IT- und Medienrecht

Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen Gemeinderatsmitglied

Aktenzeichen  B 9 K 18.297

Datum:
5.3.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 19899
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 20 Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 1, Art. 29
VwGO § 117 Abs. 3 S. 2
BayVwVFG Art. 28 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage kann nach § 101 Abs. 2 VwGO mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden werden.
2. Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der streitgegenständliche Bescheid vom 13. März 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Rechtsgrundlage für die hier streitgegenständliche Festsetzung eines Ordnungsgeldes ist Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO. Danach kann, wer den Verpflichtungen nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO schuldhaft zuwiderhandelt, mit einem Ordnungsgeld bis zu 250,00 €, bei unbefugter Offenbarung personenbezogener Daten bis zu 500,00 € belegt werden. Nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO haben ehrenamtlich tätige Personen über die ihnen bei dieser Tätigkeit bekanntgewordenen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren; das gilt nicht für Mitteilungen im amtlichen Verkehr und über Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen.
b) Der streitgegenständliche Bescheid ist in formeller Hinsicht rechtmäßig. Er beruht auf einem Beschluss des hierfür nach Art. 29 GO zuständigen Gemeinderates vom 12. März 2018. Die Klägerin wurde vor seinem Erlass nach Art. 28 Abs. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetzes (BayVwVfG) angehört.
c) Der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2018 begegnet auch in materiell-rechtlicher Hinsicht keinen Bedenken.
aa) Der streitgegenständliche Bescheid ist inhaltlich ausreichend bestimmt. Ein Verwaltungsakt ist hinreichend bestimmt, wenn insbesondere die durch ihn getroffene Regelung so vollständig, klar und unzweideutig ist, dass für den Adressaten ohne weiteres erkennbar ist, was genau von ihm gefordert wird, und wenn er sein Verhalten danach richten kann und andererseits die Behörden, die mit dem Vollzug betraut sind oder für deren sonstiges Verwaltungshandeln der Verwaltungsakt von Bedeutung ist, seinen Inhalt etwaigen Vollstreckungshandlungen (Titelfunktion) oder sonstigen Entscheidungen zugrunde legen können (Tiedemann in: BeckOK VwVfG, Bader/Ronellenfitsch, 46. Edition, Stand: 1.1.2020, § 37, Rn. 1 m.w.N.). Dabei bezieht sich das Bestimmtheitserfordernis nur auf den verfügenden Teil des Verwaltungsaktes einschließlich aller Nebenbestimmungen; nicht dem Bestimmtheitsgebot unterworfen ist dagegen alles, was nicht zum verfügenden Teil gehört. So muss insbesondere die Begründung des Verwaltungsaktes nicht hinreichend bestimmt sein, da sie seine Regelungswirkung unangetastet lässt (Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 9. Aufl. 2018, § 37, Rn. 3 m.w.N.). Der verfügende Teil des hier streitgegenständlichen Bescheides ist offensichtlich inhaltlich bestimmt. Im Bescheidstenor wird gegenüber der Klägerin ein Ordnungsgeld in bestimmter Höhe festgesetzt und die Fälligkeit der Zahlung geregelt, ohne dass dabei Spielraum für Zweifel bestünde.
Aus dem Bescheid der Beklagten vom 13. März 2018 geht darüber hinaus aber auch eindeutig hervor, dass die – in der Bescheidsbegründung wörtlich wiedergegebenen – Textpassagen einen Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht der Klägerin aus Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO darstellen, der nach Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO mit einem Ordnungsgeld geahndet wird. In der Begründung des Bescheides heißt es hierzu ausdrücklich: „Durch Ihr Schreiben vom 13. November 2015 haben Sie als Mitglied des Gemeinderats bei einer Ihnen bekanntgewordenen und nichtöffentlichen Angelegenheit, nämlich der Personal- und Stellenangelegenheit ‚Bauamt – Tiefbau, Straßenbaulast und Bauhof‘, die der gemeindliche Mitarbeiter … innehat, die erforderliche Verschwiegenheit diesem gegenüber nicht gewahrt, sondern ihn brieflich über Inhalte der Beratung und Beschlussfassung informiert. Mit diesen Äußerungen haben Sie Inhalte und Beschlussfassungen des Gemeinderats … aus einer nichtöffentlichen Sitzung an einen gemeindlichen Bediensteten zeitnah weitergegeben, der nicht Mitglied des Gemeinderates ist, aber selbst inhaltlich davon betroffen ist, ohne dass ihm die Beschlussvorlagen, die Inhalte und mögliche Veränderungen zu diesem Zeitpunkt persönlich bekannt waren“. Daraus geht eindeutig hervor, dass sich die der Klägerin vorgeworfene Verletzung der Verschwiegenheitspflicht konkret auf die Mitteilung von Inhalten der Beratung und der Beschlussfassung im Gemeinderat hinsichtlich der Personal- und Stellenangelegenheit „Bauamt – Tiefbau, Straßenbaulast und Bauhof“ bezieht. An der inhaltlichen Bestimmtheit bestehen damit auch im Hinblick auf das mit dem festgesetzten Ordnungsgeld geahndete Verhalten der Klägerin keine Zweifel.
