Aktenzeichen 3 U 1786/17
ZPO § 286
Leitsatz
1 Ein Restaurator ist verpflichtet, bei der Ausübung seiner Tätigkeit, soweit es sich nicht um historisch und kulturell völlig unbedeutende Objekte handelt, bestimmte Standards einzuhalten, wie sie in dem „Ehrenkodex für Restauratoren“ von 1986 niedergelegt sind. Diese umfassen für den Restaurator insbesondere die Pflicht, alle von ihm durchgeführten Untersuchungen, deren Ergebnisse und alle zur Substanzsicherung und Restaurierung angewandten Maßnahmen, Methoden und Materialien zu dokumentieren. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2 Verletzt ein Restaurator diese Dokumentationspflichten, so ist sein Einwand, das zu restaurierende Gemälde habe Vorschäden aufgewiesen, im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) nach den Grundsätzen der Beweisvereitelung (§ 242 BGB) als prozessual unbeachtlich einzustufen. (Rn. 27 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
6 O 1405/11 2017-05-16 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 16.05.2017, Az.: 6 O 1405/11, in Z. I dahingehend abgeändert, dass der an den Kläger zu bezahlende Betrag auf 26.462,00 € lautet. Im Übrigen werden die Berufung zurückgewiesen und die Klage abgewiesen.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Dieses Urteil und das erstgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, dass der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung durch den Beklagten aus dem Ersturteil durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, es sei denn, dass der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Gegenstand des Berufungsverfahrens sind Ansprüche des Klägers auf Rückzahlung von Werklohn und Schadensersatz wegen nach seiner Ansicht durch den Beklagten unsachgemäß vorgenommener Reinigung bzw. Restaurierung mehrerer Gemälde. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird auf das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 16.05.2017 (Bl. 314/328 d.A.) verwiesen.
Was den erstinstanzlichen Verfahrensgang angeht, wird auf Seite 6 des Ersturteils Bezug genommen; das Landgericht hat mittels Zeugeneinvernahme, Erholung schriftlicher Sachverständigengutachten der Sachverständigen S… und Dr. von B… und deren mündlicher Anhörung umfassend Beweis erhoben. Es hat sodann der auf Rückzahlung des Werklohns in Höhe von 2.610,– € und Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 66.832,– € gerichteten Klage lediglich in Höhe von 26.642,– € stattgegeben und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Mit der Berufung verfolgt der Beklagte sein Ziel der Klageabweisung weiter.
Der Beklagte beanstandet im Wesentlichen die seiner Ansicht nach unzureichende Beweiswürdigung des Erstgerichts. Dieses habe nicht berücksichtigt, dass die Gemälde vor der Restaurierung durch den Beklagten in einem äußerst schlechten Zustand gewesen seien. Das Gericht lege bei seiner Bewertung, auch was die Schadenshöhe anlangt, unzutreffenderweise immer einen Zustand der Gemälde zugrunde, der vollkommen mangelfrei sei. Der Beklagte verweist in diesem Umfang besonders auf die mündlichen und schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen S…, diese zitierend; auf Seiten 2 unten bis einschließlich Seite 4 der Berufungsbegründung wird insoweit Bezug genommen.
Der Beklagte habe zudem den Kläger bei Übernahme des Auftrags auf Übermalungen auf den verschiedenen Gemälden hingewiesen.
Hinsichtlich der Skizze von Spitzweg, die für die Begutachtung nicht zur Verfügung stand, ziehe das Gericht aus seiner Überzeugung heraus, dass der Beklagte bei zwei anderen Gemälden Fehler gemacht habe, unzulässigerweise den Schluss, auch das Spitzweg-Gemälde sei von ihm beschädigt worden. Einen diesbezüglichen Erfahrungssatz gebe es nicht, mit den Gesetzen der Logik sei dies nicht vereinbar.
Was den Schaden und die Schadenshöhe im Einzelnen angeht, berücksichtige das Gericht nicht, dass der Schaden an den Gemälden in keiner Weise in der genannten Höhe nachgewiesen sei. Auf die Ausführungen unter Ziffer 4 (Seiten 6–8) der Berufungsbegründung wird Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Traunstein vom 15.07.2017, Az.: 6 O 1405/11, das Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat im Termin vom 10.01.2018 (Protokoll Bl. 352/355 d.A.) Hinweise erteilt. Hierzu äußerten sich die Klägervertreter schriftsätzlich am 09.02.2018 (Bl. 357/359 d.A.), der Beklagtenvertreter mit Schriftsatz vom 22.02.2018 (Bl. 360/361 d.A.).
Der Senat hat am 28.02.2018 (Bl. 362 d.A.) Beweisbeschluss erlassen hinsichtlich Einvernahme des Zeugen Dr. H… G. L… und die Ladung der Sachverständigen H… S… und Dr. S… von B… zu diesem Termin angeordnet. Auf Antrag des Beklagtenvertreters wurde als weiterer Zeuge der Auktionator R… S… eladen und einvernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme vom 11.07.2018, in der auch die Sachverständigen H… S… und Dr. S… von B… Stellung nahmen, wird auf die Sitzungsniederschrift vom 11.07.2018 (Bl. 374/383 d.A.) verwiesen.
II.
