IT- und Medienrecht

Beschwerde, Bescheid, Herausgabe, Amtsermittlungspflicht, Meinungsfreiheit, Antragsteller, Anspruch, Beschwerdeverfahren, Informationszugangsanspruch, Zeitpunkt, Vergleich, Drittanfechtungsklage, Feststellung, Antragsgegner, Zeitpunkt der Entscheidung, personenbezogene Daten, gerichtliche Entscheidung

Aktenzeichen  5 CS 19.2150

Datum:
13.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 49571
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 32 SN 19.1510 2019-10-01 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 1. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird unter Abänderung der erstinstanzlichen Festsetzung für beide Instanzen auf je 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, der eine Metzgerei in H. betreibt, wendet sich gegen die Übermittlung der Ergebnisse einer lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfung (im Folgenden: Kontrollberichte) an den Beigeladenen (im Folgenden auch: VIG-Antragsteller).
Im Januar 2019 beantragte der Beigeladene über die Internetplattform „…“ im Rahmen der Initiative „T.“ beim Antragsgegner Informationen über die beiden letzten lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen im Betrieb des Antragstellers. Für den Fall einer Beanstandung begehrte er zudem die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte, wobei er um Antwort in elektronischer Form bat. Der Antragsgegner hörte den Antragsteller mit Schreiben vom 5. Februar 2019 zur beabsichtigten Herausgabe an. Im Anhörungsschreiben hieß es, dass der Betrieb am 14. September 2016 und 15. November 2018 kontrolliert worden sei. Es sei beabsichtigt, die anliegenden Berichte über diese Kontrollen zu übermitteln. Der Antragsteller stimmte der Herausgabe nicht zu.
Mit Bescheid vom 14. März 2019 gab der Antragsgegner dem Antrag des Beigeladenen statt und kündigte die Herausgabe der entsprechenden Kontrollberichte an. Die Auskunft werde zehn Tage nach Zustellung des Bescheids im Rahmen einer schriftlichen Information erteilt. Dies wurde dem Antragsteller mit „Bescheid“ vom selben Tag, dem eine Kopie des an den Beigeladenen ergangenen Bescheids beigefügt war, mitgeteilt. Der Bescheid an den Antragsteller wurde mit Bescheid vom 26. März 2019 wieder aufgehoben, weil eine bloße Bekanntgabe des an den Beigeladenen gerichteten Bescheids ausreichend sei.
Der Antragsteller erhob gegen den an den Beigeladenen gerichteten Bescheid vom 14. März 2019 am 28. März 2019 Klage und beantragte zugleich die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Das Verwaltungsgericht München lehnte den Eilantrag mit Beschluss vom 1. Oktober 2019 ab. Hiergegen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde, in der er beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 1. Oktober 2019 die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den an den Beigeladenen adressierten Bescheid des Antragsgegners vom 14. März 2019 anzuordnen, die Vollziehung des Bescheids auszusetzen und dem Antragsgegner die Informationsveröffentlichung zu untersagen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er hat mit Schriftsatz vom 3. Februar 2020 vorgetragen, dass das streitbefangene Ergebnisprotokoll hinsichtlich der Verstöße, die bei den beiden letzten Kontrollen festgestellt und im ursprünglichen Kontrollbericht festgehalten worden seien, nunmehr mit Rechtsgrundlagen versehen worden sei. Der vom Antragsteller beanstandete Hinweis auf § 3 Satz 1 LMHV sei gestrichen worden. Es sei beabsichtigt, diesen geänderten Kontrollbericht an den Beigeladenen herauszugeben. Der geänderte Kontrollbericht werde den Bevollmächtigten des Antragstellers direkt übermittelt. Der Beigeladene hat sich nicht zum Verfahren geäußert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
1. Die zulässige Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 1. Oktober 2019 bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage nach § 80a Abs. 3 Satz 2, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO zu Recht mit der Begründung abgelehnt, dass der Hauptsacherechtsbehelf des Antragstellers keinen Erfolg haben kann (dazu a) und auch eine Interessenabwägung zu keinem anderen Ergebnis führt (dazu b). Die vom Antragsteller fristgerecht dargelegten bzw. ergänzten Beschwerdegründe, die gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO den Prüfungsrahmen für den Senat bilden, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a) Für die Frage, ob das Eilrechtsschutzbegehren des Antragstellers gegen die Herausgabe der gewünschten Information Erfolg hat, kommt es nicht auf die Verhältnisse bei Erlass des angegriffenen Bescheids im März 2019, sondern auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung im Beschwerdeverfahren an. Insoweit sind nicht die (zufälligen bzw. durch die gesetzliche Konstruktion vorgegebenen) prozessualen Beteiligtenrollen – hier in Gestalt der Drittanfechtungsklage bzw. des Eilantrags nach § 80a Abs. 3 VwGO – maßgebend, sondern das zugrunde liegende materielle Recht (stRspr; vgl. nur BVerwG, U.v. 29.1.2009 – 4 C 16.07 – BVerwGE 133, 98 Rn. 11). Da der Informationszugangsanspruch des Beigeladenen den sachlichen Kern des Rechtsstreits bildet, ist somit zu prüfen, ob dieser Anspruch zum Zeitpunkt der Senatsentscheidung (noch) besteht (so auch VGH BW, B.v. 13.12.2019 – 10 S 1891/19 – juris Rn. 5). Eine „Meistbegünstigungsregel“ wie in baurechtlichen Drittkonstellationen, wo ein einmal entstandener Anspruch des Bauherrn wegen Art. 14 Abs. 1 GG grundsätzlich fortbesteht, gibt es mangels vergleichbarer grundrechtlicher Unterfütterung der Auskunftsbegehrens nicht. Damit sind etwaige Änderungen der Sach- und Rechtslage nach Erlass des angegriffenen Bescheids vom Gericht zu berücksichtigen. Soweit solche neuen Umstände erst während des Beschwerdeverfahrens eingetreten sind, können sie vom Beschwerdeführer auch nach dem Ablauf der Begründungsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO geltend gemacht werden (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 146 Rn. 19, 29; näher Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 10 ff. m.w.N.). Dies hat der Antragsteller hier getan, indem er sich auf die am 14. Dezember 2019 in Kraft getretene VO (EU) Nr. 2017/625 beruft. Die dazu vorgetragenen Gründe hat der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO ebenfalls zu prüfen.
b) Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage zu Recht abgelehnt. Zwar ist der Eilantrag – ebenso wie die in der Hauptsache erhobene Anfechtungsklage – zulässig. Aufgrund der dem Antragsteller mitgeteilten Ergänzung bzw. Änderung der Rechtsgrundlagen in den Kontrollberichten hat der Antragsteller zu Recht, wie von ihm mit Schriftsatz vom 20. März 2020 mitgeteilt, seine Klage beim Verwaltungsgericht gegen den Bescheid vom 14. März 2019 in der nunmehr modifizierten Form gerichtet und gleichzeitig in zulässiger Weise an der Beschwerde festgehalten, weil seinen Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des streitgegenständlichen Bescheids nur zu einem ganz geringen Teil Rechnung getragen wurde. Anlass, die Zulässigkeit der Beschwerde nach § 146 Abs. 4 VwGO wegen der geringfügigen Änderung der Kontrollberichte „zugunsten des Antragstellers“ infrage zu stellen, sieht der Senat wegen des Gebots des effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 GG und des gleichzeitigen Gebots rascher Informationsgewährung nach dem Verbraucherinformationsgesetz im Einklang mit den Parteien nicht. Die Klage ist jedoch aller Voraussicht nach unbegründet, weil sich der auf das Verbraucherinformationsgesetz gestützte Bescheid auch zum jetzigen Zeitpunkt als rechtmäßig erweist. Der Anwendungsbereich des Gesetzes ist eröffnet (aa). Der Beigeladene ist anspruchsberechtigt; sein Begehren ist nicht rechtsmissbräuchlich (bb). Das Verwaltungsgericht hat die sachlichen Anspruchsvoraussetzungen zutreffend bejaht, ohne die Kontrollberichte in Augenschein zu nehmen (cc). Ausschluss- und Beschränkungsgründe greifen nicht ein (dd). Die Informationsgewährung verstößt nicht gegen Grundrechte des Antragstellers, auch wenn der Beigeladene die erlangten Informationen weiterverwenden sollte (ee). Die Art und Weise des Informationszugangs ist nicht zu beanstanden (ff). Unionsrechtliche Vorgaben können dem Auskunftsanspruch nicht entgegengehalten werden (gg).
aa) Der geltend gemachte Informationszugangsanspruch stützt sich auf das Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (Verbraucherinformationsgesetz – VIG), das im Streitfall Anwendung findet.
(1) Der Anwendungsbereich des Verbraucherinformationsgesetzes ist nicht durch die in § 1 VIG umschriebene Zweckbestimmung gesperrt. Der Einwand des Antragstellers, Informationen allgemeiner Art wie die streitgegenständlichen Kontrollberichte seien mangels Produktbezugs nicht erfasst, ist durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts überholt. Wie das Revisionsgericht im Anschluss an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U.v. 16.2.2017 – 20 BV 15.2208 – LRE 74, 122 = juris Rn. 37) entschieden hat, ist der – weit auszulegende – Informationsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nicht auf produktbezogene Informationen beschränkt (BVerwG, U.v. 29.8.2019 – 7 C 29.17 – NJW 2020, 1155 Rn. 24 ff.). Das Informationszugangsrecht erfasst nicht nur konkrete Erzeugnisse oder Verbraucherprodukte, von denen möglicherweise Gesundheitsgefahren ausgehen, sondern auch Vorgänge wie die Herstellung, Erzeugung, Lagerung und Lieferung von Produkten.
