Handels- und Gesellschaftsrecht

Wirksamkeit zweier Beschlüsse einer Hauptversammlung

Aktenzeichen  7 U 2752/17

Datum:
27.6.2018
Fundstelle:
AG – 2018, 761
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BayGO Art. 31 Abs. 1, Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 S. 1
AktG § 53a, § 76 Abs. 3, § 122 Abs. 2, Abs. 3, § 123 Abs. 4, § 124 Abs. 1 S. 1, S. 3, § 125 Abs. 1 S. 3, § 142 Abs. 1 S. 2, S. 3, § 246
BGB § 164 Abs. 1, § 185

 

Leitsatz

1 Im Rahmen einer Klage nach § 246 AktG sind Anfechtungsgründe, die nicht wenigstens im Kern innerhalb der Monatsfrist angesprochen werden, als nachgeschobene Anfechtungsgründe präkludiert. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
2 Da die Regelung des § 142 Abs. 1 AktG neben dem Schutz der antragstellenden Minderheit auch dem Interesse aller anderen Minderheitsaktionäre, die bei der Hauptversammlung nicht anwesend waren, dient, kann eine Information nur der auf der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre nicht genügen, um ein Aufklärungsinteresse zu verneinen und einen Rechtsmissbrauch zu bejahen. (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
3 Im Falle der Ermächtigung zu Bekanntmachung von Beschlussgegenständen der Tagesordnung durch das Gericht muss bei börsennotierten Aktiengesellschaften die Bekanntmachung zeitlich vor dem record date des § 123 Abs. 4 AktG liegen (Anschluss an OLG Frankfurt BeckRS 2017, 122315), für andere Gesellschaften gilt diese zeitliche Grenze nicht. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

5 HK O 14714/16 2017-07-14 Zwischen- und Schlussurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1. Die Berufung der Klägerinnen gegen das Zwischen- und Schlussurteil des Landgerichts München I vom 14.07.2017, Az. 5 HK O 14714/16, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerinnen haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten.
3. Das Urteil und das in Ziffer 1. genannte Urteil des Landgerichts München I sind vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen können die Vollstreckung der Gegenseite durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, falls nicht diese vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des zu vollstreckenden Betrags leistet.
4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

A.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit zweier Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.07.2016.
Die Beklagte, die über ein in 36.815 Aktien eingeteiltes Grundkapital von 1.916.200,00 Euro verfügt, ist eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft. Sie betreibt als wesentlichen Unternehmensgegenstand die von M. auf die Westliche K.spitze führende K.bahn. Die Klägerin zu 1) hält 30 Aktien. Die Klägerin zu 2) ist die größte Aktionärin der Gesellschaft mit 16.999 Aktien, deren Vorstand, Herr Patrick K., mit Beschluss des Aufsichtsrates der Beklagten zu deren Vorstand bestellt wurde. Durch Urteil des Landgerichts München II vom 04.05.2017 wurde die Bestellung für nichtig erklärt. Die Klägerin zu 3) hält 75 Aktien an der Beklagten.
Der Nebenintervenient zu 1) ist ebenfalls Aktionär der Beklagten. Mit 11.946 Aktien ist der Nebenintervenient zu 2) der zweitgrößte Aktionär der Beklagten, sein zweiter Bürgermeister, der Nebenintervenient zu 3), wurde vom Nebenintervenienten zu 2) satzungsgemäß in den Aufsichtsrat der Beklagten entsandt.
Am 07.06.2016 ging der Beklagten ein Einberufungsverlangen der Klägerin zu 2) zu, wonach unter Tagesordnungspunkt 1 ein Beschluss der Hauptversammlung über die Neuwahl von Aufsichtsratsmitgliedern gefasst werden sollte. Der Vorstand der Beklagten lud die Aktionäre zu einer Hauptversammlung auf den 29.07.2016 ein; die Veröffentlichung dieser Einladung im Bundesanzeiger erfolgte am 23.06.2017. Mit Schreiben des Nebenintervenienten zu 3) vom 30.06.2016 an den Vorstand der Beklagten, Frau Aniko Kö., begehrte der Nebenintervenient zu 2) die Ergänzung der Tagesordnung um zwei Tagesordnungspunkte – eine Sonderprüfung in Bezug auf fünf Vorgänge in der Geschäftsführung (Installation einer Illuminationsanlage an der Bergstation der K.bahn; Erweiterung der Berg- und Ergänzung der Talstation der K.bahn; Ankauf von Gold oder anderen Edelmetallen seit dem 01.01.2012 sowie Investition der Geschäftsführung in Vermögensgegenstände wie Aktien, Anleihen oder sonstige Anlagen seit dem 01.01.2012; Vergütung von Herrn Wolfgang W. R. als Vorstand trotz Ausschlusstatbestandes nach § 76 Abs. 3 AktG) sowie zu den Verflechtungen der Klägerin zu 2) und der Beklagten. Der Nebenintervenient zu 2) ließ dieses Schreiben der Beklagten an ihrem Sitz in M. am 30.06.2016 und an der in der Einladung angegebenen Adresse in H. am 01.07.2016 zustellen. Die Beklagte veranlasste keine Veröffentlichung des Ergänzungsverlangens im Bundesanzeiger, weshalb der Nebenintervenient zu 2) beim Amtsgericht München die Ermächtigung zur Veröffentlichung der geänderten Tagesordnung und die Bestimmung eines unparteiischen Versammlungsleiters für die Hauptversammlung am 29.07.2016 beim Amtsgericht München beantragte. Mit Beschluss des Amtsgerichts München – Registergericht – vom 21.07.2016, HRB …823 (Anlage N 7) wurde der Nebenintervenient zu 2) ermächtigt, die Tagesordnung der außerordentlichen Hauptversammlung am 29.07.2016 um die Tagesordnungspunkte 2 und 3 entsprechend dem Einberufungsverlangen zu ergänzen und bekannt zu machen; als Versammlungsleiter für diese außerordentliche Hauptversammlung der Beklagten bestellte das Amtsgericht München im selben Beschluss Herrn Rechtsanwalt B. D. Am 25.07.2016 erfolgte die Bekanntmachung der Ergänzung der Tagesordnung im Bundesanzeiger.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Schreibens, wie auch des Ermächtigungsbeschlusses wird in vollem Umfang auf die Anlagen N 1 und N 7 Bezug genommen.
Die Hauptversammlung der Beklagten fand unter Leitung von Herrn Rechtsanwalt B. D. am 29.07.2016 statt. Während der Hauptversammlung, an der Herr Patrick K. ausweislich des berichtigten Protokolls der Hauptversammlung (Anlage N 12) zusammen mit Frau Aniko Kö. als Vorstand der Beklagten teilnahm, erhielten die anwesenden Aktionäre auf Nachfrage die Information, dass für eine Beleuchtung/Illumination im Bereich der Gaststätte der K.bahn Kosten in Höhe von 451,00 € angefallen seien.
Bei der Abstimmung über die Beschlussvorschläge zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 stellte der Versammlungsleiter ausweislich der (berichtigten) Niederschrift fest, dass jeweils 3.959 Ja-Stimmen und 30 Nein-Stimmen, insgesamt also 3.989 gültige Stimmen abgegeben wurden. Demgemäß stellte er jeweils fest, dass der Beschlussvorschlag zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 gemäß den im Bundesanzeiger vom 25.07.2016 bekannt gemachten Beschlussvorschlägen des Nebenintervenienten zu 2) mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde. Dabei ging der Versammlungsleiter von einem Stimmrechtsverbot insbesondere der Klägerin zu 2), für die der Vorstand der Klägerin zu 1), Georg E., an der Hauptversammlung teilnahm, aus. Die Rechtsanwälte Dr. Jan S. und Kai K. übten für je 1.880 Aktien des Nebenintervenienten zu 2) das Stimmrecht bei beiden Abstimmungen in Fremdbesitz aus. Gleichfalls in Fremdbesitz übte nach dem um 20.48 Uhr erstellten Teilnehmerverzeichnis Herr Heinz S. für insgesamt 82 Aktien des Nebenintervenienten zu 2) das Stimmrecht aus. Herr Alois F., der bis in das Jahr 2009 als Vorstand der Beklagten amtierte, nahm ebenso wie seine Ehefrau, Dominika F., mit jeweils 13 Aktien an der Abstimmung teil. Bezüglich der Klägerinnen zu 2) und zu 3) ging der Versammlungsleiter ebenso von einem Stimmrechtsausschluss aus wie bei den Aktien, für die der erste Bürgermeister als Vertreter des Nebenintervenienten zu 2) aufgeführt war. Ausweislich der Niederschrift nahm der Versammlungsleiter um 20.46 Uhr eine Korrektur des Teilnehmerverzeichnisses dergestalt vor, dass für die Eintrittskarten 64, 89, 90, 112 und 115 Herr Heinz S. als Vertreter des Nebenintervenienten zu 2) aufgenommen wurde. Herr Wolfgang R. und Herr Georg E., der Vorstand der Klägerin zu 1), rügten die Annahme eines Stimmrechtsverbotes für die R. GmbH, Herrn E. in Fremdbesitz, Herrn Wolfang R. in Fremdbesitz sowie die Klägerinnen zu 2) und zu 3), die in der Hauptversammlung insgesamt 17.109 Aktien vertraten. Der erste Bürgermeister des Nebenintervenienten zu 2) vertrat auf der Hauptversammlung unter der Stimmkarte Nr. 84 insgesamt 8.186 Aktien des Nebenintervenienten zu 2) in Fremdbesitz.
