IT- und Medienrecht

Rechtsweg für Arzneimittelrabattanspruch

Aktenzeichen  20 C 16.178

Datum:
8.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 40 Abs. 1 S. 1, § 146 Abs. 1, § 147
AMRabG § 1
GVG GVG § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 3
SGB V SGB V § 130a
SGG SGG § 51 Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Eine Streitigkeit um den Rabattanspruch des § 1 S. 1 AMRabG ist privatrechtlicher Natur, da die Beihilfeträger hier nicht ausschließlich als Träger hoheitlicher Gewalt als solche berechtigt werden. Bei diesem Anspruch stehen sich die pharmazeutischen Unternehmen als Anspruchsverpflichtete auf der einen und die privaten Krankenkassen sowie die Beihilfeträger als Anspruchsberechtigte auf der anderen Seite im Gleichordnungsverhältnis gegenüber. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

18 K 14.5643 2016-01-07 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 7. Januar 2016 wird aufgehoben. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht Traunstein verwiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Die weitere Beschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts. Mit der Klage macht sie gegenüber der Beklagten die Zahlung von Abschlägen nach § 1 Satz 1 AMRabG geltend. Die Beklagte rügt den von der Klägerin beschrittenen Verwaltungsrechtsweg und beantragte, die Klage an das Landgericht Traunstein zu verweisen.
Das Verwaltungsgericht hat mit Beschluss vom 7. Januar 2016 den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärt. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, bei der Klägerin handele es sich um eine Trägerin hoheitlicher Aufgaben. Bei § 1 Satz 1 AMRabG handele es sich, soweit die hoheitlich tätigen Beihilfeträger berechtigt würden, um eine öffentlich-rechtliche Vorschrift. Dies indiziere zunächst der Umstand, dass die Abschläge entsprechend einer Regelung aus dem SGB V als öffentlich-rechtliche Normen geregelt seien. Eine Entsprechung zu diesen Regelungen des SGB V sei auch in der Gesetzesbegründung ausdrücklich erwähnt. Die Regelung sei so zu verstehen, dass sie privatrechtlicher Natur sei, soweit private Krankenversicherungen begünstigt seien, soweit die hoheitlichen Beihilfeträger begünstigt seien, sei sie öffentlich-rechtlicher Natur.
Hiergegen erhob die Beklagte Beschwerde und beantragte, den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben, den Verwaltungsrechtsweg für unzulässig zu erklären und den Rechtsstreit an das Landgericht Traunstein zu verweisen. Die Klägerin äußerte sich mit Schreiben vom 22. Februar 2016 zur Beschwerde ohne einen Antrag zu stellen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen.
II.
Die nach § 17 a Abs. 4 Satz 3 GVG i. V. m. den §§ 146 Abs. 1, 147 VwGO zulässige Beschwerde hat Erfolg, so dass der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 7. Januar 2016 aufzuheben ist. Zugleich ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 17 a Abs. 2 Satz 1 für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht Traunstein zu verweisen.
Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne von § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist anzunehmen, wenn die Klägerin aus dem vorgetragenen Sachverhalt Rechtsfolgen aus Rechtsnormen des öffentlichen Rechts herleitet. Öffentlich-rechtliche Normen sind dadurch gekennzeichnet, dass sie nur auf Rechtsbeziehungen zwischen privaten und öffentlich-rechtlich organisierten Trägern, insbesondere Trägern der Staatsverwaltung, Anwendung finden können. Sie müssen ausschließlich einen derartigen Träger berechtigen oder verpflichten (st. Rspr.; vgl. BVerwG, B.v. 15.12.1992 – 5 B 144.91 – NVwZ 1993, 358 ; v. 2.5.2007 – 6 B 10.07 – BVerwGE 129, 9 Rn. 4 und v. 12.4.2013 – 9 B 37.12 – NJW 2013, 2298 Rn. 6). Entscheidend ist die wahre Natur des Anspruchs, wie er sich nach dem Sachvortrag der Klägerin darstellt, und nicht, ob diese sich auf eine zivilrechtliche oder eine öffentlich-rechtliche Anspruchsgrundlage beruft (GmSOGB, B.v. 10.7.1989 – GmS-OGB 1/88 – juris). Richtig ist zwar, dass § 1 AMRabG die Klägerin als Kostenträgerin der Beihilfe berechtigt Rabatte für aufgewendete Kosten für Arzneimittel einzufordern. Diese Norm berechtigt die Klägerin jedoch nicht ausschließlich als eine Trägerin hoheitlicher Gewalt als solche (vgl. hierzu BVerwG, B.v. 18.10.1993 – 5 B 26.93 – BVerwGE 94, 229). Ein Beihilfeträger wird regelmäßig nur gegenüber dem Beihilfeberechtigten hoheitlich tätig. Der Rabattanspruch nach§ 1 AMRabG knüpft zwar an diese den Beihilfeträger treffende hoheitliche Tätigkeit an. Dies aber nur, um dessen Anspruchsberechtigung festzulegen. Dadurch wird der Anspruch jedoch nicht auch inhaltlich zu einem auf dem Gebiet des öffentlichen Rechtes. Vielmehr stehen sich bei § 1 AMRabG die pharmazeutischen Unternehmen als Anspruchsverpflichtete einerseits und die privaten Krankenkassen sowie die Beihilfeträger als Anspruchsberechtigte andererseits im Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Hieran ändert auch nichts die Tatsache, dass der streitgegenständliche Anspruch dem § 130 a SGB V nachgebildet ist und Streitigkeiten danach dem Sozialgerichten zugewiesen sind. Denn die Sozialgerichte entscheiden nach § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Der Festsetzung eines Streitwerts bedarf es nicht, da für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr von 60,00 € bestimmt ist (Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses in Anlage I zum GKG).
Gründe für eine Zulassung der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht (§ 17a Abs. 4 Satz 4 GVG) liegen nicht vor. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs.1 VwGO).


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