IT- und Medienrecht

Bewertung einer fachlichen Frage als falsch

Aktenzeichen  7 B 18.2244

Datum:
17.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 4562
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JAPO § 31 Abs. 2, § 36 Abs. 1
BayVwVfG Art. 21

 

Leitsatz

Erweist sich eine für die Prüfungsentscheidung erhebliche fachwissenschaftliche Beurteilung als falsch, ist den sich daran anschließenden prüfungsspezifischen Wertungen die Grundlage entzogen. (Rn. 14 – 41 und 17)

Verfahrensgang

M 4 K 15.440 2016-10-04 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung des Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten zu Recht unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Januar 2015 verpflichtet, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über die Einwendung gegen die Randbemerkung auf Seite 3/II unten der klägerischen Klausurbearbeitung der Aufgabe 6 der Ersten Juristischen Staatsprüfung 2014/2 neu zu entscheiden. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neubewertung dieser Klausurbearbeitung und nachfolgende Neuverbescheidung (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Berufung des Beklagten war daher zurückzuweisen.
A.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Ausführungen der Klägerin zum Prüfungspunkt „Außenwirkung des Landratsamtsschreibens“, die zu der streitgegenständlichen Randbemerkung der Erstkorrektorin in der klägerischen Klausurbearbeitung auf Seite 3/II unten „P: kann man im übertragenen Wirkungskreis so argumentieren? nach ganz h.M. (-)“ geführt haben, vertretbar sind (nachfolgend I). Zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die als Zeugin einvernommene Erstkorrektorin (im Folgenden: Zeugin) die Ausführungen der Klägerin unzutreffend als falsch bewertet hat (nachfolgend II).
I. Es ist vertretbar, dass die Klägerin zur Frage, ob das in Angelegenheiten der Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis ergangene Landratsamtsschreiben Außenwirkung hat, dessen mögliches Hineinwirken in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV angesprochen hat. Hierbei handelt es sich um eine Fachfrage, die im prüfungsrechtlichen Verwaltungsstreitverfahren der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Es ist der fachwissenschaftlichen Erörterung zugänglich, ob bei der Lösung des mit der Aufgabe gestellten Rechtsproblems die Prüfung einer Norm geboten, vertretbar oder fernliegend ist.
1. Der das Prüfungsrecht beherrschende Grundsatz der Chancengleichheit gebietet eine gleichmäßige Beurteilung aller vergleichbaren Kandidaten. Dies ist nur erreichbar, wenn den Prüfungsbehörden bei prüfungsspezifischen Wertungen ein Entscheidungsspielraum verbleibt und die gerichtliche Kontrolle insoweit eingeschränkt ist. Der Bewertungsspielraum ist überschritten, wenn die Prüfungsbehörden Verfahrensfehler begehen, anzuwendendes Recht verkennen, von einem unrichtigen Sachverhalt ausgehen, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzen oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lassen (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – BVerfGE 84, 34, 50 ff.; BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris; U.v. 6.7.2015 – 9 S 2062.14 – juris). Ein in diesem Sinne allgemeingültiger Bewertungsgrundsatz ist es, dass fachlich zutreffende Antworten und brauchbare Lösungen im Prinzip nicht als falsch bewertet werden und nicht zum Nichtbestehen führen dürfen. Soweit die Richtigkeit oder Angemessenheit von Lösungen wegen der Eigenart der Prüfungsfrage nicht eindeutig bestimmbar ist, gebührt zwar dem Prüfer ein Bewertungsspielraum, dem aber ein Antwortspielraum des Prüflings gegenübersteht. Eine vertretbare und mit gewichtigen Argumenten folgerichtig begründete Lösung darf nicht als falsch bewertet werden. Fachliche Fragen fallen nicht in den prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum (vgl. BVerfG, B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 u.a. – a.a.O. Rn. 50 ff.; BVerwG, B.v. 13.5.2004 – 6 B 25.04 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 406; U.v. 6.7.2015 – 9 S 2062.14 – a.a.O.).
Demgegenüber sind Gegenstände des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums etwa die Punktevergabe und Notengebung, soweit diese nicht mathematisch determiniert sind, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung untereinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung, die Gewichtung der Stärken und Schwächen in der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – BVerwGE 105, 328, 333 f.; U.v. 14.7.1999 – 6 C 20.98 – BVerwGE 109, 211, 216; B.v. 13.5.2004 – 6 B 25.04 – a.a.O.; U.v. 21.3.2012 – 9 S 764.11 – n.v.). Ebenso handelt es sich um eine dem Prüfer vorbehaltene prüfungsspezifische Wertung, ob im Hinblick auf eine entsprechend definierte Notenstufe bzw. zugeordnete Punktzahl eine Prüfungsleistung als „brauchbar“ oder als „mangelhaft“ zu bewerten ist (vgl. BVerwG, U.v. 12.11.1997 – 6 C 11.96 – a.a.O., 334; U.v. 6.7.2015 – 9 S 2062.14 – juris). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16; U.v. 6.7.2015 – 9 S 2062.14 – juris).