Der Senat hat aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme zu dem streitgegenständlichen Gemälde „Der Schreiber“ von Carl Spitzweg folgende Feststellungen getroffen:
Es handelt sich um eine Original-Skizze, Öl auf Holz, 14 zu 10,2 cm, unter Nr. 602 in das Werkverzeichnis von Siegfried Wichmann von 2002 aufgenommen. Vor Reinigung/Restaurierung durch den Beklagten waren in einem Innenraum 2 Personen zu erkennen, ein in der Bildmitte stehender Mann am geöffneten Fenster, das scheinwerferartig das Ambiente erhellte und an einem Tisch hinter dem Mann links ein zweiter sitzender Mann (der eigentliche Schreiber). Der stehende Mann trug eine Frackjacke, eine Fliege und eine braune Hose, rechts neben ihm befand sich ein Tischchen mit Akten. An der Wand hingen ein ovales Bildnis sowie weitere gerahmte Landschaften.
Nach der Renovierung/Reinigung waren auf dem Bild deutlich weniger Details zu sehen, so waren das ovale Bild an der Wand und die Akten auf dem Tisch nach der Reinigung kaum mehr zu erkennen. Das einfallende Licht war vor der Reinigung stärker strukturiert, nach der Reinigung ist es kaum noch differenziert.
Das Bild hatte durch die Reinigung/Renovierung zumindest die obere Malschicht weitgehend einbüßt, die Firnis-Schicht fehlte entweder völlig oder es war stattdessen eine sehr dünne Firnis-Schicht angebracht, die aber nicht oder kaum glänzte. Das Bild wurde im Frühjahr 2011 unter dem Titel „Der Federspitzer“ in den Auktionskatalog des Auktionshauses van Ham, Köln, aufgenommen, wo dessen Zustand wie folgt beschriben wurde: „Saubere, geschlossene Malfläche. Firnis erneuert. Bodenfuge nachgezogen. Im Hintergrund oben leichte Verpufzungen und Reste eines alten Firnisses. Insgesamt guter Zustand.“ Die Bodenfugen waren von einem Restaurator nachgezogen bzw. retuschiert. Unter „leichten Verputzungen“ war zu verstehen, dass am Gemälde Reinigungsarbeiten durchgeführt wurden, die einen Pigmentverlust zur Folge hatten.
Der vom Kläger im Einvernehmen mit den mit der Aufnahme in den Katalog befassten Kunsthistorikern des Auktionshauses festgelegte Mindestgebotspreis von 8.000,– € wurde in der Auktion nicht erreicht, so dass nach der Auktion das Gemälde mit Zustimmung des Klägers zu einem vorliegenden Mindergebot von 5.500,– € verkauft wurde, wobei das Aufgeld für den Käufer 25 % beträgt.
Im Ergebnis war das Bild durch die Restaurierung erheblich verändert. Auf der Skizze im vor der Übergabe an den Beklagten gegebenen Zustand waren Details noch zu erkennen, der bei Skizzen typischerweise sichtbare Pinselstrich war auf dem vom Zeugen S… mitgebrachten digitalen vergrößerbaren Foto nicht wahrzunehmen. Die vom Beklagten vorgenommenen Veränderungen wirkten sich negativ auf den Wert der Studie „Der Schreiber“ aus, so dass dieser um etwa 1/3 bis die Hälfte sank. Ein Kenner, der den Pinselstrich von Spitzweg kennt, würde eine derart veränderte Studie nicht mehr kaufen.
Die Wertangabe für das Jahr 2009/2010 (vor der Restaurierung) von 12.000,– € bis 14.000,– € laut Bewertungsgutachten der Sachverständigen Dr. S… von B… vom 19.03.2017 bestätigte sich in der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme.
Diese Tatsachen stehen zur Überzeugung des Senats fest aufgrund Einvernahme des sachverständigen Zeugen Dr. H… G. L…, Kunsthistoriker und von der Regierung von Oberbayern öffentlich bestellter und beeidigter Sachverständiger für wissenschaftliche Echtheitsprüfungen für Münchener Malerei im 19. und 20. Jahrhundert, der im Auftrag des Klägers für dieses Gemälde unter dem 15.11.2010 ein schriftliches Gutachten zur Schadensbewertung (vorgelegt als Anlage K 6) verfasste. Der Zeuge gab an, das Gemälde in dem Zustand vor Restaurierung auf einem sehr guten Foto gesehen zu haben, nach der vom Beklagten vorgenommenen Reinigung im Original und wiederholte in seiner Aussage im Kern den Inhalt seines Gutachtens vom 15.11.2010 (Anlage K 6). Der Senat war von der Glaubwürdigkeit des Zeugen und Glaubhaftigkeit der von ihm gemachten Angaben überzeugt.
Der beklagtenseits benannte Zeuge R… S… gab zwar an, als Auktionator und Abteilungsleiter für alte Kunst beim Aktionshaus van Ham nach mehr als 7 Jahren keine konkrete Erinnerung mehr an den Zustand des Gemäldes „Der Schreiber“ zu besitzen, verwies aber auf die Bildbeschreibung laut vorgelegter E-Mail aus 2011, die entweder von ihm oder seinem Mitarbeiter S… H… stamme. Der gleichfalls als glaubwürdig zu beurteilende Zeuge, dessen Angaben der Senat auch für glaubhaft ansieht; legte eine Kopie der Seite des Auktionskataloges im Format DIN-A 3 vor, dessen linke Seite 158 eine Beschreibung und dessen rechte Seite 159 ein Foto des Bildes „Der Schreiber“ enthielt und stellte den Verfahrensbeteiligten für die Dauer der Beweisaufnahme ein IPad zur Verfügung, auf dem in digitaler und vergrößerbarer Form das Foto von Seite 159 des Kataloges zu sehen war. Die Angabe zum Mindestgebotspreis von 8.000,– € und zum schließlich erfolgten Verkauf zum Mindergebot von 5.500,– € nebst 25 % Aufgeld stammen von ihm.
