IT- und Medienrecht

Einstufung einer Partei als Verdachtsfall

Aktenzeichen  9 B 273/21 MD

Datum:
7.3.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 9. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0307.9B273.21MD.00
Normen:
Art 1 Abs 1 GG
§ 7 Abs 2 VerfSchutzG ST 2006
Art 20 GG
Art 1 Abs 1 GG
§ 7 Abs 2 VerfSchutzG ST 2006
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Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Voraussetzungen für die Einstufung einer politischen Partei als Verdachtsfall im Sinne von § 7 Abs.2 VerfSchG-LSA (juris: VerfSchutzG ST 2006) (Rn.3)

Tenor

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin, die über ca. 1.350 Mitglieder verfügt und derzeit im Bundestag mit 83 Abgeordneten (19,6% der Wählerstimmen) und im Landtag von Sachsen-Anhalt mit 23 Abgeordneten (20,8% der Wählerstimmen), in kommunalen Vertretungen sowie im Europaparlament vertreten ist, begehrt von dem Antragsgegner, es zu unterlassen, sie als verfassungsschutzrechtlichen Verdachtsfall zu führen und zu beobachten.
Von diesem Umstand erlangte die Antragstellerin Kenntnis, nachdem die Landesregierung am 25.01.2021 das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) gemäß § 15 LVerSchG-LSA darüber unterrichtete. Grundlage dieser Unterrichtung war der Einrichtungsvermerk des Antragsgegners vom 23.11.2020, der sich bei den Akten befindet. Darin führt der Antragsgegner aus, es bestünden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin Bestrebungen gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung verfolge, indem sie sowohl das Prinzip der Menschenrechte als auch das Demokratieprinzip negiere.
Daraufhin hat die Antragstellerin zugleich mit dem Klageverfahren (Az.: 9 A 272/21 MD) am 02.04.2021 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung rechtshängig gemacht. Zur Begründung führt sie aus:
Der Antrag sei zulässig, erforderlich und geboten. Die Antragstellerin könne geltend machen, in ihrem aus Art. 21 Abs 1 GG resultierenden Recht auf Chancengleichheit verletzt zu sein. Sie müsse, so ihre Ausführungen in der Antragsschrift vom 02.04.2021, daher den Landtagswahlkampf sowie den anstehenden bundesweiten Wahlkampf mit dem malus führen, dass sie als rechtsextremes Beobachtungsobjekt gelte; dies sei unzumutbar. Als Partei sei sie ein wesentlicher Faktor des Verfassungslebens. Die hier relevante Hochstufung vom Prüffall zum Verdachtsfall mit den damit insoweit einhergehenden Folgen sei geeignet, das Vertrauen der Wähler zu schmälern. Insbesondere angesichts der drohenden Einsätze nachrichtendienstlicher Mittel zulasten von 1.400 Personen, darunter zahlreiche Abgeordnete und Wahlbewerber, sei an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vom 17.09.2013 erinnert. Nicht zuletzt habe das Bundesverfassungsgericht darin festgestellt, dass sich die eingesetzten Mittel des Verfassungsschutzes in verhältnismäßiger Weise an dem verletzten Rechtsgut auszurichten habe. In den Blick zu nehmen sei insoweit auch der Umstand, dass in die Kommunikation zwischen den Abgeordneten und den Wählern und Wählerinnen eingegriffen werde. Auch die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten stehe in Rede. Die Einordnung als Verdachtsfall durch den Antragsgegner habe erhebliche Auswirkungen auf den demokratischen Willensbildungsprozess. Damit verstoße der Antragsgegner gegen das vom Bundesverfassungsgericht gerade auch in der Vorwahlzeit geltungsbeanspruchende Neutralitätsgebot des Staates. Denn je näher Veröffentlichungen an den Beginn der heißen Phase des Wahlkampfes heranrückten, desto weniger könnten ihre Auswirkungen auf das Wahlergebnis ausgeschlossen werden. Die Willensbildung des Volkes vor den Wahlen sei nach Möglichkeit von staatlicher Einflussnahme freizuhalten.
Bereits der Umstand, dass die Einstufung als Verdachtsfall an die Öffentlichkeit geraten ist, sei rechtswidrig, zumal in erheblicher Weise sowohl die regionale als auch die über- regionale Presse seit dem 12.01.2021 darüber berichtet habe, dass der Verfassungsschutz des Landes Sachsen-Anhalt die Antragstellerin unter Beobachtung nehme. Da die Beobachtung nunmehr den Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel erlaube, habe der Verfassungsschutz die Partei als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuft und könne so mit rechtlicher Legitimation knapp 1.400 Mitglieder mit geheimdienstlichen Mitteln überwachen.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen dafür, dass die Antragstellerin als Verdachtsfall zu führen und zu behandeln sei, lägen nicht vor. Denn es gäbe keine tatsächlichen Anhaltspunkte, dass die Antragstellerin verfassungsfeindliche Ziele verfolge, schon gar nicht zielgerichtet, und erst recht nicht in ihrer Gesamtheit. Der Antragsgegner habe insoweit keine nach Qualität und Quantität hinreichenden Anhaltspunkte, um den Verdacht als durch Tatsachen fundiert erscheinen zu lassen. Die Antragstellerin verfolge keine Bestrebungen, die sich gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne § 5 Abs. 1 VerfSchG-LSA richten würden. Ausgehend von der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.07.2010 solle verhindert werden, dass die Sammlung und Auswertung von Informationen lediglich aufgrund bloßer Mutmaßungen, Hypothesen oder Prognosen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen könnten, bzw. aufgrund der bloßen Annahme, dass verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen könnten, stattfindet. Die verfassungsfeindlichen Bestrebungen müssten auch von einem direkten Vorsatz (sogenannter dolus directus 1. Grades) im Sinne eines vorsätzlich darauf Abzielens begleitet sein.
Politische Parteien seien nicht schon deshalb verfassungsfeindlich, weil sie mit ihren Zielen bis an den Rand äußerster randdemokratischer Einstellungen reichten. Vielmehr sei dies erst dann der Fall, wenn der demokratische Verfassungsstaat und seine fundamentale Wertordnung abgelehnt würden; mitnichten lägen dem Antragsgegner konkrete und in gewissem Maße verdichtete Umstände als Tatsachenbasis für den von ihm angenommenen Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen vor. Denn die tatsächlichen Anhaltspunkte müssten hinreichend gewichtig sein. Rechtfertigen sie vielmehr nur den Schluss, dass möglicherweise ein Verdacht begründet sei, reiche diese für die Einstufung als Verdachtsfall eben gerade nicht aus. So würde dieses Kriterium dann nicht erfüllt, wenn lediglich Meinungen vertreten werden, zumal darüber hinaus derartige tatsächliche Anhaltspunkte der Partei und nicht nur einzelnen Mitgliedern zurechenbar seien. Von besonderem Aussagewert sei deshalb stets das Grundsatzprogramm einer Partei. Damit habe sich der Antragsgegner jedoch nicht einmal ansatzweise auseinandergesetzt, sondern vielmehr sein Tätigwerden ausschließlich an Einzelaussagen und dem Verhalten einzelner Parteimitglieder orientiert. Der Antragsgegner habe in diesem Zusammenhang zudem verkannt, dass etwa bei mehrdeutigen Aussagen die Deutung zugrundezulegen sei, die für den Betroffenen am günstigsten ist. Im Hinblick auf möglicherweise inhaltlich verfassungsfeindliche Äußerungen sei zudem zu berücksichtigen, dass allein aufgrund der Äußerung nicht bereits auf eine verfassungsfeindliche Gesinnung geschlossen werden dürfe. Auch seien in diesem Zusammenhang stehende „Entgleisungen“ nicht zu berücksichtigen. Stets sei auch die Frage danach zu stellen, inwieweit Äußerungen eines einzelnen Mitglieds der Partei zugerechnet werden könnten, insbesondere wenn diese keine Möglichkeit habe, das Verhalten zu beeinflussen. Auf die Existenz des sog. Flügels und seiner politischen Ausrichtung könne die Einstufung durch den Antragsgegner deshalb nicht erfolgreich gestützt werden, weil dieser seit März 2020 nicht mehr existiere. Zudem habe der Bundesvorstand am 20.11.2020 einen Grundsatzbeschluss zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gefasst.
Die Antragstellerin bekenne sich zum deutschen Staatsvolk und zur deutschen Identität, was nicht gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung streite. Insoweit verfolge sie jedoch nicht den ihr vom Antragsgegner unterstellten völkischen-abstammungsmäßigen Volksbegriff, sondern in der Tradition des Grundgesetzes allein eine Priorisierung der deutschen Volkszugehörigkeit, wie dies bereits in Art. 116 GG zum Ausdruck komme. Der von der Antragstellerin angestrebte Erhalt deutscher Kultur führe nicht gleichsam zur Ausgrenzung anderer Ethnien; allein letzteres sei verfassungsrechtlich nicht zulässig. Die Zugehörigkeit zur deutschen Volksgruppe sei darüber hinaus in einer Vielzahl von Gesetzen, so unter anderem dem Bundesvertriebenengesetz, Voraussetzung für den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit. Dass die Erhaltung einer ein Volk prägenden Identität und Kultur schützenswert sei, sei wesentlicher Bestandteil deutscher Außenpolitik, wenn es um den Schutz derartiger Rechtsgüter in anderen Ländern gehe. Zusammenfassend gehe es der Antragstellerin darum, eine weitere Zurückdrängung deutscher Kultur und Identität durch den politischen Raum zu verhindern; ein solches Vorgehen sei verfassungsrechtlich geschützt.
Dem Menschenwürdebild des Art. 1 Abs. 1 GG zuwiderlaufende Bestrebungen seien entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nicht den von der Antragstellerin vertretenen Auffassungen zur aktuellen Ausländer und Migrationspolitik zu entnehmen, wobei ihr eine Vielzahl der dafür herangezogenen Äußerungen bereits nicht zurechenbar seien.
