eine Differenzierung zwischen den jeweiligen Warenbezügen ist schon deswegen veranlasst, weil es sich bei Ansprüchen aus eigenem Recht (hier der Klagepartei) und aus abgetretenem Recht (hier der Zedentin) um unterschiedliche Streitgegenstände handelt (vgl. BGH, Beschluss vom 21. Januar 2010 – IX ZB 281/08 -, Rn. 2, juris).
a. Die Klägerin machte sich den Inhalt aus den in Bezug genommenen Bußgeldbescheiden des Bundeskartellamtes zu eigen. Hierdurch erfolgte die gebotene Individualisierung hinsichtlich der Schädigungshandlung der Beklagten.
b. In zeitlicher Hinsicht wurde das schädigende Verhalten seitens der Klägerin auf den Zeitraum vom 03.12.2003 bis 23.01.2008 durch den Klageantrag konkretisiert.
c. Zudem hat die Klägerin zur Begründung ihres Klageanspruchs in Bezug auf eine Vielzahl von Beschaffungsvorgängen hinreichend bestimmt vorgetragen.
(1) Dies gilt jedoch nur insoweit, als die Klägerin zwischen Warenbezügen in Hinblick auf eigene Verträge mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten und deren Verträge mit der … unterschied, d.h. für den Zeitraum ab 2005 (vgl. die Ausführungen im Schriftsatz vom 19.12.2017). Insbesondere stellten die Klägervertreter diesbezüglich klar, dass die dort erfassten „Umsätze“ ausschließlich Lieferungen aus den jeweiligen Jahren betreffen (vgl. Protokoll vom 22.02.2018, Bl. 219 d.A.).
(2) Soweit die Klägerin für den Zeitraum 2003 und 2004 mit ihrer Bezugnahme auf die Tabellen auf Seite 5 f. der Klageschrift nicht zwischen eigenen und fremden Bezügen unterscheidet, scheitert die Klage jedoch bereits an der fehlenden Bestimmtheit. Hierauf wurde die Klägerin bereits in der Ladungsverfügung vom 24.10.2017 hingewiesen (Bl. 116 d.A.).
III. Feststellungsinteresse
Es liegt auch – mit Ausnahme der mit dem Feststellungsantrag gesondert geltend gemachten Feststellung der Verzinsungspflicht – das erforderliche Feststellungsinteresse der Klägerin gem. § 256 Abs. 1 ZPO vor.
1. Ein Feststellungsinteresse ist gegeben, wenn dem Recht oder der Rechtslage eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit droht und das erstrebte Urteil geeignet ist, diese Gefahr zu beseitigen (BGH, Urteil vom 19. November 2014 – VIII ZR 79/14 -, Rn. 29, juris). Bei der positiven Feststellungsklage ist das Feststellungsinteresse in der Regel gegeben, wenn Verjährung droht (BGH, Urteil vom 11. Juli 1989 – VI ZR 234/88 -, Rn. 7, juris). In diesem Fall besteht das Feststellungsinteresse zum Zwecke der Hemmung der Verjährung, denn die unbezifferte Feststellungsklage hemmt die Verjährung wegen des ganzen Anspruchs (Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 256 ZPO, Rn. 9).
Im vorliegenden Fall erlangte die Klägerin von den streitgegenständlichen Kartellverstößen im Jahr 2013 Kenntnis. Sie war daher gehalten, zur Hemmung der mit Ablauf des 31.12.2016 möglicherweise eintretenden Verjährung Klage zu erheben. Hierbei ist insbesondere auch zu beachten, dass die Beklagte einen Verjährungsverzicht mit Schreiben vom 16.12.2016 sogar ausdrücklich ablehnte.
2. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem grundsätzlich bestehenden Vorrang der Leistungsklage.
Nach der Rechtsprechung ist eine Feststellungsklage unzulässig, wenn es dem Kläger möglich und zumutbar ist, sogleich ein Urteil zu erwirken, aus dem auch vollstreckt werden kann (BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13 -, BGHZ 200, 20-38, Rn. 54). Ist jedoch die Klärung der Anspruchshöhe aufwendig, sieht es die Rechtsprechung als sachgerecht an, die Schadensersatzpflicht zunächst feststellen zu lassen, so dass ein Interesse daran der Klagepartei nicht abgesprochen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2000 – V ZR 387/98 -, Rn. 11, juris).
Der Grundsatz, wonach das Feststellungsinteresse regelmäßig dann fehlt, wenn der Kläger eine entsprechende Leistungsklage erheben kann, erfährt insbesondere im Rahmen von Kartellschadensersatzklagen eine Einschränkung. Das rechtliche Interesse für eine Feststellungsklage entfällt – wie auch auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes und des Urheberrechts – nicht bereits dadurch, dass der Kläger im Wege der Stufenklage auf Leistung klagen kann (BGH, Urteil vom 28. Juni 2007 – I ZR 132/04 -, Rn. 16, juris – GRUR 2003, 900 – Feststellungsinteresse III). Seinen Grund findet dies in prozessökonomischen Erwägungen, die eine Feststellungsklage trotz an sich möglicher Leistungsklage meist vorzugswürdig erscheinen lassen. Denn in den genannten Rechtsbereichen bereitet die Begründung des Schadensersatzanspruchs auch nach erteilter Auskunft Schwierigkeiten und erfordert – wie hier – eine eingehende Sachprüfung zur Berechnungsmethode des Schadens (BGH, a.a.O.).
Gerade im Bereich von Kartellschadensersatzklagen findet die Einschränkung des Grundsatzes der Subsidiarität der Feststellungsklage seine Berechtigung, da hier typischerweise die Ermittlung der Schadenshöhe beträchtlichen Aufwand erfordert und eine erhebliche Unsicherheit mit sich bringt, weshalb die Anforderungen an die Zulässigkeit einer Schadensersatzfeststellungsklage nicht überspannt werden dürfen (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 09. November 2016 – 6 U 204/15 Kart (2) -, Rn. 50 f., juris LG Dortmund, Urteil vom 21. Dezember 2016 – 8 O 90/14 (Kart) -, Rn. 75, juris). Die Berechnung des Schadens erfordert eine Ermittlung des hypothetischen Wettbewerbspreises, der ohne das Kartell eingetreten wäre. Dies ist aufgrund der vielen möglichen Einflussfaktoren naturgemäß sehr schwierig und ohne Einholung eines privaten Sachverständigengutachtens unmöglich bzw. unzumutbar (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2000 – V ZR 387/98 -, Rn. 11, juris).
3. Es fehlt am Feststellungsinteresse in Bezug auf die Feststellung, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin die Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Eintritt des jeweiligen Schadens zu ersetzen.