Der Sachverständige H… S…, langjähriger Sachverständiger für Restaurierung, Erhaltung und Schadensfragen bei Gemälden, gab auf der Grundlage des digitalen vergrößerbaren Fotos auf dem IPad des Zeugen S… folgende Stellungnahme ab, die auszugsweise zitiert wird:
„Bei dem Bild „Der Schreiber“ handelt es sich augenscheinlich um eine Skizze, nicht um ein fertig ausgearbeitetes Gemälde. Es fällt auf, dass bei dem schrägen Lichteinfall es auf dem Foto, das den Zustand vor der Reinigung wiedergibt, rechts unten neben der stehenden Person deutlich heller ist als links oben neben der Person, obwohl man erwarten würde, dass das Licht umso heller ist, je mehr man dem Fenster an der linken Bildseite kommt. Auf dem Tisch links unten auf dem Bild ist auf dem Foto, das den Zustand vor der Reinigung wiedergibt, ein Blumengebinde zu erkennen, während auch nach Vergrößerung auf dem IPad der Zustand nach der Restaurierung an dieser Stelle lediglich eine amorphe Masse darstellt. So etwas hätte Spitzweg nicht gemalt, auch nicht auf einer Skizze. Auf dem Foto, das den Zustand vor der Reinigung wiedergibt, sieht man den Pinselstrich, wie das bei Skizzen typischerweise der Fall ist. Auf dem IPad kann man diesen Pinselstrich auch nach Vergrößerung nicht erkennen. Das ovale Bild an der Wand ist vor der Restaurierung noch mit Rahmen und Schatten erkennbar, nach der Restaurierung nur noch ansatzweise. Auffällig ist auch, dass der graue senkrechte Strich rechts neben dem Oberkörper der stehenden Figur, der durch das Licht hindurchgeht, nach der Restaurierung kaum noch zu sehen ist. Hier fehlen die entsprechenden Pigmente. Während vor der Restaurierung links oberhalb der stehenden Figur der Lichteinfall noch wolkig war, das mag auch Tabakrauch hätte darstellen können, ist der Lichtkegel an dieser Stelle nach der Restaurierung flächig. Der Fensterrahmen auf der linken Seite auf der Höhe des Kopfes der stehenden Figur ist nach der Restaurierung kaum mehr zu sehen.“
Definitiv könne er sagen, dass das Bild durch die Restaurierung verändert wurde. Dem schloss sich die Sachverständige Dr. S… von B…, Kunsthistorikerin und öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für deutsche Gemälde des 19. bis 21. Jahrhunderts, insbesondere der Münchener Schule, an. Auch nach einer solchen verändernden Restaurierung ließen sich für ein Bild, das mit einem großen Namen wie Spitzweg verknüpft ist, noch Käufer finden, allerdings keine Spitzweg-Kenner. Sie bestätigte, dass der Zeitwert im Jahre 2009/2010 vor der Reinigung, wie in ihrem Gutachten aufgrund des damaligen Sach- und Streitstandes festgelegt, ca. 12.000,– bis 14.000,– € betragen habe. Der Wert sei durch die vom Beklagten vorgenommenen Veränderungen um etwa 1/3 bis die Hälfte gesunken, dass man es mit einem Mindestgebot von 8.000,– € in der Auktion versucht habe, stehe dem nicht entgegen.
Der Senat sieht, auch unter Berücksichtigung des Ergebnisses der erstinstanzlichen Beweisaufnahme, insbesondere der dort vernommenen Zeugen, die vorstehend aufgeführten Feststellungen als bewiesen an, zumal im Hinblick auf die Sachkunde der erstmals in der Berufungsinstanz vernommenen Zeugen Dr. L… und R… S… und das im Gegensatz zur landgerichtlichen – Beweisaufnahme in digitaler Form sichtbare Spitzweg-Gemälde. Die Sachverständigen H… S… und Dr. S… von B… erstatteten ihre mündlichen Stellungnahmen schlüssig und widerspruchsfrei zu dem früheren im Verfahren gemachten Angaben.
III.
Auch im Lichte der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme erweist sich die – zulässige – Berufung des Beklagten gegen das Ersturteil des Landgerichts Traunstein als weitgehend unbegründet.