Durch das nicht begründete Vorgehen des Antragsgegners liege auch ein Verstoß gegen das Sachlichkeitsgebot vor. Ferner verstoße das Vorgehen gegen das sich aus Art. 21 Abs. 1 GG ergebene staatliche Neutralitätsgebot. Die Hochstufung vom Prüf- zum Verdachtsfall sei auch ermessensfehlerhaft. Denn das Vorgehen sei nicht an Recht und Gesetz, sondern an politischer Opportunität ausgerichtet gewesen. Jedenfalls werde mit der Veröffentlichung der Ruf der Antragstellerin geschädigt. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz beachte in keiner Weise die Stellung der Parteien im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Insofern genüge nämlich, wie auch im allgemeinen Sicherheitsrecht, ein bloßer Gefahrenverdacht nicht. Im Übrigen enthalte Art. 21 GG eine abschließende Regelung zum Umgang mit Parteien; eine Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit einer Partei sei allein dem Bundesverfassungsgericht vorbehalten. Bis zu einer solchen Erklärung bestehe für alle Parteien das Gebot der Chancengleichheit; eine Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden nähere sich einem kleinen Parteienverbot im Sinne einer Verfassungsfeindlichkeit an. Der hier zur Unterlassung gestellten Beobachtung durch den Antragsgegner mangele es bereits an der dafür erforderlichen Begründung, die sich aus allgemeinen Rechtsstaatsaspekten ergebe. Mit der Beobachtung einer Oppositionspartei wie der Antragstellerin gehe zudem eine Verkehrung der verfassungsrechtlichen Stellung der Opposition einher. Zudem habe der Antragsgegner das auch für Parteien geltende Grundrecht auf „gute Verwaltung“ aus Art. 41 der EU-Grundrechte-Charta außer Acht gelassen. Danach sei es jedenfalls geboten gewesen, vor der Veröffentlichung die Antragstellerin anzuhören, die Maßnahmen umfassend zu begründen, ihr Akteneinsicht zu gewähren und das Gebot der Neutralität von Verwaltungshandeln zu wahren. Darüber hinaus seien entlastende Umstände gar nicht ermittelt bzw. nicht in die Abwägung eingestellt worden. Zusammenfassend könne eingeschätzt werden, dass in pflichtwidriger Weise keine Prüfung auf der Grundlage des Rechts stattgefunden habe, sondern allein eine politisch motivierte Entscheidung getroffen worden sei. Dabei handele es sich um eine eklatante Pflichtverletzung, die für sich genommen bereits die Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme, insbesondere ihre Unverhältnismäßigkeit indiziere. Dies betreffe insbesondere die EU-Grundrechte-Charta und die Europäische Menschenrechtskonvention. Diese gewährleiste auch politischen Parteien Freiheiten, die durch den Antragsgegner verletzt worden seien. Bei Maßnahmen gegenüber politischen Parteien sei insbesondere die Vorgabe des Art. 12 Abs. 2 EU-Grundrechte-Charta zu beachten. Maßnahmen des Verfassungsschutzes dürften insbesondere nicht dazu benutzt werden, den politischen Gegner zu bekämpfen. Derartige Methoden gegenüber einer unbequemen Opposition seien der freiheitlich-demokratischen Grundordnung unwürdig und europarechtlich klar verboten. Der so ausgeformte europarechtliche Schutz der Chancengleichheit im politischen Wettbewerb strahle auch auf das Tätigwerden von Verfassungsschutzbehörden aus. Der Europäische Gerichtshof prüfe besonders genau jede Maßnahme, die sich alleine oder generell zum Nachteil der Opposition auswirke, vor allem dann, wenn sie ihrer Natur nach so sei, dass sie die Absichten von Oppositionsparteien, überhaupt in der Zukunft an die Macht zu kommen, nachteilig zu beeinflussen in der Lage sei. Damit sei es nicht vereinbar, wenn allein Kritik an der Regierung und staatstragenden Institutionen in einen Angriff auf die Demokratie selbst umgedeutet werde. Darüber hinaus bestehe die Pflicht staatlicher Stellen zur Neutralität aus europarechtlicher Sicht nicht nur im Zusammenhang mit Wahlen. Insofern sei eine Ungleichbehandlung der Parteien nicht nur durch die Verfassungsschutzbehörden der Länder und des Bundes zu konstatieren.
Soweit der Antragsgegner hinsichtlich der Antragstellerin verfassungsfeindliche Bestrebungen vor dem Hintergrund der von ihr gehegten Zweifel an dem sog. Multikulturalismus erkennen will, würden damit lediglich Werte wie Kultur und Heimat betont; keineswegs werde damit ein völkischer Abstammungsbegriff verfolgt.
Die Antragstellerin beantragt,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache zu verpflichten, es zu unterlassen,
1. sie als Verdachtsfall einzuordnen, zu beobachten, zu behandeln, zu prüfen und/oder zu führen,
2. zulasten der Antragstellerin und ihrer Mitglieder nachrichtendienstliche Mittel anzuwenden,
3. die Antragstellerin als Verdachtsfall im Verfassungsschutzbericht 2020 zu benennen
sowie
ihr für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld i. H. v. 10.000 € anzudrohen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzuweisen.
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin lägen die Voraussetzungen für ihre Beobachtung, mithin ihre Einstufung als Verdachtsfall, auch im Lichte von Art. 21 Abs. 1 GG vor. Denn tatsächliche Anhaltspunkte seien gegeben, dass sie verfassungsfeindliche Bestrebungen verfolge. Das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte verhalte sich im Spannungsverhältnis zwischen – rechtlich unbeachtlichen – bloßen Vermutungen, Spekulationen, Mutmaßungen oder Hypothesen und dem Umstand, dass Gewissheit hinsichtlich des Vorliegens verfassungsfeindlicher Bestrebungen gerade nicht erforderlich sei. Vielmehr müssten im Lichte der Rechtsprechung des Bundesverfassungs- und des Bundesverwaltungsgerichts lediglich konkrete und in gewissem Umfang verdichtete Umstände als Tatsachenbasis vorliegen, die bei vernünftiger Betrachtung auf das Vorliegen verfassungsfeindlicher Bestrebungen hindeuten; erforderlich seien insoweit tatsächliche Anhaltspunkte von hinreichendem Gewicht und in ausreichender Zahl. Diesbezüglich sei eine Gesamtschau der vorliegenden Erkenntnisse anzustellen, wobei eine verfassungsfeindliche Grundtendenz, wie sie für Partei- und Vereinsverbote gelte, nicht erforderlich sei. Denn gerade die innere Zerrissenheit und Auseinandersetzungen zwischen verschiedenen Gruppierungen und Strömungen innerhalb eines Personenzusammenschlusses können eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz erfordern, da nur so festzustellen sei, in welche Richtung sich dieser bewege und nur so das Parlament und die Öffentlichkeit über eine noch nicht abgeschlossene Entwicklung sachangemessen unterrichtet werden könne. Die gesetzlichen Tatbestände für die Beobachtung von Personenzusammenschlüssen und den in ihnen oder für sie tätigen Personen enthielten keinen subjektiven Tatbestand etwa im Sinne des von der Antragstellerin behaupteten Erfordernisses eines direkten Vorsatzes. Lägen tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vor, so bestehe nicht nur die Befugnis, sondern auch eine Verpflichtung zur Beobachtung durch den Verfassungsschutz.
Soweit die Antragstellerin auf den Schutz durch europarechtliche Vorschriften, insbesondere die EU-Grundrechte-Charta und die europäische Menschenrechtskonvention verweise, folgten daraus keine weitergehenden Schutzansprüche als sie durch nationales Recht vermittelt würden. Insgesamt gehe die Bezugnahme der Antragstellerin auf die Rechtsprechung, die ihre Anforderungen aus der Veröffentlichung von Verdachtsfällen herleite deshalb fehl, weil der Antragsgegner eine solche, wie bereits oben dargelegt, gar nicht beabsichtige. Auch trage die umfangreiche Bezugnahme der Antragstellerin auf die sog. Republikaner- Entscheidungen des VG Berlin und des OVG Berlin-Brandenburg deshalb nicht, weil diese Entscheidungen sich auf die Unzulässigkeit der öffentlichen Berichterstattung bezogen haben. Dafür hätte die Beobachtung durch den Verfassungsschutz bei bloßen Verdachtsfällen – auch nach dem dortigen Landesrecht – nicht genügt. Der rechtliche Maßstab im hiesigen Zusammenhang sei jedoch ein gänzlich anderer. Für die Beobachtung der Antragstellerin durch den Verfassungsschutz genüge das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte; es könnten mithin nicht lediglich erwiesene verfassungsfeindliche Bestrebungen beobachtet werden. Art. 41 Abs. 2 Grundrechte Charta sei bereits nicht anwendbar; der Antragsgegner habe auch entlastende Umstände berücksichtigt.
Im Lichte dessen lägen tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vor, was es rechtfertige, sie als Verdachtsfall einzustufen. Dies ergebe sich aus Äußerungen von Seiten des A.-Landesverbandes selbst, seiner Untergliederungen, seiner Funktionäre und Mandatsträger sowie seiner Verknüpfung mit dem „Flügel“ und anderen rechtsextremistischen Organisationen. Die Antragstellerin verfolge in Abkehr vom Grundgesetz aktiv ein völkisch-abstammungsmäßiges Konzept der „Erhaltung der ethnisch-kulturellen Identität“ und betreibe insoweit in systematischer Weise eine ausländerfeindliche sowie islam- und muslimfeindliche Agitation, was gegen die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG verstoße. So würden Flüchtlinge und andere Migranten verunglimpf, verächtlich gemacht und in der Folge als minderwertig und vor allem als kriminell herabgewürdigt. Damit verfolge die Antragstellerin das Ziel, Migranten möglichst aus Deutschland fernzuhalten bzw. zu entfernen. Die Unterscheidung zwischen Staatsvolk, welches auf der Staatsangehörigkeit beruhe, und dem deutschen Volk, welches durch einen ethnischen Aspekt geprägt sei, führe zur Ausgrenzung von allem Fremden, was der Menschenwürde zuwiderlaufe.
Zudem verfolge die Antragstellerin Bestrebungen gegen das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip. Den Rahmen der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verlasse, wer den Parlamentarismus verächtlich mache, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleistet werden könne. Ausdruck dessen sei u. a. der von der Partei vertretene Geschichtsrevisionismus sowie eine Verunglimpfung des Staates und der ihn tragenden Parteien und Politiker. Darüber hinaus unterhalte die Antragstellerin in beachtlicher Weise Verbindungen zu Personenzusammenschlüssen u. a. zur Identitären Bewegung (IB), zum Institut für Sozialpolitik (IfS) und zur Bürgerinitiative „Ein Prozent“, die teilweise als Verdachtsfall eingestuft seien. Zusammenfassend lasse sich einschätzen, dass hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen der Antragstellerin vorlägen. Die dies belegenden Tatsachen stammten von Mitgliedern des Landesvorstandes, des Land- und Bundestages sowie verschiedener Kreisverbände. Aus diesem Grund komme ihnen ein besonderes Gewicht zu und sie könnten zudem auch nicht als „Entgleisung“ gewertet werden.