Gegen die zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 gefassten Beschlüsse wenden sich die Klägerinnen mit ihren vorliegenden Anfechtungsklagen.
Die Klägerinnen stützen ihre Anfechtungsklagen ausweislich der Klageschrift vom 29.08.2016, eingegangen bei Gericht am 29.08.2016, auf Einberufungsmängel, auf Fehler bei der Präsenzermittlung und beim Abstimmungsverfahren, insbesondere bei der Behandlung von Stimmrechten, und schließlich auf Mängel der zu den Tagesordnungspunkten 2 und 3 gefassten Beschlüsse (vgl. Seite 18 des SS vom 29.08.2016, Bl. 18 d.A.).
Die Klägerinnen sind der Auffassung, eine Anmeldung zur Hauptversammlung sei angesichts der erst am 25.07.2016 nachmittags erfolgten Veröffentlichung der Ergänzung der Tagesordnung praktisch unmöglich gewesen, insbesondere im Hinblick auf die Anmeldepflicht bis zum 25.07.2016, 24 Uhr. Die Aktionäre seien nicht gem. § 125 AktG über die Ergänzung der Tagesordnung informiert und von der Ergänzung überrascht worden. Gegen § 124 Abs. 4 S. 1, Abs. 1 S. 3 AktG sei verstoßen worden, da Bekanntmachung und Zuleitung in gleicher Weise wie bei der Einberufung hätten erfolgen müssen. Bei Erscheinen nur eines kleinen Teils der nicht angemeldeten Aktionäre wäre das Abstimmungsergebnis möglicherweise anders ausgefallen.
Sie rügen weiter, dass die Aktien mit den Nummern 64, 112 und 115, die auf Herrn S. umgeschrieben zu Unrecht nicht gesperrt worden seien. Die von Herrn S. vertretenen Aktien des Nebenintervenienten zu 2) hätten ebenso wenig zur Abstimmung zugelassen werden dürfen, wie die der Rechtsanwälte Dr. S. und K. angesichts des Fremdbesitzes für den Nebenintervenienten zu 2). Ein Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz liege in der Zulassung der Umschreibung auf Herrn S. als Kämmerer des Nebenintervenienten zu 2), während der Klägerin zu 3) eine solche versagt worden sei.
Die Klägerinnen begründen ihre Anfechtungsklage im Weiteren damit, dass die Aktien von Herrn und Frau F. mit den Stimmkarten Nr. 73 bzw. 74 nicht gesperrt worden seien. Angesichts des Gegenstands der Sonderprüfung betreffend die baurechtswidrigen Erweiterungen der Berg- und Talstation, hätten deren Stimmrechte gesperrt werden müssen, da Herr F. Vorstand der Beklagten gewesen sei und der Antrag unter TOP 2 b) keine zeitliche Beschränkung enthalte, mit der Folge, dass der Prüfungszeitraum auch den Zeitraum umfasst, in dem Herr F. als Vorstand tätig gewesen sei. Demgegenüber hätte das Stimmrecht der Klägerin zu 2) nicht ausgeschlossen werden dürfen, weil es allein um die Vorstandstätigkeit in der Beklagten gehe, wovon die Klägerin zu 2) nicht betroffen sei. Eine Situation des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG liege angesichts der Nichtigerklärung der Wahl von Herrn K. zum Vorstand der Beklagten durch Urteil des Landgerichts München II vom 04.05.2017 nicht vor.
Die Tagesordnungspunkte 2 und 3 hätten nicht zur Abstimmung zugelassen werden dürfen, weil im Rahmen der Hauptversammlung aufgrund der durch den Nebenintervenienten zu 2) gestellten Fragen diese Tagesordnungspunkte bereits erledigt und damit alle Punkte beantwortet worden seien. Das Aufrechterhalten der Anträge sei unverhältnismäßig und rechtsmissbräuchlich. Insbesondere die Tagesordnungspunkte 2 a), b) und c) seien ausführlich besprochen worden.
Die Klägerinnen beantragten daher:
Die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.7.2016 zu Tagesordnungspunkt TOP 2: Sonderprüfung betreffs Vorgänge in der Geschäftsführung
Die Marktgemeinde M. stellt den Antrag, folgenden Beschluss zu fassen:
“a) Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W.11, … A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Christian M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um die Vorgänge der Geschäftsführung des Vorstands betreffend die baurechtswidrige Installation einer Illuminationsanlage an der Bergstation zu überprüfen.
b) Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W.11, … A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Christian M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um die Vorgänge der Geschäftsführung des Vorstands betreffend die baurechtswidrige Erweiterung der Bergstation und die Ergänzung der Talstation zu überprüfen.
c) Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W. gässchen 11, 8. A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn C. M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um die Vorgänge der Geschäftsführung des Vorstands betreffend den Ankauf von Gold oder anderen Edelmetallen seit dem 01.01.2012 zu überprüfen und ob eine Verbindung solcher Geschäfte mit dem Unternehmensgegenstand der K.bahn AG besteht, ob die Bestände sowie Zu- und Abgänge ordnungsgemäß verbucht wurden und die Bestände vorhanden und ordnungsgemäß gesichert und verwaltet wurden und werden.
d) Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W.11, … A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Christian M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um Investitionen der Geschäftsführung seit dem 01.01.2012 in Vermögensgegenstände wie Aktien, Anleihen oder sonstige Anlagen zu überprüfen und ob eine Verbindung solcher Geschäfte mit dem Unternehmensgegenstand der K.bahn AG besteht, ob die Bestände sowie Zu- und Abgänge ordnungsgemäß verbucht wurden und die Bestände vorhanden und ordnungsgemäß gesichert und verwaltet wurden und werden.
Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W. 11, … A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Christian M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um die Vorgänge der Geschäftsführung des Vorstands betreffend die Vergütung von Herrn Wolfgang W.R. als Vorstand trotz Ausschlusstatbestands nach § 76 Abs. 3 AktG zu überprüfen.“
TOP 3: Sonderprüfung betreffs Verflechtung von K. AG und K.bahn AG
Die Marktgemeinde M. stellt den Antrag, folgenden Beschluss zu fassen:
Die M. T. GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, W. 11, … A., vertreten durch den Geschäftsführer Herrn Christian M., Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, wird als Sonderprüfer bestellt, um die Angemessenheit und Drittüblichkeit der Rechts- und Geschäftsbeziehungen zwischen der K.bahn AG einerseits und der K. AG und dieser nahestehenden Unternehmen und Personen andererseits in der Zeit seit dem 01.01.2012 zu prüfen. Als der K. AG nahestehend sind insbesondere die Herren W. W. R., … 44, … H.), W.E. R., (… 1, … H.), G. P., (… 40, … H.), P. K.(c/o K. AG, … 1, … M.) und Frau A. Kö., (c/o K.bahn AG, … 1, … M.) anzusehen. Als nahestehende Unternehmen sind insbesondere die folgenden Gesellschaften und Unternehmen anzusehen, an denen die K. AG Anteile hält oder bei denen ihr nahestehende Personen Inhaber, Partner, Gesellschafter, Aktionäre und/oder Geschäftsführer, Liquidatoren, Mitglieder des Vorstands und/oder Mitglieder des Aufsichtsrats sind. Es handelt sich dabei insbesondere um:
D. F. A. AG … B.
T. AG … R.
M. AG … G.
Kanzlei R. … H.
S., H., Kö., P. & Kollegen … H.
Gerhard P. Finanzberatung …H.
K. AG … H.
Beteiligungen im Baltikum Aktiengesellschaft …S.
AGS P. AG … H.
C. SYSTEMS AG … I.
V.-Holdings I1. AG … G.
…-Holdings Capital Partners AG …G.
C. C1. AG … K.
R. GmbH … H.
VCI V. Capital … H.
A. S. AG …H.
Z.-H. AG … H.