Mit dem Erstgericht kommt auch der Senat zu dem Ergebnis, dass dem Kläger aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrag Schadensersatz wegen der Beschädigung der streitgegenständlichen Bilder aus mangelhafter Werkleistung gemäß § 634 Nr. 4, § 633 Abs. 1, Abs. 2 S. 2 Nr. 2 BGB, § 280 Abs. 1 BGB zusteht. Dieser Schadensersatz beinhaltet sowohl einen Anspruch auf Ersatz des an den Bildern Eduard von Grützners „Mönch mit 2 Bierkrügen und einem Krug“, Alfons Springs „Schlafender Mönch“ und Carl Spitzwegs „Der Schreiber“ entstandenen Schadens, auf Rückzahlung des hierfür bereits bezahlten Werklohns wie auf Erstattung der Kosten für die zur Schadensermittlung und Schadensfeststellung an den 3 vorgenannten und einem weiteren Gemälde erholten Gutachten des Sachverständigen Dr. ….
Der Senat hat die in der Berufungsbegründung geäußerte Kritik an der erstgerichtlichen Beweiswürdigung geprüft. Er hält sie für nicht berechtigt. Das Erstgericht hat sich, was die vom Beklagten im Zuge seiner Reinigungs- bzw. Restaurierungsarbeiten bewirkten Veränderungen an dem Gemälde von Eduard von Grützner „Mönch mit 2 Bierkrügen und einem Krug“ (Ziffer 1.1.1. der Entscheidungsgründe, Seite 8–15 des Ersturteils) und des Gemäldes „Der schlafende Mönch“ von Alfons Spring (Ziffer 1.1.2. der Entscheidungsgründe, Seite 15–19 des Ersturteils) angeht, intensiv und durchweg überzeugend mit dem Beweisergebnis auseinandergesetzt und dabei auch nicht verkannt, dass die vorbezeichneten Gemälde schon bei Übergabe an den Beklagten nicht den Originalzustand der Entstehungszeit mehr aufwiesen.
Soweit der Beklagte in der Berufungsbegründung darauf hinweisen lässt, dass auch der Sachverständige H… S… von Vorschäden der von ihm begutachteten Bilder ausgegangen sei und nicht eindeutig angeben könne, wann und wo die Bilder letztendlich beschädigt worden seien bzw. ob sie vor der Restaurierung bereits beschädigt waren, erfährt dieser Einwand aus prozessualen Erwägungen letztlich keine Berücksichtigung.
Aus dem unstreitigen Umstand, dass der Beklagte bei der Reinigung/Restaurierung der ihm anvertrauten Gemälde keine Dokumentation angefertigt hat, resultieren für ihn prozessuale Nachteile, da er seine Dokumentationspflicht verletzt hat,
In die nach § 286 ZPO vorzunehmende freie Beweiswürdigung ist auch das Rechtsinstitut der Beweisvereitelung einzustellen, die dann vorliegt, wenn eine Partei dem beweisbelasteten Gegner die Beweisführung schuldhaft unmöglich macht oder erschwert, indem sie während des Prozesses oder vorher vorhandene Beweismittel vernichtet, vorenthält oder ihre Benutzung erschwert. Das kann im Einzelfall bei bewusster Beweisvereitelung bis zur Beweislastumkehr führen (BGH NJW 2004, 222; 2006, 434/436), es genügt jedoch schon Fahrlässigkeit. Deshalb ist nicht erforderlich, dass die Handlung gezielt im Hinblick auf einen künftigen oder bereits laufenden Rechtsstreit vorgenommen wird; es reicht aus, dass mit der Handlung eine Pflicht verletzt wird, die zumindest auch dem Schutz einer in einem späteren Rechtsstreit beweisbelasteten Partei dient (vgl. BeckOK ZPO, 28. Edition, Stand 01.03.2018, Bearbeiter Bacher, § 284, Rn. 92).
Aber auch schon, wenn der Partei die allein in ihrem Bereich liegende Erschwerung der Beweisführung im Verhältnis zur beweisbelasteten Gegenpartei nicht als Pflichtverstoß vorwerfbar sein würde, kann es gegen § 242 BGB Verstoßen, wenn sie sich auf deren Beweislast beruft (Thomas/Putzo, ZPO, 39. Aufl. 2018, Bearbeiter Reichold, § 286, Rn. 18).
So hat der BGH nicht nur im Falle ärztlicher Behandlung (Arzt, der fachlich gebotene Befunde nicht erhebt oder nicht ordnungsgemäß sichert), sondern in etlichen Fallkonstellationen der Nichtvomahme einer vorgeschriebenen Dokumentation, so dass sich kein Beweis aus ihr führen lässt, eine Beweisvereitelung angenommen und insoweit grobe Nachlässigkeit des hierzu Verpflichteten ausreichen lassen (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 73. Aufl. 2015, Anhang § 286, Rn. 30). So wurde eine Beweisvereitelung auch angenommen, wenn der Auftraggeber einer Werkleistung bei der Mangelbeseitigung durch Ersatzvornahme die dabei zutage getretenen Mängel nicht oder unzureichend dokumentiert hat (BGH NJW 2009, 360); die Beweislast für die Unrichtigkeit des einseitig erstellten Aufmaßes trifft auch die Partei eines Werkvertrags, die dem Termin für ein gemeinsames Ausmaß unberechtigt ferngeblieben ist, wenn dessen Überprüfung nicht mehr möglich ist, etwa weil das Werk durch Drittunternehmer fertiggestellt oder durch nachfolgende Arbeiten verdeckt ist (vgl. BeckOK, ZPO, a.a.O., § 284, Rn. 92.4).
