IT- und Medienrecht

Kein Anspruch auf Rückabwicklung eines Kaufvertrags

Aktenzeichen  9 O 2717/19

Datum:
22.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 57215
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 823, § 826

 

Leitsatz

Sofern der Kläger seinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags bezüglich des Pkw auf unerlaubte Handlung stützt, fehlt es an der Darlegung des konkreten Schadens. Der Vortrag, dass es streitig sei, ob ein entsprechendes Software-Update auf Dauer tauglich sei, reicht nicht aus, zumal der Kläger den Pkw seit dem Update 35 Monate weiter nutzte. Das Kraftfahrtbundesamt  hat darüber hinaus gerichtsbekannt bestätigt, dass das Update geeignet ist, bestehende Probleme zu beheben. (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die nur teilweise zulässige Klage ist nicht begründet.
A)
I.) Die Klage ist zulässig hinsichtlich der Klageanträge I und III sowie des hilfsweisen Klageantrags zu 1), insbesondere ist das Landgericht Nürnberg-Fürth gem. §§ 23, 71 GVG, 12, 32 ZPO zuständig. Der Kläger stützt seinen Anspruch auf unerlaubte Handlung. Der Kläger hat im hiesigen Landgerichtsbezirk seinen Wohnsitz. ‘Der Schaden einer möglichen Betrugshandlung ist daher im hiesigen Landgerichtsbezirk eingetreten, so dass sich eine Zuständigkeit gem. § 32 ZPO ergibt.
II.) Hinsichtlich des hilfsweisen Feststellungsantrags Ziffer II ist die Klage jedoch unzulässig.
1.) Der Kläger verfolgt mit Klageantrag I bereits die Geltendmachung von Schadensersatzrechten und hat diesbezüglich die Leistungsklage erhoben. Gleichwohl verlangt er hilfsweise die Feststellung der Haftung für mögliche Schäden. Das Gericht hat bereits in der Ladung auf Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit hingewiesen.
2.) Die Leistungsklage hat grundsätzlichen Vorrang vor der Feststellungsklage. Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, warum es ihm bei einer Abweisung des Leistungsantrags Ziffer I nicht möglich wäre einen wie auch immer gearteten Schaden oder Minderungsanspruch zu beziffern. Dem Kläger fehlt daher das Feststellungsinteresse gem. § 256 ZPO. Die Klage ist daher hinsichtlich der Klageforderung II als unzulässig abzuweisen. Da die Klage diesbezüglich unzulässig ist, kommt es auf die Begründetheit des erhobenen Anspruchs nicht an.
3.) Der Antrag ist darüber hinaus auch zu unbestimmt und auch aus diesem Grunde unzulässig. Dem Antrag fehlt es bereits an einer bestimmten Bezeichnung des zum Ersatz verpflichtenden Ereignisses. Er lässt nicht erkennen, aufgrund welcher konkreten „Manipulation“ eine Schadensersatzpflicht festgestellt werden soll. Denn es wäre Sache des Klägers gewesen, im Antrag selbst festzulegen, was er für manipuliert hält. Es ist im Anwaltsprozess auch nicht Aufgabe des Gerichts, unbestimmte Anträge der Parteien so auszulegen, dass sie zulässig werden (vgl. OLG München, Hinweisbeschluss vom 12.06.2018 – 8 U 3169/17).
B)
Die Klage ist nicht begründet.
I.) Sofern der Kläger seinen Anspruch auf unerlaubte Handlung stützt, fehlt es an der Darlegung des konkreten Schadens. Auf den streitgegenständlichen PKW wurde bereits im Juli 2016 ein Softwareupdate aufgespielt mit dem Ziel die bestehende Problematik des Motors zu beheben. Der Kläger hat lediglich vorgetragen, dass das Fahrzeug seitdem mehr Kraftstoff verbrauche, durch eine erhöhte Leerlaufdrehzahl und häufigere Regenerationsfahrten. Dies ist jedoch zu unkonkret um darauf einen Schadensersatzanspruch stützen zu können ist ist zudem nicht überprüfbar. Tatsächliche Verbrauchszahlen wurden zudem nicht angegeben und nicht vorgetragen, dass das Fahrzeug damit mehr verbrauche als üblich. Die Regenerationsfahrten sind bei Rußpartikelfiltern technisch bedingt und hängen von der Nutzungsweise ab. Sie stellen an sich gerichtsbekannt keinen Mangel dar. Der Vortrag, dass es streitig sei, ob ein entsprechendes Update auf Dauer tauglich sei, reicht für die konkrete Darlegung eines Schadens nicht aus zumal der Kläger den PKW seit dem Update bis zum Termin der mündlichen Verhandlung 35 Monate weiter nutzte. Zudem hat das Kraftfahrtbundesamt in der Freigabebestätigung gerichtsbekannt bestätigt, dass das Update geeignet ist, bestehende Probleme zu beheben. Die pauschale Behauptung eines merkantilen Minderwerts ist ebenfalls unsubstantiiert. Zwar ist es gerichtsbekannt, dass der Wert von EU5 Dieselfahrzeugen auch im Zuge der für das Fahrzeug erfolgten Rückrufaktion gesunken ist. Dies bezieht sich jedoch nicht nur auf Fahrzeuge aus dem Volkswagenkonzern, sondern im Hinblick auf drohende Fahrverbote auf alle Marken. Ein zusätzlicher Wertverlust eines 7 1/2 Jahre alten VW Passat mit 189.538 km Fahrleistung, der nach einem Update keine konkreten Probleme aufweist, ist nicht auf der Hand liegend, der entsprechende Vortrag daher unsubstantiiert.
II.) Mangels vorgetragenem Schaden scheitert auch ein möglicher Anspruch wegen grob sittenwidriger Schädigung gem. § 826 BGB. Weitere Anspruchsgrundlagen sind ebenfalls nicht ersichtlich, so dass die Klage insgesamt abzuweisen ist.
Der Kläger hat daher keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags oder Schadensersatzzahlung.
III.) Mangels Erfolg des Hauptsacheantrags hat der Kläger keinen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten oder Zinszahlungen, so dass auch die Anträge zu II und III abzulehnen sind.
C) Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 709 ZPO.
D) Der Streitwert bezieht sich in Höhe von EUR 1000,- auf den hilfsweisen Feststellungsantrag zu 2) im Übrigen auf den Klageantrag zu 1). Die weiteren Anträge erhöhen als Nebenforderungen den Streitwert nicht.


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