Bei einer positiven Leistungsklage umfasst die Hemmung der Verjährung den gesamten Anspruch und somit auch die Zinsen. Ein ausnahmsweise bestehendes besonderes Interesse der Klägerin daran, den Zinsbeginn und die Zinshöhe feststellen zu lassen, ist daher nicht ersichtlich (vgl. LG Hannover, Urteil vom 05. Juli 2016 – 18 O 405/14 -, Rn. 50 f., juris).
B. Keine Aussetzung des Rechtsstreits gem. § 148 ZPO
Der Rechtsstreit war nicht gem. § 148 ZPO auszusetzen.
Die hierfür erforderliche Vorgreiflichkeit setzt voraus, dass die Entscheidung des Rechtsstreits von jener in einem anderen Rechtsstreit abhängig ist. Dies ist nur der Fall, wenn im anderen Verfahren über ein Rechtsverhältnis entschieden wird, dessen Bestehen für den vorliegenden Rechtsstreit präjudizielle Bedeutung hat (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 148 ZPO, Rn. 5).
Vorliegend ist der Bußgeldbescheid gegen die Beklagte rechtskräftig. Die bindenden Feststellungen des Bundeskartellamts gem. § 33 Abs. 4 GWB in der Fassung vom 15.07.2005 sind getroffen. Die Feststellungen in den Verfahren gegen weitere Kartellbeteiligte sind für das vorliegende Verfahren mangels Verfahrensbeteiligung der Beklagten – und somit ohne rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG – nicht bindend gem. § 33 Abs. 4 GWB in der Fassung vom 15.07.2005. Sie sind durch die Klägerin vorzutragen und können ggf. von der Beklagten substantiiert bestritten werden.
Auch aus prozessökonomischen Gesichtspunkten ist eine Aussetzung in Hinblick auf das noch nicht rechtskräftige Urteil des OLG Düsseldorf nicht geboten. Denn mit Abschluss der erstinstanzlichen Beweisaufnahme liegt der detaillierte gerichtlich festgestellte Sachverhalt vor (vgl. auch OLG München, Beschluss vom 11. November 1994 – 15 W 1742/94 -, Rn. 24, juris). Anlässlich der Rechtsbeschwerde gem. § 84 GWB gegen das Urteil des OLG Düsseldorf sind keine neuen Erkenntnisse zum Tatvorwurf möglich, weil es sich um eine reine Überprüfung auf Rechtsverstöße handelt.
Allein für die Vorklärung von Rechtsfragen, die zudem im Bußgeldverfahren unter anderen Gesichtspunkten zu werten sind als in der vorliegenden Kartellschadensersatzklage, ist eine Aussetzung nach § 148 ZPO angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei nicht um das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnis handelt, nicht zulässig.
C. Begründetheit
Die vorliegende Klage war – soweit sie zulässig war – als unbegründet abzuweisen.
Zwar ist für die jeweilige Anspruchsgrundlage (dazu unter I.), für die die Klägerin aktiv legitimiert ist (vgl. II.), ein Kartellverstoß der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch den Kurzbußgeldbescheid (Anlage K 6) bindend festgestellt (vgl. III.). Zudem haftet die Beklagte als Rechtsnachfolgerin der … (vgl. IV.). Jedoch mangelt es an der erforderlichen Kartellbetroffenheit der seitens der Klägerin bezogenen Waren (V.) sowie an der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts bei der Klägerin (VI.). Deshalb sind auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Klägerin durch die Beklagte nicht zu ersetzen (VII.).
I. Anspruchsgrundlage
Die maßgebliche Anspruchsgrundlage ist
■für den Zeitraum vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 die Vorschrift des § 33 S. 1 2. Halbsatz GWB in der Fassung vom 26.08.1998 i.V.m. § 1 GWB in der Fassung vom 26.08.1998;
■für den übrigen Zeitraum in der Fassung der Vorschrift des § 33 Abs. 3 GWB in der Fassung vom 07.07.2005, die darauffolgend bis 08.06.2017 in ihrem Wortlaut nicht geändert wurde, in Verbindung mit § 1 GWB.
Denn es kommt insoweit auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der vermeintlich schadensbegründenden Handlungen an (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2013 – 6 U 51/12 (Kart) -, Rn. 43, juris). Den Gesetzesmaterialien der Nachfolgevorschriften ist zur Frage ihrer zeitlichen Geltung nichts zu entnehmen. Entsprechend dem in Art. 170 EGBGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken ist daher davon auszugehen, dass Inhalt und Wirkung eines Rechtsverhältnisses nach dem Recht zu beurteilen sind, das zur Zeit der Verwirklichung seines Entstehungstatbestands galt (BGH, Urteil vom 19. August 2010 – VII ZR 169/09 -, Rn. 6, juris; vgl. hierzu auch die Richtlinie 2014/104/EU vom 26.11.2014 über bestimmte Vorschriften für Schadensersatzklagen nach nationalem Recht wegen Zuwiderhandlungen gegen wettbewerbsrechtliche Bestimmungen der Mitgliedstaaten und der Europäischen Union, umgesetzt durch die 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, die in Art. 22 Abs. 1 ausführt, dass die Mitgliedstaaten gewährleisten sollen, dass die nationalen Vorschriften, die erlassen werden, um den materiell-rechtlichen Vorschriften dieser Richtlinie zu entsprechen, nicht rückwirkend gelten).
Nach § 33 S. 1 GWB in der Fassung vom 26.08.1998 bzw. § 33 Abs. 3 GWB in der Fassung vom 07.07.2005 ist derjenige, der einen Kartellverstoß vorsätzlich oder fahrlässig begeht, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
Zwar war in der Fassung vom 26.08.1998 zusätzlich erforderlich, dass § 1 GWB den Schutz der Klägerin bezweckte. Eine Zielgerichtetheit des kartellrechtswidrigen Verhaltens auf einen bestimmten Adressaten ist angesichts der jede Kartellvereinbarung missbilligenden Zielsetzung der Gesetze nicht zu fordern. Ausreichend ist eine unmittelbare und objektive Betroffenheit der Klägerin als wie hier bestimmbarer Marktteilnehmer auf der Marktgegenseite (vgl. LG Dortmund, Urteil vom 01. April 2004 – 13 O 55/02 Kart -, Rn. 17, juris).
II. Aktivlegitimation der Klägerin
Die Klägerin ist als unmittelbare Abnehmerin aktiv legitimiert. Die mit der Klägerin wirtschaftlich verbundene … trat ihre auf eigenen Beschaffungsvorgängen beruhenden Ansprüche an die Klägerin ab und ermächtigte die Klägerin zur Einziehung der Ansprüche mit Abtretungsvereinbarung und Einziehungsermächtigung vom 21.12.2016 (Anlage K 2).