2. Die Ausführungen der Klägerin zum Prüfungspunkt „Außenwirkung des Landratsamtsschreibens“, die zu der Randbemerkung der Zeugin in der klägerischen Klausurbearbeitung auf Seite 3/II unten geführt haben, sind vertretbar.
a) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises ergangene fachaufsichtliche Weisungen gegenüber einer Gemeinde von dieser im allgemeinen nicht angefochten werden können, weil ihnen das für die Annahme eines Verwaltungsakts notwendige Merkmal der unmittelbaren Außenwirkung fehlt, jedenfalls aber keine Verletzung in eigenen Rechten möglich ist. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts kann eine fachaufsichtliche Weisung nach ihrem objektiven Sinngehalt ausnahmsweise dann die für einen Verwaltungsakt erforderliche Gerichtetheit auf Außenwirkung haben, wenn ihre Rechtswirkungen unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden materiellen Rechts nicht im staatlichen Innenbereich verbleiben, sondern auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreifen und damit Außenwirkung erzeugen (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1994 – 11 C 4.94 – BayVBl 1995, 744 Rn. 11 m.w.N. zur damaligen Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 2 StVO). Ob eine Verwaltungsmaßnahme ihrer Rechtsnatur nach Verwaltungsakt ist, hängt davon ab, ob sie nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG ihrem objektiven Sinngehalt nach darauf gerichtet ist, Außenwirkung zu entfalten, nicht aber davon, wie sie sich im Einzelfall tatsächlich auswirkt. Dabei hängt es wesentlich von der Ausgestaltung durch das zugrunde liegende materielle Recht ab, ob eine solche Gerichtetheit auf unmittelbare Außenwirkung zu bejahen ist. Daher kann auch eine fachaufsichtliche Weisung ihrem objektiven Sinngehalt nach auf Außenwirkung gerichtet und damit Verwaltungsakt sein, wenn ihre Rechtswirkung unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden materiellen Rechts nicht im staatlichen Innenbereich verbleibt, sondern auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreift und damit Außenwirkung erzeugt. Nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts spielt das materielle Recht insoweit nicht erst und allein bei der Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO), sondern schon bei den Tatbestandsmerkmalen des Verwaltungsakts eine Rolle (vgl. BVerwG, U.v. 14.12.1994 – 11 C 4.94 – BayVBl 1995, 744 Rn. 11 m.w.N. zur damaligen Regelung des § 44 Abs. 1 Satz 2 StVO; so auch BayVGH, B.v. 7.4.2000 – 11 ZS 99.2198 – juris Rn. 15; B.v. 21.7.2009 – 11 C 09.712 – juris Rn. 9). Eine Prüfung der inmitten stehenden Frage ausschließlich im Zusammenhang mit der Klagebefugnis kommt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann in Betracht, wenn durch Widerspruchsbescheid eine im übertragenen Wirkungskreis erlassene Maßnahme der Gemeinde aufgehoben wird und die Gemeinde hiergegen klagt (vgl. BVerwG, U.v. 20.4.1994 – 11 C 17.93 – BVerwGE 95, 333 Rn. 13 ff. zu § 45 StVO unter Bezugnahme auf frühere Urteile; U.v. 18.5.1995 – 7 C 3.94 – ZOV 1995, 309 Rn. 13 zur Anfechtung eines Widerspruchsbescheids der Aufsichtsbehörde, mit dem ein von der Gemeinde erteilter Bescheid über den Vorrang von Investitionen gemäß § 3a VermG a.F. aufgehoben wurde; BayVGH, U.v. 13.8.2001 – 11 B 98.1058 – BayVBl 2002, 336 Rn. 18 ff.; U.v. 21.2.2011 – 11 B 09.3032 – juris Rn. 25 ff.). Berührt die fachaufsichtliche Weisung der staatlichen Behörde die Gemeinde demnach in ihrer Rechtsstellung als Selbstverwaltungskörperschaft, ist auch bei Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises eine unmittelbare rechtliche Auswirkung in den gemeindlichen Bereich zu bejahen. Die fachaufsichtliche Weisung stellt in diesem Fall ausnahmsweise einen Verwaltungsakt i.S.v. Art. 35 Satz 1 BayVwVfG dar.
b) Demgegenüber hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zu Art. 109 Abs. 2 Satz 1 GO angenommen, dass sich eine Betroffenheit der Gemeinde in derartigen Fällen nicht aus deren Selbstverwaltungsgarantie (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV, Art. 28 Abs. 2 GG) folgern lasse (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.1976 – 67 V 70 – BayVBl 1977, 152 Rn. 16 ff.). Aufsichtsmaßnahmen gegenüber den Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis ließen sich nicht generell als Verwaltungsakte qualifizieren. Denn der angefochtenen Weisung mangele es grundsätzlich an dem für einen Verwaltungsakt wesentlichen Merkmal der „unmittelbaren Rechtswirkung nach außen“. Nehme ein Rechtsträger ihm durch Gesetz übertragene Aufgaben des Staates für diesen – gleichsam als dessen Organ – wahr, so besitze eine fachaufsichtliche Weisung grundsätzlich keine Außenwirkung, es sei denn, der Rechtsträger werde zugleich in einer eigenen geschützten Rechtsstellung berührt. Da die Gemeinden Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises kraft staatlicher Verleihung und nicht aufgrund ihres Selbstverwaltungsrechts wahrnähmen, lasse sich deren Betroffenheit – jedenfalls ungeachtet der Regelung des Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO – nicht aus der Selbstverwaltungsgarantie der Gemeinden (Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV, Art. 28 Abs. 2 GG) folgern. Allerdings werde den Gemeinden durch Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO eine geschützte Rechtsstellung zuerkannt mit der Folge, dass sie sich gegenüber fachaufsichtlichen Weisungen in beschränktem Umfange auf ihre Rechtssubjektivität berufen könnten. Der durch Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO gegen Aufsichtsmaßnahmen abgeschirmte Bereich werde allerdings nur berührt, wenn es sich bei der zugrundeliegenden Entscheidung der Gemeinde um eine Ermessensentscheidung handle (vgl. BayVGH, U.v. 20.9.1976 – 67 V 70 – BayVBl 1977, 152 Rn. 16 ff.).