(2) Soweit sich der Antragsteller nunmehr darauf beruft, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in diesem Zusammenhang zitierte Kontrollverordnung (EG) Nr. 882/2004 mit Ablauf des 13. Dezember 2019 außer Kraft getreten ist, gebietet der unionsrechtliche Kontext kein einengendes Normverständnis des Verbraucherinformationsgesetzes. Wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, lässt sich Art. 7 VO (EG) Nr. 882/2004 nichts dafür entnehmen, dass Informationen über Betriebskontrollen und Beanstandungen der Geheimhaltungspflicht unterliegen und nur Informationen über Gesundheitsgefahren zugänglich gemacht werden dürfen (BVerwG, a.a.O., Rn. 26, 55). Diese Zweckbestimmung findet sich auch in der Nachfolgeverordnung (EU) Nr. 2017/625 („neue EU-Kontrollverordnung“) wieder, wie etwa der Vergleich ihres Erwägungsgrunds Nr. 13 mit dem vom Bundesverwaltungsgericht herangezogenen Erwägungsgrund Nr. 4 der VO 882/2004 zeigt. Im Übrigen lassen die inhaltlichen Vorgaben der neuen EU-Kontrollverordnung das Informationszugangsrecht nach dem Verbraucherinformationsgesetz unberührt (vgl. dazu unten gg).
bb) Der Beigeladene ist anspruchsberechtigt, ohne dass ihm der Verweigerungsgrund des Rechtsmissbrauchs entgegengehalten werden könnte.
(1) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 VIG hat „jeder“ nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu den dort näher bezeichneten Informationen. Nach Wortlaut und Entstehungsgeschichte ist dieser Anspruch ein voraussetzungslos ausgestaltetes Jedermannsrecht, das nicht von der Verbrauchereigenschaft abhängt (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 14 ff.). Er steht dem beigeladenen VIG-Antragsteller, einer natürlichen Person, ohne Weiteres zu. Soweit der Antragsteller dem Beigeladenen die Anspruchsberechtigung absprechen möchte, weil er als Strohmann ohne Eigeninteresse agiere, ist dem nicht zu folgen. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (a.a.O., Rn. 26 ff.) ausgeführt hat, zielt das Verbraucherinformationsgesetz gerade auf die Gewährleistung eines weiten Informationszugangs ab. Einzelpersonen sollen nicht nur eine informierte Konsumentscheidung treffen, sondern zugleich als Sachwalter des Allgemeininteresses fungieren können (BVerwG, a.a.O., Rn. 15; vgl. bereits BayVGH, B.v. 6.7.2015 – 20 ZB 14.977 – juris Rn. 11). Auf eine etwaige Strohmann-Eigenschaft kommt es ebenso wenig an wie auf die Frage, ob die im Hintergrund stehende Informationskampagne „TopfSecret“ den Schutz der Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG genießt. Der Informationszugangsanspruch ist auf § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG und nicht auf Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gestützt.
(2) Der Versagungsgrund des Rechtsmissbrauchs nach § 4 Abs. 4 Satz 1 VIG, der insbesondere bei überflüssigen Anfragen (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2 VIG) oder querulatorischen Begehren zum Tragen kommt, ist bei Antragstellungen im Rahmen einer Kampagne Dritter ebenfalls nicht einschlägig (so auch VGH BW, a.a.O., Rn. 29; NdsOVG, B.v. 16.1.2020 – 2 ME 707/19 – juris Rn. 14; OVG NW, B.v. 16.1.2020 – 15 B 814/19 – juris Rn. 31 ff.; offen gelassen von OVG RP, B.v. 15.1.2020 – 10 B 11634/19 – juris Rn. 6). Dabei kann dahinstehen, ob § 4 Abs. 4 VIG drittschützend ist oder nur dem Allgemeininteresse an einer funktionierenden Verwaltung dient (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 21 ff.). Eine kampagnenartige Weiterverwendung der Information ist im Verbraucherinformationsgesetz gerade angelegt und entspricht dessen Zielsetzung. Ein Verfassungsverstoß liegt darin nicht (vgl. dazu unten ee), so dass es auch der im Schrifttum (Gärditz, LMuR 2020, 62/67 f.) angemahnten verfassungskonformen Auslegung der Missbrauchsklausel des § 4 Abs. 4 VIG nicht bedarf. Eine Suche nach der „wahren“ Motivlage, die der Ausübung eines dem Antragsteller nach dem Gesetz zustehenden Rechts zugrunde liegt, findet in der Judikatur zum Rechtsmissbrauch keine Stütze (vgl. BVerwG, B.v. 17.7.2019 – 3 BN 2.18 – NVwZ-RR 2019, 1027 Rn. 15 ff. zur Frage einer rechtsmissbräuchlichen Antragstellung im Normenkontrollverfahren).
cc) Neben den persönlichen sind auch die sachlichen Anspruchsvoraussetzungen erfüllt. Die streitgegenständlichen Kontrollberichte zu lebensmittelrechtlichen Betriebsprüfungen enthalten Daten über „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“. Dass die Kontrollberichte tauglicher Gegenstand des Informationszugangsanspruchs sind, lässt sich auch ohne Kenntnis von deren Inhalt feststellen.