Vorliegend ist darauf hinzuweisen, dass der Beklagte zwar nicht durch gesetzliche Vorschriften oder die Mitgliedschaft in einem Verband, wie dem VOR (Verband der Restauratoren) dort statuierte Verpflichtungen im Zusammenhang mit Restaurierungen zu erfüllen hat.
Der Beklagte ist jedoch aufgrund seiner Tätigkeit als Restaurator – die er angeblich 40 Jahre völlig beanstandungsfrei ausgeübt haben will – verpflichtet, bei der Ausübung seiner Tätigkeit, soweit es sich nicht um historisch und kulturell völlig unbedeutende Objekte handelt, bestimmte Standards einzuhalten, wie sie in dem „Ehrenkodex für Restauratoren“ von 1986, der auch in der Beweisaufnahme vom Sachverständigen H… S… angesprochen wurde, niedergelegt sind. Es seien im nachfolgenden nur auszugsweise folgende Vorgaben für die Tätigkeit des Restaurators angesprochen, die für den Nachweis des Zustands vor Restauration und der Auswirkungen der im Zuge der Restauration entfalteten Maßnahmen erforderlich und für den im Zivilprozess für einen Schaden beweispflichtigen Auftraggeber schlechterdings unentbehrlich sind:
„2. Dokumentation
Der Restaurator ist verpflichtet, alle von ihm durchgeführten Untersuchungen, deren Ergebnisse und alle zur Substanzsicherung und Restaurierung angewandten Maßnahmen, Methoden und Materialien zu dokumentieren.“
„3. Untersuchung
Der Restaurator muss vor jeder Konservierung oder Restaurierung eine methodische Untersuchung vornehmen, die alle notwendigen historischen und technologischen Fragen abklärt. … Die Untersuchung erfolgt in mehreren Schichten. Sie beginnt mit einer genauen Bestandsaufnahme des angetroffenen Zustands und kann, wenn z.B. historische Veränderungen nicht erhalten werden können, bis hin zu einer Objektanalyse … weitere Untersuchungsschritte erfordern.“
„4. Konservierung und Restaurierung
Der Restaurator hat vorrangig den historischen Bestand des Kunst- und Kulturgutes zu konservieren. … Restauratorische Eingriffe sind irreversibel. Daher muss größte Sorgfalt auf die Planung, Begründung, Ausführung und Dokumentation einer Restaurierung gelegt werden.“
„5. Umfang der Behandlung
Der Restaurator hat den Umfang seiner Behandlung auf das notwendigste zu beschränken. Er darf nicht bewusst, oder zum eigenen Vorteil die Maßnahmen ausweiten, er darf aber auch nichts bewusst unterlassen.“
„6. Technik und Materialien
Der Restaurator darf nur solche Techniken und Maßnahmen anwenden, die nach aktuellem Kenntnisstand den ideellen und materiellen Bestand des Kunst- und Kulturgutes nicht gefährden und künftige Maßnahmen nicht behindern.“
Hält man sich den Kanon dieser Verpflichtungen vor Augen und misst daran die Vorgehensweise des Beklagten bei den streitgegenständlichen Restaurierungen, so ist als Resümee zu ziehen; dass keine dieser Anforderungen vom Beklagten auch nur ansatzweise erfüllt worden ist; wenn seine Arbeitsweise hier einem Prinzip folgte, muss es das des minimalsten Zeit- und Arbeitsaufwandes gewesen sein. Dies ist daraus abzuleiten, dass jeweils ein probatorischer Einsatz einer geringen Dosis Lösungsmittel an einer nicht hervorgehobenen Partie der ihm anvertrauten Bilder, ggf. mehrere solcher Versuche, die natürlich zeitaufwendig waren, nicht zu diesen großflächigen Verwaschungen und Pigmentablösungen geführt hätten (s. zur Firnisproblematik Gutachten Strube vom 14.05.2013, S. 2, Bl. 147 ff. d.A.).
Seine im Termin vom 08.01.2015 (dortiges Protokoll Seite 4 unten) abgegebene Erklärung, er mache „grundsätzlich keine derartigen Dokumentationen“, „weil er seine eigene Reinigungs- und Dublierungstechnik habe und diese nicht preisgeben wolle“, offenbart ein sehr spezielles Berufsverständnis. Das Gericht erlaubt sich an dieser Stelle die Bemerkung, dass die an den streitgegenständlichen Bildern angewandte Reinigungstechnik, geriete sie „in die Hände der Konkurrenz“, höchstens deren Reputation beschädigen würde, würden sie diese übernehmen.
IV.
Was die Reinigung/Restaurierung des Gemäldes „Der Schreiber“ von Carl Spitzweg angeht, hat der Senat aus den hierzu erfolgten Zeugenaussagen der ersten Instanz (W… L… Sch… und A… J…, Ersturteil Seite 19 unten, 20 Absätze 1 und 2) sowie aus der von ihm selbst durchgeführten Beweisaufnahme die Überzeugung gewonnen, dass dieses Gemälde durch sorgfaltswidrige Bearbeitung durch den Beklagten nachhaltig und gravierend beschädigt worden ist.
Dies ergibt sich bereits aus. einem Vergleich des Fotos Anlage K 11 (das den Zustand vor Reinigung zeigt) mit den vorgelegten Fotografien, gleich welcher Qualität, die den Zustand nach Reinigung zeigen, vor allem aber aus der digital gespeicherten Aufnahme des Gemäldes, die auf dem vom Zeugen S… mitgebrachten Laptop in hervorragender Wiedergabequalität betrachtet und auch vergrößert werden konnte.