Die gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs erhobene Nichtzulassungsbeschwerde der Gemeinde blieb erfolglos. Wie bereits in früheren Entscheidungen hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Beschluss betont, dass fachaufsichtliche Weisungen der staatlichen Aufsichtsbehörden gegenüber den Gemeinden in Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises in der Regel keine Verwaltungsakte seien. Ob ein Verwaltungshandeln die Merkmale des Verwaltungsakts erfülle, hänge wesentlich von seiner Ausgestaltung durch das zugrunde liegende materielle Recht ab. Da es sich bei Art. 109 Abs. 2 GO um irreversibles Landesrecht handele und die Auslegung durch den Verwaltungsgerichtshof nicht willkürlich sei, sei das Bundesverwaltungsgericht nach § 173 VwGO i.V.m. § 562 ZPO an die Rechtsauslegung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden (BVerwG, B.v. 27.2.1978 – VII B 36.77 – BayVBl 1978, 374 Rn. 3).
c) Die zu Art. 109 Abs. 2 GO vertretene Auffassung, bei fachaufsichtlichen Weisungen, die mit Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO in Einklang stünden, fehle es an der den Verwaltungsakt kennzeichnenden Außenwirkung, ist in der Literatur mit dem Argument kritisiert worden, der Verwaltungsgerichtshof verwechsele Außenwirkung mit Klagebefugnis bzw. fehlender möglicher Rechtsverletzung im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Stand Februar 2019, Art. 116 GO Erl. 2; Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand Juni 2019, Art. 116 GO, Rn. 4). Die Gemeinde werde auch im übertragenen Wirkungskreis als eigenständige juristische Person tätig und nehme gemeindliche Aufgaben wahr, so dass eine im übertragenen Wirkungskreis ergangene fachaufsichtliche Maßnahme immer ein Verwaltungsakt sei (vgl. Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Art. 116 GO Erl. 2). Sobald eine Weisung den Bereich staatlicher Behörden verlasse, könne sie nicht mehr als innerdienstlicher Akt gelten, und zudem werde die Gemeinde durch die fachaufsichtliche Weisung rechtlich zu einem bestimmten Handeln verpflichtet (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Art. 116 GO Rn. 4).
d) Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass sich die von der Literatur vertretene Ansicht, fachaufsichtliche Weisungen seien immer ein Verwaltungsakt, weil die Gemeinde im übertragenen Wirkungskreis als eigenständige juristische Person tätig werde, die einzig vertretbare bzw. „herrschend“ ist. In Anbetracht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, eine fachaufsichtliche Weisung könne ausnahmsweise dann Verwaltungsakt sein, wenn ihre Rechtswirkung unter Berücksichtigung des zugrunde liegenden materiellen Rechts auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreife, kann die zu Art. 109 Abs. 2 GO ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, eine fachaufsichtliche Weisung habe nur dann Verwaltungsaktqualität, wenn sich die Gemeinde wegen Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO auf ihre Rechtssubjektivität berufen könne, nicht als „herrschende Meinung“ betrachtet und auf alle fachaufsichtlichen Weisungen übertragen werden, die gegenüber der im übertragenen Wirkungskreis tätigen Gemeinde ergehen. Ebenso ist die inmitten stehende Frage, inwieweit eine Gemeinde durch eine fachaufsichtliche Weisung „in ihrem Selbstverwaltungsrecht“ betroffen sein kann, ausschließlich im Rahmen der Klagebefugnis zu erörtern. Es ist daher nicht falsch, sondern sehr wohl vertretbar, bereits im Zusammenhang mit dem Prüfungspunkt „Statthafte Klageart/Landratsamtsschreiben als Verwaltungsakt/Außenwirkung des Landratsamtsschreiben“ ein mögliches Hineinwirken des Landratsamtsschreibens in den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten anzusprechen.
II. Zur Überzeugung des Verwaltungsgerichtshofs ist davon auszugehen, dass die Zeugin die diesbezüglichen Ausführungen der Klägerin auf Seite 3/II unten entgegen anderslautenden Bekundungen als falsch bewertet hat. Soweit im Verfahren beklagtenseits darauf verwiesen wird, die Zeugin habe vielmehr zum Ausdruck bringen wollen, dass es auch andere Auffassungen gebe und daher die im Rahmen der Klausurbearbeitung aufgestellte Behauptung der Klägerin, die Gemeinde könne sich im übertragenen Wirkungskreis auf ihr Selbstverwaltungsrecht gemäß „Art. 28 Abs. 2 GG, 11 Satz 2 BV“ (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) berufen, einer näheren Begründung bedurft hätte, ist dies durch die Ausführungen der Zeugin in der „Begründung der Erstbewertung“, der undatierten Stellungnahme im Nachprüfungsverfahren, der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Stellungnahme vom 28. September 2016 sowie durch ihre Aussagen in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof widerlegt. Der Verwaltungsgerichtshof ist davon überzeugt, dass sich die Zeugin mit ihrer Randbemerkung auf Seite 3/II „P: kann man im übertragenen Wirkungskreis so argumentieren? nach ganz h.M. (-)“ nicht mehr innerhalb ihres vom Senat zu respektierenden Bewertungsspielraums bewegt.