K. Vermögensverwaltungs UG (haftungsbeschränkt) … K.
WRH C. UG (haftungsbeschränkt) … H.
MMC-E. C2. GmbH … H.
R & S I2. P. GmbH …W.
H. S1. GmbH … H.
P. E.F. I AG & Co. KGaA i.L. … H.
KK Immobilien Fonds I AG & Co. KGaA … H.
KK Immobilien Fonds II AG & Co. KGaA … H.
Klosterbrauerei K. AG … H.
VAP-Vorbörsliche-Aktienplattform.de AG … H.
S.79 Vermögensverwaltungsgesellschaft UG (haftungsbeschränkt) …H.
werden für nichtig erklärt.
Mit Schriftsätzen vom 19.01.2017 (vgl. Bl. 50/52 d.A.) und vom 02.09.2016 (vgl. Bl. 22/24 d.A.) sind die Nebenintervenienten dem Rechtsstreit auf Seiten der Beklagten beigetreten. Diese hat sich im Verfahren anwaltlich nicht vertreten lassen und keine Anträge gestellt.
Die Nebenintervenienten beantragten
Klageabweisung.
Sie sind der Auffassung, dass eine Gesetzesverletzung gem. § 243 Abs. 1 AktG nicht vorliege. Die vom Nebenintervenienten zu 2) veranlasste Veröffentlichung der Ergänzung der Tagesordnung sei satzungsgemäß und rechtzeitig im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Ein Einberufungsmangel liege nicht vor. Die Stimmrechte bzw. Simmrechtsausschlüsse seien zutreffend behandelt worden. Das Protokoll enthalte bezüglich der präsenten Stimmen keine Fehler und Unrichtigkeiten. Die Sonderprüfung sei nicht rechtsmissbräuchlich und unverhältnismäßig. Der ehemalige Vorstand Herr F. sei in den von der Sonderprüfung erfassten Zeiträumen nicht mehr Vorstandsmitglied der Beklagten gewesen, einem Stimmrechtsverbot unterliege er deshalb nicht. Einem Stimmrechtsverbot unterliege dessen Ehefrau unter keinem Gesichtspunkt.
Die Klägerinnen habe erstinstanzlich die Zulässigkeit der Nebeninterventionen bezüglich der Nebenintervenienten zu 1) und 2) gerügt. Angesichts des Fehlens eines Gemeinderatsbeschlusses könne eine Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 2) wegen fehlender Aktivlegitimation nicht erfolgen. Der Nebenintervenient zu 1) führe seine Nebenintervention rechtsmissbräuchlich, er habe an keiner der Hauptversammlungen teilgenommen und handle aus niedrigen Beweggründen.
Ergänzend wird auf die tatbestandlichen Ausführungen im landgerichtlichen Urteil verwiesen.
Das Landgericht hat die Nebeninterventionen für zulässig erachtet und die Klage insgesamt abgewiesen, weil es eine Gesetzesverletzung im Sinne des § 243 Abs. 1 AktG nicht bejahte.
Das Erstgericht stellte fest, dass die in den Tagesordnungspunkten 2 und 3 genannten Prüfungsgegenstände der Sonderprüfung mit den Vorgaben aus § 142 Abs. 1 AktG zugänglich seien. Es war dabei der Auffassung, dass eine Gesetzesverletzung bereits deshalb ausscheide, weil die Voraussetzungen für die Wirksamkeit des Ermächtigungsbeschlusses vorgelegen hätten und damit der Inhalt der Beschlussfassung im Anfechtungsverfahren nicht nochmals überprüft werden könne. Selbst für den Fall, dass man im Anfechtungsprozess eine uneingeschränkte Prüfungskompetenz bejahen wollte, hat das Landgericht Gesetzesverletzungen nicht feststellen können. Die inmitten stehenden Prüfungssachverhalte beträfen Maßnahmen der Geschäftsführung. Das Landgericht führt im Einzelnen aus, dass und weshalb die einzelnen zu prüfenden Sachverhalte keinen durchgreifenden Einwänden begegnen, die Sonderprüfungsgegenstände hinreichend bestimmt und auch nicht rechtsmissbräuchlich oder unverhältnismäßig sowie auch nicht bereits durch Auskünfte des Vorstands umfassend aufgeklärt seien. Das Landgericht verneinte einen Gesetzesverstoß im Hinblick auf die Einberufungsvorschriften und die Bestellung des Herrn Rechtsanwalts B. D. zum Versammlungsleiter und die Leitung der Hauptversammlung durch diesen. Die Behandlung von Stimmrechtsverboten und die Zulassung von Aktien zur Abstimmung sei durch den Versammlungsleiter fehlerfrei vorgenommen worden. Die von der Klägerin zu 2) gehaltenen und in der Hauptversammlung durch Herrn Georg E. vertretenen 16.999 Aktien hätten einem Stimmrechtsverbot nach § 142 Abs. 1 S. 2, .S. 3 AktG unterlegen. Für ein Mitglied des Vorstands, das nach § 412 Abs. 1 S. 2 nicht mitstimmen könne, könne das Stimmrecht aufgrund von § 142 Abs. 1 S. 3 AktG auch nicht durch einen anderen ausgeübt werden. Da diese Regelungen auf die Klägerin zu 2) angesichts ihres Normzwecks auch dann anzuwenden seien, wenn das Organmitglied zugleich Vertreter eines Aktionärs ist und zumindest dessen Stimmabgabe maßgeblich beeinflussen kann, bestehe vorliegend ein Stimmrechtsausschluss. Patrick K. sei sowohl Vorstand der Beklagten (nach den Grundsätzen der fehlerhaften Organstellung) als auch alleinvertretungsberechtigter Vorstand der Klägerin zu 2). Diese bestehende Identität zwischen einem Mitglied des Vorstands der Beklagten und dem Vorstand einer Aktionärin, führe dazu, dass auch Herr E. das Stimmrecht für die Klägerin zu 2) nicht ausüben habe können, weil es bei einer Vollmacht aufgrund von § 164 Abs. 1 BGB dabei bleibe, dass es sich um eine Stimme des Aktionärs handle, da er die Stimme nicht wie beim Fremdbesitz im eigenen Namen abgebe. Das Landgericht stellte fest, dass der Nebenintervenient zu 2) keinem Stimmverbot unterlag, soweit nicht der erste Bürgermeister oder der Nebenintervenient zu 3) das Stimmrecht ausübten. Die Rechtsanwälte K. und Dr. S. wie auch Herrn S. hätten das Stimmrecht aus den Aktien des Nebenintervenienten zu 2) im Fremdbesitz ausüben können. Es läge kein Umgehungstatbestand und auch kein Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Schließlich hätten auch die Aktionäre F. keinem Stimmrechtsverbot unterlegen. Herr F. sei im Jahre 2009 aus dem Vorstand der Beklagten ausgeschieden, die vom Sonderprüfungsantrag umfassten Maßnahmen der Geschäftsführung erstreckten sich jedoch auf Zeiträume nach dem 01.01.2012. Für die Ehefrau eines Organmitgliedes ergebe sich ohnehin kein Stimmrechtsverbot.
Hinsichtlich der Zulässigkeit der Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 1) und 2) hat das Landgericht festgestellt, dass der Vorwurf der Rechtsmissbräuchlichkeit aus prozessualen Gründen unbeachtlich sei, da die Klägerinnen mit den Nebenintervenienten rügelos verhandelt hätten, indem sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.03.2017 Anträge aus der Klageschrift gestellt hätten, ohne die Rechtsmissbräuchlichkeit und damit Unzulässigkeit des Beitritts geltend zu machen.
Gegen die Entscheidung des Landgerichts wenden sich mit ihrer Berufung die Klägerinnen, die ihr erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang aufrecht erhalten, die Aufhebung des landgerichtlichen Urteils und Tenorierung, wie in erster Instanz beantragt (s.o.), anstreben.