bb) Die insoweit maßgeblichen Informationen, nämlich die entsprechende Beratung und Beschlussfassung zu der genannten Personalangelegenheit, hat die Klägerin im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Mitglied des Gemeinderates der Beklagten in einer nichtöffentlichen Sitzung erfahren. Dabei handelte es sich nicht um eine Mitteilung im amtlichen Verkehr i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO, also nicht nur um einen Informationsaustausch zwischen Behörden (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 20, Rn. 5).
cc) Die Tatsachen, die die Klägerin offenbart hat, waren auch geheimhaltungsbedürftig.
Dabei stellt zwar Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO hinsichtlich des Bestehens einer Verschwiegenheitspflicht nicht darauf ab, ob der geheimhaltungsbedürftige Umstand dem ehrenamtlich Tätigen in nichtöffentlicher Sitzung bekannt geworden ist; vielmehr regelt die Norm eigenständig die Voraussetzungen, unter denen Gemeinderatsmitglieder Verschwiegenheit zu bewahren haben. Die Behandlung in nichtöffentlicher Sitzung stellt dabei ein starkes Indiz für das Bestehen einer Verschwiegenheitspflicht der Gemeinderatsmitglieder dar; es ist auch nicht Sache des einzelnen Gemeinderates, darüber zu befinden, ob die Behandlung eines Tagesordnungspunktes zu Recht in nichtöffentlicher Sitzung erfolgt ist. Gleichwohl ist aber im Einzelfall zu prüfen, ob und inwieweit die Voraussetzungen des Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO erfüllt sind (vgl. dazu zutreffend und instruktiv Mösbauer in: KommunalPraxis Bayern 2000, 409 f. m.w.N.). Bei den hier maßgeblichen Informationen handelte es sich aber unzweifelhaft um geheimhaltungsbedürftige Angelegenheiten. Die Beratung und Abstimmung über Personalangelegenheiten einzelner Gemeindebediensteter betrifft jedenfalls berechtigte Ansprüche Einzelner i.S.d. Art. 52 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 GO, die den Ausschluss der Öffentlichkeit bei einer Sitzung des Gemeinderates erfordern (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 52, Rn. 12; Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung, Stand: September 2019, Art. 52 GO, Erl. 4). Zu Recht erfolgte deren Behandlung daher im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung der Beklagten vom 9. November 2015. Die entsprechenden Informationen waren im Hinblick auf die dabei betroffenen berechtigten Ansprüche Einzelner auch geheimhaltungsbedürftig i.S.d. Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO. Dies waren sie auch noch im Zeitpunkt ihrer Offenbarung durch die Klägerin durch ihren Brief vom 13. November 2015. Denn auch in diesem Zeitpunkt waren die Voraussetzungen für die Geheimhaltungsbedürftigkeit nicht entfallen, insbesondere nicht etwa dadurch, dass bereits mit dem Vollzug des beschlossenen Stellenplanes begonnen worden wäre. Auch ist es nicht Sache des einzelnen Gemeinderatsmitglieds, selbst über den Wegfall der Geheimhaltungsgründe zu befinden, sondern hierüber hat der Gemeinderat – wie auch über die Behandlung in nichtöffentlicher Sitzung nach Art. 52 Abs. 2 Satz 2 GO – zu entscheiden (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 20, Rn. 12 m.w.N.).
Bei den von der Klägerin mitgeteilten Informationen handelte es sich auch nicht um offenkundige Umstände. Offenkundig sind Tatsachen, die jedermann, also nicht nur ein beschränkter Personenkreis in Erfahrung bringen kann; nicht entscheidend ist, ob die Tatsache tatsächlich große Publizität erlangt hat (Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: Juni 2019, Art. 20, Rn. 8; Glaser in: Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand: Mai 2018, Art. 20, Rn. 4). Dies war bei den hier in Rede stehenden Tatsachen gerade nicht der Fall. Zwar hat die Klägerseite darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit der Schaffung einer weiteren Stelle für die Bauverwaltung der Beklagten seit Längerem diskutiert worden sei. Bei den von der Klägerin offenbarten Informationen handelte es sich aber um den konkreten Beschluss des Gemeinderates der Beklagten, von dieser Möglichkeit nun Gebrauch zu machen. Gerade der Umstand, dass der Gemeinderat in der zuvor offenbar seit längerem umstrittenen Frage nun eine Entscheidung getroffen hat, war nicht für jedermann bekannt oder in Erfahrung zu bringen.
