Insolvenzrecht

Dingliche Zinsen – Voraussetzungen der Zwangsversteigerung

Aktenzeichen  44 T 550/16

Datum:
19.5.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 122616
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Memmingen
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 1193
ZPO § 751

 

Leitsatz

Die Zwangsversteigerung aus einer vollstreckbaren Sicherungsgrundschuld wegen der dinglichen Zinsen setzt in Rechtsanalogie zu § 1193 Abs. 1 S. 3 BGB die Kündigung des Kapitals der Grundschuld voraus. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

1 K 13/16 2016-04-04 Bes AGMEMMINGEN AG Memmingen

Tenor

I.
Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin vom 11.04.2016 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Memmingen vom 04.04.2016 (Az.: 1 K 13/16) wird kostenfällig als unbegründet zurückgewiesen.
II.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 7.360,93 Euro festgesetzt.
III.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Gläubigerin beantragte unter dem 30.03.2016 (Bl. 1 d.A.) die Anordnung der Zwangsversteigerung des Grundbesitzes …, wegen ihrer dinglichen Zinsen in Höhe von 7.360,93 Euro aus der eingetragenen Grundschuld in Abteilung III/1 des Grundbuchs unter Vorlage des Vollstreckungstitels. Das Amtsgericht Memmingen entschied mit Beschluss vom 04.04.2016 (Bl. 2/5 d.A.), den Antrag zurückzuweisen, da die Grundschuld mit Schreiben vom 04.12.2015, der Schuldnerin zugegangen am 11.12.2015, gekündigt worden sei und damit das Grundschuldkapital und in analoger Anwendung des § 1193 Abs. 1 BGB auch die hieraus resultierenden dinglichen Zinsen erst am 12.06.2016 fällig seien. Mithin lägen die Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen des § 751 Abs. 1 ZPO noch nicht vor. Gegen diesen Beschluss, der der Gläubigerin ausweislich der bei der Akte befindlichen Postzustellungsurkunde am 08.04.2016 zugestellt worden war, legte die Gläubigerin mit Schriftsatz vom 11.04.2016, beim Amtsgericht Memmingen eingegangen am 12.04.2016 (Bl. 7/8 d.A.), sofortige Beschwerde ein mit der Begründung, dass § 1193 BGB ausweislich der Kommentierung bei Palandt nicht für die Fälligkeit von Zinsen gelte. Zur Untermauerung nahm die Gläubigerin Bezug auf zwei beigefügte Entscheidungen des Landgerichts Darmstadt und des Landgerichts Ravensburg.
Das Amtsgericht Memmingen entschied mit Beschluss vom 15.04.2016 (Bl. 9/10 d.A.), der sofortigen Beschwerde nicht abzuhelfen, da die vorgelegten Entscheidungen der Landgerichte Ravensburg und Darmstadt andere Fallgestaltungen beträfen. Auch die Kommentierung bei Palandt stehe einer Analogie nicht entgegen. Vielmehr verhalte sich die Kommentierung bei Palandt zur Frage einer analogen Anwendung nicht. Das Amtsgericht halte daher im Einklang mit der Kommentierung im Münchner Kommentar an einer analogen Anwendung des § 1193 BGB für Zinsen fest.
Das Beschwerdegericht ließ den Parteien mit Verfügung vom 20.04.2016 (Bl. 13 d.A.) nach, zu dem Nichtabhilfebeschluss Stellung zu nehmen. Daraufhin übersandte die Gläubigerin unter dem 26.04.2016 (Bl. 14 d.A.) erneut die Beschwerdeschrift vom 11.04.2016. Eine Stellungnahme der Schuldnerin ist nicht eingegangen.
II.
Die gemäß §§ 11 Abs. 1 RPflG, 793 ZPO, 95 ZVG statthafte und auch im Übrigen zulässige sofortige Beschwerde der Gläubigerin ist nicht begründet.
Zur Begründung wird zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen zunächst Bezug genommen auf die zutreffenden und durch das Beschwerdevorbringen in keiner Weise entkräfteten Ausführungen des Amtsgerichts Memmingen aus dem angegriffenen Beschluss vom 04.04.2016 sowie aus der zugehörigen Nichtabhilfeentscheidung vom 15.04.2016, welche sich das Landgericht jeweils vollumfänglich zu Eigen macht.
Soweit die Gläubigerin als Stellungnahme zu dem Nichtabhilfebeschluss erneut die sofortige Beschwerdeschrift übersandt hat, ist ein erneutes Eingehen auf die dortigen Ausführungen nicht veranlasst. Das Amtsgericht hat die Ausführungen aus diesem Schriftsatz in seinem Nichtabhilfebeschluss ebenso umfassend wie auch zutreffend gewürdigt.
Weitere Ausführungen sind weder möglich noch veranlasst.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Der Beschwerdewert richtet sich in Ermangelung eines festgesetzten Verkehrswertes nach dem wirtschaftlichen Interesse der Gläubigerin an der Anordnung der begehrten Zwangsversteigerung und war somit auf die Höhe des Teilbetrags festzusetzen, wegen welchem die Anordnung der Zwangsversteigerung beantragt war.
Die Rechtsbeschwerde war gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, da die hier in Rede stehende Streitfrage der analogen Anwendung des § 1193 BGB für Zinsen für eine Vielzahl von Kreditnehmern bedeutsam und – soweit ersichtlich – bislang höchstrichterlich nicht entschieden ist.


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