III. Kartellverstoß der …
Aufgrund der gem. § 33 Abs. 4 GWB bindenden Feststellungen des Bundeskartellamts im Kurzbußgeldbescheid (Anlage K 6) steht fest, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten jedenfalls in den Zeiträumen vom 17.02.2004 bis zum 30.11.2005 und vom 28.02.2007 bis zum 23.01.2008 an insgesamt elf Sitzungen des … e.V. teilgenommen hat und dass anlässlich dieser Sitzungen auch Informationen über Konditionenverhandlungen und Sonderforderungen bei Jahresgesprächen mit Abnehmern aus dem Lebensmitteleinzelhandel sowie über beabsichtigte Erhöhungen der Listenpreise ausgetauscht wurden, wobei der Detaillierungsgrad der ausgetauschten Informationen gering war und sich auf ungefähre Angaben zum Umfang (Durchschnitt in Prozent, z.B. über das gesamte Sortiment) beschränkte. Ein Kartellverstoß der Storck GmbH & Co. KG gegen § 1 GWB liegt somit vor.
IV. Rechtsnachfolge der Beklagten
Für dieser Kartellverstoß haftet auch die nunmehrige Beklagte. Denn durch Vereinbarung der Gesellschafter vom 14.02.2013 schieden sämtliche persönlich haftenden Gesellschafter aus der … aus. Dies wurde durch sämtliche Gesellschafter am 20.02.2013 zur Eintragung in das HR angemeldet wurde. Dadurch erlosch die …. Ihre Rechte und Pflichten gingen im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die verbleibende Gesellschafterin, nämlich die hiesige Beklagte über (vgl. BGH, ZIP 2004, 1047).
V. Kartellbetroffenheit
Für die vorliegende Klage auf Feststellung der Schadensersatzpflicht ist nach § 286 ZPO sicher festzustellen, ob die hierfür darlegungs- und beweispflichtige Klägerin durch den Kartellrechtsverstoß betroffen ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – KZR 25/14 -, BGHZ 211, 146-171, Rn. 47 – Lottoblock II). Dies kann hier nicht angenommen werden.
1. Diesbezügliche Feststellungen des Bundeskartellamts/OLG Düsseldorf
Aus den Feststellungen des Bundeskartellamts in dem die Beklagte bindenden Kurzbußgeldbescheid (Anlage K 6) ergibt sich eine solche Kartellbetroffenheit der Klägerin/Zedentin nicht. Auch aus den Langbußgeldbescheiden und dem Urteil des OLG Düsseldorf (Anlage K 23) lässt sich eine solche Kartellbetroffenheit – ungeachtet des Umstands, dass insoweit keine Bindungswirkung gegenüber der Beklagten vorliegt (und ungeachtet der Frage, ob die Beklagte die dortigen Feststellungen hinreichend substantiiert bestritten hat) – nicht entnehmen.
Der gegen die … (im Folgenden: „…“) ergangene Kurzbußgeldbescheid (Anlage K 6) enthält keinerlei konkrete Inhalte, die für eine Kartellbetroffenheit der Klägerin/Zedentin sprechen.
Auch in den Langbußgeldbescheiden des Bundeskartellamts (z.B. Anlage K 7 gegen den BDSI) ist die Klägerin – im Gegensatz zu anderen Unternehmen des Lebensmitteleinzelhandels (im Folgenden „LEH“) – nicht erwähnt.
Aus dem Sachverhalt des Urteils des OLG Düsseldorf vom 26.01.2017 (Anlage K 23) ist kein weiterer Sachverhalt ersichtlich, der für eine Kartellbetroffenheit der Waren der Klägerin (und für einen Schaden bei derselben) spricht. Auch die Klägerin behauptet nicht, dass das Kartell auch die Preise im Bereich der Discounter bzw. ausdrücklich die Preisbildung im Verhältnis zur Klägerin betroffen habe. Das Kartell betraf vielmehr maßgeblich die Verhandlungen der Hersteller mit den LEH-Unternehmen im Bereich der Vollsortimenter (vgl. Feststellungen des OLG Düsseldorf, Anlage K 23, Rn. 85-89), die auf der Basis der Bruttolistenpreise anlässlich der Jahresgespräche zu Netto-Netto-Preisen verhandelt wurden, und spezifische Sonderforderungen dieser LEH-Unternehmen, um einen Gegenpol zu deren stärker werdenden Marktmacht zu erreichen.
2. Kein Anscheinsbeweis
a) Soweit sich die Klägerin auf einen Preisschirmeffekt bezieht, kann sie hiermit die beabsichtigte Rechtsfolge (Anscheinsbeweis) schon deswegen nicht herbeiführen, weil dieser Preisschirmeffekt lediglich die im vorliegenden Verfahren nicht relevante Preisfindung von Kartellaußenseitern als Reaktion auf veränderte Marktbedingungen durch ein Kartell betrifft (vgl. LG Hannover, Urteil vom 18. Dezember 2017 – 18 O 8/17 -, Rn. 81, juris).
b) Möglich ist ein Beweis des ersten Anscheins im Übrigen dann, wenn im Einzelfall ein typischer Geschehensablauf vorliegt, der nach der Lebenserfahrung auf eine bestimmte Ursache hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten (vgl. BGH, Urteil vom 04. Mai 1988 – IVa ZR 278/86 -, BGHZ 104, 256-261, Rn. 12).
c) Ein Anscheinsbeweis für die generelle Kartellbetroffenheit sämtlicher seitens der Klägerin/Zedentin bezogener Waren kann unter den hier vorliegenden Umständen nicht angenommen werden. Die Lebenserfahrung spricht bei der vorliegenden Qualität des Kartells, bei dem lediglich grobe Informationen über bevorstehende Bruttolistenpreiserhöhungen ohne konkreten Produktbezug und unter Teilnehmern unterschiedlicher Süßwarenmarktbereiche, nicht für eine generelle Kartellbetroffenheit der Waren der Klägerin/Zedentin.
(1) Jahresgespräche/Sonderforderungen des Handels
Der Austausch der Kartellanten über den Stand der Jahresgespräche bzw. die Sonderforderungen des Handels betrifft die Klägerin nicht.
(a) Die Klägerin trägt schon nicht die Inhalte ihrer Verhandlungen mit der Beklagten im Rahmen von Jahresgesprächen bzw. sonstigen Preisverhandlungen vor. Insoweit lässt sich ihrem Vortrag auch nicht entnehmen, welche Forderungen sie selbst gestellt hat und wie die Beklagte hierauf – durch den Informationsaustausch beeinflusst – reagiert hat.