Die Klägerinnen wiederholen, vertiefen und ergänzen ihren erstinstanzlichen Vortrag im Berufungsverfahren. Sie lassen insbesondere vortragen, der Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung für die Hauptversammlung, wie auch die Übertragung des Stimmrechts des Nebenintervenienten zu 2) und die Erklärung des Beitritts zum vorliegenden Rechtsstreits durch den Bürgermeister des Nebenintervenienten zu 2) seien fehlerhaft und unwirksam, da es an den hierfür erforderlichen Gemeinderatsbeschlüssen fehle. Das Landgericht gehe fehl, wenn es meint, dass angesichts des Ermächtigungsbeschlusses eine inhaltliche Überprüfung der Tagesordnungspunkte nicht möglich sei. Die Klägerinnen wenden sich im Folgenden weiter gegen die Hilfserwägungen des Landgerichts zu den Sonderprüfungssachverhalten, wie sie in den Tagesordnungspunkten Niederschlag gefunden haben. Das Erstgericht habe verkannt, dass sämtliche in TOP 2 und 3 genannten Vorgänge bereits aufgeklärt und in der Hauptversammlung ausführlich erläutert worden seien. Es läge deshalb Rechtsmissbrauch und Schikane gegenüber den Antragstellern vor, die lediglich eine Störung der Gesellschaft zum Ziel habe. Es handle sich zudem nicht um konkrete, bestimmte Sachverhalte, sondern insbesondere bei TOP 3 um Behauptungen ins Blaue, die allein der Ausforschung dienten. Einzelne bei der Sonderprüfung zu untersuchende Sachverhalte seien zu wenig bestimmt, insbesondere weil es an einer zeitlichen Eingrenzung fehle; dies gelte für die TOP 2 a) (Illuminationsanlage), 2 b) (baurechtswidrige Erweiterung der Bergstation und Ergänzung der Talstation), und TOP 2, soweit es um die Vorgänge betreffend die Vergütung von Wolfgang Wilhelm R. als Vorstand gehe, sowie TOP 3 (Verflechtungen). Hieraus ergebe sich bereits ein Stimmverbot für den ehemaligen Vorstand, Herrn F. Hinzu komme, dass die Sonderprüfungstatbestände Rechtsfragen der Aufklärung unterwerfen, die der Sonderprüfung nicht zugänglich seien. Dies gelte insbesondere hinsichtlich der genannten Begriffe „baurechtswidrig“ (TOP 2 a) und 2 b)), und „Angemessenheit und Drittüblichkeit“ (TOP 3). Auch die in TOP 2 c) dargestellten Sachverhalte um den Goldkankauf beziehen sich auf eine Rechtsfrage, nämlich die, ob Gold eine Währung sei, in die man investieren dürfe. Das Landgericht sei fehlerhaft zu dem Ergebnis gelangt, dass Einberufungsmängel nicht vorgelegen hätten. Die Klägerinnen wiederholen und vertiefen ihren diesbezüglichen erstinstanzlichen Vortrag. Gleiches gilt im Hinblick auf die Stimmrechte bzw. Stimmrechtsausschlüsse (betreffend Herrn K. bzw. E.; Rechtsanwälte K.und Dr. S., Alois und Dominka F., S.) sowie der Ermittlung/Feststellung des Abstimmungsergebnisses. Die Klägerinnen rügen eine rechtswidrige Ungleichbehandlung. Schließlich halten die Klägerinnen auch an ihrer Auffassung fest, wonach die Nebenintervention der Nebenintervenienten zu 1) und 2) unzulässig sei; das Landgericht habe verkannt, dass die Nebenintervention des Nebenintervenienten zu 1) rechtsmissbräuchlich sei und des Nebenintervenienten zu 2) an einem unwirksamen Beitritt durch den Bürgermeister leide. Ein rügeloses Verhandeln, wie das Landgericht angenommen habe, habe nicht vorgelegen.
Die Nebenintervenienten beantragen die Zurückweisung der Berufung. Sie halten das landgerichtliche Urteil für zutreffend. Die Ergänzung der Tagesordnung sei rechtmäßig erfolgt, der Bürgermeister habe wirksam den entsprechenden Antrag stellen können, auf Art. 37, 38 BayGO sei zu verweisen. Die Norm sei auch bei der Frage des wirksamen Beitritts des Nebenintervenienten zu 2) sowie der Stimmrechtsübertragung durch den Bürgermeister heranzuziehen. Die einzelnen Sonderprüfungsanträge seien zulässig und auch hinreichend bestimmt, auch wenn eine inhaltliche Prüfung trotz des Ermächtigungsbeschlusses vorgenommen werde. Ein Verstoß gegen Einberufungsvorschriften läge nicht vor. Das Ergänzungsverlangen sei form- und fristgerecht erfolgt. Auch die Bekanntgabe sei nicht zu beanstanden. Vor allem könne sich die Klägerseite nicht auf eine verspätete Bekanntgabe berufen, wenn die Vorstände pflichtwidrig das Ergänzungsverlangen nicht bekannt gemacht hätten und es deshalb eines Ermächtigungsbeschlusses bedurft habe. Die Stimmrechte bzw. Stimmrechtsverbote seien zutreffend beurteilt worden. Eine zeitliche Einordnung der der Sonderprüfung unterworfenen Sachverhalte ergebe sich aus den Beschreibungen. Die Sachverhalte seien auch nicht bereits umfassend aufgeklärt.
Ergänzend wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen erster und zweiter Instanz sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerinnen erweist sich in der Sache als nicht erfolgreich. Zu Recht hat das Erstgericht die Zulässigkeit der Nebenintervention der Nebenintervenienten zu 1) und 2) festgestellt und die Anfechtungsklagen abgewiesen.
I. Das Landgericht hat zu Recht die Nebeninterventionen der Nebenintervenienten zu 1) und 2) als zulässig angesehen. Beide haben als Aktionäre der Beklagten angesichts der erga omnes – Wirkung eines einer Anfechtungsklage stattgebenden Urteils ein rechtliches Interesse an der Aufrechterhaltung der angefochtenen Beschlüsse (vgl. Spindler/Stilz, Dörr, AktG, 3. Auflage, § 246 Rdnr. 33). Die hiergegen vorgebrachten Einwände überzeugen nicht. Festzuhalten ist zunächst, dass das Landgericht in zutreffender Weise auf den von Klägerseite erstmals im Schriftsatz vom 11.05.2017 erhobenen Einwand der Rechtsmissbräuchlichkeit des Beitritts eingegangen ist und festgestellt hat, dass der entsprechende Vortrag bereits aus prozessualen Gründen unbeachtlich ist. Auf die Ausführungen hierzu im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen (vgl. S. 31/32 LGU). Soweit die Klägerseite in der Berufungsbegründung hierzu vortragen lässt, ein rügeloses Verhandeln läge nicht vor, da die Rechtsmissbräuchlichkeit bereits vorher, d.h. mit der Klage vom 29.08.2016 geltend gemacht worden sei, kann sie damit nicht durchdringen. Dem Senat erschließt sich nicht, inwiefern sich die Klageschrift bereits zur Rechtsmissbräuchlichkeit eines (späteren) Beitritts der Nebenintervenienten äußern sollte/könnte. Soweit in der Klage von Rechtsmissbräuchlichkeit die Rede ist, bezieht sich dies zum einen allgemein auf das Verhalten des Nebenintervenienten zu 2) bzw. dessen Bürgermeisters (vgl. Bl. 7/8 d.A.) und zum anderen darauf, dass die Anträge unverhältnismäßig und rechtsmissbräuchlich, weil bereits beantwortet, seien (vgl. Bl. 17 d.A.). Eine Rüge der Rechtsmissbräuchlichkeit einer späteren Nebenintervention findet sich im Klageschriftsatz nicht. Auch aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung ergibt sich eine solche nicht, insbesondere behauptet selbst die Klägerseite nicht, dass sie vor Antragstellung, die ausweislich des Protokolls vom 30.03.2017 zu Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgt ist, die Rechtsmissbräuchlichkeit der Nebeninterventionen gerügt haben will.
Auch die Rüge der fehlenden Prozessfähigkeit des Nebenintervenienten zu 2) bleibt ohne Erfolg. Die Klägerinnen verweisen in ihrem Berufungsvorbringen darauf, dass die Beitrittserklärung durch den ersten Bürgermeister der Marktgemeinde M. unwirksam sei, weil es an einem Gemeinderatsbeschluss hierfür fehle und er ohne Vollmacht gehandelt habe. Dem kann angesichts der Regelungen in Art. 38 Abs. 1 S. 1 BayGO und höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht gefolgt werden. Wie der 5. Senat des BGH in seiner Entscheidung vom 18.11.2016 explizit feststellte (BGH V ZR 266/14, WM 2017, 256), ist die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde im Außenverhältnis allumfassend und unbeschränkt. Infolgedessen wird die Gemeinde auch durch solche Rechtshandlungen des ersten Bürgermeisters berechtigt und verpflichtet, die dieser ohne die erforderliche Beschlussfassung des Gemeinderats vorgenommen hat.
II. Die von der Klägerseite gegen die Beschlussfassung bzw. die Beschlüsse der Hauptversammlung der Beklagten vom 29.07.2016 vorgebrachten Anfechtungsrügen greifen nicht. Dies hat das Landgericht zutreffend festgestellt. Die von den Klägerinnen vorgebrachten Einwände und ergänzenden Ausführungen überzeugen nicht und sind nicht geeignet, ihrem Rechtsmittel zum Erfolg zu verhelfen.