1. Zur Überzeugung des Senats zeigen bereits die Anmerkungen der Zeugin in der „Begründung der Erstbewertung“ und in den beiden Stellungnahmen, dass sie die Ausführungen der Klägerin als falsch bewertet hat.
a) In der „Begründung der Erstbewertung“ hat die Zeugin zu Frage 1 unter B.I.2. angemerkt: „Hauptproblem ‚Außenwirkung‘ erkannt, aber nicht recht überzeugend dargestellt“. Am Ende ihrer Bewertung hat sie unter dem Punkt „Zusammenfassende Beurteilung“ festgehalten: „Bei der Abgrenzung eigener/übertragener Wirkungskreis / Rechtsaufsicht/Fachaufsicht fehlen fundierte Kenntnisse.“
Auch wenn die Zeugin zunächst auf eine „nicht recht überzeugende“ Darstellung verweist, zeigt sie bereits durch die weitere Bemerkung „Bei der Abgrenzung eigener/übertragener Wirkungskreis/Rechtsaufsicht/Fachaufsicht fehlen fundierte Kenntnisse.“, dass es ihr nicht primär um die Würdigung der Qualität der klägerischen Problemdarstellung geht, sondern sie inhaltliche Fehler sieht. Ungeachtet dessen, dass letztere Bemerkung bereits ungenau ist, da es vorliegend nach den insoweit eindeutigen Ausführungen der Klägerin nicht um die Abgrenzung „eigener/übertragener Wirkungskreis“, sondern um die Frage geht, ob das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV bei einer fachaufsichtlichen Weisung im übertragenen Wirkungskreis der Gemeinde eine Rolle spielen kann, stehen beide Prüfungsbemerkungen im engen Kontext zu der in der Randbemerkung auf Seite 3/II unten von der Zeugin konkret gewählten Formulierung. Wenn die Zeugin dort notiert, „P: kann man im übertragenen Wirkungskreis so argumentieren? nach ganz h.M. (-)“, und anschließend in der zusammenfassenden Beurteilung ausdrücklich auf das Fehlen von fundierten Abgrenzungskenntnissen beim „Hauptproblem Außenwirkung“ verweist, spricht dies gegen eine Einordnung der klägerischen Ausführungen zur Außenwirkung des Landratsamtsschreibens als lediglich „nicht recht überzeugende“ Darstellung, sondern dafür, dass die Zeugin einen vertretbaren Lösungsansatz als falsch bewertet hat.
b) Bestätigt wird dies durch die Ausführungen der Zeugin in ihrer undatierten Stellungnahme im Nachprüfungsverfahren. Dort hat die Zeugin ihre Randbemerkung auf S. 3/II wie folgt erläutert: „Festgehalten wird an der Kritik zur Argumentation auf S. 3/II. Denn die Darstellung wirft hier den Eindruck auf, dass Verf. verschiedene Probleme durcheinanderwürfelt. Prüft man die Außenwirkung einer Maßnahme, die den übertragenen Wirkungskreis berührt, lässt sich einerseits wie folgt argumentieren: die Außenwirkung ist auf jeden Fall zu bejahen, da die Gemeinde eine eigenständige juristische Person ist und bleibt und nicht etwa zur Staatsbehörde wird, wenn sie Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises wahrnimmt. So hat auch Verf. auf Seite 3/III argumentiert, was positiv bewertet wurde. Andererseits ließe sich auch (so in weiten Teilen der Rechtsprechung) vertreten, dass die Außenwirkung nur dann ausnahmsweise zu bejahen ist, wenn die Gemeinde aufgrund der Besonderheiten des Falles in ihrer eigenen geschützten Rechtsstellung berührt wird. Die Frage, ob das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht aus Art. 11 II BV, Art. 28 II GG durch die aufsichtliche Maßnahme möglicherweise verletzt ist, stellt sich in der Regel bei der Prüfung der Klagebefugnis. Nach ganz h.M. begründet eine mögliche Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts aus Art. 28 II GG, Art. 11 II BV nur bei Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises eine Klagebefugnis, nicht bei Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises, da im übertragenen Wirkungskreis das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 II GG, 11 II BV nicht betroffen wird. Allerdings spielt dann hier der „weisungsfreie Raum“ eine Rolle, Art. 109 II 2 GO.“
Diese fachlichen Ausführungen der Zeugin sind zur Überzeugung des Senats weiteres Indiz dafür, dass sie bei der Bewertung der klägerischen Ausführungen außer Betracht gelassen hat, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts fachaufsichtliche Weisungen durchaus auf den rechtlich geschützten Bereich der Gemeinde in Selbstverwaltungsangelegenheiten übergreifen können. Denn die Zeugin gibt mit ihren Ausführungen zu erkennen, dass sie zusammengefasst der Auffassung ist, dass die Außenwirkung einer fachaufsichtlichen Weisung nur bejaht werden kann, wenn die Gemeinde in ihrer eigenen geschützten Rechtsstellung berührt wird (1.), das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht in der Regel eine derartige geschützte Rechtsposition nicht begründen kann (2.), da sich die Frage, ob das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht möglicherweise verletzt ist, in der Regel erst bei der Prüfung der