(b) Die Klägerin trägt selbst vor, dass dem Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts und dem Urteil des OLG Düsseldorf nicht zu entnehmen sei, dass ein Austausch über den Stand der Jahresgespräche bzw. über Sonderforderungen der Klägerin stattgefunden habe. Sie trägt auch selbst vor, dass im Rahmen der Beweiswürdigung durch das Bundeskartellamt ausgeführt wurde, dass die Discounter, zu denen die Klägerin zählt, für die Markenhersteller weniger interessant gewesen seien (vgl. S. 15 d. Klageschrift).
(c) Im Langbußgeldbescheid des Bundeskartellamts (z.B. Anlage K 7, Rn. 64) sind diverse Handelsunternehmen ausdrücklich erwähnt, hinsichtlich derer der Stand der Verhandlungen bei Jahresgesprächen abgefragt wurde. Unter diesen befindet sich die Klägerin nicht.
(d) Der Stand der Verhandlungen bei Sonderforderungen wird im Langbußgeldbescheid des Bundeskartellamts (Anlage K 7, Rn. 67 ff.) berichtet. Hier fand ein Austausch über … und … statt. Auch hier wird die Klägerin nicht erwähnt.
(e) Die Klägerin hat sich auch nicht als Abkürzung im Urteil des OLG Düsseldorf (Anlage K 23) identifiziert.
(f) Ein Austausch über den Stand der Jahresgespräche anderer LEH-Unternehmen bzw. über deren Sonderforderungen (z.B. Fusionsrabatte, Jubiläumsrabatte, Rabatte im Zusammenhang mit einem neuen Marktauftritt etc., vgl. OLG Düsseldorf, Anlage K 23, Rn. 145 ff.) hat aber keinen Bezug zur Klägerin und kann sich somit auf deren Warenbezüge nicht auswirken. Die Klägerin führt selbst in ihrer Klageschrift (S. 16) aus: „Ein vernünftiger Kaufmann nutzt Informationen über den Stand von Verhandlungen anderer Hersteller mit dem jeweiligen Einzelhändler bei den eigenen Verhandlungen.“ Ein Nutzen solcher Informationen für die Verhandlungen mit einem anderen Einzelhändler, der – noch dazu als Discounter wie die Klägerin – völlig andere Forderungen stellen kann, ist nicht ersichtlich.
(2) Erhöhung der Bruttolistenpreise
Die generelle Feststellung, wonach sich „sämtliche Kartellteilnehmer regelmäßig über die Erhöhung der Listenpreise austauschten“, ist nichtgeeignet, eine hierauf bezogene Betroffenheit der klägerischen Beschaffungsvorgänge wahrscheinlich zu machen.
Nach den Feststellungen des Bundeskartellamts teilten sich sämtliche Kartellteilnehmer regelmäßig über die Erhöhung der Listenpreise aus. Dabei wurde kommuniziert, ob und wenn ja, wann eine Preiserhöhung beabsichtigt war. Der Umfang dieser Preiserhöhung wurde meist in Prozent angegeben, wobei auch die betroffenen Produktsegmente mitgeteilt wurden. Diese Angaben entsprachen nach den Feststellungen des Bundeskartellamts in der Tendenz der Wahrheit. Ähnliche Feststellungen traf auch das OLG Düsseldorf (vgl. Anlage K23, Rn. 230), wobei nach dessen Feststellungen eine nähere Eingrenzung, welche einzelnen Produktsegmente von der Preiserhöhung in welchem Ausmaß betroffen sein sollten, gerade nicht mitgeteilt wurde (K23, Rn. 230).
Hierzu ist festzustellen, dass eine solch unkonkrete Feststellung ohne nähere Informationen zum jeweiligen Zeitpunkt und der jeweiligen prozentualen Erhöhung und ohne nähere Darlegung, welcher Hersteller sich bezüglich welcher Produktpalette geäußert hat, nichts über konkrete Beschaffungsvorgänge der Klägerin aussagt.
Auch die mitgeteilten konkreten Feststellungen des Bundeskartellamts/OLG Düsseldorf führen nicht zu einer generellen Kartellbetroffenheit der von der Klägerin bezogenen Waren.
Hierfür wäre erforderlich, dass sich die Warenbezüge der Klägerin/Zedentin in die sachlichen, räumlichen und zeitlichen Umstände des Kartells einpassen (vgl. hierzu LG Dortmund, Urteil vom 28. Juni 2017 – 8 O 25/16 (Kart) -, Rn. 85, juris).
(a) Sachlich relevanter Markt
Zunächst ist festzustellen, dass sich ein Informationsaustausch im Rahmen des Kartells auf die Preise zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten nur ausgewirkt haben kann, soweit sich letztere mit ihren Wettbewerbern des Zuckerwarenmarktes austauschte. Ankündigungen von Unternehmen anderer Märkte konnten sich auf die Preisgestaltung der allein bezogenen Zuckerwaren nicht auswirken.
Insofern ist der Bestimmung des sachlich relevanten Markts des OLG Düsseldorf zuzustimmen, wonach nicht sämtliche Süßwarenhersteller als Wettbewerber anzusehen sind, da kein einheitlicher Markt für Süßwaren festzustellen ist (Anlage K 23, Rn. 93). Vielmehr sind vom Standpunkt des verständigen Durchschnittsverbrauchers Süßwarenerzeugnisse nicht schlechthin miteinander austauschbar. Sie unterscheiden sich auf Grund ihrer Eigenschaften und wirtschaftlichen Zweckbestimmung sowie ihrer Preislage, vor allem aber nach Art und Zusammensetzung ihrer wesentlichen Bestandteile, nach ihrem Aussehen, ferner nach ihrem Verwendungszweck bzw. Verzehranlass, ihrer Verzehrweise sowie nicht zuletzt in ihrer Genusswirkung teilweise wesensmäßig in verschiedene Artikelgruppen (vgl. Anlage K 23, Rn. 103; vgl. auch Entscheidungen der EU-Kommission vom 06.01.2010, COMP/M.5644, Rn. 12 ff.). Insofern ist nach den Märkten des Süßgebäcks, der Schokoladenwaren sowie des für die Beklagte maßgeblichen Marktes der Zuckerwaren zu unterscheiden (vgl. OLG Düsseldorf, Anlage K 23, Rn. 106). Innerhalb dieses Marktes der Zuckerwaren ist zudem weiter nach der Warengruppe der Wein- und Fruchtgummis sowie derjenigen der Bonbons zu unterscheiden (vgl. OLG Düsseldorf, Anlage K 23, Rn. 121 ff.), auf denen die Rechtsvorgängerin der Beklagten jeweils tätig war (vgl. Warenbezüge, Bl. 120 ff. d.A.). Die Tatsache, dass ein Bedarf an Bonbons bzw. Fruchtgummis nicht durch Schokolade oder Kekse ausgeglichen werden kann – wie auch umgekehrt -, kann die Kammer als Teil der angesprochenen Verbraucherkreise selbst beurteilen. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens kann daher unterbleiben. Im Übrigen zitierte die Klägerin im Schriftsatz vom 13.02.2018 (dort S. 17 ff., Bl. 161 ff. d.A.) die Ausführungen des OLG Düsseldorf zur Marktabgrenzung und zum bestehenden Bonbonmarkt.