Der Sachverständige H… S… hat in seiner Anhörung vor dem Senat am 11.07.2018 (Seiten 6/7 des Protokolls) den Zustand des Gemäldes nach Restaurierung, sowie er sich insbesondere aus dem digitalen vergrößerbaren Foto auf dem IPad ersehen ließ, mit dem Zustand vor Restaurierung (anhand Fotos) verglichen und. ist dabei zu derselben Einschätzung gekommen wie bereits der Privatgutachter des Klägers, der öffentlich bestellte und beeidigte Sachverständige Dr. H… G. L… mit seiner Schadensbewertung vom 15.11.2010 (Anlage K 6).
Beide haben festgestellt, dass durch die Reinigung Details und Farbabstufungen weitgehend verloren gegangen sind und Farbpigmente dem aufgetragenen Lösungsmittel zum Opfer fielen, Der bei Skizzen typischerweise erkennbare Pinselstrich (so auch auf dem Foto vor der Reinigung) ist im Zustand nach der Reinigung (auch bei digitaler Vergrößerung auf dem IPad) nicht erkennbar.
Soweit sich der Beklagte auf einen bereits schlechten Zustand der Spitzweg-Skizze vor Reinigung/Restaurierung beruft, kommt dieser Einwand nicht zum Tragen, da das Fehlen einer vom Beklagten zu fertigenden Dokumentation unter dem Aspekt der Beweisvereitelung zu bewerten ist; dies ergibt sich auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB: Der Beklagte hat dem Kläger keine Möglichkeit eröffnet, nach (vorsichtigem!) Ablösen des alten Firnis ihm die bis dato erhaltene Gemäldesubstanz persönlich aufzuzeigen und/oder den Befund fotografisch zu sichern. Nach dem Anbringen einer neuen Firnis-Schicht und den erwiesenermaßen sehr eingreifenden Maßnahmen des Beklagten hätte es für den Kläger eine unzumutbare Erschwernis mit der Gefahr einer weiteren Beschädigung des Gemäldes beinhaltet, den vom Beklagten angebrachten Firnis wiederum abzunehmen und den Versuch zu unternehmen, auf der direkten Malschicht trotz der durch zu starkes Lösungsmittel bedingten Verwaschungen einen „Urzustand“ ermitteln zu lassen.
Der Senat betrachtet nach alledem einen massiven Schaden an dem Gemälde „Der Schreiber“ durch mangelhafte Bearbeitung des Beklagten nachgewiesen, ins Gewicht fallende Vor-Restaurierungen und -schäden sind für die Bewertung des Schadensausmaßes nicht feststellbar und aus den genannten Gründen auch nicht rechnerisch anzusetzen.
V.
Hinsichtlich der Bemessung der einzelnen Schadensbeträge für die streitgegenständlichen Bilder wurde beklagtenseits wiederum das Argument von Vorschäden eingewandt. Dieses kommt – unter Berücksichtigung des vorstehend angesprochenen Gesichtspunktes der Beweisvereitelung – allerdings nur dort zum Tragen, wo der Sachverständige S… aufgrund der Fotodokumentation von vor 2010 vorhandenen Schäden ausgehen konnte. Im Hinblick hierauf ist zu den einzelnen streitgegenständlichen Gemälden auszuführen:
1. Eduard von Grützner „Mönch mit 2 Bierkrügen und einem Krug“:
Der Sachverständige H… S… hat in seiner Anhörung vor dem Erstgericht am 03.04.2017 (Protokoll Seite 12 bis Seite 14) sich zu den von ihm feststellbaren Retuschen und Veränderungen gegenüber dem Zustand vor Reinigung geäußert. Hierauf kann zur Meidung von Wiederholungen Bezug genommen werden. Insoweit ist auch zu sehen, dass der Sachverständige einige nicht auf den Beklagten zurückführbare Veränderungen des Gemäldes gegenüber dem ursprünglichen Originalzustand ermitteln konnte. Die Faktoren der Vorrestaurierung hat auch die Sachverständige Dr. S… von B… bei ihrer Wertberechnung miteinfließen lassen. Sie führte im Termin vom 03.04.2017 vor dem Erstgericht aus (Protokoll Seite 18, letzter Absatz): „Bei meiner Wertschätzung habe ich alle Faktoren, die ich aus der Akte erkennen konnte, miteinfließen lassen. Hieraus und aus den Bildern ergab sich schon, dass der Grützner bereits zuvor restauriert und dubliert war. Deshalb habe ich diese Faktoren in meine Begutachtung miteinfließen lassen. Ich habe deshalb auch nicht die Höchstpreise, die Grützner ansonsten am Markt erzielt hat, angesetzt, sondern niedrigere Preise.“
Die Sachverständige gibt den Wert des Gemäldes von Grützner im Jahre 2009 (vor der Reinigung/Restaurierung) mit 15.000,– bis 20.000,– € an. Legt man den Mindestwert zugrunde, andererseits den von der Sachverständigen angegebenen höchsten Restwert (2.000,– bis 3.000,– €), gelangt man zu einem Schadensbetrag in Höhe von 12.000,– €; Anlass, zwischenzeitliche Preisentwicklungen wie den im letzten Jahrzehnt feststellbaren Wertverfall von Gemälden mit entsprechendem Sujet zu berücksichtigen, besteht nicht.