Klagebefugnis stellt (3.), hingegen im übertragenen Wirkungskreis der weisungsfreie Raum, Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO, eine Rolle spielt (4.). Soweit sie zu Beginn ihrer Stellungnahme zur Randbemerkung auf Seite 3/II unten darauf verweist, die Darstellung werfe „den Eindruck auf, dass Verf. verschiedene Probleme durcheinanderwürfelt“, kann die hierin liegende Kritik an der klägerischen Darstellung aufgrund der folgenden Ausführungen der Zeugin nur so verstanden werden, dass sie – der Kritik der Literatur zur Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs zu Art. 109 Abs. 2 GO folgend – ebenfalls der Auffassung ist, die Klägerin verwechsele Außenwirkung mit Klagebefugnis bzw. fehlender möglicher Rechtsverletzung im Sinne von § 42 Abs. 2 VwGO. Aufgrund der Gesamtargumentation der Zeugin ist zur Überzeugung des Senats ausgeschlossen, dass sie mit ihrer Kritik den von der Klägerin gewählten Aufbau rügen wollte und ihre Bemerkungen daher ausschließlich in den Bereich ihres prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums fallen (vgl. insoweit BayVGH, B.v. 12.7.2016 – 7 ZB 16.406 – juris Rn. 4).
Soweit die Zeugin in der undatierten Stellungnahme fortführt, „Zum konkreten Fall: die Erstprüferin hat die Argumentation des Verf. nicht als „zu dünn“ gerügt. Vielmehr wurde die Argumentation als „nicht recht überzeugend“ bezeichnet. Diese Anmerkung in der Übersicht bezog sich insbesondere auf die nicht recht nachvollziehbaren Ausführungen am Ende auf S. 3/III. Auch ist die Argumentation mit dem Selbstverwaltungsgerecht zumindest so oberflächlich und unscharf formuliert (S. 3/II unten), dass zweifelhaft ist, ob Verf. die dahingehenden Problemstellungen (siehe oben) bewusst sind.“, ist der Senat der Überzeugung, dass die Zeugin mit ihrer Randbewertung auf Seite 3/II unten gerade nicht zum Ausdruck bringen wollte, dass es auch andere Auffassungen hierzu gibt und daher die Behauptung der Klägerin, die Gemeinde könne sich im übertragenen Wirkungskreis auf ihr Selbstverwaltungsrecht berufen, (lediglich) einer näheren Begründung bedurft hätte. Denn die Zeugin weist ausdrücklich darauf hin, dass sie die klägerischen Ausführungen gerade nicht als „zu dünn“ rügen wollte, sondern als „oberflächlich und unscharf formuliert“. Hiermit zeigt sie, dass sie unter „oberflächlich und unscharf formuliert“ etwas anderes versteht als das Fehlen einer näheren Begründung.
c) Hierfür sprechen zur Überzeugung des Senats auch die Erläuterungen der Zeugin in ihrer Stellungnahme vom 28. September 2016. Zwar wiederholt die Zeugin dort zunächst ihre Auffassung, man könne sehr gut argumentieren, dass die Gemeinde ein eigener, vom Staat verschiedener Rechtsträger sei und „das aufsichtliche Handeln die Kommune als eigene Rechtspersönlichkeit“ treffe. An dieser Stelle komme es auf eine Erörterung des Art. 28 II GG, Art. 11 Satz 2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) nicht an. Dann fährt sie allerdings fort: „Auch gibt es Stimmen, die bei der Frage der Außenwirkung bereits klären wollen, in welchem Rechtskreis die Kommune betroffen ist (was sonst im Falle der Bejahung der Verwaltungsakts-Qualität erst im Rahmen der Begründetheit zu prüfen wäre). Möchte man diesen Stimmen folgen, wäre dann an dieser Stelle zu erörtern, welche Rechtsverletzung der Gemeinde in Betracht kommt. Bei fachaufsichtlichen Maßnahmen kann hier zumindest nach ganz h.M. nicht lediglich auf Art. 28 II GG/ 11 S.2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) verwiesen werden. Denkbar ist hingegen in entsprechenden Konstellationen, dass eine Verletzung vorliegt, weil die Grenzen des Art. 109 Abs. 2 BayGO überschritten sind (darauf habe ich bereits im Nachprüfungsverfahren hingewiesen). In diesem Fall liegt eine wehrfähige Position der Gemeinde unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vor (vgl. BayVGH, Urteil vom 13. August 2001, BayVBl, S. 388). Im konkreten Klausurfall hätte argumentiert werden können, dass Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LStVG den Gemeinden einen Anspruch darauf einräumt, dass eine Beanstandung und ein Aufhebungsverlangen nur im Falle der Rechtswidrigkeit der Verordnung ergeht. Ich bestreite selbstredend nicht, dass einer Gemeinde grundsätzlich das Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 II GG/ 11 S.2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) zusteht. Wenn man aber bei einer aufsichtlichen Maßnahme, die den übertragenen Wirkungskreis betrifft, die Frage erörtert, ob Außenwirkung besteht, und dabei wie der Prüfling im letzten Satz auf S. 3/II argumentiert (ohne eine bestimmte Konstellation wie zum Beispiel Ermessensüberschreitung darzustellen, s.o.), so drückt man damit aus, dass angeblich die