(1) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG bezieht sich der Zugangsanspruch auf alle Daten über behördlich „festgestellte nicht zulässige Abweichungen“ von bestimmten (lebensmittel-)rechtlichen Anforderungen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals inzwischen geklärt. Der Begriff der „nicht zulässigen Abweichung“, der das frühere Merkmal des „Verstoßes“ abgelöst hat, erfasst jede objektive Nichtbeachtung von Rechtsvorschriften. Auf subjektive Elemente wie Verschulden oder Vorwerfbarkeit kommt es ebenso wenig an wie darauf, ob ein Verstoß gegen Vorschriften des Ordnungswidrigkeiten- oder Strafrechts vorliegt oder ob die festgestellten nicht zulässigen Abweichungen zu weiteren Maßnahmen der Lebensmittelbehörde über die bloße Feststellung hinaus geführt haben. Im Interesse einer zeitnahen Information muss die „nicht zulässige Abweichung“ nicht durch (bestandskräftigen) Verwaltungsakt festgestellt worden sein. Ausreichend, aber auch erforderlich ist es, dass die zuständige Behörde die Abweichung unter Würdigung des Sachverhalts und der einschlägigen Rechtsvorschriften abschließend aktenkundig festgestellt hat (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 29.8.2019, a.a.O., Rn. 30, 32 im Anschluss an BayVGH, U.v. 16.2.2017, a.a.O., Rn. 40 ff.; vgl. auch NdsOVG, a.a.O., Rn. 9).
(2) Soweit der Antragsteller rügt, dass die streitgegenständlichen Kontrollberichte keine Angabe einer Rechtsgrundlage enthalten, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach der eben zitierten Rechtsprechung die Aktenkundigkeit ausreicht. Im Übrigen hat der Antragsgegner mit Schriftsatz vom 3. Februar 2020 erklärt, dass das streitbefangene Ergebnisprotokoll hinsichtlich der Verstöße, die bei den beiden letzten Kontrollen festgestellt und im ursprünglichen Kontrollbericht festgehalten worden seien, inzwischen mit Rechtsgrundlagen versehen worden sei. Der vom Antragsteller beanstandete Hinweis auf § 3 Satz 1 LMHV sei gestrichen worden. Es sei beabsichtigt, diesen geänderten Kontrollbericht an den VIG-Antragsteller herauszugeben. Der geänderte Kontrollbericht wurde den Bevollmächtigten des Antragstellers übermittelt. Die Ergänzung von Rechtsgrundlagen in zunächst verwaltungsinternen Kontrollberichten ist – unabhängig davon, ob das rechtlich notwendig ist – in rechtlich zulässiger Weise ebenso möglich wie der Austausch von Rechtsgrundlagen, sofern diese zunächst unzutreffend waren. Werden diese Kontrollberichte nach außen gegeben, ist zumindest die Korrektur falscher Rechtsgrundlagen notwendig, um die Richtigkeit des Berichts und damit der herauszugebenden Information sicherzustellen. Zutreffend wurden die Kontrollberichte mit den Rechtsgrundlagen aus der VO (EG) Nr. 852/2004 versehen, da diese Verordnung zum Zeitpunkt der Feststellung der „nicht zulässigen Abweichungen“ noch in Kraft war. Eine nachträgliche Neubewertung der Verstöße nach nunmehr geltendem Recht ist jedenfalls dann nicht notwendig, wenn nicht noch Maßnahmen aufgrund der festgestellten nicht zulässigen Abweichungen getroffen werden.
In der Benennung einer Rechtsgrundlage hinsichtlich der jeweils als Verstoß gekennzeichneten Beanstandungen liegt zugleich die rechtliche Subsumtion in Form einer juristischwertenden Einordnung der bei der Betriebskontrolle getroffenen tatsächlichen Feststellungen. Einer Begründung der Subsumtion bedarf es nicht, weil ein Kontrollbericht keinen Verwaltungsakt darstellt und damit nicht der Begründungspflicht des Art. 39 BayVwVfG unterliegt. Vor diesem Hintergrund greift auch der Einwand des Antragstellers nicht durch, dass die getroffenen Feststellungen zu hypothetisch bzw. abstrakt für einen hygienerechtlichen Verstoß seien. Insoweit reicht es aus, dass nach Einschätzung der Behörde eine Normabweichung vorliegt; ob die konkrete Subsumtion zutrifft, ist gegebenenfalls in einem anderen Verfahren zu klären.