Anders als hinsichtlich des parlamentarischen Kontrollgremiums sei eine Information der Öffentlichkeit und des Parlaments über die Einstufung der Antragstellerin als Verdachtsfall von § 15 VerfSchG LSA nicht gedeckt. Deshalb beabsichtige der Antragsgegner auch nicht, die Einstufung der Antragstellerin als Verdachtsfall öffentlich zu machen. Nur ergänzend sei deshalb angemerkt, dass für den Fall, dass eine entsprechende gesetzliche Grundlage bestehen würde, die Öffentlichkeit auch über Verdachtsfälle bei politischen Parteien zu unterrichten sei. Dies sei auch erforderlich, weil der Staat die Rolle der Parteien, die das Grundgesetz ihnen zuweise, dann nicht tatenlos hinnehmen müsse, wenn eine Partei die Willensbildung des Volkes mit verfassungsfeindlicher Zielrichtung betreibe. Der Anwendung der Vorschriften der Verfassungsschutzgesetze auf Parteien stünden weder das Selbstbestimmungsrecht der Parteien noch das Gebot der Chancengleichheit entgegen. Unter dem Gesichtspunkt der wehrhaften Demokratie dürfe der Staat bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte mit den Mitteln des Verfassungsschutzes auch durch Darstellung der betreffenden Partei im Verfassungsschutzbericht oder durch sonstige Information der Öffentlichkeit tätig werden. Für die Unterrichtung der Öffentlichkeit sei auch das für die Regierung geltende Neutralitätsgebot in Bezug auf die Unterrichtung der Öffentlichkeit durch den Verfassungsschutz nicht übertragbar.
Mit Schreiben vom 14.04.2021 hat der Antragsgegner unter Bezugnahme auf Ziffer 2 des Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erklärt, dass die Verfassungsschutzbehörde des Landes Sachsen-Anhalt bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Eilverfahrens keine nachrichtendienstlichen Mittel gegen die Antragstellerin und ihre Mitglieder aufgrund der Zugehörigkeit zur Antragstellerin anwenden werde. Ferner hat er unter Bezugnahme auf Ziffer 3 des Antrages erklärt, dass er nicht beabsichtige, die Antragstellerin im Verfassungsschutzbericht 2020 als Verdachtsfall zu benennen, zumal eine solche Berichterstattung ohnehin bereits aus Rechtsgründen gar nicht zulässig sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie die vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen verwiesen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungsfindung.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
Nach § 123 Abs. 1 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn die Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Der Antragsteller muss einen materiellen Anspruch auf die begehrte Leistung (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der Sache (Anordnungsgrund) glaubhaft machen (§§ 123 Abs. 3 VwGO, 920 Abs. 2 ZPO). Daraus folgt, dass eine einstweilige Anordnung nur dann erlassen werden darf, wenn sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund glaubhaft gemacht worden sind. Hinsichtlich des Anordnungsanspruches bedeutet dies, dass der geltend gemachte Anspruch zwar nicht zur (vollen) Überzeugung des Gerichts bestehen muss (vgl. aber § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO zum Hauptsacheverfahren), dieser jedoch aller Voraussicht nach besteht und sich die Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren über eine mögliche Wahrscheinlichkeit hin zu einer solchen beachtlichen Grades verdichten. Zur Glaubhaftmachung genügt es, wenn die behaupteten Tatsachen so dargelegt sind, dass das Gericht von ihrer überwiegenden Wahrscheinlichkeit ausgeht (BVerfG, B. v. 29.07.2003 – 2 BvR 311/03 -, juris). Im Lichte dessen kommt vorliegend eine vom Bestehen eines Anordnungsanspruchs und -grundes losgelöste reine Interessenabwägung deshalb nicht in Betracht, da hier keine Gründe vorliegen, die (jedenfalls nunmehr) einer abschließenden Beurteilung des voraussichtlichen Ausgangs eines Hauptsacheverfahrens entgegenstehen. Denn ungeachtet der bereits längeren Verfahrensdauer sind der Entscheidung des Gerichts allein die Tatsachen zugrunde zu legen, die der Antragsgegner zur Begründung seines Handelns in das Verfahren eingeführt hat (so auch Puttler in: Sodan/Ziekow, VwGO, Groß-Kommentar, 3. Aufl., § 123 Rn. 97 ff.).
Vor diesem Hintergrund kann die vorliegend von der Antragstellerin begehrte einstweilige Anordnung nur dann erlassen werden, wenn die Voraussetzungen eines allgemeinen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs (vgl. VG Düsseldorf, U. v. 12.04.2013 – 22 K 9174/10 -, juris) wegen eines (fortdauernden) rechtswidrigen Eingriffs in ihre Rechte infolge ihrer Einordnung als Verdachtsfall vorliegen (A.). Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit des Vorgehens des Antragsgegners ist (1.), dass von der Antragstellerin Bestrebungen ausgehen (a.), die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind (b.) und dafür in hinreichender Weise tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen (c.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Antragstellerin um eine politische Partei handelt, die durch ihre Mitglieder in Parlamenten (Bundes- und Landtag, kommunale Vertretungen) repräsentiert wird (d.). Im Lichte dieser Voraussetzungen hat die Antragstellerin im Zusammenhang mit den hier überhaupt in Rede stehenden Verfassungsgrundsätzen, gegen die sich die Bestrebungen der Antragstellerin nach Auffassung des Antragsgegners richten sollen, keinen Unterlassungsanspruch; der Antragsgegner hat die Antragstellerin zu Recht als Verdachtsfall eingestuft (2.).
Auch steht der Antragstellerin nicht das Recht zu, dem Antragsgegner generell untersagen zu lassen, gegenüber ihren Mitgliedern nachrichtendienstliche Mittel einzusetzen (B.). Ebenso bleibt ihr auf Nichtaufnahme in den Verfassungsschutzbericht 2020 gerichtetes Begehren ohne Erfolg (C.).
A. Die Einstufung als Verdachtsfall im Sinne von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:
1. § 7 Abs. 1 VerfSchG-LSA gewährt der Verfassungsschutzbehörde allgemein die Befugnis, Informationen zu erheben, zu verarbeiten und zu nutzen, soweit dies zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 4 Abs. 1 Ziffer 1 VerfSchG-LSA ist es Aufgabe der Verfassungsschutzbehörde Informationen über Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtet sind, zu sammeln und auszuwerten, mithin diese Personen und Personenzusammenschlüsse i.S. v. § 5 Abs. 1 S. 2 VerfSchG-LSA zu beobachten.
Voraussetzung für die Sammlung und Auswertung von Informationen ist jedoch nach § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Ziffer 1, wobei die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschriften im vollen Umfang der gerichtlichen Kontrolle unterliegen; insoweit steht der Verfassungsschutzbehörde auch keine Einschätzungsprärogative zu (vgl. BayVGH, U. v. 22.10.2015 – 10 B 15.1320 -, juris). Liegen (jedenfalls) tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Ziffer 1 VerfSchG-LSA vor, besteht Anlass zur Sammlung und Auswertung von Informationen, da dies geeignet ist, den Verdacht der Gefährdung der darin benannten Schutzgüter zu begründen. Anders gewendet: Die Einstufung als Verdachtsfall ist die rechtliche Folge des Vorliegens tatsächlicher Anhaltspunkte, wobei Letztere sowohl Ausdruck der Relevanz einer Tatsache als auch Maß der Gewissheit des Vorliegens von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sind. Der von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA gebrauchte terminus technicus beschreibt deshalb zutreffend die Tätigkeit des Verfassungsschutzes, die sich als Folge der „allgemeinen Lagebeobachtung“ ergibt, jedoch noch die Vorstufe von „bereits zur Überzeugung feststehenden Bestrebungen“ ist; erst Letztere rechtfertigt dann u. a. auch die Nennung im Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt (vgl. BVerwG, U. v. 26.06.2013 – 6 C 4/12 -, juris, zu § 16 BVerfSchG a. F.).
a.) Das in § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA in Anknüpfung an § 4 Abs. 1 Ziffer 1 sowie § 5 Abs. 1 lit. b) VerfSchG-LSA verwendete Tatbestandsmerkmal einer “Bestrebung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung” verlangt – insbesondere in Abgrenzung zu einer bloßen Meinungsäußerung – eine politisch bestimmte, ziel- und zweckgerichtete Verhaltensweise, die über das bloße Vorhandensein bestimmter Vorstellungen hinaus ein aktives – nicht jedoch notwendig kämpferisch-aggressives – Vorgehen zu deren Realisierung erfordert. Es bedarf mithin hinreichender Anhaltspunkte, aus denen sich ergibt, dass über eine bloße Missbilligung oder Kritik an einem Verfassungsgrundsatz hinausgegangen werden soll. Bestrebungen müssen also politisch determiniert, folglich objektiv geeignet sein, – über kurz oder lang – politische Wirkungen zu entfalten (vgl. BVerwG, U. v. 21.07.2010 – 6 C 22/09 -, juris, zum insoweit wortgleichen § 4 Abs. 1 Satz 1 lit. c) BVerfSchG). Erfasst sind damit Verhaltensweisen, die über rein politische Meinungen hinausgehen und damit auf die Durchsetzung eines politischen Ziels ausgerichtet sind; sie müssen Bestimmungsgründe ihres politischen Handelns sein (BVerfG, U. v. 17.08.1956 – 1 BvB 2/51-, juris). Solche Bestrebungen müssen mithin geeignet sein, einen der in § 5 Absatz 2 VerfSchG-LSA genannten Verfassungsgrundsätze zumindest zu verändern. Neben der Durchsetzung des politischen Hauptziels müssen die Aktivitäten auf die Beseitigung eines der vom Gesetz geschützten Rechtsgüter deshalb bewusst abzielen und somit ein maßgeblicher Zweck der Bestrebung sein. Die bloße Inkaufnahme einer entsprechenden Gefährdung durch ihr Handeln ist nicht ausreichend; die verantwortlich Handelnden müssen mithin auf den Erfolg der Rechtsgüterbeeinträchtigung hinarbeiten. Allein Übereinstimmung oder Sympathie mit den Zielen einer verfassungsfeindlichen Organisation reicht ebenso wie die wissenschaftliche Beschäftigung mit einer extremistischen Theorie nicht aus. Die eindeutig bestimmbare Grenze zwischen wissenschaftlicher Theorie und politischem Ziel liegt dort, wo die betrachtend gewonnenen Erkenntnisse von einer politischen Partei/kommunalen Wählervereinigung, also einer ihrem Wesen nach zu aktivem Handeln im staatlichen/kommunalpolitischen Leben entschlossenen Gruppe, in ihren Willen aufgenommen, zu Bestimmungsgründen ihres (kommunal-)politischen Handelns gemacht werden. Da politische Parteien/kommunale Wählervereinigungen auf politische Aktivität und auf Änderung der politischen Verhältnisse ausgerichtete Organisationen sind, liegt es bei Meinungsäußerungen, die von oder innerhalb einer politischen Partei/kommunalen Wählervereinigung abgegeben werden, zumindest nahe, dass sie mit der Intention einer entsprechenden Änderung der realen Verhältnisse abgegeben werden (so für politische Parteien: BVerwG, U. v. 21.07.2010, a. a. O; vgl. auch VG Düsseldorf, U. v. 12.04.2013 – 22 K 9174/10 -, juris).