1. Voranzustellen ist zunächst, dass gem. § 246 AktG nicht nur innerhalb der Anfechtungsfrist Klage erhoben werden muss. Vielmehr ist auch erforderlich, dass Anfechtungsgründe innerhalb der Frist in ihrem wesentlichen tatsächlichen Kern dargelegt werden. Dies entspricht ganz herrschender Meinung und ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung (vgl. Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 13. Auflage, § 246 Rdnr. 26, m.w.N.). Tatsachen, auf die die Anfechtungsklage gestützt wird, müssen so vorgetragen sein, dass der Streitgegenstand individualisiert und von anderen Anfechtungsgründen abgrenzbar ist. Weitere Substantiierungen während des Verfahrens sind möglich. Anfechtungsgründe, die aber nicht wenigstens im Kern innerhalb der Monatsfrist angesprochen werden, sind als nachgeschobene Anfechtungsgründe präkludiert (vgl. Spindler/Stilz, Dörr, a.a.O. § 246 Rdnr. 19, 20, m.w.N.).
Der Senat geht bei der Prüfung der von Klägerseite zum Inhalt der angegriffenen Beschlüsse vorgebrachten Rügen grundsätzlich davon aus, dass diesbezüglich eine Einschränkung der Prüfungskompetenz aufgrund des durch das Amtsgericht München erlassenen Ermächtigungsbeschlusses nach § 122 Abs. 3 AktG nicht vorliegt. Wie sich aus den Gründen des Ermächtigungsbeschlusses ergibt, hat das Amtsgericht, keine Entscheidung darüber gefasst, „ob und ggf. zu welchen Fragen eine Sonderprüfung veranlasst oder unverhältnismäßig“ ist. Dies obliege der Hauptversammlung, in der eine solche Diskussion erfolgen könne. Das Amtsgericht hat außerdem festgestellt, dass Anhaltspunkte für eine Rechtsmissbräuchlichkeit von der Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht worden seien (vgl. Anlage N 7). Danach kann und muss es dem Gericht, bei dem Anfechtungsklagen anhängig gemacht werden, obliegen, die angegriffenen Beschlüsse inhaltlich auf ihre materielle Rechtmäßigkeit bei Würdigung der vorgebrachten Anfechtungsrügen zu prüfen.
2. Unter Zugrundelegung der oben dargestellten Grundsätze und Maßstäbe ist hinsichtlich der in den Tagesordnungspunkten 2 und 3 genannten Prüfungsgegenstände der Sonderprüfung zunächst allgemein Folgendes anzumerken:
Die Klägerinnen habe in ihrer Klageschrift 29.08.2016 inhaltliche Rügen bezüglich der Tagesordnungspunkte 2 und 3 nur insoweit erhoben, als sie vortragen haben lassen, dass die Tagesordnungspunkte nicht zur Abstimmung hätten zugelassen werden dürfen, weil die im Rahmen der Hauptversammlung gestellten Fragen hierzu alle beantwortet worden und damit erledigt seien. Es habe sich deshalb um rechtsmissbräuchliche Anträge gehandelt. Eine Sonderprüfung könne „nicht dazu missbraucht werden, wenn der Sachverhalt vollständig aufgeklärt“ ist. Aus diesem Grunde sei bereits „die Antragstellung im Ergänzungsverfahren gem. § 122 unverhältnismäßig und rechtsmissbräuchlich, insbesondere aber die Beschlussfassung in der Hauptversammlung“. Die Tagesordnungspunkte 2 a) b) und c) seien ausführlich besprochen und die dazu gestellten Fragen beantwortet.
Damit liegt nach Auffassung des Senats der Kern der Anfechtungsrügen der Klägerseite bezüglich der Beschlussinhalte darin, dass deren Unverhältnismäßigkeit und Rechtsmissbräuchlichkeit insbesondere aufgrund der bereits erfolgten Auskünfte, vorgetragen wird. Weitere Anfechtungsgründe, die nicht bereits in ihrem Kern in der Klagebegründung angelegt sind, sind als neue Rügen anzusehen und präkludiert. Soweit in der Klageschrift allgemein die Sonderprüfungsanträge als rechtsmissbräuchlich gerügt wurden, weil – nach dem Vorbringen der Klägerinnen – der Nebenintervenient zu 2) seit Monaten nichts unversucht lasse, um den Vorständen und Aufsichtsräten Schwierigkeiten zu machen, ist das Landgericht hierauf in zutreffender Weise eingegangen. Gleiches gilt hinsichtlich des Vorwurfs des Rechtsmissbrauchs wegen der unterbliebenen Rücknahme der Sonderprüfungsanträge durch den Nebenintervenienten zu 2). Hierauf ist zu verweisen.
Hinsichtlich der einzelnen der Sonderprüfung unterworfenen Sachverhalte ergibt sich Folgendes.
a) TOP 2 a) – „Illuminationsanlage“
aa) Auch diesbezüglich haben die Klägerinnen in der Klageschrift die Rechtsmissbräuchlichkeit gerügt, weil die hierzu in der Hauptversammlung gestellten Fragen besprochen und beantwortet seien. Das Landgericht hat in seiner Entscheidung zur Frage des Rechtsmissbrauchs Stellung genommen. Hierauf ist zu verweisen.
Hinzu kommt, dass die Klägerinnen in der Berufungsbegründung neu vortragen lassen. Sie behaupten nunmehr, dass es sich um keine „Illumination“ der Bergstation gehandelt habe, sondern im Naturinformationszentrum „nur das Licht `nachts brennen gelassen´“ worden sei. Außerdem lassen sie vortragen, dass das Naturinformationszentrum nicht von der Beklagten betrieben werde, sondern von der Bergwelt K. gGmbH. Ein baurechtswidriger Verstoß durch die Illumination betreffe deshalb nur die Bergwelt K. gGmbH. Die K. bahn AG, die Beklagte, habe „lediglich die Rechnung in Höhe von 451,00 Euro für die Illuminationsanlage bezahlt.“ Dieser Vortrag ist einerseits widersprüchlich, insbesondere steht er im Widerspruch zu erstinstanzlichem Vortrag, und andererseits stellt er einen Beleg dafür dar, dass vor allem im Hinblick auf die Verantwortlichkeit für die Illumination und auf die Zahlungspflicht der Beklagten weiterer Aufklärungsbedarf besteht und damit die Sonderprüfung nicht rechtsmissbräuchlich sein kann. Auch wenn man davon ausgehen sollte, dass die Unverhältnismäßigkeit der Sonderprüfung für diesen Sachverhalt vor allem im Hinblick auf die inmitten stehenden Beträge bereits in der Klageschrift hinreichend konkret und im Kern gerügt wurde, sieht der Senat hierin keine durchgreifende Rüge. Auch hierzu hat das Landgericht Ausführungen gemacht, auf die verwiesen werden kann. Ergänzend ist anzumerken, dass es angesichts des neuen Vortrags zur Verantwortlichkeit und zu den Zahlungsflüssen betreffend die Beleuchtungsanlage nicht allein darauf ankommen kann, in welcher Höhe der Beklagten Kosten entstanden sind.
bb) Weitere Anfechtungsgründe, die die Klägerinnen erst im Laufe des Verfahrens, nicht aber bereits in der Klageschrift vorgebracht haben, sind präkludiert. Hierbei handelt es sich insbesondere um die Rüge, dass sich die auf die Illumination bezogene Sonderprüfung auch auf Rechtsfragen (“baurechtswidrig“) erstrecke, die einer Sonderprüfung nicht zugänglich seien. Eine dahingehende Anfechtungsrüge finde sich in der Klageschrift auch nicht im Ansatz. Es ist zwar zutreffend, dass eine Sonderprüfung nicht dazu dienen kann, Rechtsfragen einer isolierten Klärung zuzuführen (vgl. KG ZIP 2012, 672, 673 = AG 2012, 412, 413; OLG S2. AG 2009, 169, 171; OLG F. AG 2011, 755, 758 = ZIP 2011, 1764, 1770 f. = WM 2011, 2279, 2286 = DB 2011, 1626, 1631; Rieckers/Vetter in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 142 Rdn. 24; Schröer in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 142 Rdn. 7; Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 142 Rdn. 8). Auf die Frage, ob es sich bei der Bezeichnung „baurechtswidrig“ im Sonderprüfungsantrag darum handelt, eine rechtliche Klärung herbeizuführen, woran erhebliche Zweifel bestehen, ist jedoch nicht näher einzugehen, da die Klägerinnen mit dieser Rüge präkludiert sind. Das Gleiche gilt auch hinsichtlich des Einwands, es fehle die erforderliche zeitliche Eingrenzung des Sonderprüfungssachverhalts, der Prüfungsumfang sei zu unbestimmt.