Unter sämtlichen Wettbewerbern auf dem Markt der Bonbons war die Rechtsvorgängerin der Beklagten Marktführerin (vgl. OLG Düsseldorf, Anlage K 23, Rn. 130).
Das OLG Düsseldorf stellte insofern auch fest, dass „spätestens mit dem Beitritt des für die Nebenbetroffene D1 teilnehmenden Betroffenen T1 am 22. November 2006 … die Grundübereinkunft über einen ständigen Informationsaustausch nicht unerhebliche Bedeutung in Hinsicht auf den bundesweiten Bonbonmarkt (erlangte)“, weil ab diesem Zeitpunkt neben der Marktführerin und zwei kleineren Anbietern auch die Nummer 2 unter den Anbietern des Marktes (CFP Brands) beteiligt war (vgl. Anlage K23, Rn. 182).
(b) Konkreter Informationsaustausch bezogen auf diesen Markt
Im Rahmen des Kartells war somit für die Preise der Waren der Beklagten allein der im Rahmen des Kartells erfolgte Informationsaustausch der Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Urteil des OLG Düsseldorf bezeichnet als „T2“, deren Vertreter … als „12“ und ihr Vertreter … als „N13) mit den aus diesem Markt vertretenen Herstellerunternehmen (vgl. Anlage K7 [Bußgeldbescheid des Bundeskartellamts], Rn. 5-15) … und … (im Urteil des OLG Düsseldorf bezeichnet als „D1“) relevant.
Der Informationsaustausch umfasste auch das Thema Preiserhöhungen, zu denen sich die Herstellerunternehmen vor allem aufgrund der im Laufe der Zeit volatilen, im Mittel aber steigenden Preisentwicklung für verschiedene Rohstoffe veranlasst sahen (vgl. Anlage K23, Rn. 228).
(a) Anlässlich des Treffens am 22.11.2006 (vgl. K7, Rn. 57 und 99) teilte … jedenfalls nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes mit, dass es „die Preise um 5 % in der Zukunft erhöhen wollte“. An dieser Sitzung nahm jedoch kein Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten teil (vgl. Anlage K7, Rn. 100 Anlage K23, Rn. 257), so dass sich diese Information nicht auf die Preisgestaltung der Beklagten auswirken konnte.
(β) Anlässlich der nächsten Sitzung am 28.02.2007 berichtete der Vertreter von … nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes von einer abgelehnten Preiserhöhung (vgl. Anlage K7, Rn. 58 und 103). Das OLG Düsseldorf konnte nicht feststellen, ob ein Informationsaustausch über den Stand der Durchsetzung von Preiserhöhungen verschiedener Süßwarenhersteller stattfand (vgl. Anlage K23, Rn. 258). Wie sich diese Information auf die Preisgestaltung der Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Nachteil der Klägerin auswirken sollte, ist nicht ersichtlich.
(γ) Auch die Informationen, die bei den weiteren Sitzungen ausgetauscht wurden, führen nicht zu der Annahme eines Anscheinsbeweises der Kartellbetroffenheit.
•Bei der Sitzung am 08.05.2007 kam es nach den Feststellungen des Bundeskartellamts bedingt durch die sich verschärfende Rohstoffkostensituation zu einer umfassenden Diskussion über die für 2008 geplanten Preiserhöhungen. Hierbei teilte nach den Feststellungen des Bundeskartellamts … mit, die Preise im Jahr 2007 nicht erhöht zu haben sowie eine beabsichtigte zukünftige Preiserhöhung von 9 % für … und … berichtete von der bereits bekannten Preiserhöhung von 7 % für 2007 (vgl. Anlage K7, Rn. 59 und 108). Diese Preiserhöhungen waren „größtenteils“ (außer der „bereits bekannten“ Preiserhöhung von …) noch nicht am Markt bekannt (vgl. Anlage K7, Rn. 108). An der Sitzung nahm der Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten … teil (vgl. Anlage K7, Rn. 109). Das OLG Düsseldorf konnte nicht abschließend feststellen, ob in dieser Sitzung über die für 2008 geplanten Preiserhöhungen gesprochen wurde (vgl. Anlage K23, Rn. 259). Die Beklagte hat jedoch dem Sachvortrag der Klägerin hinsichtlich der angekündigten Preiserhöhungen (S. 12 d. Klageschrift) nicht bestritten.
•Anlässlich des Treffens am 10.10.2007 setzten die Teilnehmer nach den Feststellungen des Bundeskartellamts ihre Diskussion über Preiserhöhungen fort. … teilte mit, eine Preiserhöhung von 5-7 % bereits abgeschlossen zu haben. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten teilte eine geplante Preiserhöhung von 3 % mit. … berichtete von einer neuen geplanten Preiserhöhung (vgl. Anlage K7, Rn. 61 und 110). Auch insoweit hat die Beklagte dem Sachvortrag der Klägerin (S. 12 d. Klageschrift) nicht bestritten.
•Die Teilnehmer tauschten sich anlässlich des Treffens am 21.11.2007 über die Umsetzung der Preiserhöhungen dahingehend aus, dass der Handel bei keinem der Teilnehmer – bis auf … – die Preiserhöhungen akzeptiert hätte (vgl. Anlage K7, Rn. 62, 117). Die Unternehmensvertreter – auch der Rechtsvorgängerin der Beklagten – diskutierten über verschiedene Taktiken für weitere Gespräche (vgl. Anlage K7, Rn. 117 f.).
•Auch beim letzten Treffen am 23.01.2008 wurde über die Umsetzung der Preiserhöhungen gesprochen (vgl. Anlage K7, Rn. 63 und 121), wobei auch ein Vertreter der Rechtsvorgängerin der Beklagten anwesend war (vgl. Anlage K7, Rn. 121).
Hierdurch (unter (γ) dargestellte Treffen) ist kein typischer Geschehensablauf geschildert, der nach der Lebenserfahrung auf eine Kartellbetroffenheit der Warenbezüge der Klägerin hinweist und so sehr das Gepräge des Gewöhnlichen und Üblichen trägt, dass die besonderen individuellen Umstände in ihrer Bedeutung zurücktreten.