Solche Bestrebungen müssen zudem auf einen der in § 5 Absatz 2 VerfSchG-LSA genannten Verfassungsgrundsätze gerichtet sein. Zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Gesetzes zählen danach u. a. das Recht des Volkes, die Staatsgewalt in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung auszuüben (lit. a), das Recht auf Bildung und Ausübung einer Opposition (lit. c) und die im Grundgesetz und in der Verfassung des Landes Sachsen-Anhalt konkretisierten Menschenrechte (lit. g) [vgl. zum Inhalt unten (3)].
b.) Ob gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen vorliegen, die eine Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörde zu rechtfertigen geeignet sind, ist anhand tatsächlicher Anhaltspunkte zu beurteilen. Wie bereits oben ausgeführt, wird dadurch einerseits die Relevanz einer Tatsache und anderseits auch das Maß der Gewissheit des Vorliegens von Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung determiniert. Anders gewendet: Für das Vorliegen solcher Bestrebungen genügt es, wenn sich aus rechtlich relevanten Tatsachen Anhaltspunkte ergeben.
Derartige Anhaltspunkte können sich neben dem Programm bzw. der Satzung des in den Blick genommenen Personenzusammenschlusses auch aus Äußerungen und Taten von führenden Persönlichkeiten und sonstigen Vertretern, Mitarbeitern und Mitgliedern der Gruppierung sowie aus deren Schulungs- und Werbematerial ergeben; diese sind einer eingehenden Bewertung zu unterziehen (vgl. OVG Münster, U. v. 13.02.2009 – 16 A 845/08 -, juris). Bei Äußerungen kommt es nicht auf ihre abstrakte Interpretierbarkeit und Bewertung an, sondern auf ihre konkrete Verwendung und ihren Stellenwert in der Gesamtausrichtung der Gruppierung. Allerdings kann nicht jegliches Verhalten von Anhängern einer Partei zugerechnet werden. Eine Zurechnung ist insbesondere problematisch, wenn die Partei keinerlei Möglichkeit hat, das Verhalten zu beeinflussen. Entscheidend ist daher, dass in dem Verhalten des jeweiligen Anhängers der politische Wille der betroffenen Partei erkennbar zum Ausdruck kommt. Dies wird regelmäßig der Fall sein, wenn das Verhalten eine in der Partei vorhandene Grundtendenz widerspiegelt oder die Partei sich das Verhalten ausdrücklich zu eigen macht. Folglich ist eine differenzierte Betrachtung im Sinne einer Gesamtschau geboten (BVerfG, U. v. 17.01.2017 – 2 BvB 1/13 -, juris). Deshalb kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob zum Beispiel zur Feststellung des Bestehens verfassungsfeindlicher Bestrebungen herangezogene Äußerungen für sich genommen zulässig sind, da sie vom Schutz der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 S. 1 GG umfasst sind. Im politischen Meinungskampf gilt für die Abhandlung von Themen, an denen ein öffentliches Interesse besteht, zwar allgemein die Vermutung für die freie Rede, wobei auch scharfe und übersteigerte Äußerungen grundsätzlich zulässig sind (OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 06.04.2006 – 3 B 3.99 -, juris). Mit der Feststellung, dass die einzelnen Äußerungen unter den Schutz der Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG fallen, ist jedoch nicht zugleich gesagt, dass deswegen die Beobachtung einer Partei unzulässig wäre. Die verfassungsfeindliche Zielrichtung kann sich vielmehr auch aus einer Zusammenschau erlaubter Äußerungen ergeben.
Hinsichtlich der positiven Feststellung tatsächlicher Anhaltspunkte für den Verdacht von Bestrebungen nach § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA bedarf es zwar nicht der Gewissheit, dass Schutzgüter der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beseitigt oder außer Geltung gesetzt werden sollen; andererseits genügen Mutmaßungen oder Hypothesen, die sich nicht auf beobachtbare Fakten stützen können, nicht. Vorliegen müssen vielmehr konkrete Umstände, die bei vernünftiger Betrachtung im Sinne eines Verdachts auf Bestrebungen nach § 4 Abs. 1 VerfSchG-LSA hindeuten und die Aufklärung erforderlich erscheinen lassen. Tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer derartigen Bestrebung können bereits dann gegeben sein, wenn aussagekräftiges Tatsachenmaterial lediglich einen Teilbereich der Zielsetzungen, Verlautbarungen und Aktivitäten des Personenzusammenschlusses widerspiegelt; deren Aussagekraft wird nicht allein dadurch in Frage gestellt, dass daneben eine Vielzahl von Äußerungen existiert, denen sich keine Anhaltspunkte für eine verfassungsfeindliche Ausrichtung entnehmen lassen. Stehen danach die Bestrebungen noch nicht fest, begründen tatsächliche Anhaltspunkte aber einen entsprechenden Verdacht, muss dessen Intensität jedoch so gewichtig sein, dass sie die mit einer Beobachtung einhergehenden nachteiligen Auswirkungen auf die Betroffenen zu rechtfertigen in der Lage sind. Lassen sich Bestrebungen zur Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung aus Meinungsäußerungen ableiten, ist zudem zu berücksichtigen, dass Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ebenso erlaubt ist wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern. Dementsprechend reicht die bloße Kritik an Verfassungswerten nicht als Anlass aus, um eine verfassungsfeindliche Bestrebung zu bejahen. Allerdings ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Verfassungsschutzbehörde das Vorliegen tatsächlicher Anhaltspunkte an den Inhalt von Meinungsäußerungen knüpft, als diese Ausdruck eines Bestrebens sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beseitigen oder außer Geltung zu setzen, wobei Anknüpfungspunkt ausschließlich die (tatsächlichen) Ziele der hinter der Meinungsäußerung stehenden Gruppe, nicht hingegen deren Wirkung auf Dritte ist (vgl. BVerfG, B. v. 24.05.2005 – 1 BvR 1072/01 -; BVerwG, U. v. 21.07.2010, a. a. O., sowie v. 14.12.2020 – 6 C 11/18 -; VG München, B. v. 27.07.2017 – M 22 E 17.1861 -; alle juris). Die Anhaltspunkte müssen mithin in Gestalt hinreichend verdichteter Umstände als Tatsachenbasis geeignet sein, den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen zu begründen; die Eingriffsschwelle ist mithin von Gesetzes wegen gering angelegt (vgl. BVerwG, U. v. 14.12.2020, a. a. O.).
c.) Auch politische Parteien i. S. v. Art. 21 GG sind vom Geltungsbereich des § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA erfasst und können damit grundsätzlich Objekt einer Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörde sein; es handelt sich bei ihnen um einen Personenzusammenschluss im Sinne von § 5 Abs. 1 lit. b) VerfSchG-LSA.
Der Anwendung der Vorschrift steht weder das Selbstbestimmungsrecht der Parteien aus Art. 21 Abs. 1 GG (aa.) noch das Parteienprivileg aus Art. 21 Abs. 2 GG (bb.) entgegen. Dies gilt grundsätzlich auch, soweit Parteimitglieder, die ein Abgeordnetenmandat i. S. v. Art. 38 GG, Art. 41 Abs. 2 Verf LSA bekleiden bzw. Mitglied einer kommunalen Vertretung i. S. v. §§ 36 ff. KVG LSA sind, von der Beobachtung betroffen sind (cc.).
aa.) Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 und 2 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit; ihre Gründung ist frei. Das Grundgesetz setzt die Staatsfreiheit der Parteien als frei gegründeter, im gesellschaftlich-politischen Bereich wurzelnder Gruppen voraus und gewährleistet ihre Unabhängigkeit vom Staat. Ihnen steht das Recht auf Selbstbestimmung zu. Zu dessen Kernbereich gehört das Recht der Parteien, selbst und ohne staatliche Einflussnahme oder Überwachung über ihre Ziele, Organisation und Tätigkeiten zu entscheiden. Sowohl die Freiheit der inneren Willensbildung als auch die freie Entfaltung der Tätigkeiten als Partei sind gewährleistet.
Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet neben der freien Gründung und Betätigung der politischen Parteien auch die gleichberechtigte Teilhabe am politischen Wettbewerb; er garantiert die Chancengleichheit der politischen Parteien. Diese zählt neben dem Mehrparteienprinzip, der Volkssouveränität, der Gewaltenteilung und der Verantwortlichkeit der Regierung zu den Prinzipien, die das Grundgesetz unter dem Begriff der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zusammenfasst (BVerfG, U. v. 16.12.2014 – 2 BvE 2/14 -, juris). Ursprünglich für den Bereich des Wahlkampfs entwickelt, erstreckt sich das Recht auf Chancengleichheit nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung auch auf den politischen Meinungskampf und Wettbewerb im Allgemeinen und damit letztlich auf die gesamte Tätigkeit der Parteien (BVerfG, Kammerbeschluss vom 07.11.2015 – 2 BvQ 39/15 -, juris). Nach Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG wirken die Parteien bei der politischen Willensbildung des Volkes mit, die auch außerhalb von Zeiten des Wahlkampfes stattfindet.
bb.) Soweit es nach §§ 5 Abs. 1 lit. c), 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA auch zulässig ist, Parteien als Personenzusammenschlüsse bei Anhaltspunkten für verfassungsfeindliche Bestrebungen zu beobachten, steht die Vorschrift mit Art. 21 Abs. 2 GG in Einklang.
