IT- und Medienrecht

Anforderungen an die Widerlegung der Vermutung des § 2 Abs. 2 S. 2 RBStV

Aktenzeichen  AN 6 K 17.01964

Datum:
20.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10443
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
RBStV § 2 Abs. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1
BayVwVfG Art. 47 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Die Vermutung der Inhaberschaft einer Wohnung in § 2 Abs. 2 S. 2 RBStV ist widerlegbar. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Landesrunkfunkanstalt ist gesetzlich ermächtigt, durch Satzung das Erbringen eines Nachweises für die Widerlegung der Vermutung zu regeln. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine nachträgliche „Auswechslung“ der in einem Rundfunkbeitragsbescheid in Bezug genommenen konkreten Wohnung im Widerspruchsverfahren ist unzulässig und ist auch nicht der Umdeutung zugänglich. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Festsetzungsbescheid vom 1. September 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2018 wird aufgehoben.
2. Im Übrigen (Klage gegen die Festsetzungsbescheide vom 1.5.2015, 3.1.2016 und 1.4.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.7.2017) wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Verfahrenskosten haben der Kläger 15/17 und der Beklagte 2/17 zu tragen; insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Hinterlegung oder Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Nach Abtrennung des Verfahrens AN 6 K 20.00294 sind hier noch die Festsetzungsbescheide vom 1. Mai 2015, 3. Januar 2016 sowie 1. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017, mithin die Festsetzung ausstehender Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlägen für den Gesamtzeitraum Dezember 2014 bis einschließlich Februar 2016, und der Festsetzungsbescheid vom 1. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2018, also beschränkt auf die Festsetzung ausstehender Rundfunkbeiträge nebst Säumniszuschlag für die Monate März und April 2016, (Anfechtungs-)Klagegegenstand.
I.
Die Anfechtung dieser Bescheide durch den Kläger ist lediglich zu einem Teil, nämlich hinsichtlich des Festsetzungsbescheides vom 1. September 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2018 erfolgreich. Im Übrigen (Festsetzungsbescheide vom 1.5.2015, 3.1.2016 sowie 1.4.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.7.2017) ist jedoch Klageabweisung geboten, weil es entweder wegen Klagefristversäumnis bereits an der Klagezulässigkeit oder jedenfalls an der Klagebegründetheit gemäß § 113 Abs. 1 VwGO fehlt.
1. Soweit die Festsetzungsbescheide vom 1. Mai 2015 und 1. April 2016 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 – angefochten sind, ist die Klage bereits unzulässig, weil die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO versäumt worden ist und Gründe für eine Wiedereinsetzung weder geltend gemacht noch ersichtlich sind.
Diese Bescheide sind erst im Wege einer Klageerweiterung (auf die sich der Beklagte auch eingelassen hat) mit dem Schriftsatz vom 27. Dezember 2017 am 28. Dezember 2017 zum Klagegegenstand des Verfahrens AN 6 K 17.01964 gemacht worden, als die einmonatige Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits abgelaufen war. Auslösend für den Fristbeginn ist die Zustellung des Widerspruchsbescheides. Entgegen der Auffassung von Beklagtenseite kann zwar nicht gemäß Art. 17 Abs. 2 VwZVG eine Zustellung des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 bereits am 21. Juli 2017 zugrunde gelegt werden, weil Widerspruchsbescheide gemäß § 74 Abs. 3 VwGO von Amts wegen nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes zuzustellen sind und nach Aktenlage nicht davon ausgegangen werden kann, dass eine solche formgerechte Zustellung durchgeführt worden ist, und auch der Kläger in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, der Bescheid sei – im Übrigen wesentlich später als vom Beklagten angenommen – schlicht im Briefkasten eingelegt gewesen. Von daher erweist sich die Klageerhebung am 19. September 2017 zwar als klagefristwahrend (weshalb die Klage gegen den Festsetzungsbescheid vom 3.1.2016 entgegen dem Einwand der Beklagtenbevollmächtigten fristgerecht erhoben worden ist), jedoch ist angesichts der eindeutigen Umstände der Klageerhebung am 19. September 2017 entgegen der von Seiten der Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung vertretenen Auffassung lediglich der Festsetzungsbescheid vom 3. Januar 2016 