(3) Soweit der Antragsteller in diesem Zusammenhang meint, dass eine gerichtliche Entscheidung ohne Kenntnis des konkreten Kontrollberichts gegen die Amtsermittlungspflicht nach § 86 VwGO und das Gebot effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 GG verstoße, ist dem nicht zu folgen. Die nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO erforderliche richterliche Überzeugung, welche eine den Anforderungen des § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO genügende Sachverhaltsaufklärung voraussetzt, lässt sich anhand des Beteiligtenvorbringens und des sonstigen Akteninhalts mit einem hinreichenden Gewissheitsgrad bilden. Auf die Frage, welche konkrete Normabweichung festgestellt worden ist, kommt es für das Bestehen des Auskunftsanspruchs nicht an. Der verfahrensgegenständliche Informationszugangsanspruch hängt nicht vom Inhalt oder von der Qualität der dokumentierten Abweichungsfeststellung ab, so dass die abstrakten Umschreibungen des Antragsgegners zur Beurteilung ausreichen. Der Durchführung eines in camera-Verfahrens nach § 99 Abs. 2 VwGO bedarf es zur gerichtlichen Überzeugungsbildung hinsichtlich des Merkmals der „festgestellten nicht zulässigen Abweichung“ nicht (vgl. zum Ganzen OVG NW, a.a.O., Rn. 16 ff.). Hiervon ist auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in dem der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zugrundeliegenden Hauptsacheverfahren ausgegangen (vgl. BayVGH, a.a.O., Rn. 52).
dd) Der Herausgabe der begehrten Information stehen Ausschluss- und Beschränkungsgründe nach § 2 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 3 VIG nicht entgegen.
(1) Nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c VIG besteht der Informationsanspruch wegen entgegenstehender privater Belange nicht, soweit durch die begehrten Informationen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse offenbart würden. Kraft der gesetzlichen Wertung des § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG sind festgestellte nicht zulässige Abweichungen allerdings von vornherein nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse einzustufen, an denen ein schutzwürdiges Interesse der Unternehmen bestehen könnte (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 34 m.w.N.). Der Gesetzgeber hat mit § 3 Satz 5 Nr. 1 VIG die konfligierenden Interessen selbst abgewogen und dem öffentlichen Interesse an Information den Vorrang eingeräumt. Unabhängig davon, ob die in lebensmittelrechtlichen Kontrollberichten festgestellten Normabweichungen begrifflich überhaupt als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse angesehen werden können, greift damit der Ausschlussgrund des § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c VIG nicht zugunsten des Antragstellers ein.
(2) Auch der Schutz personenbezogener Daten nach § 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a VIG
kann dem Auskunftsanspruch nicht entgegengehalten werden. Soweit die Herausgabe von Informationen durch den Antragsgegner als Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinn des Art. 4 Nr. 1 und 2 DSGVO zu werten sein sollte, wäre der Vorgang gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 1 Buchst. c, Abs. 3 Satz 1 DSGVO gerechtfertigt (vgl. VGH BW, a.a.O., Rn. 25). Dem Beigeladenen sind etwaige personenbezogene Daten des Antragstellers, sofern er diese in seinem Firmennamen verwendet, ohnehin bekannt. Auch die vom Antragsteller unter Hinweis auf Art. 86 DSGVO geäußerten datenschutzrechtlichen Bedenken (dazu Wolff, LMuR 2020, 1 ff.) sind nicht berechtigt. Nach Art. 86 DSGVO können personenbezogene Daten in amtlichen Dokumenten von der Behörde offengelegt werden, um den Zugang der Öffentlichkeit zu amtlichen Dokumenten mit dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten in Einklang zu bringen. Den Vorgaben dieser Öffnungsklausel, die eine Regelungsbefugnis des nationalen Gesetzgebers für das Informationszugangsrecht enthält (vgl. BayVGH, U.v. 13.5.2019 – 4 B 18.1515 – NJW 2020, 85 Rn. 28), trägt das Verbraucherinformationsgesetz mit seinem abgestuften, die wechselseitigen Interessen berücksichtigenden Regelungsmodell Rechnung. Soweit der Antragsteller datenschutzrechtliche Verstöße des Beigeladenen oder der Plattform „TopfSecret“ bei einer späteren Weiterverwendung der Informationen befürchtet (dazu Becker, LMuR 2020, 57/60 f.), wäre ein solcher Verstoß dem Antragsgegner nicht zuzurechnen (vgl. dazu sogleich). ee) Die Rüge des Antragstellers, die behördliche Gewährung bzw. eine etwaige private Weiterverbreitung der Information verletze ihn in seinen Grundrechten, verhilft der Beschwerde ebenfalls nicht zum Erfolg.