Nach Art. 21 Abs. 2 Satz 2 GG entscheidet zwar ausschließlich das Bundesverfassungsgericht über die Frage der Verfassungswidrigkeit politischer Parteien. Vor Ergehen einer solchen Entscheidung ist ein administratives Einschreiten gegen den Bestand einer politischen Partei ausgeschlossen. Gegen die Partei, ihre Funktionäre, Mitglieder und Anhänger dürfen wegen ihrer mit allgemein erlaubten Mitteln arbeitenden parteioffiziellen Tätigkeiten keine rechtlichen Sanktionen angedroht oder verhängt werden. Die Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist aber keine solche Maßnahme, sondern dient der Aufklärung des Verdachts, dass die Partei verfassungsfeindliche Ziele verfolgt. Die Zulässigkeit einer solchen Aufklärung wird von der Verfassung vorausgesetzt. Auch ohne die Feststellung ihrer Verfassungswidrigkeit darf die Überzeugung gewonnen und vertreten werden, eine Partei verfolge verfassungsfeindliche Ziele (BVerwG, U. v. 07.12.1999 – 1 C 30.97 -, juris). Der Staat muss es trotz der Rolle, die das Grundgesetz in Art. 21 Abs. 1 Satz 1 den politischen Parteien zuweist, nicht tatenlos hinnehmen, wenn eine Partei die Willensbildung des Volkes mit verfassungsfeindlicher Zielrichtung betreibt. Unter dem Gesichtspunkt der wehrhaften Demokratie darf und muss er bei einem dahingehenden Befund vielmehr mit den Mitteln des Verfassungsschutzes, auch durch Darstellung der betreffenden Partei im Verfassungsschutzbericht, tätig werden (OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 06.04.2006, a. a. O. sowie v. 19.06.2020 – 1 S 55/20 -; juris)
In diesem Vorfeld findet jedoch auch das Selbstbestimmungsrecht der Parteien seine Schranke in der Entscheidung des Grundgesetzes für eine “streitbare Demokratie”. Diese Grundentscheidung ist im Wesentlichen aus Art. 9 Abs. 2, Art. 18, Art. 20 Abs. 4, Art. 21 Abs. 2 und Art. 28 Abs. 3 GG herzuleiten. Sie wird in den Zuständigkeitsvorschriften der Art. 73 Nr. 10 Buchst. b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG bestätigt. Das Grundgesetz vertraut aufgrund geschichtlicher Erfahrung nicht allein darauf, die freiheitliche Demokratie werde sich im Prozess der öffentlichen Meinungsbildung ohne Weiteres behaupten. Es hat darüber hinaus dem Staat die Aufgabe übertragen, die zentralen Grundwerte der Verfassung durch (repressive) Schutzvorkehrungen zu sichern und zu gewährleisten. Die Beobachtung einer politischen Partei auf verfassungsfeindliche Bestrebungen hin zielt dabei nicht ausschließlich darauf ab, die Entscheidung über repressive staatliche Maßnahmen (Parteiverbot) vorzubereiten. Sie bezweckt vielmehr auch, Informationen über die aktuelle Entwicklung verfassungsfeindlicher Kräfte, Gruppen und Parteien im Vorfeld einer Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Verfassungsordnung zu gewinnen und zu sammeln und damit die Regierung und die Öffentlichkeit in die Lage zu versetzen, Art und Ausmaß möglicher Gefahren zu erkennen und diesen in angemessener Weise, namentlich mit politischen Mitteln entgegenzuwirken. Um die Überschreitung der Linie feststellen zu können, von der an verfassungsfeindliche Betätigungen zu einer Gefahr für die freiheitlich demokratische Grundordnung werden, der nicht mehr nur mit politischen Mitteln, sondern auch mit juristischen Mitteln begegnet werden kann, muss dieses Vorfeld notwendig beobachtet werden (BVerfG, U. v. 07.12.1999, a. a. O.).
Der Gesetzgeber hat zudem die Aufgaben und Befugnisse des Verfassungsschutzes so bestimmt, dass Eingriffe in das Selbstbestimmungsrecht der Parteien auf das zur Selbstverteidigung der freiheitlichen Demokratie zwingend Gebotene beschränkt bleiben. Die widerstreitenden Prinzipien der Parteienfreiheit und der wehrhaften/streitbaren Demokratie sind namentlich in § 6 VerfSchG-LSA mit Hilfe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit einem angemessenen Ausgleich zugeführt. Die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall genügt zur Wahrung der Rechte und schützenswerter Belange betroffener Parteien.
Werden die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Beobachtung von Parteien durch den Verfassungsschutz eingehalten und wird dabei insbesondere der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gewahrt, greift diese Beobachtung nicht stärker in den offenen Wettbewerb der Parteien und die Möglichkeit politischer Gestaltung ein, als dies mit Rücksicht auf die Verteidigung der verfassungsrechtlichen Grundlagen der Demokratie erforderlich ist. Missbräuchlich, und deshalb von den eingeschränkten Ermächtigungsgrundlagen eines Verfassungsschutzgesetzes nicht gedeckt, wäre eine einseitige und gezielte, zudem verdeckte Weitergabe von gewonnenen Erkenntnissen an einzelne Parteien oder Politiker, namentlich zur Verwendung im Wahlkampf. Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsschutzes, Munition für den Wahlkampf bereitzustellen (BVerwG, U. v. 21.07.2010, a. a. O.). Eine Beobachtung darf mithin nicht dem Zweck des Machterhalts dienen; dies zu gewährleisten, verlangt absolute Neutralität und strikte Gesetzestreue des Verfassungsschutzes.
cc.) Eine Beobachtung kann sich grundsätzlich auch auf die Mandatsträger der Antragstellerin auf kommunaler sowie Bundes- und Landesebene erstrecken. Denn das freie Mandat (Art. 38 Abs. 1 GG, § 43 Abs. 1 S. 1 KVG LSA) unterliegt einem besonderen Schutz, der jedoch nicht schrankenlos ist und insbesondere durch den in § 6 VerfSchG-LSA normierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ausgeformt wird (vgl. BVerfG, U. v. 17.09.2013, a. a. O.). Gleichwohl ist diesem Umstand und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht bereits auf der Ebene der grundsätzlichen Zulässigkeit der Einstufung als Verdachtsfall, sondern erst bei der jeweiligen Maßnahme Geltung zu verschaffen. Auch im Lichte dessen, dass der von der Einzelmaßnahme Betroffene regelmäßig erst nachgängig davon erfährt, ist es in legitimer Weise dem Antragsgegner überantwortet, sich stets das besondere Spannungsverhältnis, in dem sich die Mandatsausübung und das Interesse an der Sammlung und Auswertung von Informationen befindet, zu vergegenwärtigen (§ 6 VerfSchG-LSA).
2. Bei der hier gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist davon auszugehen, dass hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte für von der Antragstellerin verfolgte Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, namentlich gegen den Grundsatz der Menschenwürde (a.) und das Demokratieprinzip, vorliegen (b.); rechtliche Bedenken gegen die vom Antragsgegner vorgenommene Einordnung der Antragstellerin als Verdachtsfall bestehen nicht (c.).
a.) Es gibt hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin Bestrebungen verfolgt, mit denen dem Grundrecht der Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG sein Wesensgehalt genommen wird.
aa.) Mit dem Begriff der Menschenwürde i. S. v. § 5 Abs. 2 lit. g) i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, 4 Verf-LSA ist der soziale Wert- und Achtungsanspruch des Menschen verbunden, der es verbietet, den Menschen zum bloßen Objekt des Staates zu machen oder ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine subjektive Qualität prinzipiell in Frage stellt. Es handelt sich dabei um das tragende Konstitutionsprinzip im System der Grundrechte (BVerfG, U. v. 17.01.2017 – 2 BvB 1/13 -, juris). Die Verfassungsnorm des Art. 1 Abs. 1 GG schützt einzelne Personen oder Personengruppen dagegen, in einer die Menschenwürde verletzenden Weise ausgegrenzt, verächtlich gemacht, verspottet oder sonst herabgewürdigt zu werden. Denn die Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG umfasst die prinzipielle Gleichheit aller Menschen, ungeachtet aller tatsächlich bestehenden Unterschiede. Sie wird beeinträchtigt bei allen Formen rassisch motivierter Diskriminierung sowie wenn einzelne Personen oder Personengruppen grundsätzlich wie Menschen zweiter Klasse behandelt werden (VG Berlin, B. v. 28.05.2020 – VG 1 L 97/20 -, zitiert nach beckonline; vgl. auch Jarass, in: Jarass/Pieroth, Kommentar zum Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 10. Auflage, § 1 Rn. 6 und 12 m. w. N.). Allein die Verletzung der Ehre einer Person reicht zur Annahme eines Angriffs auf die Menschenwürde allerdings nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass der angegriffenen Person oder dem Mitglied der angegriffenen Personengruppe das Lebensrecht als gleichwertige Persönlichkeit in der staatlichen Gemeinschaft abgesprochen und sie als minderwertiges Wesen behandelt wird (vgl. BVerfG, U. v. 12.12.2000 – 1 BvR 1762/95 und – 1 BvR 1787/95 -; OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 06.04.2006 – 3 B 3.99 -; beide juris).
Eine politische Partei verletzt u. a. dann die Garantie der Menschenwürde im Sinne von Art. 1 Abs. 1 GG, wenn sie sich zum Vorrang einer ethnisch definierten “Volksgemeinschaft” bekennt. Denn der so vertretene Volksbegriff negiert den sich aus der Menschenwürde ergebenden Achtungsanspruch jeder Person und führt zur Verweigerung elementarer Rechtsgleichheit für alle, die nicht der ethnischen “Volksgemeinschaft” angehören. In diesem Fall ist das politische Handeln auf die Ausgrenzung, Verächtlichmachung und weitgehende Rechtlosstellung von Ausländern, Migranten, Muslimen, Juden und weiteren gesellschaftlichen Gruppen gerichtet. Eine solche Einschätzung ist jedenfalls dann gerechtfertigt, wenn – mögen auch einzelne Äußerungen für sich genommen die Grenze der Missachtung der Menschenwürde nicht überschreiten -, eine Vielzahl von diffamierenden und die menschliche Würde missachtenden Positionierungen in der Gesamtschau erkennbar sind. Denn die Konsequenz der ethnischen Definition und des exkludierenden Charakters der “deutschen Volksgemeinschaft” ist die Abwertung des rechtlichen Status aller, die dieser Gemeinschaft nicht angehören. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn dies auch für Eingebürgerte mit Migrationshintergrund gilt und diesen insbesondere kein dauerhaftes Bleiberecht zugestanden wird. Denn bei der Bestimmung des “Volkes” im Sinne des Grundgesetzes (vgl. Art. 20 Abs. 2 und 116) kommt ethnischen Zuordnungen keine exkludierende Bedeutung zu. Wer die deutsche Staatsangehörigkeit erwirbt, ist aus Sicht der Verfassung unabhängig von seiner ethnischen Herkunft Teil des Volkes. Steht diese verfassungsrechtliche Vorgabe in deutlichem Gegensatz zur Auffassung einer Partei, ist dies Ausdruck eines Verstoßes gegen die Menschenwürde (so BVerfG, U. v. 17.01.2017, a. a. O.).
