IT- und Medienrecht

Benutzungsgebühren für Gemeinschaftsunterkünfte ausländischer Flüchtlinge

Aktenzeichen  B 4 K 17.821

Datum:
19.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10912
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 55a, § 58, § 74 Abs. 1, § 81 Abs. 1
BayKG Art. 5 Abs. 3, Art. 21
BayVwVfG Art. 41 Abs. 2 S. 3
AsylbLG § 3 Abs. 2 S. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 6. September 2017 für den Abrechnungszeitraum Februar 2016 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch den Kläger durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v.H. des zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

I.
Über die Klage kann gem. § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten hierzu mit Schriftsätzen vom 30. Januar 2020 bzw. 11. Februar 2020 ihr Einverständnis erklärt haben.
II.
Die Klage ist zulässig (1.) und begründet (2.).
1. Die vom Kläger erhobene Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist zulässig, insbesondere nicht verfristet, da die einmonatige Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO aufgrund einer dem streitgegenständlichen Bescheid beigefügten unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung:nicht zu laufen begann.
1.1 Der streitgegenständliche Gebührenbescheid vom 6. September 2017 wurde ausweislich des in den Behördenakten befindlichen Postaufgabevermerks am 7. September 2017 an den Kläger mit einfachen Brief verschickt, weshalb er als am 10. September 2017 bekanntgegeben gilt (Art. 41 Abs. 2 Satz 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz – BayVwVfG). Die Kammer kann dahinstehen lassen, ob im vorliegenden Fall Art. 41 Abs. 2 Satz 3 BayVwVfG Anwendung findet, da der Kläger in seiner Klageschrift vom 13. Oktober 2017 selbst angab, den Bescheid vom 6. September 2017 tatsächlich erst am 11. September 2017 erhalten zu haben. Selbst wenn man den letztgenannten Bekanntgabezeitpunkt zugrunde legt, wäre die einmonatige Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO) spätestens am 11. Oktober 2017 abgelaufen (§ 57 Abs. 2 VwGO, § 222 Abs. 1 Zivilprozessordnung – ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB). Die Klage selbst ging aber erst am 16. Oktober 2017 beim Gericht ein. Maßgeblich ist insoweit der Eingang bei Gericht, vgl. § 81 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
1.2 Die einmonatige Klagefrist ist jedoch nicht angelaufen, da die dem Bescheid beigefügte Rechtsbehelfsbelehrung:unrichtig war (§ 58 Abs. 1 VwGO). Der Kläger kann daher innerhalb eines Jahres Klage erheben (§ 58 Abs. 2 VwGO).
1.2.1 Gemäß § 58 Abs. 1 VwGO ist der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch zu belehren. Grundsätzlich ist eine Belehrung über die Form der Einlegung des Rechtsbehelfs daher nicht erforderlich, da dies nicht zu dem sich aus § 58 Abs. 1 VwGO ergebenden zwingenden Inhalt einer Rechtsbehelfsbelehrung:gehört (vgl. statt vieler BVerwG, U.v. 29.8.2018 – 1 C 6.18 – juris Rn. 13). Damit handelt es sich bei dem Hinweis auf die Form der Einlegung des Rechtsbehelfs um einen Zusatz, der den Anforderungen des § 58 Abs. 1 VwGO entspricht, wenn er keinen unzutreffenden oder irreführenden Inhalt hat, der generell geeignet ist, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen und/oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen, und ihn dadurch davon abhalten kann, das Rechtsmittel überhaupt, rechtzeitig oder in der rechten Weise einzulegen (st. Rspr., vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2018, a. a. O., Rn. 15; B.v. 3.3.2016 – 3 PKH 5.15 – juris Rn. 6; B.v. 31.8.2015 – 2 B 61.14 – juris Rn. 8). Es kommt dabei nicht darauf an, ob der zu beanstandende Zusatz der Belehrung im konkreten Fall tatsächlich einen Irrtum hervorgerufen und dazu geführt hat, dass das Rechtsmittel nicht oder nicht rechtzeitig eingelegt worden ist. Es genügt, dass der irreführende Zusatz objektiv geeignet ist, die Rechtsmitteleinlegung zu erschweren. Das dient der Rechtsmittelklarheit. Indem § 58 VwGO seine Rechtsfolgen allein an die objektiv feststellbare Tatsache des Fehlens oder der Unrichtigkeit der Belehrung knüpft, gibt die Vorschrift sämtlichen Verfahrensbeteiligten gleiche und zudem sichere Kriterien für das Bestimmen der formellen Rechtskraft an die Hand (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 3 C 23.08 – juris Rn. 17). Dabei ist darauf abzustellen, wie ein Empfänger die Erklärung bei objektiver Würdigung verstehen konnte (vgl. BVerwG, U.v. 29.8.2018, a. a. O., Rn. 15).