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) – damals zum Klagegegenstand gemacht worden: In dem Klageerhebungsschriftsatz vom 19. September 2017 war nicht nur der Klageantrag lediglich dahingehend formuliert, den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 3. Januar 2016 (Az: …) sowie den Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2017 in vollem Umfang einschließlich sämtlicher Nebenbestimmungen aufzuheben, sondern die Klage war auch ausdrücklich eingangs bezeichnet „wegen Festsetzungsbescheids vom 3. Januar 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Juli 2017 (Beitragsnummer …)“ sowie nochmals als erhoben „gegen den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 3.1.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.7.2017“ und an Bescheiden waren auch lediglich der Festsetzungsbescheid vom 3. Januar 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2017 dem Klageschriftsatz beigefügt. Erst mit dem weiteren Schriftsatz vom 27. Dezember 2017 ist der Klageantrag dann dahingehend gestellt worden, die Festsetzungsbescheide des Beklagten vom 1. Mai 2015, 3. Januar 2016, 1. April 2016 und vom 1. September 2017 sowie den Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2017 in vollem Umfang einschließlich sämtlicher Nebenbestimmungen aufzuheben, wodurch die Klage auf die Festsetzungsbescheide vom 1. Mai 2015 und 1. April 2016 (sowie auf den vom 1.9.2017, was allerdings insoweit keine Fristprobleme aufwirft, weil gegen diesen Bescheid rechtzeitig Widerspruch erhoben und ein Widerspruchsbescheid dazu noch nicht ergangen war) erweitert worden ist. Zum Zeitpunkt des Eingangs des Schriftsatzes vom 27. Dezember 2017 beim Gericht am 28. Dezember 2017 war für die Festsetzungsbescheide vom 1. Mai 2015 und 1. April 2016 jedoch die Klagefrist des § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO bereits abgelaufen. Denn bezüglich des zugehörigen Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 fehlt es zwar an der formgerechten Zustellung nach dem Verwaltungszustellungsgesetz (VwZG), jedoch bestimmt § 8 VwZG, dass ein Dokument dann, wenn sich dessen formgerechte Zustellung nicht nachweisen lässt oder es unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen ist, als in dem Zeitpunkt zugestellt gilt, in dem es dem Empfangsberechtigten tatsächlich zugegangen ist. Dieser Zeitpunkt ist hier jedoch allerspätestens mit dem 19. September 2017 anzusetzen, da bei der Übersendung des Widerspruchsbescheides von Zustellungswille auf Seiten des Beklagten ausgegangen werden kann, nachdem auf dem Widerspruchsbescheid ausdrücklich ein sog. „Post-ab-Vermerk“ angebracht worden ist, und da dann spätestens am 19. September 2017 der Kläger die Klagebevollmächtigten mit der Klageerhebung beauftragt und dazu den Widerspruchsbescheid vorgelegt haben muss. Seit dem 19. September 2017 bis zum 28. Dezember 2017 sind jedoch erheblich mehr als ein Monat vergangen.
Mithin kann die Klage gegen die Festsetzungsbescheide vom 1. Mai 2015 und 1. April 2016 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 – schon mangels Zulässigkeit nicht zum Erfolg führen. Dazu sei hilfsweise noch ergänzt, dass die Klage auch insoweit aus den nachfolgend unter 2. dargelegten Gründen in der Sache als unbegründet abzuweisen wäre.
2. Die Anfechtung des Festsetzungsbescheides vom 3. Januar 2016 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2017 – greift nicht durch, weil dieser Bescheid den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte behandelt den Kläger insoweit zu Recht als Beitragsverpflichteten für die Wohnung X-Straße in … Dies ergibt sich hier jedenfalls daraus, dass seit 1. Januar 2013 aufgrund des an diesem Tag in Kraft getretenen 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrag (GVBl. 2011, S. 258, ber. S. 404) für die Erhebung des wohnungsbezogenen Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (u.a.) § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) gilt, wonach als Inhaber einer Wohnung (und damit als Rundfunkbeitragspflichtiger nach § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 RBStV) jede Person vermutet wird, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist. Unstreitig war aber der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum März bis November 2015 unter der Adresse X-Straße in … meldeamtlich gemeldet. Zwar ist die Vermutung des § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV widerlegbar, jedoch greift zur Überzeugung der Kammer insoweit § 6 