(1) Die antragsgebundene Informationserteilung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG verstößt nicht gegen die Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Zwar ist der Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, weil er direkt auf die Marktbedingungen individualisierter Unternehmen zielt, das Konsumverhalten beeinflussen und auf diese Weise mittelbarfaktisch die Markt- und Wettbewerbssituation zum wirtschaftlichen Nachteil der betroffenen Unternehmen verändern kann (BVerwG, a.a.O., Rn. 42 ff. m.w.N.). Insoweit gilt für die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VIG von einem Antrag abhängige Informationsgewährung nichts anderes als für aktive staatliche Informationstätigkeit nach § 40 Abs. 1a LFGB, die in ihrer Zielgerichtetheit und Wirkung einem Eingriff in die Berufsfreiheit gleichkommt (BVerfG, B.v. 21.3.2018 – 1 BvF 1/13 – BVerfGE 148, 40 Rn. 26 ff.). Zwischen den beiden Arten der Information bestehen allerdings große Unterschiede, die es ausschließen, die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum aktiven staatlichen Informationsverhalten, insbesondere die dort angemahnte zeitliche Begrenzung der Informationsverbreitung, ohne Weiteres auf die antragsgebundene Informationsgewährung zu übertragen (BVerwG, a.a.O., Rn. 47). Das aktive Informationsverhalten des Hoheitsträgers verschafft den übermittelten Informationen breite Beachtung und gesteigerte Wirkkraft auf das wettbewerbsrechtliche Verhalten der Marktteilnehmer. Die Auswirkungen einer antragsgebundenen Informationsgewährung bleiben dahinter qualitativ und quantitativ weit zurück. Die behördliche Befugnis zur Information der Öffentlichkeit von Amts wegen nach § 40 Abs. 1a LFGB bei Vorliegen der dort genannten Voraussetzungen, die als Warnung der Verbraucher der Gefahrenabwehr dient und in der Regel von den Medien – auch Onlinemedien – sofort aufgegriffen wird, ist gegenüber dem individuell geltend zu machenden Informationszugangsanspruch nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG ein aliud (vgl. VGH BW, B.v. 13.12.2019 – 10 S 1891/19 – juris Rn. 13). § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG normiert als Voraussetzung für die Informationsgewährung nicht etwaige Gefahren für Verbraucher, sondern lediglich die behördliche Feststellung nicht zulässiger Abweichungen von den dort genannten Normen. Dabei darf auch über „marginale Verstöße“ informiert werden, wenn festgestellte nicht zulässige Abweichungen im Sinne dieser Vorschrift vorliegen. Den mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gleichwohl verbundenen Eingriff in die Berufsfreiheit hat das Bundesverwaltungsgericht als gerechtfertigt angesehen (BVerwG, a.a.O., Rn. 48 ff.; kritisch Gärditz, LMuR 2020, 62/64 ff.).
(2) Soweit der Antragsteller nunmehr die grundrechtliche Schutzverantwortung staatlicher Stellen für eine etwaige private Weiterverbreitung der Information in den Vordergrund rückt, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass es in der Vergangenheit seitens des Beigeladenen oder der hinter ihm stehenden Organisation zu Rechtsverstößen im Zusammenhang mit der Veröffentlichung von Kontrollberichten gekommen wäre. Im Übrigen ändert allein der Umstand, dass der streitbefangene Kontrollbericht auf der Internetplattform „TopfSecret“ veröffentlicht werden könnte, nichts daran, dass es sich auch in dieser Fallkonstellation um eine antragsgebundene Informationsgewährung an eine Einzelperson handelt. Wie der Beigeladene mit den erhaltenen Informationen umgeht, bleibt grundsätzlich ihm überlassen und liegt damit grundsätzlich außerhalb des behördlichen Verantwortungs- und Einflussbereichs. Dies gilt auch für das hier zu erwartende Einstellen des Kontrollberichts auf die von privater Seite betriebene Plattform „TopfSecret“, weil eine solche Publikation erkennbar keine staatliche Autorität in Anspruch nehmen kann. Die Plattform veröffentlicht lediglich durch private Dritte zur Verfügung gestellte von der öffentlichen Verwaltung ausgestellte Dokumente; dadurch wird sie nicht selbst zu einer staatlichen Veröffentlichungsplattform. Dass die Anträge auf Information über die Webseite „Frag den Staat“ erfolgen, erweckt auch nicht den Eindruck, „TopfSecret“ sei eine staatliche Veröffentlichungsplattform.
Die lediglich abstrakte Möglichkeit einer rechtswidrigen privaten Weiterverwendung der Information reicht ohne Hinzutreten besonderer Umstände nicht aus, um darin bereits ein dem Antragsgegner zuzurechnendes Eingriffsäquivalent zu sehen, das einer gesonderten Rechtfertigung bedürfte. Soweit es dem Antragsteller im Verhältnis zum Beigeladenen um etwaige (künftige) Ergänzungen oder zeitliche Begrenzungen bei der Verwendung der Information geht, insbesondere um das auch im Geschäftsverkehr bestehende „Recht auf Vergessen“ (dazu allgemein BVerfG, B.v. 6.11.2019 – 1 BvR 16/13 – NJW 2020, 300 Rn. 75 ff.), muss er die entsprechenden Ansprüche auf dem Zivilrechtsweg verfolgen.