zu diskutierende Maßnahme deshalb Außenwirkung hat, weil sie das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde aus Art. 28 II GG/ 11 S.2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) tangiert. So pauschal ohne Darstellung einer bestimmten wehrfähigen Position (Beispiele siehe oben) überzeugt dies nicht und wurde daher von mir zu Recht beanstandet. Sollte es dem Prüfling nur darauf angekommen sein darzustellen, dass Staat und Kommune 2 verschiedene Rechtsträger sind und daher Außenwirkung besteht, wäre der Verweis auf Art. 28 II GG/ 11 S.2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) überflüssig und fehl am Platz. Im Übrigen sollte ja offenbar schon im 2. Satz auf S. 3 II (wenn auch sprachlich verfehlt) dargestellt werden, dass Gemeinde und Staat unterschiedliche Rechtssubjekte sind. Ich darf verweisen auf: Knemeyer, Bayerisches Kommunalrecht, 11. Aufl., S. 306 f.; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, EL Dezember 2015, Art. 8 Rn. 1; Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 6. Auflage, S. 230 f.“
Die vorstehenden Ausführungen der Zeugin widersprechen in Teilen der unter 2. a) zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Verwaltungsgerichtshofs, soweit dessen Entscheidungen nicht zu Art. 109 Abs. 2 GO ergangen sind. Es ist nicht überzeugend, wenn die Zeugin anmerkt: „Denkbar ist hingegen in entsprechenden Konstellationen, dass eine Verletzung vorliegt, weil die Grenzen des Art. 109 Abs. 2 BayGO überschritten sind (…). In diesem Fall liegt eine wehrfähige Position der Gemeinde unter dem Gesichtspunkt der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie vor (vgl. BayVGH, Urteil vom 13. August 2001, BayVBl, S. 388)“. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Urteil vom 20. September 1976 – 67 V 70 – (BayVBl 1977, 152 Rn. 16 ff.) zu Art. 109 Abs. 2 Satz 1 GO ausdrücklich einen Bezug zu Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV verneint. Andererseits hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. August 2001 – 11 B 98.1058 – (BayVBl 2002, 336 Rn. 15) im Zusammenhang mit der Klagebefugnis – es ging um die Anfechtung einer vom Landratsamt nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofs ohne Rechtsgrundlage erlassenen verkehrsrechtlichen Anordnung – ausschließlich auf eine mögliche Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts abgestellt. Dass es auf Art. 109 Abs. 2 GO in dieser Entscheidung nicht ankam, hat der Verwaltungsgerichtshof ausdrücklich klargestellt, indem er ausführte: „Eine die Klagebefugnis der Gemeinde möglicherweise ausschließende Berechtigung des Landratsamts, beim Erlass der verkehrsrechtlichen Anordnung anstelle der Gemeinde zu handeln, ergibt sich im vorliegenden Fall auch nicht aus dem Umstand, dass das Landratsamt zugleich die zuständige Fachaufsichtsbehörde ist. Denn als Aufsichtsinstanz wäre das Landratsamt nur befugt, unter den in Art. 109 ff. BayGO festgelegten Voraussetzungen und mit den dort vorgesehenen Maßnahmen korrigierend in das Verwaltungsgebaren der Klägerin einzugreifen.“
Wenn die Zeugin feststellt, eine Bezugnahme auf das Selbstverwaltungsrecht unter Nennung des Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV sei ihr nicht ausreichend gewesen, weil die Klägerin „noch eine wehrfähige Position“ hätte nennen müssen, übersieht sie, dass gerade das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde – neben Art. 109 Abs. 2 Satz 2 GO – eine derartige wehrfähige Rechtsposition ist, die die Gemeinde u.U. einer fachaufsichtlichen Weisung entgegenhalten kann (vgl. BayVGH, U.v. 21.2.2011 – 11 B 09.3032 – juris Rn. 27; BVerwG, U.v. 18.5.1995 – 7 C 3.94 – ZOV 1995, 309 Rn. 13; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand Mai 2018, Art. 116 Erl. 4 a.E.; vgl. in diesem Zusammenhang die Kommentierung von Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 83 Rn. 132 zu übertragenen Angelegenheiten: Eine Weisung verletzt nur das Selbstverwaltungsrecht, wenn in dem Bereich, in dem die Weisung ergeht, kein Weisungsrecht besteht, die gesetzlichen Grenzen des Weisungsrechts missachtet werden oder die Art und Weise der Weisungserteilung die Selbstständigkeit der Gemeinde missachtet.). Soweit die Zeugin weiter ausführt, „wenn man aber bei einer aufsichtliche Maßnahme, die den übertragenen Wirkungskreis betrifft, die Frage erörtert, ob Außenwirkung besteht, und dabei wie der Prüfling im letzten Satz auf S. 3/II argumentiert (ohne eine bestimmte Konstellation wie zum Beispiel Ermessensüberschreitung darzustellen, s.o.), so drückt man damit aus, dass angeblich die zu diskutierende Maßnahme deshalb Außenwirkung hat, weil sie das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde aus Art. 28 II GG/ 11 S.2 BV (gemeint wohl Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV) tangiert.