bb.) Mit dem Antragsgegner geht auch die Kammer davon aus, dass sich die Notwendigkeit einer weiteren Aufklärung durch den Antragsgegner bereits aus dem von der Antragstellerin vertretenen „Volksbegriff“ deshalb ergibt, weil dessen Umsetzung in politische Handlungsformen nicht mit der Achtung der Menschenwürde nach Art. 1 Abs. 1 GG im Einklang stehen würde, mithin auch über den in Artikel 20 Abs. 2, 116 GG verwendeten Volksbegriff hinausgeht. Ungeachtet der Frage, ob es sich bei dem der Antragstellerin vom Antragsgegner insoweit unterstellten Ethnopluralismus um eine vorwiegend rassistisch geprägte Anschauung handelt oder diese lediglich in bewusster Abgrenzung zur „Multikultiidiologie“ die Bedeutung von „Abstammung“, „Kunst“ und „Identität“ betont (vgl. VG München, B. v. 27.07.2017 – M 22 E 17.1861 -, juris), lassen die Aussagen führender Funktionäre jedoch hinreichende Rückschlüsse darauf zu, dass es der Antragstellerin – was allein zulässig wäre – nicht nur um den Schutz des deutschen Volkes im engeren Sinne des Grundgesetzes geht, sondern eine geschlossene und homogene Gesellschaft, verklärt über kulturelle Anknüpfungspunkte, propagiert wird. So lassen sich den vorgelegten Unterlagen jedenfalls fremdenfeindliche Tendenzen entnehmen, die im Wege einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz einer weiteren Abklärung deshalb bedürfen, weil das Konzept des Ethnopluralismus ersichtlich auch einer Auslegung zugänglich ist, die mit der Achtung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) und damit im wesentlichen Element der freilichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar wäre. Dies ist namentlich dann der Fall, wenn dies als Begründung für eine Ausgrenzung und Rechtlosigkeit von Ausländern oder von „nicht ethnisch Deutschen“ herangezogen wird, wie dies etwa hinsichtlich der Programmatik der NPD festgestellt wurde (vgl. hierzu BVerfG, U. v. 17.01.2017, a.a.O.). Denn das Volk im Sinne des Grundgesetzes wird durch Personen gebildet, die die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als Abkömmling im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stande vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden haben (vgl. BVerfG, U. v. 31.10.1990 – 2 BvF2/89 -, juris). Dagegen lässt sich aus den in das Verfahren eingeführten Äußerungen jedenfalls eine „Überbetonung“ der Abstammung nicht absprechen, was jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte dafür bietet, durch eine Beobachtung weitere Erkenntnisse darüber zu erlangen, ob die Antragstellerin mit einem solchen Ansatz noch auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht, da bei der Bestimmung des „Volkes“ im Sinne des Grundgesetzes ethnischen Zuordnungen keine exkludierende Wirkung zukommt (vgl. BVerfG, U. v. 17.01.2017, a. a. O.). Eine der Menschenwürde des Grundgesetzes gegenläufige konzeptionelle Ausrichtung ergibt sich für das Gericht aus der Wortwahl, den Inhalt und den Umfang von Äußerungen in Bezug auf Ausländer sowie bestimmte Volksgruppen, Minderheiten und Religionen. Die vorstehend bezeichneten Gruppen sind Gegenstand einer Vielzahl von Äußerungen, die von Personen und Gremien auf allen Ebenen der Antragstellerin abgegeben wurden. So werden Ausländer pauschal mit der Begehung von Straftaten insbesondere gegen Leben und körperliche Unversehrtheit in Verbindung gebracht, indem ihnen ein „Hang zu Sexualdelikten“ unterstellt wird. Auch werden sie z. B. als „messerstechende Gewalttäter“ bzw. „Messermigranten“ dargestellt, sodass „unsere“ Bevölkerung von diesen „weggemetzelt“ werde. Aufgrund der Anzahl dieser Personen sei die Bevölkerung vor Angriffen bis hin zur Vergewaltigung nicht mehr sicher; selbst Kinder und Jugendliche aus dem oben genannten Personenkreis würden mittlerweile brutal und hemmungslos vorgehen. Dies führe zu einem „Massenimport tickender Zeitbomben“. Namhafte Funktionäre und Mitglieder der Antragstellerin sehen mit Ausnahme der Fachkräfte als Motiv für die Zuwanderung allein die Ausnutzung von in der Bundesrepublik Deutschland gebotener Sozialleistungen, weshalb diese Personen als „Sozialschmarotzer“ bezeichnet werden; für diese „Wohlstandsmigranten“ ohne wirkliche Asyl und Fluchtgründe sei hier kein Raum. Durch die ungebremste Zuwanderung würden „millionenhaft Sozialfälle“ entstehen. Der oben angeführte Personenkreis sei im Wesentlichen auch nicht integrierbar, weil es sich dabei um „Kulturfremde“ handele. Einer Vielzahl von Äußerungen lässt sich zudem entnehmen, dass die Antragstellerin die Ansicht vertritt, der Islam gehöre nicht zu Deutschland und im Widerspruch zu den westlichen Werten stehe; mit seiner Fremdheit stelle er eine Gefahr für das christliche Abendland dar.
Ungeachtet des konkreten Inhalts der „Ethnie einer Volksgemeinschaft“ zeugen diese Aussagen jedenfalls dafür, dass das „nicht deutsch Sein“ bzw. „fremd Sein“ einen zentralen Ausgangspunkt der jeweiligen Argumentation in Bezug auf Dritte bildet; es besteht mithin hinreichend Veranlassung, die sich daraus ergebenden Gefahren für das Gemeinwesen näher abzuklären. Ist, wie bereits oben dargelegt, für das Vorliegen von hinreichenden Anhaltspunkten im Sinne von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA unbeachtlich, ob sich die in das Verfahren eingeführten Tatsachen einer bestimmten wissenschaftlichen Anschauung zuordnen lassen, gilt es vielmehr darauf abzustellen, ob es sich bei objektiver Betrachtung um Bestrebungen gegen die von der freiheitlichen demokratischen Grundordnung geschützten Wertvorstellungen handelt. Kommt es zudem entscheidend nicht darauf an, wie die einzelne Äußerung zu bewerten ist, sondern ist vielmehr das von den Tatsachen ausgehende Gesamtbild maßgeblich (vgl. BVerwG, U. v. 21.07.2010, a. a. O.), sind für die Kammer nachträglich in das Verfahren eingeführte „Deutungsversuche“ bestimmter Personen zu einzelnen Aussagen rechtlich unbeachtlich, weshalb dahinstehen kann, ob sie zudem allein prozesstaktischer Natur sind. Den vorgelegten Unterlagen lässt sich entnehmen, dass sowohl Personen des Landesvorstandes und der A.-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt als auch solche aus den Untergliederungen der Antragstellerin Begriffe wie u. a. „Mischvölker“, „Vermischung“, „Bevölkerungsaustausch“, „Abschaffung eines Volkes“, „ethnische Verdrängung“, „Passdeutsche“ und „Vernichtung des Volkes“ verwenden.
Im Lichte dessen scheidet insbesondere eine Bewertung dahingehend nicht aus, dass infolge der erheblichen Diffamierung von Ausländern und Angehörigen bestimmter Religionen die durch die Menschenwürde geschützte Gleichheit jeder Person in ihrem Wesensgehalt nicht nur untergraben, sondern ausgehöhlt werden soll.
b.) Auch ergeben sich aus den vorgelegten und gesichteten Unterlagen hinreichend gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin Bestrebungen gegen das Demokratieprinzip verfolgt.
aa.) Das in Art. 20 Abs. 2 GG normierte Demokratieprinzip ist konstitutiver Bestandteil der freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Das Grundgesetz geht insoweit vom Eigenwert und der Würde des zur Freiheit befähigten Menschen aus und verbürgt im Recht der Bürger, in Freiheit und Gleichheit durch Wahlen und Abstimmungen die sie betreffende öffentliche Gewalt personell und sachlich zu bestimmen, zugleich den menschenrechtlichen Kern des Demokratieprinzips. Das Grundgesetz hat sich für das Modell der parlamentarisch- repräsentativen Demokratie entschieden, weshalb der Wahl des Parlaments bei der Herstellung des notwendigen Zurechnungszusammenhangs mit Volk und staatlicher Herrschaft besondere Bedeutung zukommt. Den Rahmen der freiheitlichen demokratischen Grundordnung verletzt demgemäß, wer den Parlamentarismus verächtlich macht, ohne aufzuzeigen, auf welchem anderen Weg dem Grundsatz der Volkssouveränität Rechnung getragen und die Offenheit des politischen Willensbildungsprozesses gewährleistet werden kann (BVerfG, U. v. 17.01.2017, a. a. O.). Rückschlüsse darauf lassen sich jedenfalls dann systematischen Beschimpfungen, Verdächtigungen, Verleumdungen und Verunglimpfungen von Repräsentanten des Staates entnehmen, wenn diese – im Einzelnen durchaus kritikwürdigen – Umstände bewusst mit dem Ziel überspitzt dargestellt und verallgemeinert werden, sodass schlussendlich die Ursache dafür nur in der Grundordnung selbst gesehen werden kann. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, sind deshalb nur solche Äußerungen geeignet, die über eine zulässige Machtkritik (weit) hinausgehen und darauf abzielen, das Vertrauen der Bevölkerung in die parlamentarische Staatsverfassung als Ganzes in Frage zu stellen (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U. v. 06.04.2006, a. a. O.).
bb.) Den in das Verfahren eingeführten Unterlagen lässt sich auch eine Vielzahl von Belegen entnehmen, die für eine Missachtung des Demokratieprinzips sprechen, was insbesondere in einer Verunglimpfung der die demokratischen Verhältnisse derzeit repräsentieren staatlichen Institutionen zum Ausdruck kommt.
Exemplarisch seien folgende Aussagen in den Blick genommen:
– der Bundespräsident sei ein „billiger Grüß-Gott- August“,
– die Regierungsparteien werden als „herrschende Klasse“ bezeichnet,
– die Bundes- und Landesregierungen werden als „Corona-Mafia“ bezeichnet, die Geld und Leben vernichten,
– Nazis, Rassismus, Klimawandel, Corona seien bloß „imaginäre Feindbilder“, „Schreckgespenster“ und „künstliche Feinde und Konstruktionen der Mächtigen“,
– die Bundeskanzlerin wird als der „wahre Feind“ der Demokratie und der Menschen bezeichnet;
– bei der CDU handele es sich um „Merkelgenossen des ZK der CDU“,
– bei den Grünen handele es sich um eine „Partei der Undemokraten und des Totalitarismus“,
– unter Bezugnahme auf bestimmte Politiker wird von „degenerierten Körpern“ gesprochen und diese einem „gesunden Körper“ und einem „gesunden Geist“ gegenübergestellt,
– der Außenminister wird als „Hetzer, Lügner und Unterdrücker der Demokratie und Meinungsfreiheit“ bezeichnet; für eine solche „Witzfigur“ seien die Menschen 1989 nicht auf die Straße gegangen,
– bei Polizisten, die sich am 31.08.2020 Personen entgegengestellt haben, handele es sich um „Systembüttel“,
– die Durchführung einer Briefwahl in Coronazeiten diene allein dazu, Grund- und Menschenrechte willkürlich einzuschränken sowie Zwecken der Wahlfälschung.