Aus dem Urteil des OLG Düsseldorf ergibt sich (vgl. OLG Düsseldorf, Anlage K23, Rn. 231), dass die ausgetauschten Informationen im Zeitpunkt ihres Austauschs zwischen den Unternehmensrepräsentanten teilweise nach Art und allgemeinem Aussagegehalt durchaus bereits öffentlich bekannt waren, weil zum einen die Lebensmittelzeitung auch über Preiserhöhungen der Hersteller, die wegen Rohstoffpreissteigerungen auf einzelnen Märkten der Süßwarenbranche oder auch branchenweit erwartet wurden, berichtete. Der Informationsaustausch diente (somit lediglich) dazu, diese Informationen zu verifizieren, zu aktualisieren und zu konkretisieren sowie die verbleibende Unsicherheit mit hinreichender Verlässlichkeit zu beseitigen. Es kann schon deswegen nicht ausgeschlossen werden, dass etwaige Preiserhöhungen der Rechtsvorgängerin der Beklagten auf allgemein bekannte Umstände zurückzuführen waren.
Die Annahme einer Kartellbetroffenheit scheitert insbesondere auch daran, dass sowohl der Kurzbußgeldbescheid (Anlage K6) als auch die Langbußgeldbescheide sowie das Urteil des OLG Düsseldorf keinen Sachverhalt beinhalten, welcher – wegen der Abstraktheit der Darstellung – den sanktionierten Informationsaustausch konkreten Geschäftsvorgängen zuordnen lässt. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zur Klägerin. Diese wird als betroffene Einzelhändlerin nicht erwähnt. Hinzu kommt, dass sich aus den genannten Entscheidungen keine konkreten Produkte erschließen, die von der Klägerin bezogen wurden. So ist insbesondere die Sitzung vom 08.05.2007 schon deswegen nicht für die Klägerin unmittelbar kartellrelevant, weil anlässlich dieser keine Preiserhöhungen diskutiert wurden, die streitgegenständliche Produkte betrafen. Dieser Informationsaustausch hat aber auch keine mittelbaren Auswirkungen auf eine Kartellbetroffenheit der streitgegenständlichen Produkte. Selbst wenn die am 10.10.2007 von der Beklagten mitgeteilte geplante Preiserhöhung auf den vorangegangenen Informationsaustausch zurückgeführt werden könnte, ergibt sich hieraus nicht, welche Bruttolistenpreise bezüglich welcher konkreten Produkte bezogen auf welchen konkreten Abnehmer von dieser geplanten Preiserhöhung (3 %) betroffen sein sollten.
Hier liegt ein Informationsaustausch über Themen vor, die die Klägerin nicht oder mangels hinreichender Konkretheit des Vortrags der Klägerin nur möglicherweise betreffen. Insbesondere ist die Klägerin nicht genannt. Es gibt keinen Anscheinsbeweis dahingehend, dass sich ein solcher Informationsaustausch auf die Einkaufspreise der Klägerin preissteigernd auswirkt.
(3) Zeitliche Beschränkung
(a) Die Durchsuchungsmaßnahmen des Bundeskartellamts erfolgten am 07.02.2008 (vgl. OLG Düsseldorf, Rn. 140 a.E.).
Die Klägerin trägt nichts Konkretes vor, weshalb auch Warenbezüge in den Jahren 2009 und 2010 von dem mit der Durchsuchungsmaßnahme Anfang des Jahres 2008 aufgedeckten Kartell betroffen sein sollen. Eine Nachwirkung über einen Zeitraum von mehr als 10 Monaten ist angesichts des vorliegenden Informationsaustausches ohne weitergehende Mechanismen nicht zu erwarten. Allein die Tatsache, dass der Bundesgerichtshof bei einem Quotenkartell eine Nachwirkung von einem Jahr für möglich gehalten hat (BGH, Urteil vom 28. Juni 2011 – KZR 75/10 -, BGHZ 190, 145-172, Rn. 84, GRUR 2012, 291 – ORWI) führt nicht dazu, dass bei einem reinen Informationsaustausch eine Nachwirkung von mehreren Jahren angenommen werden müsste.
(b) An der zeitlichen Komponente würde im Übrigen auch eine Kartellbetroffenheit der in den Jahren 2003 und 2004 durch die Klägerin bzw. Zedentin bezogenen Waren scheitern. Denn konkrete Angaben zu Bruttolistenpreiserhöhungen sind einzig für den Zeitraum 2007/2008 dargelegt. Und eine generelle Kartellbetroffenheit der Waren der Klägerin ist – wie bereits ausgeführt – nicht gegeben.
VI. Schaden
Im Übrigen ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin auch keine Schadenswahrscheinlichkeit.
1. Für die Feststellung eines Schadens genügt auch im Rahmen des Kartellschadensersatzes das Beweismaß des § 287 Abs. 1 ZPO und damit für die richterliche Überzeugungsbildung eine deutlich überwiegende, auf gesicherter Grundlage beruhende Wahrscheinlichkeit, dass ein Schaden entstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 12. Juli 2016 – KZR 25/14 -, BGHZ 211, 146-171, Rn. 41 – Lottoblock II). Dennoch kann ein solcher vorliegend nicht festgestellt werden.
2. Auch für einen bei der hierfür darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin eingetretenen Schaden gibt es keinen Anscheinsbeweis. Zwar wird nach ökonomischen Grundsätzen bei Kartellen regelmäßig eine Kartellrendite entstehen. Deshalb spricht eine hohe Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Kartell gebildet und erhalten wird, weil es höhere als am Markt sonst erzielbare Preise erbringt. Eine solche Wahrscheinlichkeitsaussage muss der Tatrichter allerdings anhand weiterer Beweismittel daraufhin überprüfen, ob sie im konkreten Einzelfall zur Gewissheit wird (BGH, Beschluss vom 28.06.2005 – KRB 2/05 -, Rn. 20, juris – Transportbeton – im Bußgeldverfahren eines Quotenkartells).
a) Die Kartellqualität ist vorliegend gering. Es ging um einen Informationsaustausch über die beabsichtigte prozentuale Erhöhung der Bruttolistenpreise im Allgemeinen, ohne einen konkreten Produktbezug. Die Entscheidungen, die einen Anscheinsbeweis bejaht haben, betrafen bislang ausschließlich Quoten- bzw. Preiskartelle, bei denen konkrete Vereinbarungen zwischen den Kartellanten zur Marktaufteilung bzw. zur Preisbildung getroffen und deren Einhaltung teilweise sogar kartellintern überwacht worden war (vgl. KG Berlin, Urteil vom 01. Oktober 2009 – 2 U 17/03 Kart -, Rn. 58, juris [Quotenkartell – Berliner Transportbeton]; OLG Karlsruhe, Urteil vom 31. Juli 2013 – 6 U 51/12 (Kart) -, Rn. 54, juris [Quotenkartell]; LG Dortmund, Urteil vom 01. April 2004 – 13 O 55/02 Kart -, Rn. 19, juris [Preiskartell]).
b) Die Beklagte hat in der Sitzung vom 10.10.2007 eine Erhöhung der Bruttolistenpreise um 3 % (ohne Nennung der hiervon betroffenen Produkte und ohne Angabe, dass sie diesen Aufschlag auf sämtliche Produkte gleichmäßig vornehmen werde) angegeben.
c) Es ist seitens der Klägerin noch nicht einmal vorgetragen, dass die Beklagte diese geplante Erhöhung der Bruttolistenpreise für die von der Klägerin bezogenen Produkte umsetzte und ihr entsprechend höhere Bruttolistenpreise anlässlich der Preisverhandlungen mitteilte.