2. Alfons Spring „Der schlafende Mönch“:
Der Sachverständige S… hat seine Einschätzung aus dem Erstgutachten, dass dieses Bild vor der Reinigung/Restaurierung durch den Beklagten bereits restauriert war, nicht mehr aufrechterhalten wollen (vgl. Protokoll vom 03.04.2017, Seite 15, Zeilen 9–11 von unten). Die aus dem Vergleich mit dem Foto des Vorzustandes ersichtlichen Detailänderungen haben jedenfalls nach seiner Auffassung den Charakter des Bildes insgesamt verändert und vom Urzustand nicht viel erhalten lassen. Die Sachverständige Dr. S… von B… hat in ihrem Gutachten hierfür einen Wert von 3.000,– bis 5.000,– € angesetzt, dies allerdings unter der Prämisse aus der früheren Einschätzung des Sachverständigen Strube vom 24.05.2013, dass das Gemälde bereits vor der strittigen Restaurierung restauriert worden sei. Als Restwert gab sie 600,– bis 800,– € an (Protokoll vom 03.04.2017, Seite 19, Zeilen 8/9 von unten). Der vom Erstgericht insoweit angenommene Schaden von 2.200,– € begegnet damit keinen Bedenken.
3. Carl Spitzweg „Der Schreiber“:
Der Senat hat insoweit die Sachverständige Dr. von B… die während der am 11.07.2018 durchgeführten Zeugeneinvernahme und Anhörung des Sachverständigen S… ständig anwesend war und auch das Bild „Der Schreiber“ in Form der „IPad-Wiedergabe“ betrachten konnte, sich mündlich zum Wert äußern lassen. Sie verwies auf ihre seinerzeitige Wertermittlung Seiten 3/4 ihres Gutachtens vom 19.03.2017 (Bl. 299), wo sie den Wert dieses Bildes im Jahre 2009/2010 auf 12.000,– bis 14.000,– € taxiert hatte.
Dieser Wert bezieht sich auf einen Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung durch den Beklagten. Die Sachverständige führte sodann aus, dass die vom Beklagten vorgenommenen Veränderungen sich negativ auf den Wert der Skizze „Der Schreiber“ ausgewirkt hätten, der etwa um 1/3 bis zur Hälfte gesunken sei. Insbesondere würde ein Kenner von Spitzweg eine solche Studie nicht mehr kaufen, weil ein Kenner den Pinselstrich von Spitzweg kenne und dieser jetzt verändert worden sei. Gleichwohl würde ein Kaufinteresse bei Kreisen bestehen, die keine Spitzweg-Kenner seien und meinten, mit diesem Bild eine Entdeckung gemacht zu haben. Der von der Sachverständigen angenommene Wertverlust korreliert in etwa mit dem Kaufpreis von 5.500 €, der im Frühjahr 2011 beim Verkauf im Auktionshaus van Ham erzielt wurde, nachdem die vorher angesetzte Versteigerung mit einem Mindestgebot von 8.000,– € keinen Zuschlag ergeben hatte. Dieser Preis liegt, zumal der Käufer 25 % zusätzlich an das Auktionshaus als Aufgeld entrichten musste, innerhalb der von der Sachverständigen Dr. S… von B… ermittelten Summen. Der vom Erstgericht errechnete Schaden von 6.500,– € ist im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO bei der von vornherein gegebenen Schwankungsbreite der Wertbemessung von durchaus vertretbarer Größenordnung.
4. Rückforderung des Werklohns
Der Beklagte ist auch verpflichtet, den für die Restaurationsarbeiten an den vorstehend genannten Gemälden sowie an dem Ernst Kaiser zugeschriebenen Gemälde „Chiemseeufer mit Ziegenhirten“ inklusive Rahmen entrichteten Werklohn im Rahmen des großen Schadensersatzes zurückzuzahlen; ausgenommen hiervon ist der auf das Gemälde Karl Raupp „Fischer am Chiemseeufer“ inklusive Rahmen entfallende Betrag von € 168,22 zuzüglich 7 % Mehrwertsteuer. Nur in dieser Höhe (180,00 €) hat die Berufung des Beklagten Erfolg. Ansonsten hat sich die Bezahlung, des Werklohns für den Kläger als sinnlose Ausgabe erwiesen, da er die Bilder in einem schlechteren Zustand, verglichen mit dem vor Restaurierung, zurückerhalten hatte.
Dies wurde vorstehend hinsichtlich der Gemälde Eduard von Grützners, Alfons Springs und Carl Spitzwegs bereits dargelegt. Wenngleich für das Ernst Kaiser zugeschriebene Gemälde „Chiemseeufer mit Ziegenhirten“ kein Schadensersatzbetrag aufgrund des nach Behauptung des Klägers durch den Beklagten verursachten Wertverlusts festgesetzt werden konnte, steht aufgrund der Beweisaufnahme gleichwohl fest, dass der insoweit bezahlte Werklohn eine sinnlose Ausgabe darstellte.