Der Einwand der Klägerseite, dass der Adressat des Schreibens der Klägerin vom 13. November 2015 als Mitarbeiter der Beklagten seinerseits selbst zur Verschwiegenheit über im Rahmen seiner dienstlichen Tätigkeit bekanntgewordene Tatsachen gewesen sei, geht an der Sache vorbei. Dieser Umstand vermag nichts daran zu ändern, dass die Klägerin auch und gerade ihm gegenüber als unbeteiligtem Dritten zur Verschwiegenheit verpflichtet war. Dürften Tatsachen, die der Verschwiegenheitspflicht nach Art. 20 Abs. 2 Satz 1 GO unterliegen, an jeden beliebigen Dritten mitgeteilt werden, solange dieser rein formal in irgendeiner Weise selbst zur Verschwiegenheit verpflichtet ist, liefe die Vorschrift letztlich leer.
dd) Die von der Klägerin mitgeteilten Tatsachen waren dem Adressaten ihres Schreibens vom 13. November 2015 auch noch nicht bekannt. Auch wenn dieser als leitender Mitarbeiter der Beklagten tätig war, so hatte er dennoch keinen Zugriff auf die maßgebliche Beschlussvorlage zum Stellenplan der Beklagten für das Jahr 2016. Dies ergibt sich aus den vom Beklagtenbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 1. Juni 2018 mitgeteilten Angaben zur Regelung des Dokumentenzugriffs in dem von der Beklagten verwendeten Dokumentenmanagementsystem. Diese werden belegt durch die ebenfalls vorgelegte Protokollierung der Dateizugriffe. Die Beklagte ist schon aus datenschutzrechtlichen Gründen gehalten, Personalangelegenheiten nur denjenigen Mitarbeitern zugänglich zu machen, die unmittelbar mit diesem Aufgabenkreis betraut sind. Vor diesem Hintergrund ist für die Kammer nicht nachvollziehbar, wie der Bauamtsleiter der Beklagten vor dem Erhalt des Schreibens der Klägerin vom 13. November 2015 von den streitgegenständlichen Tatsachen hätte Kenntnis erlangen sollen.
ee) Der Klägerin war bekannt, dass es sich bei den von ihr mit ihrem Schreiben vom 13. November 2015 mitgeteilten Tatsachen um geheimhaltungsbedürftige Informationen handelte. Denn die Beratung und Beschlussfassung hierzu hatte im nichtöffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung vom 9. November 2015 stattgefunden. Die dem fraglichen Tagesordnungspunkt zugrundeliegende Beschlussvorlage war ausdrücklich als „Stellenplan 2016 vertraulich“ gekennzeichnet. Die Klägerin teilte die genannten Inhalte der nichtöffentlichen Gemeinderatssitzung dennoch gezielt dem Bauamtsleiter der Beklagten schriftlich mit, nachdem eine telefonische Kontaktaufnahme nicht zustande gekommen war. Sie handelte damit vorsätzlich, also schuldhaft i.S.d. Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO.
Dieser schuldhafte Pflichtverstoß kann auch nicht durch eine von der Klägerin angenommen Fürsorgepflicht gegenüber dem Adressaten ihres Schreibens vom 13. November 2015 gerechtfertigt werden. Denn eine entsprechende Fürsorgepflicht obliegt ausschließlich dem Dienstherrn bzw. Arbeitgeber. Der Klägerin als einzelnem Gemeinderatsmitglied steht es insoweit nicht zu, nach eigener Entscheidung für die Gemeinde tätig zu werden.
ff) Die Ermessensentscheidung der Beklagten begegnete keinen im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO vom Gericht zu berücksichtigenden rechtlichen Bedenken. Dies gilt sowohl für das „Ob“ einer Ahndung des Verstoßes der Klägerin gegen ihre Verschwiegenheitspflicht mit einem Ordnungsgeld als auch in Bezug auf dessen Höhe.