1.2.2 Gemessen daran ist nach Auffassung der Kammer der Hinweis, dass die Klage „schriftlich oder zur Niederschrift“ erhoben werden kann, zu beanstanden, da der Kläger nicht gleichzeitig auch auf die Möglichkeit einer elektronischen Klageerhebung hingewiesen wurde.
Nach den zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses geltenden Bestimmungen war es rechtlich möglich, eine Klage in elektronischer Form bei den bayerischen Verwaltungsgerichten einzureichen (§ 55a Abs. 1 VwGO in der Fassung Gesetz zur Durchführung der Verordnung [EU] Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG [eIDAS-Durchführungsgesetz] vom 18. Juli 2017 [BGBl. I S. 2745) ] i.V.m. § 1 Satz 2 der am 31.12.2017 außer Kraft getretenen Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr in der Verwaltungsgerichtsbarkeit [E-Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungsgerichte – ERVV VwG] vom 1. April 2016 [GVBl. S. 69] zuletzt geändert durch die Verordnung zur Änderung der E-Rechtsverkehrsverordnung Verwaltungsgerichte vom 15. März 2017 [GVBl. S. 63]).
In der Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Zusatz in einer Rechtsbehelfsbelehrung:, der Rechtsbehelf könne schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle erhoben werden, ohne den Hinweis auch auf die Möglichkeit, die Klage elektronisch zu erheben, geeignet ist, die Rechtsmitteleinlegung zu erschweren.
Nach einer Auffassung muss nicht auf die Möglichkeit der Erhebung einer verwaltungsgerichtlichen Klage mittels elektronischer Datenübermittlung hingewiesen werden, weil diese Form bisher wenig verbreitet sei und besonderen Voraussetzungen und Umständen unterliege. Die elektronische Klageerhebung unterscheide sich von herkömmlichen Formen der Klageerhebung durch Zugangsvoraussetzungen, die gerade nicht jedermann offen stünden. Der elektronische Rechtsverkehr sei daher kein leicht zugänglicher und unkomplizierter Weg zur Klageerhebung. Er bedeute für denjenigen, der sich mit der Anwendung des Verfahrens nicht vertraut gemacht habe, keine erhebliche Vereinfachung gegenüber der Einreichung eines Schriftstücks durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten, per Post oder Fax oder der Erhebung der Klage zur Niederschrift. Insbesondere auch im Verhältnis zur Klageerhebung per Fax, auf die nicht gesondert hingewiesen werden müsse, stelle er keine Vereinfachung des Rechtsschutzzugangs dar. Wegen der besonderen Bedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs sei das Fehlen eines Hinweises auf ihn generell nicht geeignet, die Einlegung des Rechtsmittels zu beeinträchtigen. Ohne weitere Hinweise auf Einzelheiten, insbesondere das Erfordernis einer elektronischen Signatur, könne ein entsprechender Hinweis den Rechtsschutzsuchenden womöglich sogar davon abhalten, rechtzeitig schriftlich oder zur Niederschrift Klage einzureichen. Soweit Verfahrensbeteiligte von dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach zur Vereinfachung von Verfahrensabläufen Gebrauch machen würden, werde zu Recht davon ausgegangen, dass sie derart in das Verfahren eingebunden und mit diesem vertraut seien, dass sie typischerweise nicht einem Irrtum über die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung unterliegen würden. Bei diesen Anwendern, die bewusst die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs bei sich geschaffen hätten, könne vorausgesetzt werden, dass ihnen bekannt sei, dass die in § 81 Abs. 1 VwGO vorgesehene Form der schriftlichen Klageerhebung oder der Klageerhebung zur Niederschrift durch die Übermittlung eines elektronischen Dokuments ersetzt werden könne. Der Zweck der Rechtsbehelfsbelehrung:, dem Beteiligten den richtigen und regelmäßigen Weg der Klageerhebung zu zeigen, dürfe nicht dadurch verwässert werden, dass die Rechtsbehelfsbelehrung:auch alle anderen Möglichkeiten, die das Gesetz zur Fristwahrung genügen lasse, aufzählen müsse. Die Rechtsbehelfsbelehrung:werde dadurch nicht übersichtlicher, sondern länger und verwirrend. Von daher müsse auf die Möglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form nicht gesondert hingewiesen werden (vgl. dazu, teilweise auch zum Parallelproblem der Belehrung über die Widerspruchseinlegung in elektronischer Form OVG Bremen, U.v. 8.8.2012 – 2 A 53/12.A; B.v. 25.8.2015 – 2 LB 283/14; VG