“, ist in diesem Zusammenhang bereits unklar, ob der Zeugin bei der Korrektur der klägerischen Ausführungen bewusst war, dass die Klägerin ihren Prüfungspunkt „Außenwirkung“ auf Seite 3/II unten noch nicht abgeschlossen hatte, sondern – erkennbar an der Verwendung des Konjunktivs – im Gutachtenstil lediglich eine mögliche Verletzung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts durch die fachaufsichtliche Maßnahme ansprechen wollte. Auch wenn der Zeugin grundsätzlich zuzugestehen ist, dass die Klägerin ihre Ausführungen beispielsweise durch einen Verweis auf die dem Landratsamtsschreiben materiellrechtlich zugrundeliegende Rechtsgrundlage in Art. 49 Abs. 1 Satz 1 LStVG hätte näher präzisieren können (vgl. hierzu Engelbrecht in Möstl/Schwabenbauer, BeckOK Polizei- und Sicherheitsrecht, Stand Juli 2019, Art. 49 LStVG, Rn. 16 unter Bezugnahme auf BayVGH, U.v. 2.8.1989, 22 B 87.3030 – NVwZ-RR 1990, 243), ändert dies nichts daran, dass der – nicht näher begründete – Verweis auf das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht im Rahmen des von der Klägerin gewählten Prüfungsaufbaus nicht als fehlerhaft hätte bewertet werden dürfen. Denn die Zeugin irrt, wenn sie in ihrer Stellungnahme ausführt: „So pauschal ohne Darstellung einer bestimmten wehrfähigen Position (Beispiele oben) überzeugt dies nicht und wurde daher von mir zu Recht beanstandet.“
2. Auch die Einvernahme der Zeugin in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof hat gezeigt, dass sie die streitigen Ausführungen der Klägerin als fehlerhaft bewertet hat.
So hat die Zeugin im Wesentlichen ihre in den Stellungnahmen geäußerten Bedenken wiederholt. Sie hat insbesondere erneut erklärt, dass eine Bezugnahme auf das Selbstverwaltungsrecht unter Nennung des Art. 28 Abs. 2 GG und Art. 11 Abs. 2 Satz 2 BV nach ihrer Ansicht nicht ausreichend war, „weil noch etwas hätte dazukommen müssen.“ Sie war nach wie vor der Ansicht, dass die Klägerin vielmehr „eine wehrfähige Position“ hätte nennen müssen. Auch wenn die Zeugin erneut darauf verwiesen hat, sie habe die Argumentation der Klägerin nicht als falsch bewertet, konnte die Zeugin den gegenteiligen Eindruck, den der Senat aufgrund der ihm vorliegenden Klausurbewertung, ihrer beiden Stellungnahmen sowie ihrer Aussagen in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte, nicht entkräften. Soweit sie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich geäußert hat, ihr seien die Ausführungen der Klägerin „zu dünn“ gewesen, setzt sich die Zeugin insbesondere in Widerspruch zu ihren gegenteiligen Angaben in der ersten undatierten Stellungnahme. Dort hatte sie explizit erklärt, sie habe „die Argumentation“ der Klägerin „nicht als zu dünn gerügt“. Die Erklärung der Zeugin in der mündlichen Verhandlung, mit der sie erkennbar auf ihren prüfungsspezifischen Bewertungsspielraum anspielen wollte, ist daher als Schutzbehauptung zu werten.
Auch wenn die Zeugin sowohl in ihren Stellungnahmen als auch während ihrer Einvernahme darauf hingewiesen hat, nach ihrer Ansicht gebe es zur Frage der Außenwirkung einer fachaufsichtlichen Weisung zwei unterschiedliche Argumentationswege, ändert dies nichts daran, dass sie – indem sie immer wieder betont hat, die Klägerin hätte eine wehrfähige Position nennen müssen – die klägerischen Ausführungen zur Überzeugung des Senats nicht als vertretbar, sondern als falsch bewertet hat. Soweit der Beklagte darauf hingewiesen hat, die Kritik der Zeugin sei so zu verstehen, dass es nicht überzeugend sei, wenn die Klägerin ohne Erläuterung und ohne Auseinandersetzung mit der gegenteiligen überwiegenden Auffassung lediglich eine in der Fachwelt vertretene Auffassung vertrete, führt dies nicht dazu, dass die Prüfungsbemerkung dem Bereich der prüfungsspezifischen Wertungen zuzuordnen ist. Erweist sich – wie vorliegend – eine für die Prüfungsentscheidung erhebliche fachwissenschaftliche Beurteilung als falsch, weil die Antwort des Prüflings entgegen der Meinung des Prüfers objektiv vertretbar ist, ist den sich daran anschließenden prüfungsspezifischen Wertungen die Grundlage entzogen. Einen solchen Beurteilungsfehler kann und muss das Gericht ohne weiteres feststellen, ohne in davon nicht trennbare Bewertungsspielräume der Prüfer einzudringen. Die Prüfungsentscheidung kann insgesamt keinen Bestand haben, weil unter diesen Umständen keine Veranlassung besteht, die ihrer Grundlage enthobenen prüfungsspezifischen Wertungen zu respektieren (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 884).
B.
Zur Überzeugung des Senats ist die Zeugin nicht von einer Neubewertung der klägerischen Klausur wegen der Besorgnis der Befangenheit auszuschließen.