b) TOP 2 b) – Erweiterung der Bergstation und Ergänzung der Talstation
aa) Auch diesbezüglich hat die Klägerseite in der Anfechtungsklageschrift die Rechtsmissbräuchlichkeit und Unverhältnismäßigkeit einer Sonderprüfung gerügt und dies damit begründet, dass der Sachverhalt aufgeklärt sei, weil alle Fragen beantwortet worden seien. Das Landgericht hat hierzu in seinem Urteil Stellung genommen. Die Regelung des § 142 Abs. 1 AktG dient neben dem Schutz der antragstellenden Minderheit auch dem Interesse aller anderen Minderheitsaktionäre, die bei der Hauptversammlung nicht anwesend waren (vgl. Schröer in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 142 Rdn. 6; Hirte ZIP 1988, 953, 954; Rottnauer NZG 2000, 1236; auch Spindler in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 142 Rdn. 2). Dann aber kann eine Information nur der auf der Hauptversammlung anwesenden Aktionäre nicht genügen, um ein Aufklärungsinteresse zu verneinen und einen Rechtsmissbrauch zu bejahen. Die Klägerinnen haben zudem in ihrer Klageschrift lediglich pauschal vorgetragen, die Fragen des vorgelegten Fragenkatalogs (Anlage 4 zum Protokoll der Hauptversammlung) seien in der Hauptversammlung beantwortet worden. Selbst unterstellt, dies sei zutreffend, was die Nebenintervenienten zu 2) und 3) dezidiert bestritten haben (vgl. Bl. 46 d.A.) und woran angesichts des Umfangs des Fragenkatalogs erhebliche Zweifel bestehen, ist festzuhalten, dass die schriftlich niedergelegten Fragen – soweit sie Sachverhalte ansprechen, die auch der Sonderprüfung in TOP 2 b) unterzogen werden sollen – nicht deckungsgleich mit den in den Sonderprüfungsanträgen dargestellten Tatbeständen sind. Die Sonderprüfung geht sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Hinsicht über die im Fragenkatalog niedergelegten Sachverhalte hinaus.
bb) Weitere, sich auf den Inhalt der Sonderprüfung erstreckende Anfechtungsgründe, haben die Klägerinnen in der Klageschrift nicht vorgetragen. Sie sind deshalb hiermit ausgeschlossen. Das gilt hinsichtlich der Rüge, dass sich die auf die Erweiterung der Bergstation und Ergänzung der Talstation auf Rechtsfragen (“baurechtswidrig“) erstrecke, die einer Sonderprüfung nicht zugänglich seien. Wie auch hinsichtlich des Einwands, dass es an der erforderlichen zeitlichen Eingrenzung des Sonderprüfungssachverhalts fehle. Auf die Ausführungen unter Ziffer a) bb) ist zu verweisen.
c) TOP 2 c) – Ankauf von Gold oder anderen Edelmetallen
aa) Zu den in der Klageschrift auch diesbezüglich vorgetragenen Rügen der Rechtsmissbräuchlichkeit und Unverhältnismäßigkeit gilt das oben Gesagte. Auch diesbezüglich ist festzustellen, dass der Fragenkatalog, der nach dem Vortrag der Klägerseite in der Hauptversammlung beantwortet worden sein soll, nicht deckungsgleich mit den der Sonderprüfung unterworfenen Tatbeständen ist. Auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ist ergänzend zu verweisen.
bb) Soweit die Klägerinnen im Verlauf des Rechtsstreits vortragen lassen, dass es sich bei den Goldankäufen um „übliche“ Währungskäufe handelt und damit um „normale“ Geschäftsvorgänge, für die eine Sonderprüfung – auch weil es sich um Rechtsfragen handelt – nicht in Betracht komme, können sie damit nicht durchdringen. Derartiges Vorbringen findet sich in der Klageschrift auch nicht im Ansatz, mit der Folge, dass die Klägerinnen hiermit ausgeschlossen sind.
d) TOP 2 d – Investitionen der Geschäftsführung in Vermögensgegenstände (Aktien, Anleihen etc.)
Aus den oben dargelegten Gründen stellt die Sonderprüfung zu diesem Sachverhalt keinen Rechtsmissbrauch dar und ist auch nicht unverhältnismäßig. In der Berufungsbegründung finden sich keine konkreten Berufungsangriffe gegen die diesbezügliche Entscheidung des Erstgerichts. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass „Anleihen vor dem 31.10.2014 veräußert worden seien“. Dieser Einwand ist jedoch nicht geeignet, den Sonderprüfungsantrag insgesamt zu Fall zu bringen und einen Rechtsmissbrauch zu begründen.
e) TOP 2 – Vorstandsvergütung trotz Ausschlusstatbestands nach § 76 Abs. 3 AktG
aa) Auch gegen diesen Sonderprüfungstatbestand hat sich die Anfechtungsrüge in der Klageschrift im Vorwurf des Rechtsmissbrauchs bzw. der Unverhältnismäßigkeit erschöpft. Wie oben bereits ausgeführt, kann aus der behaupteten Beantwortung von Fragen hierzu in der Hauptversammlung, ein Rechtsmissbrauch der Sonderprüfung nicht hergeleitet werden. Vor allem aber auch aus dem eigenen Berufungsvorbringen der Klägerinnen ergibt sich ein Aufklärungsbedarf. So hat die Klägerseite zwar darauf verwiesen, dass in der Hauptversammlung mitgeteilt worden sei, dass eine „Vergütung an Herrn Wolfgang Wilhelm R. bisher nicht ausbezahlt“ worden sei. Sie hat aber im Weiteren vortragen lassen, dass Herr R. einen Anspruch auf Vergütung habe.
bb) Soweit die Klägerinnen im Verlauf des Rechtsstreits und insbesondere in der Berufungsbegründung vortragen lassen, der Sonderprüfungsantrag sei „wirr, sachlich falsch und völlig ausufernd“, zudem sei der Aufsichtsrat zuständig, handelt es sich um neuen Mängelrügen, die so auch nicht im Kern in der Klagebegründung enthalten waren. Die Klägerinnen sind damit präkludiert.
f) TOP 3 – Verflechtungen der Gesellschaft
aa) In der Klageschrift finden sich Anfechtungsrügen auch hinsichtlich dieses Sonderprüfungssachverhalts lediglich dahingehend, dass Rechtsmissbrauch und Unverhältnismäßigkeit vorliegt. Soweit die Klägerinnen gerügt haben, dass die aufzuklärenden Sachverhalte in der Hauptversammlung beantwortet worden seien und deshalb die Aufrechterhaltung des Antrags und Beschlussfassung rechtsmissbräuchlich sei, gilt das oben zu Ziffer II. 2 a) Gesagte.
Präkludiert sind die Klägerinnen mit ihrem weiteren und neuen Vorbringen, nämlich dass es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeschluss handle, dass teilweise Rechtsfragen inmitten stünden (“Angemessenheit der Vergütung“, „Drittvergleich“) und der zu prüfende Sachverhalt „zu schwammig“ formuliert sei.
3. Zu Recht hat das Landgericht einen Gesetzesverstoß durch Verstoß gegen die Einberufungsvorschriften verneint. Einberufungsmängel hat die Klägerseite bereits mit der Anfechtungsklage geltend gemacht.
Das Landgericht hat eine Verletzung von §§ 124 Abs. 1 S. 1, 123 Abs. 4 AktG verneint, da es davon ausging, dass die Bekanntmachung der aufgrund Ermächtigungsbeschluss ergänzten Tagesordnungspunkte im Bundesanzeiger rechtzeitig, nämlich am letzten möglichen Tag (vor dem record date) und vor dem Ablauf der Frist zur Anmeldung erfolgte. Einem Aktionär sei zuzumuten, dass er die Veröffentlichungen im Bundesanzeiger zeitnah verfolge. Hiergegen wenden sich die Klägerinnen, die in der Berufungsbegründung vortragen lassen, dass die Bekanntmachung im Bundesanzeiger am 25.07.2016 gegen 15.30 Uhr erfolgt sei. Dabei handele es sich um den letzten Tag, an dem man sich zur Hauptversammlung habe anmelden können. Im Hinblick auf die banküblichen Geschäftszeiten bis allenfalls 17.00 Uhr hätten Aktionäre lediglich 1,5 Std. Zeit für eine Anmeldung gehabt, dies sei unzumutbar.