(3) Im Übrigen hat der Gesetzgeber mit der Hinweispflicht der informationspflichtigen Stelle nach § 6 Abs. 3 Satz 2 VIG, der Richtigstellungspflicht (§ 6 Abs. 4 VIG) sowie der verfahrensrechtlichen Beteiligung der betroffenen Dritten (§ 5 Abs. 1 Satz 1 VIG) ausreichende Schutzvorkehrungen zur Vermeidung unzumutbarer Konsequenzen getroffen. Die Richtigstellung soll in derselben Weise erfolgen, in der die Information zugänglich gemacht wurde (§ 6 Abs. 4 Satz 2 VIG). Dabei wird die informationspflichtige Stelle zu beachten haben, dass die Richtigstellung nicht nur gegenüber dem VIGAntragsteller geboten sein kann, sondern eine öffentliche Bekanntmachung vonnöten ist, wenn die Publikation der Informationen über das Verhältnis zum Antragsteller hinausgegangen ist. Wenn ein Antragsteller die zugänglich gemachten Informationen etwa an eine Verbraucherschutzorganisation weitergegeben hat und diese ihnen einen hohen Verbreitungsgrad verschafft hat, kann die informationspflichtige Stelle zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit verpflichtet sein, für eine hinreichende Publikation der Richtigstellung zu sorgen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 52). Das kann auch Richtigstellungen gegenüber diesen Veröffentlichungsplattformen beinhalten, da davon ausgegangen werden kann, dass diese auch die behördliche Richtigstellung auf ihren Plattformen einstellen.
ff) Wie bereits dargelegt, bestehen gegen die Art und Weise des Informationszugangs vor dem Hintergrund des § 6 Abs. 1 VIG keine Bedenken. Auf den vom Antragsteller als vorzugswürdig erachteten mündlichen bzw. telefonischen Informationszugang müssen sich Antragsgegner und Beigeladener nicht verweisen lassen. Anhaltspunkte für die vom Antragsteller geltend gemachte Überlastung der Behörde nach § 4 Abs. 3 Nr. 4 VIG sind weder dargelegt noch ersichtlich. Da jedermann in Deutschland der Anspruch auf Informationserteilung zusteht, kann eine Veröffentlichung im Internet die Behörde sogar entlasten (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 2, § 6 Abs. 1 Satz 3 VIG).
gg) Schließlich verstößt die begehrte Informationsherausgabe entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gegen die VO (EU) Nr. 2017/625, die laut ihrem Art. 167 zum 14. Dezember 2019 in Kraft getreten und damit vom Senat zu berücksichtigen ist. Zwar dürfte in Ermangelung einer entsprechenden Übergangsregelung der zeitliche Anwendungsbereich der neuen EU-Kontrollverordnung eröffnet sein, weil es insoweit auf den Zeitpunkt der Entscheidung über die Veröffentlichung der amtlichen Kontrollergebnisse ankommt (vgl. BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 20 CE 19.1995 – juris Rn. 59). Der Informationszugangsanspruch des Beigeladenen bleibt von den neuen unionsrechtlichen Regelungen jedoch unberührt.
(1) Gemäß Art. 8 Abs. 5 VO 2017/625 sind die – grundsätzlich zur Verschwiegenheit verpflichteten – mitgliedstaatlichen Kontrollbehörden nicht an der Veröffentlichung oder anderweitigen Zugänglichmachung von Informationen über das Ergebnis amtlicher Kontrollen gehindert, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind. Die einschränkenden Kautelen, zu denen die Äußerungsmöglichkeit des betroffenen Unternehmers (Buchst. a) und die Berücksichtigung seiner Bemerkungen (Buchst. b) gehört, gelten ausdrücklich „unbeschadet (without prejudice, sans préjudice) der Fälle, in denen die Verbreitung nach Unionsrecht oder nationalem Recht erforderlich ist“ (vgl. auch Erwägungsgrund 31 der VO 2017/625). Es wird somit lediglich ein unionsrechtlicher Mindeststandard für diejenigen Fälle formuliert, in denen Behörden trotz ihrer Verschwiegenheitspflichten tätig werden dürfen; Fälle, in denen eine Veröffentlichung unionsrechtlich oder nach einzelstaatlichem Recht erfolgen muss, bleiben hiervon unberührt.
Nach nationalem Recht erforderlich („required by national legislation“, „exigée par la législation nationale“) ist die Verbreitung der Informationen, wenn sie nicht im behördlichen Ermessen steht, sondern bei Vorliegen der Voraussetzungen zwingend vorgeschrieben ist (vgl. VG Würzburg, B.v. 28.1.2020 – W 8 E 19.1669 – juris Rn. 48; Rathke in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Art. 8 VO (EU) 2017/625 Rn. 9, 21 ff.). Dies ist bei der ein subjektives Recht begründenden Anspruchsnorm des § 2 VIG der Fall (vgl. Rossi in Gersdorf/Paal, BeckOK Informations- und Medienrecht, § 2 VIG Rn. 1, 4). Die einschränkenden unionsrechtlichen Vorgaben kommen daher beim antragsgebundenen Informationszugang nach dem Verbraucherinformationsgesetz nicht zum Tragen (so auch zur amtlichen Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFBG VG Würzburg, a.a.O., Rn. 48; a.A. in einem obiter dictum BayVGH, B.v. 28.11.2019 – 20 CE 19.1995 – juris Rn. 59). Selbst wenn man dies anders beurteilen wollte, dürfte eine Offenlegung von Kontrollberichten auf der Basis von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG nach wie vor grundsätzlich möglich sein, wenn – wie hier – der betroffene Unternehmer zuvor angehört wurde und seine Bemerkungen („comments“, „commentaires“) berücksichtigt wurden (vgl. OVG NW, a.a.O., Rn. 77).
