IT- und Medienrecht

Kein Vergleichsmehrwert durch Abgeltungsklausel

Aktenzeichen  24 U 1530/19

Datum:
15.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
JurBüro – 2020, 142
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
RVG § 33 Abs. 2

 

Leitsatz

Zu einem Vergleichsmehrwert kann ein durch den Vergleich mit erledigter Anspruch nur führen, soweit er zwischen den Parteien des Vergleichs streitig war; dies trifft nicht zu auf eine Abgeltung von Ansprüchen gegenüber Dritten, gegen welche die Klagepartei zuvor keinerlei Ansprüche geltend gemacht hatte.   (Rn. 7 – 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

35 O 544/18 2018-02-05 Urt LGMEMMINGEN LG Memmingen

Tenor

Der Antrag der Klägervertreterin vom 02.12.2019 auf Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts von 34.986,00 € wird zurückgewiesen.
Es hat bei der Streitwertfestsetzung für das Berufungsverfahren im Beschluss vom 08.10.2019 sein Bewenden.

Gründe

I.
Mit der Berufung gegen das klageabweisende Urteil des Landgerichts Memmingen vom 05.02.2018 hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 41.570,00 € nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung ihres Fahrzeugs VW Eos nebst Zinsen und vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu zahlen.
In der Berufungsverhandlung vom 08.10.2019 haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, in dem sich die Beklagte zur Zahlung eines Geldbetrages verpflichtet hat. Unter Ziffer 2.1 wurde eine umfassende Abgeltungsklausel sämtlicher – behaupteter, bestehender und/oder künftiger – Ansprüche der Klagepartei im Zusammenhang mit der Verwendung der streitgegenständlichen Umschaltlogik in dem streitgegenständlichen Fahrzeug und deren Beseitigung durch die technische Maßnahme vereinbart, im Weg eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter auch für Ansprüche gegen den Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeugs sowie die V. AG und deren Konzerngesellschaften oder sonstige Dritte.
Mit Schriftsatz vom 02.12.2019 hat die Klägervertreterin beantragt, einen Vergleichsmehrwert i. H. v. 34.986,00 € festzusetzen, da durch den Vergleich auch eine abschließende Regelung über alle auch nicht anhängigen Ansprüche getroffen worden sei.
Die Beklagte wendet sich gegen die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts und verweist darauf, dass das OLG München mit Beschluss vom 06.12.2019 – Az. 18 U 3859/19 – bereits in einem vergleichbaren Fall entschieden habe.
II.
1. Zwar hat die Klägervertreterin im Schriftsatz vom 02.12.2019 nicht ausdrücklich erklärt, dass sie den Antrag im eigenen Namen gemäß § 33 Abs. 2 RVG stellt. Dies ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang; da die Klägerin nach dem Inhalt des Vergleichs den größten Teil der Verfahrenskosten zu tragen hat, würde die Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts vor allem auf ihre eigenen Kosten gehen.
Der Antrag der Klägervertreterin nach § 33 Abs. 2 RVG ist zulässig.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet. Die Abgeltungsklausel zugunsten der am Prozess nicht beteiligten weiteren Konzerngesellschaften und dem Verkäufer des streitgegenständlichen Fahrzeugs führt nicht zu einem Mehrwert des Vergleichs.
2.1. Zwar begründet es einen Mehrwert des Vergleichs für die von einem Anspruch betroffenen Parteien bzw. Streithelfer, wenn in einem Vergleich ein nicht rechtshängiger Anspruch zwischen zwei Parteien des Rechtsstreits oder einer Partei und einem Streithelfer mit geregelt wird. Zu einem Mehrwert kann ein mit erledigter Anspruch jedoch nur führen, soweit er zwischen Gläubiger und Schuldner streitig war (OLG Stuttgart, Beschluss vom 28.03.2018 – 10 W 8/18 – BeckRS 2018, 5759).
2.2. Im vorliegenden Fall betreffen die durch die Abgeltungsklausel mit geregelten Ansprüche jedoch nicht die Parteien des Rechtsstreits oder – hier gar nicht vorhandene – Streithelfer, sondern Dritte, gegen die die Klagepartei zuvor keinerlei Ansprüche geltend gemacht hatte. Diese Ansprüche waren also zwischen Gläubiger und Schuldner nicht streitig. Damit kann die – auf Betreiben der Beklagten routinemäßig in den Vergleichstext aufgenommene – Abgeltungsklausel zu keinem Vergleichsmehrwert führen.
2.3. Im vorliegenden Fall kommen solche Ansprüche, die die Klagepartei übrigens mit 34.986,00 € falsch beziffert hat (der Kaufpreis und der Klageantrag belaufen sich jeweils auf 41.570,00 €), auch aus tatsächlichen Gründen nicht in Betracht.
a) Die Beklagte ist sowohl Herstellerin des Fahrzeugs als auch des Motors der Baureihe EA 189. Für die Mithaftung einer anderen Konzerngesellschaft gibt es keinerlei Anhaltspunkte.
b) Da die Klägerin das streitgegenständliche Fahrzeug bereits im Jahr 2008 erworben hat, sind Ansprüche gegen den Händler offensichtlich bereits seit langem verjährt.


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