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung), und zwar unabhängig davon, ob diese hier insoweit in der Fassung vom 19. Dezember 2012 (StAnz Nr. 51-52/2012) oder in der Fassung vom 5. Dezember 2016 (StAnz Nr. 51-52/2016) zur Anwendung gelangt. Demnach kann der Bayerische Rundfunk (oder die gemeinsame Stelle der Landesrundfunkanstalten nach § 2 Rundfunkbeitragssatzung) nämlich das Erbringen eines Nachweises für die Widerlegung der Vermutung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV verlangen (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 Rundfunkbeitragssatzung) und ein solcher Nachweis ist durch Urkunden zu erbringen, und zwar im hier einschlägigen Fall des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Rundfunkbeitragssatzung durch insbesondere eine Meldebescheinigung der Meldebehörde (§ 6 Abs. 2 Satz 3 Alt. 2 Rundfunkbeitragssatzung). Diese Regelung findet ihre zureichende Ermächtigungsgrundlage in § 9 Abs. 2 Nr. 3 RBStV, wodurch die zuständige Landesrundfunkanstalt (u.a.) ermächtigt wird, Einzelheiten des Verfahrens der Erfüllung von Auskunfts- und Nachweispflichten durch Satzung zu regeln, und begegnet auch keinen sonstigen durchgreifenden Rechtmäßigkeitszweifeln. Die dementsprechend hier erforderliche Widerlegung mittels Urkunde/n ist dem Kläger aber nicht gelungen, und zwar ohne dass es darauf ankommt, ob der Widerlegungsnachweis nur mittels meldeamtlicher Urkunden oder auch durch sonstige Urkunden geführt werden kann (vgl. dazu näher VG Würzburg, U.v. 17.1.2019 – W 3 K 17.1235 – juris, m.w.N.). Der Kläger konnte nämlich bereits keine zumindest grundsätzlich geeignete Urkunde vorweisen – der einzig vorgelegte Mietvertrag vom 2. Juni 2013 betrifft schon einen weit vor dem streitgegenständlichen Zeitraum liegenden Zeitraum -, und die gemachten Zeugenangebote sind wie gezeigt bereits von vornherein unbehelflich. Darüber hinaus fiele dem Kläger zusätzlich noch zur Last, dass sich jemand rechtsgrundsätzlich auch in anderer Hinsicht (also hier: rundfunkbeitragsrechtlich) an dem festhalten lassen muss, was er in einer Hinsicht bereits verbindlich nach außen kundgetan hat (meldeamtliche Meldung der Adresse X-Straße in … … als Hauptwohnung), wobei er im vorliegenden Fall insbesondere auch noch von Seiten des Beklagten ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass seine Rundfunkbeitragsverpflichtung auf seiner meldeamtlichen Anmeldung beruht (Schreiben des Beitragsservice vom 21. Oktober 2014), und er dennoch an dieser Anmeldung nichts geändert hat und sie auch für den streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2015 beibehalten hat. Hinzu kommt noch, dass der Kläger auch vom Tatsächlichen her als Geschäftsführer der … GmbH damals ohne weiteres mindestens die jederzeitige Zugriffs- und Benutzungsmöglichkeit bezüglich der Wohnung in dem Anwesen X-Straße in … hatte.
3. Erfolgreich ficht der Kläger jedoch den Festsetzungsbescheid des Beklagten vom 1. September 2017 – in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Februar 2018 – an (streitgegenständlicher Zeitraum: März und April 2016); insoweit wird er, wie von § 113 Abs. 1 VwGO gefordert, durch diese rechtswidrige Verbescheidung in seinen Rechten verletzt.
Mit dieser Verbescheidung hat der Beklagte für die betreffenden Monate ausstehende Rundfunkbeiträge (nebst Säumniszuschlag) ursprünglich bezogen auf die Wohnung Y-Straße, …, festgesetzt und dies dann, da für die Monate März und April 2016 eine meldeamtliche Anmeldung – worauf der Beklagte konsequenterweise durchgehend abgestellt hat – für diese Wohnung fehlt, sondern nur für die Wohnung X-Straße, … vorliegt, im Widerspruchsbescheid dahingehend „geändert“, Rundfunkbeiträge bezogen auf die Wohnung X-Straße, …, festzusetzen.
Dieser so abgeänderte Inhalt des Festsetzungsbescheides vom 1. September 2017 könnte aber, nachdem der Beklagte deswegen auch gleichzeitig den Widerspruch insoweit zurückgewiesen hat, nur im Wege einer Umdeutung im Sinne von Art. 47 BayVwVfG rechtmäßig zustande gekommen sein, da der Beklagte dabei im Widerspruchsbescheid den Regelungsgegenstand des Ausgangsbescheides überschritten hat. Zum Regelungsgegenstand eines solchen Festsetzungsbescheides gehört nämlich dessen konkreter Wohnungsbezug (X-Straße, bzw. Y-Straße, …). Dieser Bezug macht hier aber zugleich das Wesen eines derartigen Bescheides aus, weshalb damit die Möglichkeit der Umdeutung wiederum ausscheidet und im Endergebnis die streitgegenständliche belastende Verbescheidung den Kläger in seinen Rechten verletzt.