Die Beklagte trägt hingegen konkret vor, dass die … entschieden hat, ihre Listenpreise bei einigen wenigen Produkten im Jahr 2008 geringfügig anzuheben (S. 26 d. Klageerwiderung, Bl. 56 d.A.). Sie konkretisiert dies dahingehend, dass die Klägerin im Zeitraum von 2003 bis 2008 nur von einer einzigen Listenpreiserhöhung betroffen war, nämlich von der Listenpreiserhöhung für den Sortimentskarton … mit der … zum 01.01.2008, wobei der Listenpreis pro Verpackungseinheit um 2,5 % von EUR 1,922 auf EUR 1,970 angehoben wurde (vgl. Klagaerwiderung, S. 41 f./Bl. 71 f. d.A.). Sie ergänzte dies um die unveränderten bzw. gesunkenen Bruttolistenpreise für die übrigen Produkte (S. 5 d. Schriftsatzes v. 14.02.2018, Bl. 206 d.A.).
Dass der Bruttolistenpreis lediglich in einem Fall stieg, bestreitet im Übrigen auch die Klägerin nicht, sondern sieht dies als „unerheblich“ an (vgl. Replik vom 21.07.2017, S. 14, Bl. 105 d.A.).
Auf der Grundlage der insgesamt inhomogenen Entwicklung der Einkaufspreise der Klägerin kann jedenfalls kein typischer Sachverhalt erkannt werden, der für eine kartellbedingte Preiserhöhung spricht.
d) Es gibt auch keinen Anscheinsbeweis dahingehend, dass die Bruttolistenpreise ohne den dargestellten Informationsaustausch unverändert geblieben wären oder sogar gefallen wären, nachdem die Rohstoffpreise unstreitig gestiegen sind, wenn auch der Umfang der tatsächlichen Steigerung der Rohstoffpreise bzw. die vorgetragene Kostenexplosion seitens der Klägerin bestritten ist.
e) Aus den in der Klageschrift (S. 6 der Klageschrift) aufgeführten Daten lassen sich – ihre Richtigkeit unterstellt (die von der Beklagten hierzu gegenübergestellten Daten ergeben sich aus Anlage B 5 bzw. aus S. 46 d. Klageschrift (Bl. 76 d.A.) – folgende Preisveränderungen der Netto-Netto-Preise für die drei von der Klägerin bzw. deren Zedentin im Jahr 2008 erworbenen Produkte entnehmen. Daraus ergibt sich ein denkbarer Schaden der Klägerin allenfalls für den Bezug von … 322/400 g:
•„…“ erwarben die Klägerin bzw. die Zendentin im Jahr 2008 in einer Menge von 793.313,20 für einen Einkaufspreis netto von 537.702 € (Einzelpreis: 0,67779 €), im Jahr 2007 hingegen eine Menge von 249.400 für 172.086,00 € (Einzelpreis: 0,69 €). Der Netto-Netto-Preis der Klägerin ist somit gefallen.
•„…“ erwarben die Klägerin bzw. die Zendentin im Jahr 2008 in einer Menge von 699.384,96 zu einem Nettoeinkaufspreis von 804.836,00 € (Einzelpreis: 1,15078 €), im Jahr 2007 hingegen eine Menge von 292.896,00 zu einem Nettoeinkaufspreis von 336.830,40 € (Einzelpreis: 1,15 €). Die Preissteigerung ist minimal (0,0678 %). Es steht jedenfalls – wie bereits ausgeführt – nicht fest, dass diese auf eine Erhöhung der Bruttolistenpreise (die lediglich den Ausgangspunkt für die Preisbildung darstellen) zurückzuführen ist. Wenn anlässlich der Vereinbarung individueller Bezugskonditionen sich das Ergebnis der relevanten Netto-Netto-Preise der Klägerin bezüglich dieses Produkts geringfügig verschlechtert haben sollte, kann ein Zusammenhang mit dem Informationsaustausch jedenfalls nicht positiv festgestellt werden.
•„…“ erwarben die Klägerin bzw. die Zendentin im Jahr 2008 in einer Menge von 958.770 Stück zu einem Einkaufspreis von 1.503.080 € (Einzelpreis: 1,56772 €), im Jahr 2007 hingegen eine Menge von 357.990 Stück zu einem Einkaufspreis von 549.872,64 € (Einzelpreis: 1,536 €). Dies entspräche einer Preissteigerung von 2,065 % (vgl. hierzu im Einzelnen unter VI.2.f)).
Nach ihrem aktualisierten Vortrag im Schriftsatz vom 19.12.2017 – dem gegenübergestellt die Zahlen der Beklagten in Anlage B 14 – bezog die Klägerin im Jahr 2008
•„…“ in einer Menge von 831.000 Stück für 1.118.000 € (Einzelpreis: 1,3454 €; vgl. Anlage K 31), während im Jahr 2007 eine Menge von 612.000 Stück für 821.000 € (Einzelpreis: 1,3415 €; vgl. Anlage K 30) erworben worden war. Dies entspricht einer Preissteigerung von 0,288 %. Es steht jedenfalls – wie bereits ausgeführt – nicht fest, dass diese auf eine Erhöhung der Bruttolistenpreise (die lediglich den Ausgangspunkt für die Preisbildung darstellen) zurückzuführen ist. Wenn anlässlich der Vereinbarung individueller Bezugskonditionen sich das Ergebnis der relevanten Netto-Netto-Preise der Klägerin bezüglich dieses Produkts geringfügig verschlechtert haben sollte, kann ein Zusammenhang mit dem Informationsaustausch jedenfalls nicht positiv festgestellt werden.
•„…“, das jedoch im Jahr 2007 nicht bezogen worden war, so dass kein Preisvergleich vorgenommen werden kann.
•„…“ in einer Menge von 726.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 491.000 € (Einzelpreis: 0,6763 €, vgl. Anlage K 31), im Jahr 2007 hingegen in einer Menge von 742.000 Stück für einen Einkaufspreis von 512.000 € (Einzelpreis: 0,6900 €, vgl. Anlage K 30). Hieraus ergibt sich eine Preissenkung.
