IT- und Medienrecht

Öffentliche Wasserversorgungseinrichtung, Erstattung der Kosten für Grundstücksanschlüsse, Leistungsklage, Aufwendungen für Verlegung einer Hausanschlussleitung

Aktenzeichen  M 10 K 20.2675

Datum:
17.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 10515
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
KAG Art. 9
§ 8 Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung (BGS-WAS) des …-Zweckverbandes für Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung vom 16. Dezember 2009

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig, insbesondere fehlt ihr nicht deshalb das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Klägerin den geltend gemachten Erstattungsbetrag für die Umlegung der Grundstücksanschlussleitung auf einfacherem Wege durch den Erlass eines Erstattungsbescheids verlangen könnte.
1.1 Eine allgemeine Leistungsklage auf Kostenerstattung bleibt ohne Erfolg, wenn das Handeln in Bescheidsform vorrangig ist. Die Leistungsklage eines Hoheitsträgers gegen einen Privaten ist ausgeschlossen, wenn das zugrundeliegende materielle Recht die Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts verpflichtet (BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 4 ZB 15.2809 Rn. 12; B.v. 13.1.2011 – 22 ZB 09.1525, jeweils juris). Ein Hoheitsträger kann nur dann ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Leistungsklage haben, wenn die Befugnis zum Erlass eines Leistungsbescheids zumindest zweifelhaft ist und sich der Beklagte weigert, die geltend gemachte Forderung anzuerkennen oder wenigstens auf die Einrede der Verjährung zu verzichten (BVerwG, B.v. 29.8.2008 – 6 B 48.08 – juris Rn. 4).
1.2 Vorliegend scheidet eine Festsetzung der Erstattung der Kosten für die Verlegung der Hausanschlussleitung durch Bescheid aus.
Die satzungsmäßige Erstattungsvorschrift in § 8 Abs. 1 BGS-WAS, zu der Art. 9 KAG ermächtigt, nimmt von einer Erstattungspflicht ausdrücklich den Aufwand für die Unterhaltung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung der Grundstücksanschlüsse, auch soweit es die nicht im öffentlichen Straßengrund liegenden Teile betrifft, aus, § 8 Abs. 1 Satz 2 BGS-WAS. Lediglich der Aufwand für die Herstellung, Anschaffung und Verbesserung der Grundstücksanschlüsse kann aufgrund der Satzungsregelung § 8 Abs. 1 Satz 1 BGS-WAS nach § 155 Abs. 1 AO i.V.m. Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 b) aa) KAG durch Abgabenbescheid festgesetzt werden.
Bei der vom Beklagten beantragten und vom Unternehmen durchgeführten Baumaßnahme handelt es sich nicht um die Herstellung, Anschaffung oder Verbesserung eines Grundstücksanschlusses, die bloße abschnittsweise Verlegung des Grundstücksanschlusses im Bereich der neu eingebauten Kellertür ist vielmehr eine Veränderung des Grundstücksanschlusses beim Beklagten. Hierfür fehlt es auch nach Auffassung der Klägerin selbst an einer satzungsmäßigen Rechtsgrundlage für die Festsetzung der Kostenerstattung durch Bescheid.
1.3 Damit kann der von der Klägerin behauptete Anspruch im Weg der allgemeinen Leistungsklage verfolgt werden (vgl. auch VG München, U.v. 17.2.2011 – M 10 K 09.6125 – juris Rn. 27).
2. Die Leistungsklage bleibt ohne Erfolg, da der von der Klägerin geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch nicht besteht.
Nach Ansicht der Klägerin soll sich ein Kostenerstattungsanspruch im vorliegenden Fall aufgrund des Antrags des Beklagten vom 30. Oktober 2018 auf Änderung des bestehenden Hausanschlusses ergeben. Damit wird sinngemäß der Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags – Auftrag – mit einer Kostenerstattungspflicht auch für die bloße Veränderung eines Grundstücksanschlusses behauptet.
2.1 Nach Art. 54 BayVwVfG kann ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtliche Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen; insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an denen sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.
Vorliegend ist bereits fraglich, ob dem Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags wie hier nicht bereits die Vorschriften des Kommunalabgabengesetzes und der Abgabenordnung, auf welche Art. 13 KAG umfänglich verweist, entgegenstehen.
Nach Art. 1 KAG sind Gemeinden berechtigt, nach diesem Gesetz Abgaben zu erheben. Nach Art. 2 Abs. 1 KAG werden Abgaben aufgrund einer besonderen Abgabesatzung erhoben. Unter anderem ermöglicht Art. 9 KAG die satzungsgemäße Bestimmung einer Erstattung von Kosten für Grundstücksanschlüsse, wie dort näher geregelt. Soweit die Klägerin als öffentlich-rechtlicher Aufgabenträger sowohl das Benutzungsverhältnis wie auch die Erhebung von Beiträgen und Gebühren sowie die Erstattung von Aufwendungen durch Satzungen abschließend geregelt hat, bleibt von vorneherein kein Raum mehr für ergänzende oder abweichende vertragliche Bestimmungen.
2.2 Selbst wenn man aber neben den satzungsrechtlichen Regelungen grundsätzlich abweichende oder ergänzende vertragliche Vereinbarungen zulassen wollte, nimmt § 8 Abs. 1 Satz 2 BGS-WAS aber ausdrücklich normativ die Erstattung des Aufwands für die Unterhaltung, Erneuerung, Veränderung und Beseitigung der Grundstücksanschlüsse aus. Damit würde der Vertrag, wenn man ihn als Handlungsform über die Beitrags- und Gebührensatzung zur Wasserabgabesatzung der Klägerin hinaus überhaupt zuließe, jedenfalls gegen ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB in Verbindung mit Art. 62 Satz 2 BayVwVfG verstoßen und wäre damit nichtig.
2.3 Im Übrigen würde es aber ohnehin an einer eindeutigen Willenserklärung des Klägers zur Übernahme der Kosten für die Veränderung des Grundstücksanschlusses fehlen.
Der Antrag des Beklagten auf Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung vom 30. Oktober 2018, welchen die Klägerin sinngemäß als Vertragsangebot ansieht, lässt gerade nicht den Willen erkennen, die Kosten für eine Verlegung des Grundstücksanschlusses zu übernehmen. Die vom Beklagten unterschriebene formularmäßige Erklärung verweist zunächst auf die Wasserabgabesatzung sowie die Beitrags- und Gebührensatzung hierzu. Damit lässt sich der Erklärung nicht entnehmen, dass Kosten für Verlegungen als Änderung der Grundstücksanschlüsse vertraglich übernommen werden, weil die Satzung in § 8 Abs. 1 Satz 2 BGS-WAS ja gerade die Freistellung von derartigen Kosten vorsieht.
Zudem wird mit der Erklärung davon Kenntnis genommen, dass im Zusammenhang mit dem beantragten Wasseranschluss außer einem Herstellungsbeitrag die Kosten für die Herstellung und Beseitigung der Grundstücksanschlüsse in der jeweils tatsächlich entstandenen Höhe zu erstatten sind. Auch der eindeutige Wortlaut dieser Regelung lässt gerade keine Erstattung von Kosten über Herstellung und Beseitigung der Grundstücksanschlüsse hinaus zu, die Erstattung von Kosten für Veränderungen der Grundstücksanschlüsse ist nicht aufgeführt.
Da weder ein satzungsmäßiger noch ein vertraglicher Kostenerstattungsanspruch der Klägerin besteht, ist die Klage abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO, §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.


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