Hannover, U.v. 18.5.2017 – 7 A 5352/16; VG Braunschweig, U.v. 16.12.2015 – 5 A 17/14; VG Magdeburg, U.v. 22.7.2014 – 7 A 482/12; VG Neustadt, U.v. 22.9.2011 – 4 K 540/11.NW; VG Frankfurt, U.v. 8.7.2011 – 11 K 4808/10.F; VG Berlin, B.v. 20.5.2010 – 12 L 253/10; abrufbar jeweils unter juris; vgl. auch Meissner/Schenk in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO Kommentar, Stand Juli 2019, § 58 Rn. 44). Dieser Sichtweise hat sich kürzlich auch das OVG Lüneburg (B.v. 30.9.2019 – 9 LB 59/17 – juris Rn. 49 ff.) angeschlossen und argumentiert, der Hinweis, die Klage könne schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten des Gerichts erhoben werden, entspreche der gesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 1 VwGO. Eine mit den gesetzlichen Vorgaben harmonierende Belehrung könne daher nicht unrichtig oder irritierend sein. Die durch die Einfügung des § 55a VwGO rechtlich ermöglichte elektronische Übermittlung der Klage stelle keine eigenständige Form der Klageerhebung dar, die neben den in § 81 Abs. 1 VwGO genannten trete. Vielmehr handle es sich lediglich um eine weitere Übermittlungsmöglichkeit eines schriftlichen Dokuments mit der Folge, dass es sich auch bei einer elektronischen Übermittlung einer Klage um eine schriftliche Klageerhebung handle (ähnlich auch VG Schleswig-Holstein, U.v. 22.5.2019 – 4 A 640/17 – juris Rn. 36 ff.; VG Schwerin, U.v. 19.2.2019 – 4 A 1830/18 SN – juris Rn. 21 f.). Ansonsten hätte der Gesetzgeber nicht nur in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO die elektronische Form der Widerspruchseinlegung aufgenommen, sondern auch in der Parallelregelung für die Klageerhebung in § 81 Abs. 1 VwGO. Eines Hinweises auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung einer Klage bedürfte es demzufolge nicht.
Nach der Gegenauffassung ist das Fehlen des Hinweises auf die Möglichkeit einer elektronischen Klageerhebung generell geeignet, bei dem Adressaten einen Irrtum über die verschiedenen Möglichkeiten, den Formerfordernissen zu genügen, hervorzurufen. Die Annahme der Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:wird damit begründet, der Hinweis auf die Klageerhebung schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten sei nach dem objektiven Empfängerhorizont geeignet, den Eindruck zu erwecken, dass die Klage trotz bestehender Möglichkeit nicht in elektronischer Form erhoben werden könne. Die Verweisung auf das Erfordernis, den Rechtsbehelf schriftlich einzureichen, erschwere dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht gewollten Weise. Es sei durchaus denkbar, dass die Einlegung des Rechtsbehelfs in elektronischer Form – für den Beteiligten persönlich ebenso wie für dessen Bevollmächtigten – eine erhebliche Vereinfachung gegenüber der Einreichung eines Schriftstücks durch Einwurf in den Gerichtsbriefkasten, per Post bzw. Boten oder Fax darstelle (OVG Koblenz, U.v. 8.3.2012 – 1 A 11258/11; OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 2.2.2011 – 2 N 10.10; B.v. 3.5.2010 – 2 S 106.09; B.v. 22.4.2010 – 2 S 12.10; OVG Magdeburg, U.v. 24.11.2010 – 4 L 115/09; VG Magdeburg, U.v. 10.5.2012 – 4 A 261/11; VG Neustadt, U.v. 10.9.2010 – 2 K 156/10.NW; VG Koblenz, U.v. 24.8.2010 – 2 K 1005/09.KO; VG Potsdam, U.v. 18.8.2010 – 8 K 2929/09; VG Trier, U.v. 22.9.2009 – 1 K 365/09.TR; abrufbar jeweils über juris; vgl. auch Kluckert, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 58 Rn. 66). Auch wird darauf hingewiesen, dass die elektronische Kommunikation längst aus dem Status der „Exotik“ herausgewachsen sei und nach dem Willen des Gesetzgebers einen den seit jeher bekannten Formen der Rechtsbehelfseinlegung gleichgestellten Weg darstelle. Eine entsprechende Erweiterung der Rechtsbehelfsbelehrung:um diesen zusätzlichen dritten Weg stelle auch keine Überforderung des betroffenen Bürgers dar. Ihm blieben bei einer derartigen Fassung der Rechtsbehelfsbelehrung:daneben die seit alters her bekannten Wege offen, den Rechtsbehelf einzulegen (OVG Koblenz, U.v. 8.3.2012, a.a.O.; VG Trier, U.v. 22.9.2009, a.a.O.). Zudem richte sich die Rechtsbehelfsbelehrung:an alle Verfahrensbeteiligten und es dürfe nicht nur auf diejenigen Verfahrensbeteiligten abgestellt werden, die von der elektronischen Kommunikationsmöglichkeit am wenigsten Gebrauch machen dürften.