•„…“ in einer Menge von 660.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 755.000 € (Einzelpreis: 1,1439 €, vgl. Anlage K 31), während im Jahr 2007 eine Menge von 718.000 zu einem Einkaufspreis von 829.000 € (Einzelpreis: 1,1546 €, vgl. Anlage K 30) bezogen worden war. Auch hieraus ergibt sich eine Preissenkung.
•„…“ in einer Menge von 901.000 zu einem Einkaufspreis von 1.412.000 € (Einzelpreis: 1,5671 €, vgl. Anlage K 31), während im Jahr 2007 eine Menge von 968.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 1.487.000 € (Einzelpreis: 1,5362 €, vgl. Anlage K 30) erworben worden war. Dies entspricht einer Preissteigerung von 2,0174 % (vgl. hierzu im Einzelnen unter VI.2.f)).
•Die Zedentin bezog zudem im Jahr 2008
•„…“ in einer Menge von 56.000 Stück für 75.000 € (Einzelpreis: 1.3393 €, vgl. Anlage K 31), während im Jahr 2007 eine Menge von 57.000 Stück für 77.000 € (Einzelpreis: 1,3509 €, vgl. Anlage K 30) erworben worden war. Hier ergibt sich eine Preissenkung.
•„…“, das jedoch im Jahr 2007 nicht bezogen worden war, so dass kein Preisvergleich vorgenommen werden kann.
•„…“ in einer Menge von 68.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 46.000 € (Einzelpreis: 0,6765 €, vgl. Anlage K 31), im Jahr 2007 hingegen in einer Menge von 58.000 Stück für einen Einkaufspreis von 40.000 € (Einzelpreis: 0,6896 €, vgl. Anlage K 30). Auch hier ergibt sich eine Preissenkung.
•„…“ in einer Menge von 39.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 45.000 € (Einzelpreis: 1,1538 €, vgl. Anlage K31), während im Jahr 2007 eine Menge von 51.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 59.000 € (Einzelpreis: 1,1569 €, vgl. Anlage K 30) bezogen worden war. Auch hier ergibt sich eine Preissenkung.
•„…“ in einer Menge von 59.000 zu einem Einkaufspreis von 93.000 € (Einzelpreis: 1,5763 €, vgl. Anlage K31), während im Jahr 2007 eine Menge von 67.000 Stück zu einem Einkaufspreis von 103.000 € (Einzelpreis: 1,5373 €, vgl. Anlage K 30) erworben worden war. Dies entspricht einer Preissteigerung von 2,5341 % (vgl. hierzu im Einzelnen unter VI.2.f)).
f) Angesichts der begründeten Einwände der Beklagten kann auch ein Anscheinsbeweis für einen kartellbedingten Schaden bezüglich des Produkts „…“ (in der Klageschrift bezeichnet als „…“) nicht angenommen werden.
Die Beklagte wendet ein, diese Kostensteigerung allein unter kaufmännischen Gesichtspunkten in Anbetracht der Kostenentwicklung, der Nachfrageentwicklung und dem allgemeinen Preistrend (Inflation) vorgenommen zu haben (S. 26 d. Klageerwiderung, Bl. 56 d.A.). Sie habe stark angestiegene Kosten unter anderem in den Bereichen Rohstoffe, Energie, Verpackung und Transport bzw. Logistik zu verzeichnen gehabt, was alleinige Ursache für die geringfügige Listenpreiserhöhung gewesen sei (S. 44 d. Klageerwiderung, Bl. 74 d.A.).
Diese Preissteigerungseffekte sind durch objektive Aspekte belegt: Der Food Price Index der Food and Agriculture Organization of the United Nations dokumentiert einen erheblichen Preissprung im Jahr 2007 (vgl. Klageerwiderung, S. 42, Bl. 72 d.A. – unbestritten). Dies wird auch für den deutschen Markt durch den Verbraucherpreisindex für Nahrungsmittel, der zwischen 2007 und 2008 einen ganz erheblichen Preisschub abbildet, bestätigt (Klageerwiderung, S. 43, Bl. 73 d.A. – unbestritten). Im Übrigen betrug die Inflationsrate im Jahr 2007 2,3 Prozent und im Jahr 2008 sogar 2,6 % (Klageerwiderung, S. 44, Bl. 74 d.A. – unbestritten).
Die Preiserhöhung des Bruttolistenpreises (dessen Relevanz für die konkreten Preisverhandlungen von der Klägerin noch nicht einmal substantiiert behauptet worden ist) von 2,5 % bezüglich des Produkts „…“ entspricht der allgemeinen Preissteigerung im Jahr 2008. Noch dazu ist zu sehen, dass diese Preissteigerung nicht gänzlich im Wege der Netto-Netto-Preise der Klägerin ankam (vgl. unter VI.2.e)) und zudem lediglich ein einziges von der Klägerin bezogenes Produkt betraf, während bei anderen Produkten sogar Preissenkungen der Netto-Netto-Preise erfolgten. Insofern ist es irrelevant, dass die Klägerin die von der Beklagten behauptete Veränderung der Vollkosten 2007 zu Plan 2008 für die beinhalteten Produkte um + 5,1 bis 8,8 % bestritt. Auf diese kommt es für die Beurteilung, ob ein Anscheinsbeweis angenommen werden kann, nicht mehr an.
g) Die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Vorliegen eines kartellbedingten Schadens war ungeachtet dessen, dass es mangels Kartellbetroffenheit bereits auf das Vorliegen des behaupteten Schadens nicht ankommt, nicht geboten.
Die Tatsachen, für die die Klägerin einen Sachverständigenbeweis angeboten hat (S. 5 f. d. Schriftsatzes vom 21.07.2017, Bl. 96 f. d.A.; S. 57 d. Schriftsatzes vom 13.02.2018, Bl. 201 d.A.), bewegen sich in abstrakten Annahmen ohne Bezug zum konkreten Sachverhalt. Es würde sich daher um einen Ausforschungsbeweis handeln.
Die Einholung eines von Amts wegen zu erholenden Sachverständigengutachtens war ebenfalls – entgegen der Auffassung der Klägerin (vgl. Schriftsatz vom 09.04.2018, Bl. 234 d.A.) – nicht geboten.; hierfür vorausgesetzt wäre ein schlüssiger und bestrittener Sachvortrag (vgl. Greger in: Zöller, Zivilprozessordnung, 32. Aufl. 2018, § 403 ZPO, Rn. 1). So liegt der Fall hier aber nicht.
VII. Rechtsanwaltskosten
Mangels eines materiellen Anspruchs auf Schadensersatz sind auch die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht erstattungsfähig.
D. Kosten/vorläufige Vollstreckbarkeit
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.


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