Wie das Erstgericht zutreffend feststellte, sind nach § 124 Abs. 1 S. 1 AktG Gegenstände, die auf die Tagesordnung gesetzt werden sollen, unverzüglich nach Zugang des Verlangens durch den Vorstand bekannt zu machen. Wie im Falle der Ermächtigung zu Bekanntmachung von Beschlussgegenständen der Tagesordnung durch das Gericht zu verfahren ist, ist nicht geregelt. Bei börsennotierten Gesellschaften wird aufgrund einer richtlinienkonformen Auslegung der Aktionärsrechterichtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 (2007/36/EG) davon auszugehen sein, dass die Bekanntmachung zeitlich vor dem record date des § 123 Abs. 4 AktG erfolgen müsse. Das OLG Frankfurt geht in seiner Entscheidung vom 19.06.2017, Az: 5 U 150/16, davon aus, dass diese zeitliche Grenze, d.h. der Zeitpunkt des record date, allein börsennotierte Unternehmen betrifft. Die dort geltende Bewertung kann nicht auf andere Gesellschaften übertragen werden. Das hat nach Auffassung des Senats für den vorliegenden Fall zur Folge, dass die Veröffentlichung der Ergänzung der Tagesordnung, die auf einem Ermächtigungsbeschluss gründet, keine zeitliche Grenze in dem Zeitpunkt des sog. record date findet. Ein Verstoß gegen Bekanntmachungsvorschriften liegt daher nicht vor. Selbst wenn man, den Rechtsgedanken des § 124 Abs. 1 S. 1 AktG, d.h. die Pflicht zur unverzüglichen Bekanntmachung, auch auf die antragstellenden Minderheitsaktionäre anwenden würde und ihnen diese Pflicht der unverzüglichen Bekanntgabe nach Zugang des Ermächtigungsbeschlusses auferlegen würde, kann vorliegend nicht von einer schuldhaften Verzögerung der Bekanntmachung des Ergänzungsverlangens ausgegangen werden. Der Beschluss des Amtsgerichts datiert vom 21.07.2016, vgl. Anlage N 7. Ausweislich der als Anlage N 8 vorgelegten Auftragsbestätigung erfolgte die Übermittlung an den Bundesanzeiger am selben Tag. Lediglich der Vollständigkeit halber und hilfsweise ist ergänzend anzumerken, dass der Senat die Auffassung des Landgerichts teilt, dass im vorliegenden Fall die Bekanntmachung der Ergänzung für den Fall, dass vorliegend auch der Zeitpunkt des sog. record date maßgeblich heranzuziehen wäre, rechtzeitig erfolgt wäre. Auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil ist zu verweisen.
Die Klägerinnen rügen darüber hinaus, dass § 125 Abs. 1 S. 3 AktG verletzt sei und dass eine nach § 124 Abs. 1 S. 3 AktG erforderliche „Zuleitung“ unterblieben sei. Aus dem Wortlaut des § 124 Abs. 1 AktG ergibt sich bereits, dass sich das Zuleitungserfordernis auf eine Ergänzung der Tagesordnung gem. § 122 Abs. 2 AktG bezieht. Im vorliegenden Fall beruht die Ergänzung der Tagesordnung auf § 122 Abs. 3 AktG, d.h. auf richterlicher Ermächtigung. Hinzu kommt, dass die Regelung der Umsetzung von Art. 6 Abs. 4 der Aktionärsrechterichtlinie dient und damit nur börsennotierte Unternehmen erfasst. Zur behaupteten Verletzung der Regelungen in § 125 AktG hat das Landgericht bereits Stellung genommen. Hierauf ist zu verweisen. Soweit in § 125 Abs. 1 S. 3 AktG eine Mitteilungspflicht normiert ist, bezieht diese sich auf Tagesordnungen, die nach § 122 Abs. 2 AktG bei börsennotierten Gesellschaften geändert wurden. An beiden Voraussetzungen fehlt es vorliegend.
Lediglich der Vollständigkeit halber und weil von der Klägerseite in der Berufungsbegründung angesprochen, ist darauf hinzuweisen, dass der vom Bürgermeister des Markts M. gestellte Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung wirksam war. Die organschaftliche Vertretungsmacht des ersten Bürgermeisters einer bayerischen Gemeinde im Außenverhältnis ist allumfassend und unbeschränkt, Ar.t 38 BayGO (s. oben Ziffer I.).
4. Die Beschlüsse über die Sonderprüfungen entsprechend den Tagesordnungspunkten 2 und 3 sind auch nicht wegen der Behandlung von Stimmrechtsverboten und der Zulassung von Aktien zur Abstimmung durch den Versammlungsleiter für nichtig zu erklären. Hierzu hat das Landgericht zutreffend ausgeführt. Die gegen die landgerichtliche Entscheidung in der Berufungsbegründung vorgebrachten Einwände der Klägerseite überzeugen nicht.
Zu den Berufungsangriffen ist wie folgt Stellung zu nehmen:
a) Die Klägerinnen wenden sich dagegen, dass das Landgericht bestätigte, dass die von der Klägerin zu 2) gehaltenen und in der Hauptversammlung durch Herrn Georg E. vertretenen 16.999 Aktien einem Stimmrechtsverbot gem. § 142 Abs. 1 S. 2 AktG unterlagen. Sie rügen insbesondere die Behandlung des Herrn Patrick K. als Vorstandsmitglied der Klägerin zu 2) dadurch, dass es „hier um die Beurteilung einer fehlerhaften Organbestellung“ gehe. Nach dem Vortrag der Klägerseite sei Herr K. nie Vorstand der Beklagten geworden und habe deshalb keinem Stimmrechtsverbot unterlegen.
Der Senat teilt in vollem Umfang die Ausführungen des landgerichtlichen Urteils zum Stimmrechtsverbot der Klägerin zu 2) (vgl. S. 24/26 LGU). Dem ist nichts hinzuzufügen. Das gilt insbesondere im Hinblick auf die Rechtsstellung des Herrn K. Zu Recht hat das Erstgericht festgestellt, dass die gerichtliche Nichtigerklärung der Beschlussfassung des Aufsichtrats, in der Herr K. zum Vorstand der Beklagten bestellt worden war, nicht zur Folge hat, dass ein Stimmrecht nunmehr zu bejahen wäre. Grund des Stimmrechtsausschlusses ist im vorliegenden Fall zum einen, dass die der Sonderprüfung unterfallenden Sachverhalte einen Zeitraum umfassen, in dem Herr K. als Vorstand bestellt und tätig war, und zum anderen die Tatsache, dass Herr K. als Vorstand zugleich Vertreter einer Aktionärin ist, d.h. der Klägerin zu 2), und deren Stimmabgabe maßgeblich beeinflussen kann. Zu Recht hat das Erstgericht die Grundsätze der fehlerhaften Organstellung herangezogen. Eine Beteiligung des Herrn K. an der Klägerin zu 2) – auf die die Klägerseite auch abstellt – ist für den Stimmrechtsausschluss nicht entscheidend. Im Übrigen hat es mit den Ausführungen im landgerichtlichen Urteil sein Bewenden.
b) Auch die Berufungsangriffe der Klägerinnen bezüglich der Beurteilung des Stimmrechts des Nebenintervenienten zu 2) bleiben ohne Erfolg.
Wie oben bereits ausgeführt, hat die von den Klägerinnen erhobene Rüge, dass der Bürgermeister des Nebenintervenienten zu 2) ohne Gemeinderatsbeschluss eine Übertragung der Stimmrechte nicht wirksam habe vornehmen können, angesichts des Art. 38 BayGO und der zitierten Entscheidung des BGH (WM 2017, 256) keinen Erfolg. Zu Recht hat das Erstgericht ein Stimmrechtsverbot des Nebenintervenienten zu 2) als Aktionär der Beklagten verneint, so lange nicht der erste Bürgermeister oder der Nebenintervenient zu 3) das Stimmrecht ausübten. Beide waren zu unterschiedlichen Zeiten, aber während des Zeitraums, auf den sich die Sonderprüfung erstreckt, Mitglieder des Aufsichtsrats der Beklagten. Für den Nebenintervenienten zu 2) konnten die Rechtsanwälte K. und Dr. S. das Stimmrecht aus deren Aktien im Fremdbesitz ausüben. Das Landgericht hat fehlerfrei dargelegt, dass und aus welchen Erwägungen die Voraussetzungen des § 142 Abs. 1 S. 2 AktG nicht vorliegen und damit ein Stimmrechtsausschluss für den Nebenintervenienten zu 2), der Markt M., nicht in Betracht kommt. Auf die Ausführungen ist zu verweisen. Das Erstgericht hat auch zu dem in der Berufung erneut vorgebrachten Einwand, es sei eine Gleichbehandlung mit der Klägerin zu 2) auch deshalb angezeigt, weil der Bürgermeister maßgeblichen Einfluss auf die Ausübung der Stimmrechte der Gebietskörperschaft habe (Gemeinderat als „Abnickverein“, „Gemeinderat folgt normalerweise dem Bürgermeister“, „Bürgermeister und stellvertretende Bürgermeister haben ihren Gemeinderat im Griff“ und üben „entsprechenden Einfluss aus“), Stellung genommen. Der Gemeinderat des Nebenintervenienten zu 2) besteht aus 21 Mitgliedern, Art. 31. Abs. 1 und Abs. 2 BayGO. Nicht im Ansatz ist erkennbar, aus welchen besonderen Gründen der erste Bürgermeister des Markts M., dem im Gemeinderat eine Stimme zukommt, maßgeblichen Einfluss auf die Haltung des Gemeinderats haben soll und im konkreten Fall hat. Die Klägerinnen äußern hierzu auch lediglich Vermutungen. Das Landgericht hat auch die Stimmabgabe für den Nebenintervenienten zu 2) hinsichtlich von 82 Aktien im Fremdbesitz durch Herrn S. zutreffend als zulässig angesehen.