Der Verstoß der Klägerin gegen ihre Verschwiegenheitspflicht wurde insbesondere nicht durch eine bereits erfolgte Rüge für die Ahndung durch ein Ordnungsgeld „verbraucht“. Zwar kann anstelle eines Ordnungsgeldes nach Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO als milderes Mittel auf gleicher Rechtsgrundlage grundsätzlich auch eine Rüge ausgesprochen werden (vgl. BayVGH, U.v. 23.10.1998 – 4 ZB 98.2589 – juris). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verbietet es, ein Verhalten, das bereits zu einer Rüge auf Grundlage des Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO geführt hat, erneut durch ein Ordnungsgeld zu ahnden. Wie die Festsetzung eines Ordnungsgeldes obliegt aber auch die Entscheidung, eine Rüge auszusprechen, der Entscheidung durch den Gemeinderat, Art. 29 GO. Es mag sein, dass der erste Bürgermeister der Beklagten, wie von Klägerseite angeführt, das Verhalten der Klägerin in der Gemeinderatssitzung vom 18. Januar 2018 ihr gegenüber kritisiert hat. Ein dahingehender Gemeinderatsbeschluss, ihr eine förmliche Rüge als Ahndung i.S.d. Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO auszusprechen, liegt aber ersichtlich nicht vor. Somit kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass die Verletzung der Verschwiegenheitspflicht durch die Klägerin bereits förmlich geahndet worden wäre.
Auch war eine Festsetzung eines Ordnungsgeldes nicht nach den Grundsätzen der Verwirkung ausgeschlossen. Dabei kann es dahinstehen, ob die Befugnis der Beklagten zur Ahndung eines schuldhaften Verstoßes gegen die Verschwiegenheitspflicht überhaupt der Verwirkung unterliegt oder diese hier – ähnlich wie im Bereich der Gefahrenabwehr – grundsätzlich ausgeschlossen ist (vgl. zu Letzterem etwa BVerwG, B.v. 28.2.2008 – 7 B 12.08 – juris Rn. 7). Denn trotz der zwischen dem Verstoß gegen die Verschwiegenheitspflicht und seiner Ahndung durch ein Ordnungsgeld vergangenen Zeit fehlt es insoweit jedenfalls am neben dem Zeitablauf ebenso erforderlichen sogenannten Umstandsmoment. Eine bloße Untätigkeit auch über einen längeren Zeitraum hinweg genügt hierfür jedenfalls nicht. Es müssen besondere Umstände hinzutreten, die die spätere Geltendmachung als treuwidrig erscheinen lassen. Das ist insbesondere der Fall, wenn der Verpflichtete infolge eines bestimmten Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen durfte, dass dieser seinen Anspruch nach längerer Zeit nicht mehr geltend machen würde, und wenn er sich infolge seines Vertrauens so eingerichtet hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (vgl. BVerwG, U.v. 18.7.2012 – 8 C 4.11 – juris Rn. 86 m.w.N.). Daran fehlt es hier schon deswegen, weil die Beklagte gegenüber der Klägerin immer wieder zum Ausdruck gebracht hat, ihr Verhalten nicht akzeptieren zu wollen. In diesem Sinne kann auch die von der Klägerin als „Rüge“ aufgefasste Kritik durch den ersten Bürgermeister in der Gemeinderatssitzung am 18. Januar 2018 verstanden werden. Auch wenn der Erlass des streitgegenständlichen Bescheides letztlich erst am 13. März 2018 erfolgte, musste die Klägerin spätestens mit Erhalt des Anhörungsschreibens der Beklagten vom 11. Mai 2017 davon ausgehen, dass diese die Sache nicht auf sich beruhen lassen werde. Insgesamt hat sich die Beklagte zu keinem Zeitpunkt so verhalten, dass ein berechtigtes Vertrauen der Klägerin darauf hätte entstehen können, dass ihr schuldhaftes Fehlverhalten nicht mehr geahndet werden würde. Daran ändert es auch nichts, dass die Klägerin in der Zwischenzeit weiter an den Sitzungen des Gemeinderates der Beklagten teilnahm, denn hierzu war sie nach Art. 48 Abs. 1 Satz 1 GO verpflichtet.
Die Höhe des festgesetzten Ordnungsgeldes von 150,00 € hält den Rahmen des Art. 20 Abs. 4 Satz 1 GO ein. Die Erwägungen der Beklagten zur Bemessung des Ordnungsgeldes sind im Rahmen des § 114 Satz 1 VwGO nicht zu beanstanden.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten richtet sich nach § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO hinsichtlich der Vollstreckung durch die Beklagte bedurfte es angesichts ihrer allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen nicht, zumal sie auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.


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