(2) Der Antragsteller kann auch aus dem von ihm weiter ins Spiel gebrachten Art. 11 Abs. 2 VO 2017/625 nichts für sich herleiten. Diese Vorschrift verpflichtet die zuständigen Behörden zur Festlegung bestimmter Korrekturverfahren und sieht insoweit ähnliche Schutzvorkehrungen vor, wie sie das Verbraucherinformationsgesetz in § 6 Abs. 3 Satz 2 und § 6 Abs. 4 enthält. Im Unterschied zur Ausgestaltung im Verbraucherinformationsgesetz ist die in Art. 11 VO 2017/625 als Leitbild formulierte, auf die behördliche Kontrolltätigkeit bezogene Transparenz allerdings nicht mit einem subjektiven Anspruch belegt (vgl. Heinicke in Zipfel/Rathke, a.a.O., § 2 VIG Rn. 2). So beschränkt sich Art. 11 Abs. 1 auf die Vermittlung eines generellen Bildes (UAbs. 1) bzw. auf die Übermittlung von aggregierten Informationen (UAbs. 2), sieht aber keine einzelfallbezogenen Publikationen vor (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, a.a.O., Art. 11 VO 2017/625 Rn. 9 f.). Auch Art. 11 Abs. 2 richtet sich an die mitgliedstaatlichen Instanzen und vermag keine subjektiven Rechte Einzelner zu begründen. Eine unmittelbare Verpflichtung zur Korrektur von fehlerhaften Informationen in konkreten Einzelfällen enthält die Vorschrift gerade nicht (vgl. Rathke in Zipfel/Rathke, a.a.O., Art. 11 VO 2017/625 Rn. 21). Anhaltspunkte dafür, dass der streitgegenständliche Kontrollbericht – auch nach der Richtigstellung der Rechtsgrundlagen – noch korrekturbedürftige „Ungenauigkeiten“ („any inaccuracies“, „toute inexactitude“) im Sinn dieser Vorschrift enthält, sind im Übrigen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
c) Da sich nach alledem der Bescheid bei einer über eine bloße summarische Prüfung hinausgehenden Betrachtung als rechtmäßig erweist, kommt es auf die Abwägung der widerstreitenden Interessen nicht mehr entscheidungserheblich an; die Folgenabschätzung hat sich vielmehr an der gesetzlichen Wertung des § 5 Abs. 4 VIG auszurichten (vgl. VGH BW, a.a.O., Rn. 42 ff.; OVG NW, a.a.O., Rn. 97 ff.). Die vom Antragsteller monierte Vorwegnahme der Hauptsache (vgl. OVG Hamburg, B.v. 14.10.2019 – 5 Bs 149/19 – ZLR 2019, 866 = juris Rn. 19 ff.) ist in der Normstruktur des Verbraucherinformationsgesetzes angelegt. Mit § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat sich der Gesetzgeber ohne Verstoß gegen höherrangiges Recht entschieden, dem Informationsinteresse der Bürger generell einen höheren Stellenwert einzuräumen als dem Interesse des betroffenen Betriebs an der Geheimhaltung von Informationen über lebensmittelrechtliche Beanstandungen (vgl. BVerwG, a.a.O., Rn. 34). Mangels erkennbarer Besonderheiten verbleibt es daher bei der gesetzlichen Grundentscheidung für den Sofortvollzug nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 5 Abs. 4 Satz 1 VIG, die nur bei erfolgreicher Inanspruchnahme von Eilrechtsschutz gemäß § 5 Abs. 4 Satz 2 und 3 VIG durchbrochen werden kann.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da der anwaltlich nicht vertretene Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat, entspricht es der Billigkeit, dass er seine etwaigen außergerichtlichen Kosten selbst trägt (vgl. § 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG. Von einer Reduzierung des Streitwerts in Orientierung an Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 sieht der Senat – anders als das Verwaltungsgericht – ab. Mit den wechselseitigen Begehren ist, wie oben dargelegt, eine Vorwegnahme der Hauptsache verbunden. Einmal erteilte Informationen können nicht zurückgeholt werden; umgekehrt würden die vom Beigeladenen begehrten Informationen bei Erfolg des Eilantrags bzw. der Beschwerde aufgrund des mit einem Hauptsacheverfahren verbundenen Zeitaufwands ihre Relevanz weitgehend verlieren (vgl. NdsOVG, a.a.O., Rn. 19). Der Senat macht deshalb von seiner Befugnis gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch, die erstinstanzliche Festsetzung des Streitwerts von Amts wegen zu ändern.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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