Die erkennende Kammer schließt sich der letztgenannten Auffassung an. Die im Beschluss des OVG Lüneburg vom 30.9.2019 (a.a.O.) aufgeführten Argumente hält die Kammer nicht für überzeugend. So findet die Aussage, bei der elektronischen Übermittlung einer Klage handle es sich nicht um eine eigenständige Form der Klageerhebung, vielmehr sei es lediglich eine weitere Übermittlungsmöglichkeit eines schriftlichen Dokuments, weder im Gesetz noch in den Gesetzesmaterialien eine Stütze. Der vom OVG Lüneburg im Beschluss vom 30.9.2019 (a.a.O.) unter Rn. 60 aufgeführten BT-Drucks. 17/12634, S. 25 lässt sich jedenfalls eine solche Aussage nicht entnehmen. Die zitierte Passage lautet: „Wird das elektronische Dokument weder qualifiziert elektronisch signiert noch auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht, ist die prozessuale Form nicht gewahrt. Ein solches Dokument ist, sofern die Verfahrensordnung Schriftform voraussetzt, nicht wirksam eingereicht.“ Daraus ergibt sich vielmehr, dass es neben schriftlichen Dokumenten auch elektronische Dokumente gibt, die unter bestimmten Voraussetzungen die prozessualen Anforderungen an eine wirksame Klageerhebung erfüllen. Nicht zuletzt spricht auch der Gesetzeswortlaut in § 55a Abs. 1 VwGO ausdrücklich von „elektronischen Dokumenten“, so dass die Aussage, bei der elektronischen Klageerhebung handle es sich nur um eine weitere Übermittlungsmöglichkeit eines schriftlichen Dokuments, nicht zutrifft. Letztlich muss eine elektronische Klageschrift, welche den Anforderungen des § 55a VwGO genügt, auch nicht ausgedruckt werden, um zu einer wirksamen Klageerhebung zu führen. Auch deshalb stellt die elektronische Klageerhebung keinen bloßen Unterfall der Schriftform dar, da es ein schriftliches Dokument, also eine verkörperte Gedankenerklärung in Form einer Urkunde (vgl. Aulehner, in: Sodan/Ziekow [Hrsg.], VwGO Kommentar, 5. Aufl. 2018, § 81 Rn. 50), überhaupt nicht mehr gibt (so auch Beckermann, NVwZ 2017, 745, 747 m.w.N.). Auch die Tatsache, dass der Gesetzgeber durch das Gesetz zur Einführung der elektronischen Akte in der Justiz und zur weiteren Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs vom 5. Juli 2017 (BGBl. I S. 2208) mit Wirkung vom 1. Januar 2018 in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO die Möglichkeit einer elektronischen Widerspruchserhebung eingefügt, § 81 Abs. 1 VwGO dagegen unverändert gelassen hat, spricht nicht gegen die Auffassung der Kammer (so aber OVG Lüneburg B.v. 30.9.2019, a.a.O., Rn. 58 f.). Da die Einreichung von elektronischen Dokumenten bereits in § 55a VwGO i.V.m. der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV) geregelt ist bzw. zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids durch § 55a VwGO in der damals gültigen Fassung i.V.m. den o.g. landesrechtlichen Verordnungen geregelt war, muss die zusätzliche Aufnahme der elektronischen Klageerhebung in § 81 Abs. 1 VwGO nicht erfolgen. Auch in § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO wäre die Aufnahme der Möglichkeit einer elektronischen Widerspruchseinlegung eigentlich nicht notwendig gewesen. Zwar gilt § 55a VwGO ausweislich seines Wortlauts nur für die Übermittlung elektronischer Dokumente an das Gericht, nicht jedoch an die Ausgangs- bzw. Widerspruchsbehörden im Widerspruchsverfahren. Jedoch war die elektronische Widerspruchseinlegung auch schon vor Änderung des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO möglich (vgl. Art. 79 i.V.m. Art. 3a Abs. 2 BayVwVfG bzw. die gleichlautenden Regelungen im VwVfG des Bundes). Die Ergänzung des § 70 Abs. 1 Satz 1 VwGO, welche erst aufgrund einer Empfehlung des zuständigen Ausschusses ins Gesetz aufgenommen wurde, wollte dies nur deklaratorisch klarstellen (so ausdrücklich BT-Drs. 18/12203, S. 87). Schließlich ergibt sich auch aus verschiedenen Bestimmungen, etwa aus § 58 Abs. 1 VwGO oder § 37 Abs. 2 VwVfG, in denen neben der Schriftform auch immer die elektronische Form erwähnt wird, dass ein elektronisches Dokument eben nicht nur eine weitere Übermittlungsmöglichkeit eines schriftlichen Dokuments darstellt, sondern als eigenständige dritte Form neben der schriftlichen Klageerhebung