– auch bei der Bundesrepublik Deutschland handele es sich um einen Unrechtsstaat, der von diktatorischen Elementen geprägt sei,
(Bereits) aus dieser Aufzählung ergibt sich, dass staatliche Institutionen und ihre Repräsentanten in einer Weise verunglimpft werden, die über Kritik an den derzeitigen Verhältnissen im Sinne einer echten Opposition weit hinausgeht. Dies auch im Lichte dessen, dass Widerspruch und Kritik wesentlicher Teil der politischen Diskussion und damit wesentlich für die politische Willensbildung sind. Nicht nur, dass die Antragstellerin in einem erheblichen Maß den Rahmen einer sachlichen und konstruktiven politischen Diskussion verlässt, gehen ihre Bestrebungen dahin, sich in ein Bild zu setzen, das sie als alleinige Verfechterin der Interessen der Bürger und einer wahrhaften Demokratie darstellt. Dies belegt insbesondere die Destruktivität solcher Einlassungen, die sich vorrangig gegen die „Altparteien“ richten und ihnen jegliche Kompetenz und der Wille zur demokratischen Gestaltung der Gesellschaft absprechen. Der wiederholte Vergleich mit den Verhältnissen in der NS-Zeit und in der ehemaligen DDR zielt darauf ab, den diktatorischen Charakter der Regierung und der den Staat repräsentierenden Stellen zu belegen. Erkennbar wird damit das Ziel verfolgt, das Vertrauen in die derzeitigen staatlichen Verhältnisse zu erschüttern und die freiheitliche demokratische Grundordnung als Ganzes in Frage zu stellen.
c.) Die Gesamtschau der unter a.) und b.) aufgeführten Aspekte lassen auch unter Berücksichtigung des summarischen Prüfungsumfangs rechtliche Bedenken hinsichtlich der Einordnung der Antragstellerin als Verdachtsfall im Sinne von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA nicht aufkommen.
aa.) Dem Gericht liegen für diese Beurteilung hinreichend geeignete Tatsachen vor.
So kann sich der Antragsgegner zur Rechtfertigung der Beobachtung auf eine ausreichende Anzahl von aktuellen Erkenntnissen berufen. Denn die in das Verfahren eingeführten und vom Gericht gesichteten Unterlagen betreffen in einem ganz überwiegendem Maße Tatsachen aus den Jahren 2019 und 2020.
Den in das Verfahren eingeführten Unterlagen lassen sich zudem in einer beachtlichen Anzahl solche rechtlich relevanten Tatsachen entnehmen, die der Antragstellerin zuzurechnen sind. Dies deshalb, weil es sich dabei um Äußerungen von Personen des Landesvorstandes, der A.-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt und Funktionären aus Untergliederungen der Antragstellerin handelt. Dass Äußerungen von Personen aus dem Landesvorstand und der Fraktion der Antragstellerin zuzurechnen sind, steht für die Kammer außer Zweifel. Ihre Bedeutung für die Beurteilung, ob sich diesen Äußerungen auch mit hinreichender Gewissheit Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung entnehmen lassen, wird insbesondere durch den Umstand verstärkt, dass es sich dabei auch um Personen aus der „Mitte der Partei“ handelt. Denn ungeachtet des Inhalts des Parteiprogramms der Antragstellerin, sind diese Aussagen Bestandteil der Tagespolitik und deshalb geradezu geeignet, auch politische Wirkungen im Rahmen der Meinungsbildung zu entfalten. Bei den der rechtlichen Bewertung zugrunde gelegten Äußerungen der oben angeführten Personen(gruppen) handelt es sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder um singuläre Meinungen im Sinne von (nicht berücksichtigungsfähigen) „Entgleisungen“ noch um solche, die zwar geeignet sind, den Grenzbereich im Rahmen der politischen Willensbildung zu berühren, diesen jedoch nicht überschreiten. Dies lässt sich bereits mit der „Wortwahl“ (siehe oben) in einer Vielzahl von Äußerungen nicht in Einklang bringen. Gerade Letzteres spricht nach Ansicht der Kammer jedoch dafür, auch den Äußerungen von Parteimitgliedern der „unteren Ebene“ eine den Charakter der Antragstellerin maßgeblich (mit-)prägende Bedeutung beizumessen. Die Reaktionen des Landesvorstandes darauf sind nach den vorliegenden Unterlagen eher sporadisch und zurückhaltend, sodass es die (Gesamt-)Partei jeweils billigend in Kauf nimmt, dass auch die Rezipienten diesen Äußerungen die Auffassung entnehmen (können), die Wertvorstellungen des Grundgesetzes in Bezug auf die Menschenwürde und das Demokratieprinzip würden negiert. In objektiver Hinsicht geht damit ein bewusstes und zielgerichtetes Einwirken auf diese Rechtsgüter einher. Auch wenn Überzeichnungen zum Hausrecht des politischen Willensbildungsprozesses geworden sein sollten, gehen die hier in Rede stehenden Äußerungen zudem weit über eine bloße Kritik an den bestehenden politischen Verhältnissen hinaus (vgl. zu diesem Aspekt: BayVGH, B. v. 28.02.2020 – 10 C CE 19.2527 -, juris, m. w. N.). Dies gilt auch bzw. gerade für Parteien, die sich in der Opposition befinden (vgl. Art. 48 LVerf). Zwar ist die Opposition ein wesentliches Konstruktionsmerkmal parlamentarischer Demokratie und es ist ihre Aufgabe, ja geradezu ihre Pflicht, ihre politischen Bedenken geltend zu machen (vgl. VerfGSA, U. v. 29.05.1997 – LVG 1/96 -, juris, m. w. N.). Darin sieht die Antragstellerin ihre Rolle jedoch nicht als erschöpft an. Ziel ist deshalb nicht die Gestaltung der bestehenden Verhältnisse, sondern deren Veränderung in Bezug auf die die oben erörterten Rechtsgüter.
Es ist zudem weder ersichtlich noch vorgetragen, dass diese Tatsachen in verfälschender Weise aus einem anderen Sinnzusammenhang gerissen worden sind, mithin allein dem Zweck dienen, die Beobachtung durch den Antragsgegner zu tragen. Vielmehr hat auch das Gericht durch die vorgelegten Unterlagen die Möglichkeit erhalten, sich ein Bild über die Entstehung der Tatsachen in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht zu verschaffen. Unbeschadet des Umstandes, dass dem Antragsgegner hinsichtlich der Frage, ob die Antragstellerin als Verdachtsfall behandelt werden darf, kein Ermessen zur Seite steht, misst das Gericht insbesondere dem „Vermerk zur Einrichtung als Beobachtungsobjekt“ vom 23.11.2020 sowie den darin getätigten Ausführungen für seine Beurteilung besondere Bedeutung bei. Die (auch) darin sowie in den beigefügten Unterlagen (VV Bd. A bis F) dokumentierten Tatsachen, die exemplarisch im gerichtlichen Verfahren nochmals erläuternd und bewertend dargelegt wurden, sind geeignet, das Gericht im Rahmen einer Gesamtschau seine Überzeugung dahingehend zu bilden (vgl. § 108 Abs. 1 VwGO), dass jedenfalls hinreichende Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebung vorliegen, die einer weiteren Abklärung bedürfen; diesen Äußerungen kommt entgegen der Auffassung der Antragstellerin hinreichendes Gewicht für diese Beurteilung zu. Sofern die Antragstellerin insbesondere in ihrer ergänzenden Antragsschrift vom 10.09.2021 (GA Bl. 454 ff.) einzelnen (wenigen) Tatsachen einen anderen Bedeutungsinhalt beizumessen gedenkt, indem sie sich auf eine nachträglich eingeholte Erklärung des sich Äußernden stützt, ist es, wie bereits oben dargelegt, nicht am Gericht, die eine oder andere Auslegung der in das Verfahren eingeführten Äußerung zu bewerten. Maßstab ist vielmehr, ob diese Äußerungen (auch) geeignet sind, als ein hinreichender Anhaltspunkt für Bestrebungen im Sinne von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA zu dienen. Aus diesem Grunde ist es in diesem Zusammenhang z. B. unbeachtlich, wenn der stellvertretende Landesvorsitzende D. (MdL) nachträglich erläutert, sein in der Äußerung zum Ausdruck kommendes Bestreben, das deutsche Volk im Rahmen des Möglichen als kulturelle Einheit zu erhalten, bedeute keinesfalls, dass, wie der Verfassungsschutz der Identitären Bewegung wie der A. gleichermaßen unterstellt, die deutsche Staatsbürgerschaft ausschließlich an ethisch bzw. abstammungsmäßige Kriterien gebunden sein soll. Ungeachtet des Umstandes, dass den Unterlagen eine Vielzahl von Aussagen von D. im Zusammenhang mit dem „Volksbegriff“ zu entnehmen sind, hat er unter Berücksichtigung des allgemeinen Verständnisses unwidersprochen erklärt, „das deutsche Volk als nur kulturelle Einheit“ erhalten zu wollen. Gleiches gilt für eine Vielzahl von weiteren Repliken der Antragstellerin.
Eine Gesamtschau der in das Verfahren eingeführten Unterlagen verliert auch nicht aus dem Blick, dass in den Unterlagen auch Äußerungen von Mitgliedern (u. a. E. und F.) enthalten sind, die zwischenzeitlich der Antragstellerin nicht mehr angehören. Auch diese unberücksichtigt gelassen, steht dies der rechtlichen Bewertung des Gerichts nicht entgegen.
Der Vorwurf der Antragstellerin, es seien keine „entlastenden Tatsachen“ berücksichtigt worden, verfängt in verwaltungsprozessualer Hinsicht nur insoweit, als den dem Gericht vorgelegten Unterlagen solche dann auch nicht entnommen werden können. Im Übrigen kommt diesem Umstand jedoch deshalb keine weitergehende Bedeutung zu, da das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Im Lichte dessen bliebe es der Antragstellerin jedoch unbenommen, im gerichtlichen Verfahren zu „entlastenden Umständen“ vorzutragen und „entlastende Tatsachen“ einzuführen. Dies hat die Antragstellerin jedoch – aus welchen Gründen auch immer – nicht vermocht. Vielmehr hat sie einerseits den Rechtsansichten des Antragsgegners die ihrigen entgegengesetzt und diese um europarechtliche Aspekte, die nicht verfangen, erweitert und andererseits versucht, einzelnen Äußerungen einen anderen Deutungsinhalt zu verleihen. So hat es die Antragstellerin insbesondere nicht vermocht, Tatsachen darzulegen, die geeignet wären, für eine grundsätzlich andere politische Ausrichtung zu streiten. Auch ist es nicht allgemeinbekannt, dass sich innerhalb der Antragstellerin politische Strömungen von beachtlichem Gewicht herausgebildet hätten, die die in das Verfahren eingeführten Äußerungen relativieren würden.