Einen Verstoß gegen den aktienrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nach § 53 a AktG sieht der Senat nicht. Es liegen unterschiedliche Sachverhalte vor, die eine Ungleichbehandlung rechtfertigen. Wie sich aus dem unstreitigen Tatbestand des landgerichtlichen Urteils ergibt, haben die Herrn S., Dr. S. und K. für den Nebenintervenienten zu 2) Stimmrechte für Aktien in Fremdbesitz ausgeübt. Demgegenüber sollte als Vertreter der Klägerin zu 2), bevollmächtigt durch den Vorstand K., Herr E. die Stimme abgeben. Die Rechtsanwälte Dr. S. und K. wie auch Herr S. übten das Stimmrecht für ihnen unstreitig als Fremdbesitz übertragene Aktien des Nebenintervenienten zu 2) im eigenen Namen aus, d.h. i.R einer Ermächtigung i.S.d. § 185 BGB (vgl. Spindler/Stilz, a.a.O. § 129 Rdnr. 28). Wie das Erstgericht ausführt, ist maßgeblich dafür, dass auch Herr E. aufgrund von § 142 Abs. 1 S. 3 AktG das Stimmrecht für die Klägerin zu 2) nicht ausüben konnte, dass die aufgrund der ihm erteilten Vollmacht nach § 164 Abs. 1 BGB abgegebene Stimme eine Stimme des Aktionärs darstellt. Aufgrund der Stellung des Herrn K. als Alleinvorstand und alleinvertretungberechtigter Vorstand der Klägerin zu 2), der bei der Ausübung des Stimmrechts keinen Weisungen durch die Hauptversammlung unterliegt, kann die von ihm erteilte Vollmacht zur Stimmrechtsausübung für die Klägerin zu 2) nicht dazu führen, dass deren Stimmrechtsausschluss aufgehoben ist.
c) Soweit die Klägerinnen in der Berufung das vom Landgericht bejahte Stimmrecht von Alois und Domenika F. angreifen, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.
Festzuhalten ist zunächst, dass ein möglicherweise gegen den Ehemann von Dominika F. gerichtetes Stimmverbot nicht dazu führt, dass auch sie von der Abstimmung auszuschließen ist. Dies entspricht ganz herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung (vgl. Hüffer, Aktiengesetz, 13. Auflage, § 136 Rdnr. 16 m.w.N.). Möglich und richtig bleibt, ein Stimmverbot eingreifen zu lassen, wenn im Einzelfall ein Umgehungssachverhalt festgestellt wird (vgl. OLG Hamm GmbHR 1989, 79). Für einen derartigen Umgehungstatbestand, der zu einem Stimmrechtsausschluss von Dominika F. führen könnte, fehlen vorliegend jede konkreten Anhaltspunkte. Allein der Umstand, dass ihr Ehemann früher Vorstandsmitglied der Beklagten war und möglicherweise Sonderprüfungstatbestände in die Zeit seiner Vorstandstätigkeit fallen können, was die Klägerseite behauptet, rechtfertigt weder die Annahme eines Umgehungssachverhalts noch eines Stimmverbots. Auch die Tatsache, dass Frau F. das Stimmrecht für Aktien im Fremdbesitz ausübte, führt zu keiner anderen Beurteilung.
Hinsichtlich des Aktionärs Alois F. ist unstreitig, dass dieser spätestens im Laufe des Jahres 2009 als Vorstand der Beklagten ausgeschieden ist. Das Landgericht hat einen Stimmrechtsausschluss des Aktionärs deshalb verneint, weil es davon ausging, dass die vom Sonderprüfungsantrag umfassten Maßnahmen zeitlich nach dem 01.01.2012 einzuordnen sei. Es ist den Klägerinnen insofern zuzustimmen, als die Tagesordnungspunkte 2 a), b) und des Tagesordnungspunkts bezüglich der Vorstandsvergütung für Herrn Wolfgang W. R. keine explizite zeitliche Festlegung enthalten. Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die in diesen Punkten der Sonderprüfung unterworfenen Sachverhalte zeitlich aufgrund der inhaltlichen Angaben in den Anträgen einzugrenzen sind. Dies gilt im Hinblick darauf, dass die inmitten stehenden Sachverhalte bekannt waren. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass sich in den Gründen des Ergänzungsverlangens des Nebenintervenienten zu 2) (vgl. Anlage N 1) zu den Tagesordnungspunkten 2 a) und b) die zeitliche Einordnung ergibt. Hinsichtlich der Frage der Vergütung des Herrn Wolfgang W. R. ergibt sich die zeitliche Eingrenzung ohnehin aus dem Text des Antrags selbst, nämlich aus der Formulierung „trotz Ausschlusstatbestands nach § 76 Abs. 3 AktG“. Danach ergibt sich der Prüfungsbeginn der Sonderprüfung ab Rechtskraft des Urteils, § 76 Abs. Abs. 3 2. HS AktG. Die Zeiträume der Sonderprüfungen fallen daher nicht in die Vorstandstätigkeit des Aktionärs Alois F.
Aber selbst, wenn man annehmen würde, dass aufgrund der fehlenden zeitlichen Einschränkung der Sonderprüfungsanträge in den Tagesordnungspunkten 2 a) und b) die Sonderprüfung sich auch auf Zeiträume erstrecken kann, in denen Alois F. Vorstand der Beklagten gewesen ist, führt dies nicht zum Erfolg der Klage. Zwar wäre dann ein Stimmverbot des Aktionärs F. für diese Tagesordnungspunkte zu bejahen gewesen. Die Rechtsfolge einer unzulässigen Stimmrechtsausübung führt jedoch nicht zur Nichtigkeit der Beschlüsse, weil es an der Kausalität fehlt. Ein Verstoß gegen das Stimmverbot des § 142 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG führt nur dann zu einer Anfechtbarkeit des Hauptversammlungsbeschlusses, wenn der Beschluss ohne die verbotene Stimmabgabe nicht zustande gekommen wäre. Der Aktionär Alois F. verfügt über 13 Aktien der Beklagten, mit denen er an der Abstimmung teilgenommen hat. Angesichts des festgestellten Abstimmungsergebnisses von 3.959 Ja-Stimmen zu 30 Nein-Stimmen kann hiervon nicht die Rede sein.
Lediglich der Vollständigkeit halber ist darauf hinzuweisen, dass ein Stimmrechtsausschluss für die Rechtsanwälte Dr. S. und K. sowie Herrn S. und den Aktionär F. zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. In diesem Fall wäre das Abstimmungsergebnis 104 Ja-Stimmen zu 30 Nein-Stimmen gewesen. Ein anderes Ergebnis würde sich selbst dann nicht ergeben, wenn man auch einen Stimmrechtsausschluss für Dominika F. bejahen würde.
d) Die Klägerinnen rügen in ihrer Berufungsbegründung des Weiteren, dass das Abstimmungsergebnis nicht nachvollziehbar sei. Hier ist festzuhalten, dass entgegen der Auffassung der Klägerinnen sich aus dem Protokoll der Hauptversammlung nicht ergeben muss, wer wie abgestimmt hat. Das Protokoll enthält die notwendigen Angaben zum Abstimmungsvorgang und -ergebnis, sowie zu den Stimmrechten.
II.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97, 101 Abs. 1, 1. Hs. 100 Abs. 1 ZPO. Die Klägerinnen haben die Kosten des erfolglosen Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervenienten zu tragen.
III.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
IV.
Die von der Klägerseite beantragte Zulassung der Revision hat zu unterbleiben, weil Zulassungsgründe nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Zu würdigen waren vielmehr die Umstände des Einzelfalls, insbesondere die von der Klägerseite gegen die Beschlüsse der Hauptversammlung vorgebrachten einzelnen Anfechtungsrügen.


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