und der Erhebung der Klage zur Niederschrift des Urkundsbeamten tritt. Davon ging wohl auch der Beklagte aus, da er im Rahmen einer Verwaltungsvorschrift des Bayerischen Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 6. September 2016, Az. IA3-1042-1-7, zum Vollzug des Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung neue Rechtsbehelfsmuster veröffentlichte, die ausdrücklich neben der schriftlichen Klageerhebung und der Klageerhebung zur Niederschrift auch über die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung in einer für den Schriftformersatz zugelassenen Form belehren. Im Hinblick auf die elektronische Klageerhebung wird bezüglich weiterer Einzelheiten dann auf eine Internetseite verwiesen, so dass die Rechtsbehelfsbelehrung:- entgegen der Auffassung des OVG Lüneburg im Beschluss vom 30. September 2019 (a.a.O., Rn. 62) – nicht erheblich länger und verwirrender wird. Soweit das OVG Lüneburg im genannten Beschluss (a.a.O., Rn. 64 ff.) anführt, die elektronische Klageerhebung stelle sich im Vergleich zur herkömmlichen schriftlichen Klageerhebung bzw. zur Klageerhebung zur Niederschrift aufgrund der in § 55a VwGO genannten besonderen Zugangsvoraussetzungen als komplizierterer und schwer zugänglicher Weg der Klageerhebung dar, weshalb es ausgeschlossen sei, dass ein Kläger wegen der fehlenden Belehrung über die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung der Klage von einer Klageerhebung ganz absehen würde, ist dem entgegenzuhalten, dass es bei der Frage, ob ein irreführender Zusatz in einer Rechtsbehelfsbelehrung:nach § 58 Abs. 1 bzw. Abs. 2 VwGO vorliegt, ausdrücklich nicht auf einen konkreten Einzelfall bzw. auf einen konkreten Kläger ankommt, sondern auf die generelle Eignung dazu, einen Irrtum hervorzurufen (so auch Beckermann, NVwZ 2017, 745, 748). Es genügt, dass der irreführende Zusatz aufgrund des Grundsatzes der Rechtsmittelklarheit objektiv geeignet ist, die Rechtsmitteleinlegung zu erschweren. Damit steht der Hinweis des OVG Lüneburg im Beschluss vom 30. September 2019 (a.a.O., Rn. 70), dass Verfahrensbeteiligte, die von dem elektronischen Gerichts- und Verwaltungspostfach zur Vereinfachung der Verfahrensabläufe bereits Gebrauch machen, typischerweise keinem Irrtum über die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung unterliegen, da sie in das Verfahren eingebunden und mit diesem vertraut sind, nicht in Einklang. Dem OVG Lüneburg ist zwar zuzugeben, dass bei diesen Anwendern – typischerweise Rechtsanwälten – die bewusst die technischen Voraussetzungen für die Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs geschaffen haben bzw. schaffen mussten, vorausgesetzt werden kann, dass ihnen auch die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung bekannt ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts macht § 58 VwGO den Lauf der Fristen aber in allen Fällen von der Erteilung einer ordnungsgemäßen Belehrung abhängig, ohne Rücksicht darauf, ob den Betroffenen die Möglichkeit und die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Rechtsbehelfe tatsächlich unbekannt waren und ob das Fehlen oder die Unrichtigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung:kausal für das Unterbleiben oder die Verspätung des Rechtsbehelfs war (vgl. BVerwG, U.v. 30.4.2009 – 3 C 23.08 – juris Rn. 17 m.w.N.). Der Gedanke, dass derjenige, der seine Rechte kennt, einer Belehrung nicht bedürfe, ist dem Verwaltungsprozessrecht damit wesensfremd. Andernfalls müsste jede Entscheidung, die einem mandatierten Rechtsanwalt zugestellt wird, keine Rechtsbehelfsbelehrung:enthalten, da der Rechtsanwalt ja ohnehin rechtskundig ist (so auch Koch, jurisPR-ITR 15/2019 Anm. 4).
Aus den genannten Gründen geht die Kammer davon aus, dass die einmonatige Klagefrist im vorliegenden Fall aufgrund einer unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrung:gem. § 58 Abs. 1 VwGO überhaupt nicht zu laufen begann. Die Klage wurde innerhalb der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO und damit rechtzeitig erhoben. Auf die Frage, ob dem Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 60 VwGO zu gewähren ist, kommt es daher nicht mehr an.