Nach der jedenfalls ihrem Rechtsgedanken nach durchaus grundsätzlich anwendbaren Vorschrift des Art. 47 Abs. 1 BayVwVfG kann nämlich ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt (nur) dann umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist. Dies bedeutet, dass es zwar keiner vollständigen inhaltlichen Identität bedarf, jedoch wesentliche Unterschiede bei einer ex-post-Betrachtung des Verwaltungsaktes eine Umdeutung ausschließen, was unter anderem dann anzunehmen ist, wenn die der Entscheidung zugrunde liegenden Lebenssachverhalte nicht identisch sind (vgl. Schwarz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl. 2016, § 47 Rn. 14), bzw. dass eine Umdeutung dann nicht zulässig ist, wenn der Verwaltungsakt durch die Umdeutung in seinem Wesen geändert würde (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 47 Rn. 22). Eine solche mangelnde gleiche Zielgerichtetheit liegt hier aber vor. Denn gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist „im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten“; es ist damit für die Rundfunkbeitragserhebung zwingend vorgegeben ein konkreter Wohnungsbezug, es heißt dort gerade nicht, dass jemand zum Rundfunkbeitrag herangezogen wird, weil er irgendeine Wohnung (sc. im Bundesgebiet oder zumindest im Sendegebiet der jeweiligen Landesrundfunkanstalt) innehat. Dieser Bezug auf die konkrete Wohnung und dessen Wesentlichkeit erhellt sich u.a. auch daraus, dass nur so bestimmbar ist, für welche Wohnung auf einen solchen Bescheid der Rundfunkbeitrag entrichtet wird, wovon wiederum unter anderem abhängt, ob etwaige Gesamtschuldner des in § 2 Abs. 3 RBStV ergänzend statuierten Gesamtschuldverhältnisses durch die Zahlung von ihrer Beitragsschuld befreit werden. Die Bedeutung des Wohnungsbezugs für die Rundfunkbeitragserhebung im privaten Bereich erschöpft sich nicht darin, abstrakter Anknüpfungspunkt für den Vorteilsausgleich zu sein, sondern die Beitragserhebung im privaten Bereich ist folglich in § 2 RBStV ausdrücklich so konzipiert worden, dass es entscheidend darauf ankommt, auf welche genau bestimmte Wohnung sich die Beitragspflichtigkeit und die Beitragserhebung beziehen.
Einer nachträglichen „Auswechslung“ der in Bezug genommenen konkreten Wohnung im Rechtsbehelfsverfahren – wie hier – ist damit aber der rechtliche Boden entzogen und die streitgegenständliche Verbescheidung auf die Klage hin aufzuheben (so im Ergebnis auch VG Neustadt/Weinstraße, U.v. 23.1.2019 – 5 K 391/18.NW – juris, Rn. 28ff.; in diese Richtung ebenfalls VG Leipzig, U.v. 26.9.2018 – 1 K 582/18 – juris, Rn. 56ff.; a.A. VG Schleswig, B.v. 29.6.2018 – 4 B 35/18 – juris, Rn. 33ff sowie VG Freiburg, U.v. 24.5.2018 – 9 K 2889/16 – juris, Rn. 64). Dies gilt auch ungeachtet dessen, dass die Umdeutung im vorliegenden Fall nicht vom Gericht, sondern von der Widerspruchsbehörde, und zwar hier auch noch durch eine mit der Ausgangsbehörde identische Widerspruchsbehörde vorgenommen worden ist, weil dadurch, wie gezeigt, der maßgebliche Regelungsgehalt des Ausgangsbescheides als Gegenstand des Rechtsbehelfsverfahrens überschritten wird.
II.
Die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 1 VwGO erfolgt bei alledem gemäß § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO nach dem Verhältnis des jeweiligen Obsiegens und Unterliegens, das hier unter Bezugnahme auf die jeweiligen streitgegenständlichen Festsetzungszeiträume mit 15/17 zulasten des Klägers und 2/17 zulasten des Beklagten zu bewerten ist.
Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf § 167 Abs. 1 und Abs. 2 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Berufung war hier gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da sich vorliegend nicht nur schon die grundsätzliche Frage der Ausgestaltung der Widerlegungsmöglichkeit hinsichtlich der Vermutung des § 2 Abs. 2 Satz 2 RBStV stellt, sondern insbesondere auch die Frage der Möglichkeit einer nachträglichen Auswechslung der in Bezug genommenen Wohnung bei einem Rundfunkbeitragsfestsetzungsbescheid (mittels Umdeutung) aufgeworfen ist, wozu soweit ersichtlich differierende erstinstanzliche Verwaltungsgerichtsrechtsprechung, aber noch keine obergerichtliche vorliegt.


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