Es ist insoweit zunächst auf das Gutachten des Sachverständigen H… S… vom 24.05.2013, Seite 10–13 (Bl. 147 d.A.) hinzuweisen. Hier findet sich u.a. folgende Aussage (Seite 11, letzter Absatz): „Die gesamte Malfläche ist entstellend verrieben und verputzt. Das Vorzustandsfoto zeigt Verputzungen im blau des Himmels, die jedoch anders abgegrenzt sind, als sie der gegenwärtige Zustand zeigt. Stellenweise wird aufgrund zu starker Reinigung der Ölgrund oder gar die Leinwandstruktur sichtbar. Besonders ist dies in helleren Partien (Abbildung 3.4) und der Schilfzone rechts unten (Abbildung 3.5) sichtbar.“
Der Sachverständige gelangt zum Fazit: „Im jetzigen Zustand des Bildes ist eine Autorenschaft des Malers Kaiser kaum noch nachvollziehbar. Wegen des gravierenden Schadensbilds des Gemäldes kann nur von einem Totalschaden gesprochen werden, zumal es nicht mehr befriedigend rekonstruiert bzw. restauriert werden kann“. Im Übrigen ist noch auf die Aussage der Zeugin A… J…u verweisen, die die Bilder im Zustand vor Beauftragung des Beklagten sah. Zu der Zustandsänderung konnte sich die Zeugin J… insoweit erklären, als nach der Auftragsdurchführung durch den Beklagten „bei dem Chiemsee-Bild die Strukturen auch nahezu vollständig weg waren. Man hat die Leinwand herausschimmem sehen und es war fast keine Farbe mehr vorhanden.“ (Protokoll vom 03.04.2017, Seite 7, 6. Absatz von unten) und weiter (Seite 8, 3. Absatz von oben): „Es sind keine Konturen und Strukturen mehr auf dem Bild zu erkennen. Das Ganze sieht so aus, als läge ein grauer Schatten über dem Bild. Das war vorher nicht so.“
Der Senat hat keinen Anlass, den sehr ausgewogenen Darlegungen des Sachverständigen S… und der Bekundung der Zeugin J…, die das Gemälde vor und nach Restaurierung/Reinigung sah, nicht zu folgen. Zudem wiederholt sich bei diesem Bild ein gewisses Muster des Umgangs des Beklagten mit ihm zur Reinigung/Restaurierung anvertrauten Bildern, das vorstehend bei den anderen restaurierten Gemälden ausgiebig thematisiert worden ist.
Von daher ist eine Rückzahlung des Werklohns i.H.v. 2.610,00 € – 180,00 € = 2.430,00 € im Zuge des Schadensersatzes (bis auf die für das Karl Raupp-Bild entfallende Werkleistung) gerechtfertigt.
5. Auch die Kosten für beim Sachverständigen Dr. H… G. L… in Auftrag gegebenen Privatgutachten (Anlagen K 6 bis K 9) in Höhe von insgesamt 3.332,– € sind zu ersetzen. Nach dem Ausmaß der festgestellten Veränderungen, wie er sich für den Kläger vor Einleitung des Gerichtsverfahrens aus den Angaben der Zeugin A… J…, aber auch aus eigener Wahrnehmung, ergab, war es gerechtfertigt, eine Schadensbewertung durch einen qualifizierten Sachverständigen vor Klageerhebung vornehmen zu lassen.
Die Art der zu begutachtenden Objekte bedingt, dass nur wenige kunsthistorisch besonders qualifizierte Gutachter (hier für Münchener Malerei im 19. und 20. Jahrhundert) zur Verfügung stehen, woraus sich entsprechend hohe Stundensätze (der abgelehnte sachverständige J… Sch… von R… forderte einen Stundensatz von 180,00 €, die Sachverständige Dr. S… von B… von 100,00 €) ergeben. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Sachverständige Dr. H… G. L… insgesamt 4 Bilder zu begutachten hatte und die schriftlichen Gutachten einen Umfang von jeweils zumindest 5 Textseiten aufweisen, wobei zum Teil sonstiges Ouevre der jeweiligen Maler für die Bewertung mit heranzuziehen war, erscheint zumindest ein Anfall von 28 Stunden á 100,– € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO angemessen, was den angesetzten Betrag von 3.332,– € ergibt. Als Schätzungsfaktoren konnten vom Erstgericht vertretbarer Weise auch die im vorliegenden Verfahren bei Gericht angefallenen Gutachtenskosten eingestellt werden. Ob und inwieweit sich die vom Sachverständigen Dr. … angegebenen Schadensbeträge mit dem Ergebnis der gerichtlichen Beweisaufnahme decken, ist unter dem Gesichtspunkt der Erstattbarkeit kein relevantes Kriterium.
VI.
In dem bereits angesprochenen Umfang (auf das Gemälde Karl Raupp entfallender Werklohn) erwies sich die Klage als nicht begründet und war die Berufung insoweit zurückzuweisen, ohne dass sich dies auf die Auferlegung der Kosten zu Lasten des Beklagten für das Berufungsverfahren auswirken würde (§ 97 Abs. 1 ZPO, § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Ziff. 11, § 711 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen (§ 543 Abs. 2 ZPO). Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung, getroffen aufgrund einer umfangreichen Beweisaufnahme in erster und zweiter Instanz, die anfallenden Rechtsfragen sind in Übereinstimmung mit der ober- und höchstgerichtlichen Rechtsprechung entschieden worden.