2. Die Klage ist auch begründet. Der streitgegenständliche Gebührenbescheid ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
2.1 Rechtsgrundlage für die Gebührenerhebung ist Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG i.V.m § 21 Abs. 1 Satz 1, § 22 DVAsyl 2002 in der Fassung der Verordnung zur Änderung der Asyldurchführungsverordnung vom 13. April 2004 (GVBl. S. 126). Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 DVAsyl 2002 beträgt die Höhe der Gebühr für Unterkunft und Heizung für alleinstehende oder einem Haushalt vorstehende Personen monatlich 185,00 EUR und für Haushaltsangehörige monatlich 65,00 EUR. Nach Satz 2 der genannten Vorschrift sind bei alleinstehenden oder einem Haushalt vorstehenden Personen zu dem Betrag von 185,00 EUR zusätzlich 7,67 EUR für die Haushaltsenergie zu addieren. Diese in § 22 Abs. 1 DVAsyl 2002 enthaltenen pauschalierten Gebührensätze sind unwirksam, da sie nicht auf einer ordnungsgemäß vorgenommenen Gebührenkalkulation beruhen, mit der der Verordnungsgeber das vom Gesetzgeber eingeräumte Ermessen ordnungsgemäß ausgefüllt hätte.
Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG kann das zuständige Staatsministerium im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen Rechtsverordnungen erlassen über die Gebühren und Auslagen für die Inanspruchnahme öffentlicher Einrichtungen des Staates und anderer Stellen, die Aufgaben im staatlichen Auftrag wahrnehmen. Mit der DVAsyl 2002 wurden entsprechende Normen zur Gebührenerhebung für die Inanspruchnahme von Asylbewerberunterkünften gegenüber Personen, die nicht mehr dem Geltungsbereich des Asylbewerberleistungsgesetzes unterfallen, geschaffen (§§ 20, 21 DVAsyl 2002 i.V.m. Art. 1 AufnG).
Diese Regelungen unterliegen umfassender verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Die Verwaltungsgerichte können untergesetzliche Rechtsnormen, also Satzungen und Rechtsverordnungen, inzident auf ihre Wirksamkeit hin überprüfen (BayVGH, B.v. 21.7.2011 – 3 ZB 08.3206 – juris Rn. 4). Dies dient der Durchsetzung einer umfassenden Bindung der Verwaltung an Gesetz und Recht und wird nicht durch die Möglichkeit einer objektiven Normenkontrolle nach § 47 VwGO negiert.
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Beschluss vom 16. Mai 2018 (Az. 12 N 18.9) die Gebührentatbestände in der Nachfolgeregelung, die §§ 23, 24 DVAsyl 2016, für unwirksam erklärt. Auch sie wurden auf Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG gestützt und regelten die Gebühren für die Inanspruchnahme von Asylbewerberunterkünften. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entwickelt – nachdem er zunächst die grundsätzliche Zulässigkeit solcher Gebühren dargelegt hat (BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 65 ff.) – aus der überkommenen Rechtsprechung die Anforderungen, die von den aufgrund des Art. 21 Abs. 1 Satz 1 KG erlassenen Rechtsverordnungen zu erfüllen sind. Die in diesem Beschluss dargelegten Maßstäbe finden daher auch bei der hiesigen Überprüfung des § 22 DVAsyl 2002 Anwendung.
Nach Art. 21 Abs. 1 i.V.m Abs. 3 Satz 1 KG hat der Verordnungsgeber über die Höhe des Gebührensatzes innerhalb der gesetzlichen Schranken nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden. Auch wenn ihm insoweit ein Gestaltungsspielraum zukommt, darf er die Höhe der Gebühren nicht nach anderen Maßstäben als nach dem Aufwand der in Anspruch genommenen Einrichtung (Kostendeckungsprinzip) und nach der Bedeutung der Leistung für den Benutzer (Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und des Äquivalenzprinzips) bemessen (BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 71). Die Rechtssetzungsmacht des Verordnungsgebers ist nicht nur durch die Verfassung gebunden, sondern auch durch Inhalt, Zweck und Ausmaß der einfachrechtlichen Verordnungsermächtigung.