Der oben zu 2. vorgenommenen Bewertung des Gerichts steht nicht der Umstand entgegen, dass sich tatsächliche Anhaltspunkte nicht bereits (zwingend) dem Grundsatzprogramm der Antragstellerin aus dem Jahr 2016 (http://www.A..de/grundsatzprogramm) entnehmen lassen. Zwar misst auch das Gericht einem solchen Statut bei der Bewertung verfassungsfeindlicher Bestrebungen eine beachtliche Bedeutung bei; gleichwohl sind, wie bereits oben dargestellt, auch andere Tatsachen für eine solche Beurteilung hinreichend geeignet, zumal ein Statut auch allein unter Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten formuliert worden sein kann (vgl. BVerwG, 2. Wehrdienstsenat, U. v. 20.05.1983 – 2 WD 11/82 -, juris). Der rechtlichen Bewertung des Gerichts steht auch nicht der „Grundsatzbeschluss des Bundesvorstandes zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ vom 27.11.2020 entgegen. Ungeachtet der Frage, welche Wirkungen dieser Beschluss für die Tätigkeit des Landesverbandes Sachsen-Anhalt explizit zeitigt, relativieren Ziffer 4 und 5 des Beschlusses die in Ziffer 1 enthaltene Grundaussage, die Partei bejahe die freiheitlich-demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes und trete aktiv für die Wahrung der Demokratie, des Rechtsstaats und für die Achtung und den Schutz der Menschenwürde ein, und werde parteiintern Verstöße ahnden (Ziffern 2 und 3). Denn in Ziffern 4 und 5 wird ausgeführt, dass sich in der Praxis allerdings gezeigt habe, dass die Verfassungsschutzbehörden häufig Äußerungen oder andere Verhaltensweisen als Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen der Antragstellerin oder einer Gliederung der Partei bewerten, obwohl sie nach deren Auffassung nicht so bewertet werden dürften, die Bewertung der Verfassungsschutzbehörden nach Auffassung der Antragstellerin also rechtswidrig sei. Im Falle rechtswidriger Bewertung der Auffassungen oder anderer Verhaltensweisen eines Mitglieds liege mithin kein Verstoß des Mitglieds gegen Grundsätze der Partei vor; aus diesem Grunde behalte sich die Partei vor, die Offenheit des politischen Bildungswillensbildungsprozesses und die Meinungsfreiheit gegen rechtswidrige Einengung seitens des Verfassungsschutzes und gegen die politische Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes auch gerichtlich zu verteidigen. Daraus wird deutlich, dass die Antragstellerin sowohl hinsichtlich der hier in Rede stehenden Rechtsgüter als auch der hier beachtlichen Tatsachen, was ihre rechtliche Bewertung betrifft, eine andere Auffassung vertritt, was der in Ziffer 1 enthaltenen Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaat und Achtung und den Schutz der Menschenwürde ihre Bedeutung angeht.
Die der Beurteilung durch das Gericht zugrundegelegten Tatsachen lassen mithin, neben ihrer Aktualität, Anzahl, Geeignetheit und Gewichtigkeit, auch hinreichende Rückschlüsse auf die damit verfolgten Ziele zu. Sie sind, was für ihre Geeignetheit in Bezug auf die damit verfolgten Bestrebungen erforderlich ist, nicht nur politisch motiviert, sondern auch dazu bestimmt, politische Wirkungen hinsichtlich der Beeinträchtigung konkreter Rechtsgüter zu entfalten.
Lässt sich im Rahmen einer Gesamtbetrachtung mithin eine parteiliche Grundtendenz der Antragstellerin in der Weise entnehmen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung streitet (vgl. BVerwG, U. v. 18.05.2001 – 2 WD 42/00 -, juris), steht einer Einordnung als Verdachtsfall auch aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen, dass es sich bei der Antragstellerin um eine politische Partei handelt, die nicht zuletzt aufgrund der Anzahl ihrer Abgeordneten im Land- und Bundestag in einem beachtlichen Umfang am demokratischen Willensbildungsprozess in der Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist. Insoweit darf zwar die mit einer Einordnung als Verdachtsfall einhergehende Gefahr einer politischen Instrumentalisierung des Verfassungsschutzes insbesondere deshalb nicht aus dem Blick gelassen werden, weil die Auseinandersetzung mit einem politischen Gegner bzw. mit politisch Andersdenkenden ohne jeden staatlichen Eingriff – und um einen solchen handelt es sich bei der Beobachtung durch den politisch geführten Verfassungsschutz – zu erfolgen hat. Das Grundgesetz gibt jedoch auch für politische Parteien den äußeren Rahmen für die Willensbildung im Sinne von Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG vor; es ist mithin auch für sie veränderungsfeindlich (vgl. Art. 79 Abs. 3 GG). Gibt es hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass dies von einer politischen Partei nicht akzeptiert wird, ist eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz grundsätzlich zulässig und geboten. Das bestehende Spannungsverhältnis zwischen dem sich aus Art. 21 Abs. 1 GG ergebenden Prinzip der Parteienfreiheit und dem der streitbaren/wehrhaften Demokratie ist dann im Lichte des für eine Einstufung als Verdachtsfall geltenden Maßstabes, der (nur) „tatsächlichen Anhaltspunkte“ im Sinne eines „Anfangsverdachts“ voraussetzt, regelmäßig zugunsten einer zulässigen Beobachtung durch den Antragsgegner aufzulösen. Dass vorliegend allein aufgrund der „Stellung der Antragstellerin“ im politischen System eine Beobachtung durch den Antragsgegner wegen einer damit einhergehenden Verletzung des Grundsatzes der Chancengleichheit unverhältnismäßig wäre, vermag die Kammer jedenfalls bei der hier allein gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtlage nicht mit einer für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gebotenen Sicherheit zu beurteilen. Anders gewendet: Auch wenn die Antragstellerin damit bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens unter dem „Verdacht“ steht, Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu betreiben und sich damit einer stetigen Beobachtung durch den Antragsgegner ausgesetzt sehen muss, wiegen die damit einhergehenden Nachteile nicht so schwer, dass im Lichte der hier in Rede stehenden Rechtsgüterverletzung für diese Zeit ein „Beobachtungsdefizit“ hingenommen werden könnte (vgl. zu einer ähnlich gelagerten Folgenabwägung OVG Münster, B. v. 18.02.2021 – 5 B 163/21 -, juris). Weder steht die Existenz der Antragstellerin dadurch in Rede noch werden ihr maßgebliche Gestaltungs- und Handlungsformen genommen, die zu einem erheblichen Chancennachteil im Rahmen politischer Willensbildung führen.
Liegen demnach die in § 7 Abs. 2 VerfSchG-LSA normierten Voraussetzungen vor, verfängt mithin auch der allgemeine Vorhalt der Antragstellerin nicht, die Hochstufung vom Prüf- zum Verdachtsfall sei allein politisch motiviert und verstoße gegen das auch europarechtlich gebotene Neutralitätsgebot staatlicher Stellen. Zwar verkennt auch die Kammer insoweit nicht, dass dieser Vorgang nicht gänzlich frei von politischen Erwägungen gehalten werden kann, wie der Umgang der jeweiligen Landesregierungen damit hinreichend belegt. Aber auch wenn es sich dabei um einen relativ stark „politisch belasteten Raum“ handelt, ist das staatliche Handeln dann rechtlich legitimiert, wenn – wie hier – die dafür normierten Voraussetzungen für die Einstufung als Verdachtsfall vorliegen.
bb.) Dagegen verhelfen auch die übrigen Einwendungen der Antragstellerin gegen ihre Einstufung als Verdachtsfall, die größtenteils in einen europarechtlichen Kontext gestellt wurden, dem Antrag nicht zum Erfolg. Denn sofern diese in ihrer spezialgesetzlichen Ausgestaltung und Inbezugnahme überhaupt einschlägig sein sollten (z. B. das Prinzip der guten Verwaltung), lässt sich der vorstehend zitierten Rechtsprechung jedenfalls entnehmen, dass über die im nationalen Recht geregelten Voraussetzungen für die Einordnung als Verdachtsfall europarechtliche Komponenten unberücksichtigt bleiben können. Anders gewendet: Das Europarecht stellt an ein diesbezügliches Vorgehen des Verfassungsschutzes keine höheren Anforderungen als das nationale Recht selbst (vgl. BVerfG; U. v. 17.01.2017, a. a. O.); dies gilt mithin auch für die von der Antragstellerin gerügte mangelnde Anhörung (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B. v. 19.06.2020, a. a. O.). Ob und in welchem Umfang danach der Antragsgegner verpflichtet gewesen wäre, die Antragstellerin einzubeziehen, mag nicht zuletzt deshalb dahinstehen, da, wie dargelegt, es schlussendlich am Gericht ist, zu beurteilen, ob bei einer Gesamtschau der vorliegenden Tatsachen eine Einstufung als Verdachtsfall gerechtfertigt war und ist.
B. Sofern die Antragstellerin auch begehrt, dem Antragsgegner die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel zu untersagen, hat auch dieser Antrag keinen Erfolg. Zwar könnte sich die rechtliche Möglichkeit der Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel daraus ergeben, dass die oben unter A. (bejahten) Voraussetzungen vorliegen. Da der Einsatz solcher Mittel zur Beobachtung jedoch nur dann erfolgen darf, wenn die in § 8 VerfSchG-LSA normierten Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen, könnte die Antragstellerin allenfalls dann vorbeugend die Untersagung verlangen, wenn bereits jetzt greifbare Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass diese Voraussetzungen nicht beachtet werden und dies zu irreparablen Rechtsgutbeeinträchtigungen führen würde. Solche Anhaltspunkte hat die Antragstellerin weder geltend gemacht noch sind diese ersichtlich.
C. Hinsichtlich des unter Ziffer 3 verfolgten Begehrens, die Benennung im Verfassungsschutzbericht 2020 zu unterlassen, mangelte es der Antragstellerin sowohl zum Zeitpunkt der Antragstellung als auch derzeit an dem notwendigen Rechtsschutzbedürfnis. Denn der Antragsgegner hat unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu der vergleichbaren Vorschrift des §§ 16 BVerfSchG a. F. (vgl. U. v. 26.06.2013 – 6 C 4/12 -, juris) glaubhaft dargelegt, dass er eine solche Benennung zu keinem Zeitpunkt beabsichtigte. Gegenteiliges hat die Antragstellerin auch nicht vorgetragen. Allein dies könnte jedoch für das Gericht Veranlassung sein, darüber nachzudenken, ob das Begehren erst nach erfolgter Antragstellung seine Erledigung gefunden hat. Zurecht führt der Antragsgegner insoweit aus, dass eine Nennung im Verfassungsschutzbericht nach § 15 Abs. 2 S. 1 VerfSchG-LSA deshalb ausscheiden dürfte, weil das darin enthaltene Tatbestandsmerkmal „Bestrebungen und Tätigkeiten nach § 4 Abs. 1“ verlangt, dass Derartiges bereits feststeht, was bei einer Einordnung als Verdachtsfall mithin noch nicht gegeben ist.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG. In Anlehnung an Ziffer 22.7 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit war der Wert des jeweiligen Begehrens mit 10.000,00 Euro zu bemessen, wobei dieser Betrag wegen der Vorläufigkeit der zu 1. und 2. begehrten Regelung gemäß Ziffer 1.5 des Streitwertkataloges zu halbieren war.


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