Die Besorgnis der Befangenheit setzt voraus, dass ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG). Erforderlich hierfür sind nachvollziehbare, tatsächlich feststellbare Umstände, die bei verständiger Würdigung den Schluss einer parteiischen oder voreingenommenen und damit sachwidrigen Amtsausübung zulassen. Die Frage, ob ein bestimmter Prüfer voreingenommen ist, hängt von der Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalls ab. Eine Befangenheit des Prüfers kann sich aus der Art und Weise seines Umgangs mit den eigenen Fehlern bei späteren Nachkorrekturen ergeben; sie liegt nicht nur vor, wenn sich ein Prüfer von vornherein darauf festgelegt hat, seine Benotung nicht zu ändern, sondern auch dann, wenn es ihm an der Fähigkeit fehlt, eigene Fehler zu erkennen oder einzuräumen, oder auch nur, diese mit dem ihnen objektiv gebührenden Gewicht zu bereinigen (vgl. BVerwG, U.v. 4.5.1999 – 6 C 13.98 – NVwZ 2000, 915 LS. 2).
Für den Senat haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass sich die Zeugin auf die von ihr vorgenommene Bewertung der Klausur festgelegt hätte und nicht gewillt oder in der Lage wäre, den ihr unterlaufenen Korrekturfehler zu bereinigen. Der Vorwurf der Befangenheit ist vorliegend nicht schon deshalb gerechtfertigt, weil die Zeugin in der mündlichen Verhandlung darauf verwiesen hat, dass die Klausur ihrer Ansicht nach viele andere Schwachstellen habe, die eine bessere Bewertung ausschlössen. Soweit die Zeugin zudem schlüssig erklärt hat, dass – und warum – sie sich bereits bei Verfassung ihrer zweiten Stellungnahme (vom 28.9.2016) Gedanken zur fehlenden Kausalität des klägerischen Fehlers gemacht hat, kann hieraus ebenfalls nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass sich die Zeugin von vorneherein auf ihre Benotung festgelegt hätte. Denn der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung den Eindruck gewinnen, dass die Zeugin gleichwohl die Bewertung der klägerischen Klausur unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts überdenken wird. So war in der mündlichen Verhandlung sehr wohl festzustellen, dass es der Zeugin aufgrund der rechtlichen Ausführungen des Senats bewusst geworden ist, dass sie insbesondere zum Zeitpunkt der Erstellung ihrer Stellungnahme vom 28. September 2016 sowohl hinsichtlich der streitgegenständlichen Einordnung einer fachaufsichtlichen Weisung als Verwaltungsakt als auch in Bezug auf den diesbezüglichen Prüfungsaufbau noch von einer Rechtsauffassung ausgegangen ist, die von gewissen Unsicherheiten ihrerseits geprägt war. Der Senat hat daher keine Zweifel, dass die Zeugin ihre Bewertung im Hinblick auf die Ausführungen des Senats überdenken wird.
Auch ist davon auszugehen, dass die Zeugin bei ihrer in der mündlichen Verhandlung geäußerten Einschätzung, die Klausur habe ihrer Ansicht nach viele andere Schwachstellen, die eine bessere Bewertung ausschlössen, lediglich die in der mündlichen Verhandlung thematisierten Ausführungen der Klägerin auf Seite 3/II unten in den Blick genommen und unberücksichtigt gelassen hat, dass sie bei einer Neubewertung auch einen auf Seite 2 der undatierten Stellungnahme von ihr zugestandenen weiteren Fehler zu bedenken hätte. Dort räumt die Zeugin nämlich ein, dass „in der Tat Art. 8 LStVG in seinem Anwendungsbereich nicht zwingend auf Einzelmaßnahmen zu beschränken ist. Die Erstprüferin nimmt diese Anmerkung zurück; die Heranziehung von Art. 8 LStVG wird nicht länger als Fehler gewertet, da dies vertretbar ist.“ Das Verwaltungsgericht hat zwar in der abschließenden Feststellung der Zeugin, dass „der damit hinzugekommene positive und gleichzeitig weggefallene negative Aspekt nichts an der Gesamtbewertung“ ändere, keine Überschreitung des Prüferermessens gesehen. Es sei nicht bewertungsfehlerhaft, trotz dieses nun anders bewerteten Einzelpunktes in der zusammenfassenden Würdigung daran festzuhalten, dass es für eine ausreichende Leistung insgesamt nicht reiche (vgl. UA S. 11 f.). Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Zeugin im Rahmen einer Neubewertung der klägerischen Klausurbearbeitung zu überdenken haben wird, ob der eingeräumte (weitere) Fehler jetzt nicht doch Auswirkungen auf die Gesamtbewertung haben kann. Auch wenn die Zeugin in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, sie könne sich nicht mehr daran erinnern, ob sie die Ausführungen der Klägerin als erhebliches Defizit bewertet habe, spricht im Übrigen aufgrund ihrer gesamten Anmerkungen und Erläuterungen zur Überzeugung des Senats viel dafür, dass sie den Fehler jedenfalls nicht nur als geringfügig eingestuft hat (vgl. zu den diesbezüglichen Konsequenzen für eine Neubewertung: BVerwG, B.v. 11.6.1996 – 6 B 88.95 – juris Rn. 8)
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.


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