Voraussetzung für eine sachgerechte Ermessensausübung ist zunächst das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Gebührenkalkulation, aus der die kostendeckende Gebührensatzobergrenze hervorgeht. Sie wird ermittelt, indem die gebührenfähigen Kosten der öffentlichen Einrichtung(en) auf die potentiellen Benutzer nach Maßgabe des in der Verordnung vorgesehenen Gebührenmaßstabs verteilt werden (BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 72). Es begegnet daher keinen grundsätzlichen Bedenken, alle betriebswirtschaftlich ansatzfähigen staatlichen Aufwendungen eines Jahres für Gemeinschaftsunterkünfte ausländischer Flüchtlinge zusammen zu rechnen und die Summe durch die durchschnittliche Belegungszahl in diesem Jahr zu teilen. Ein Abstellen auf die einzelne Unterkunft ist nicht erforderlich; es genügt die Festlegung einer Einheitsgebühr für alle Einrichtungen insgesamt (BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 73). Nicht ansatzfähig sind die Kosten sogenannter Leerstände oder Überkapazitäten; diese fallen regelmäßig der Allgemeinheit zur Last, weil Art. 21 Abs. 3 Satz 1 KG die Erhebung nach dem Verwaltungsaufwand bemessener Benutzungsgebühren auf die Bedeutung der Leistung für den einzelnen Benutzer begrenzt. Diesen trifft keine Verantwortung dafür, dass die Allgemeinheit aus Gründen der Unterbringungsvorsorge mehr Kapazitäten vorhält als zur Befriedigung des aktuellen Bedarfs erforderlich wären. Ebenso wenig dürfen in die Bemessung der Benutzungsgebühren Kosten einberechnet werden, die nicht unterkunfts-, sondern personenbezogen sind. Aufwendungen, die durch die persönliche Betreuung der Asylbewerber und Asylberechtigten innerhalb der Einrichtung entstehen, können im Rahmen der Unterkunftskosten nicht berücksichtigt werden. Ähnliches gilt für die Kosten der Bewachung von Gemeinschaftsunterkünften und die Kosten für staatliche Bedienstete, denen der verwaltungsmäßige Vollzug der mit Einrichtung und Betrieb der Unterkünfte anfallenden Aufgaben obliegt (BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 74). Lag dem Normgeber vor der Festlegung des Gebührensatzes keine Gebührenkalkulation vor oder ist die unterbreitete Gebührenkalkulation in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, so hat dies die Ungültigkeit der Gebührensatzregelung zur Folge, weil das zuständige Rechtsetzungsorgan das ihm bei der Festsetzung der Gebührensätze eingeräumte Ermessen nicht rechtsfehlerfrei hat ausüben können. Dies ergibt sich vorliegend zwingend aus der in Art. 21 Abs. 3 Satz 1 Halbs. 2 KG für entsprechend anwendbar erklärten Regelung des Art. 5 Abs. 3 Satz 2 KG, wonach die festgelegten Gebührensätze regelmäßig daraufhin zu überprüfen sind, inwieweit sie noch den Ergebnissen der Kosten-/Leistungsrechnung, mit anderen Worten der Gebührenkalkulation, entsprechen und gegebenenfalls anzupassen sind. Dieser Anpassungspflicht kann der Verordnungsgeber nur genügen, wenn ihm von Anfang an, also bereits im Zeitpunkt des (erstmaligen) Verordnungserlasses eine Gebührenkalkulation in Form einer Kosten- und Leistungsrechnung vorliegt; denn andernfalls könnte in der Folge nicht überprüft werden, ob die Gebührenhöhe aufgrund einer Veränderung der Verhältnisse angepasst werden muss oder weiter fortbestehen kann. Das Vorliegen einer ordnungsgemäßen Gebührenkalkulation im Zeitpunkt der Ausübung des Rechtssetzungsermessens ist damit nicht lediglich Begründung und Motiv für den in der Verordnung festgelegten Gebührensatz; sie ist vielmehr Wirksamkeitsvoraussetzung für die Verordnung selbst. Benutzungsgebührenordnungen besitzen Normcharakter; sie müssen deshalb stets die vorherige Bestimmung der Gebühr – mit anderen Worten ihre Mess- und Überprüfbarkeit von Anfang an – ermöglichen (vgl. hierzu auch Stengel, in: Birkner/Rott/Stengel, Verwaltungskostenrecht in Bayern, Stand: 1. Juni 2017, Erl. 3c zu Art. 21 KG; BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 75).
2.2 Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die dem Bescheid vom 6. September 2017 zugrundeliegende Rechtsgrundlage unwirksam. Der bei der streitgegenständlichen Gebührenfestsetzung herangezogene § 22 DVAsyl 2002 beruht nicht auf einer ordnungsgemäßen vorherigen Gebührenkalkulation.
Aus der vom Beklagten vorgelegten Verordnungsbegründung ergibt sich, dass der Verordnungsgeber von tatsächlichen monatlichen Unterkunftskosten in Höhe von 222,38 EUR zum 31.12.2002 ausgeht. Erhoben werden hingegen 185,00 EUR als Gebühren. Eine ordnungsgemäße Gebührenkalkulation wird damit nicht vorgenommen. Zum einen ist für das Gericht nicht ansatzweise nachvollziehbar, wie der Verordnungsgeber auf die Summe von 222,38 EUR kommt. Eine nachprüfbare Gebührenkalkulation, aus der die Ergebnisse der Kosten-/Leistungsrechnungen (Ausgabepositionen) hervorgehen (vgl. Art. 21 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 KG), wurde trotz Aufforderung durch das Gericht vom Beklagten nicht vorgelegt (vgl. BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 92). Zum anderen geht aus der Verordnungsbegründung nicht nachvollziehbar hervor, weshalb vom ermittelten Betrag von 222,38 EUR genau 185,00 EUR als Unterkunftsgebühr angesetzt wurden. Der Verordnungsgeber zieht lediglich in pauschalierter Betrachtungsweise verschiedene Kosten vom genannten Betrag ab, die laut der Verordnungsbegründung nicht in die Gebührenkalkulation einfließen dürfen. Unter anderem werden z.B. Kosten für Flächen, die tatsächlich nicht der Unterbringung, sondern der Verwaltung dienen bzw. Kosten für Leerstände abgezogen. Dies entspricht zwar auch den oben genannten Maßstäben, gleichwohl geht aus der Verordnungsbegründung nicht der Anteil der auf die Flächen der Verwaltung entfallenen Kosten bzw. der Anteil der Kosten für Leerstände hervor. Vielmehr ergibt sich aus der Verordnungsbegründung eindeutig, dass die Trennung der jeweiligen Kosten nicht möglich sei. Auch wenn das Gericht davon ausgeht, dass auch pauschale Abschläge in einer Gebührenkalkulation möglich sind, müssen zumindest nachvollziehbare Anhaltspunkte (z.B. Gesamtzahl der vorhandenen Unterkünfte und durchschnittlicher Leerstand in der Kalkulationsperiode) für die Höhe der Abschläge vorliegen, um diese überhaupt einer Nachprüfung unterziehen zu können. Aus den vom Beklagten vorgelegten Unterlagen sind solche jedoch nicht ersichtlich.
Überdies ist weiterhin darauf hinzuweisen, dass die im streitgegenständlichen Gebührenbescheid ausgewiesene Unterkunftsgebühr in Höhe von monatlich 185,00 EUR über einen Zeitraum von mehr als zwölf Jahren nicht angepasst wurde, obwohl Art. 21 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 3 Satz 2 KG eine regelmäßige Überprüfung und Anpassung der Gebührensätze vorschreibt. Eine regelmäßige Gebührenkalkulation wäre schon deshalb nötig gewesen, da von vornherein nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Höhe der tatsächlich entstandenen Kosten zwischenzeitlich gesunken ist und so der Gebührensatz, der im Jahr 2002 zugrunde lag, mittlerweile als überholt angesehen werden muss. Durch die zwischenzeitlich geänderten Strukturen von Unterbringungseinrichtungen, die sich mittlerweile nicht mehr nur überwiegend in den Ballungsgebieten Oberbayerns und Mittelfrankens befinden, sowie der deutlichen Zunahme der unterzubringenden Personen im Jahr 2015 erscheint dies zumindest als möglich. Insoweit stellt der hier zugrundeliegende Betrag i.H.v. 185,00 EUR lediglich einen „gegriffenen Wert“ dar, mit dem der Verordnungsgeber das durch den Gesetzgeber eingeräumte Ermessen nicht ordnungsgemäß ausgefüllt hat. Die tatsächlich anfallenden und für den streitgegenständlichen Bescheid maßgeblichen aktuellen Kosten für den Betrieb der Asylbewerberunterkünfte werden nicht ansatzweise nachprüfbar erfasst.
Ähnliches gilt auch für die im streitgegenständlichen Bescheid festgesetzte Gebühr für Energie in Höhe von 7,67 EUR pro Monat. Für die Energiekosten übernimmt § 22 Abs. 1 Satz 2 DVAsyl 2002 laut der Verordnungsbegründung den Wert, der für den damals gültigen § 3 Abs. 2 Satz 2 AsylbLG festgelegt wurde. Gleichzeitig verlangt die Begründung selbst aber eine künftige Neufestsetzung dieses Betrags. Dies kann nur so verstanden werden, dass die tatsächlichen Energiekosten immer wieder neu zu prüfen sind und der Energiekostenbetrag neu zu bemessen ist. Eine regelmäßige Überprüfung dieses Betrags fand scheinbar aber nicht statt. Auch hier wurden aufgrund einer fehlenden Gebührenkalkulation nicht hinreichend die tatsächlichen Umstände ermittelt, die für die Gebührenberechnung und die anschließende Festsetzung nötig gewesen wären. Vielmehr findet eine pauschalierte Betrachtung ins Blaue hinein statt, die den oben dargelegten Maßstäben nicht genügt (vgl. auch BayVGH, B.v. 16.5.2018 – 12 N 18.9 – juris Rn. 92, der eine einrichtungsbezogene Umlegung der Energiekosten auf die Benutzer verlangt).
Im Ergebnis ist damit die Erhebung der Unterkunftsgebühr und der Gebühr für Haushaltsenergie ohne hinreichende Rechtsgrundlage erfolgt und damit rechtswidrig.
III.
Als unterliegender Teil trägt der Beklagte gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
IV.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage, ob in einer Rechtsbehelfsbelehrung:, die Angaben zur Form des einzulegenden Rechtsbehelfs macht, auch auf die Möglichkeit der elektronischen Klageerhebung hingewiesen werden muss, wird die Berufung gem. § 124a Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen.


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