IT- und Medienrecht

Werbung für ein nicht als wirksam nachgewiesenes medizinisches Produkt

Aktenzeichen  29 U 1893/16

Datum:
8.12.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
MD – 2017, 443
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
UWG § 3, § 3a, § 8 Abs. 3 S. 2, Abs. 4
HWG § 3 S. 2 Nr. 1

 

Leitsatz

1. Eine Irreführung kann auch darin liegen, dass ein bereits bestehender Irrtum vertieft wird.
2. Hängt der Nachweis der Richtigkeit einer gesundheitsbezogenen Wirkungsbehauptung allein von einer Beurteilung des subjektiven Befindens des Probanden ab, so ist eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung erforderlich; der Wirksamkeitsnachweis kann nicht in anderer Weise durch praktische Erfahrungen geführt werden.
3 Ist ein Verband gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzungen auch weiterhin vorliegen.  (red. LS Dirk Büch)
4 Gewerbetreibende bieten Leistungen gleicher oder verwandter Art an, wenn die eine Seite ein Bioresonanztherapiegerät anbietet, während die Gegenseite Hersteller sonstiger medizinischer Produkte und Gerätschaften ist.  (red. LS Dirk Büch)
5 Bei einer gesundheitsbezogenen Werbung sind besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen.  (red. LS Dirk Büch)
6 Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen besteht nur dann, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße hätte verhindern müssen. (red. LS Dirk Büch)

Verfahrensgang

4 HK O 11063/13 2016-04-11 Endurteil LGMUENCHENI LG München I

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten zu 2) und 3) wird das Urteil des Landgerichts München I vom 11. April 2016, Az.: 4 HK O 11063/13, aufgehoben, soweit die Beklagten zu 2) und 3) verurteilt wurden.
Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) wird abgewiesen.
II. Die Berufung der Beklagten zu 1) wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger trägt von den Kosten des Rechtsstreits in erster und zweiter Instanz die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2) und 3) sowie 1/5 der Gerichtskosten. Die Beklagte zu 1) trägt 4/5 der Gerichtskosten sowie der außergerichtlichen Kosten des Klägers. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten in erster und zweiter Instanz selbst.
IV. Dieses Urteil und das Urteil des Landgerichts sind vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte zu [1) ] kann die Vollstreckung aus Ziffer I. des landgerichtlichen Urteils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 30.000,- € abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in jeweils gleicher Höhe leistet. Im Übrigen können die Parteien die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 115% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 115% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.
Der Kläger nimmt die Beklagten auf Unterlassung werbender Aussagen für eine Bioresonanztherapie mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ in Anspruch.
Der Kläger, der Verband Sozialer Wettbewerb, ist ein eingetragener Verein, zu dessen satzungsgemäßen Aufgaben die Wahrung der gewerblichen Interessen seiner Mitglieder, insbesondere die Achtung darauf gehört, dass die Regeln des lauteren Wettbewerbs eingehalten werden.
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) bis zu ihrem Ausscheiden am 8. Juli 2015 waren, stellt ein „BICOM® optima“ genanntes Gerätesystem für den Einsatz bei einer Bioresonanztherapie her und vertreibt dieses. Sie ist Herausgeberin des Flyers „BI- COM optima …… news“ (vgl. Anlage A 1 zur Anlage K 2), auf dem sich die vom Kläger angegriffenen streitgegenständlichen Aussagen befinden. Diese waren nach einer erfolglos gebliebenen Abmahnung bereits Gegenstand einer vom Landgericht München I am 4. April 2013 erlassenen einstweiligen Verfügung (Az.: 33 O 7218/13, Anlage K 2). Die Beklagte zu 1) verschickte den Flyer am 8. April 2010 an Kunden, unter anderem auch an die Physiotherapie- Praxis A. in Berlin-Lichterfelde.
Der Kläger hat vorgetragen, ihm gehörten – wie sich aus der als Anlage K 9 vorgelegten eidesstattlichen Versicherung ergebe – alle diejenigen Mitglieder an, die in der als Anlage K 8 vorgelegten Liste aufgeführt seien. Er sei deshalb klagebefugt.
Der Kläger habe vom streitgegenständlichen Flyer dadurch Kenntnis erlangt, dass der Prozessbevollmächtigte des Klägers diesen am 8. März 2013 an ihn übergeben habe. Der Prozessbevollmächtigte habe das Flugblatt am Vortag in einer Physiotherapie-Praxis in Berlin- Lichterfelde beim Warten auf einen Termin am schwarzen Brett entdeckt.
Wie sich unter anderem aus einem Auszug aus dem Handbuch „Die andere Medizin“ (vgl. Anlage K 4) und einem Auszug aus dem „Wörterbuch Naturheilkunde und alternative Heilverfahren“ (vgl. Anlage K 5) ergebe, handle es sich bei der Bioresonanztherapie um ein wissenschaftlich nicht belegtes Verfahren. Auch aus dem als Anlage K 6 vorgelegten Auszug aus dem „Lexikon der Parawissenschaften“ ergebe sich, dass bereits das Grundprinzip des Bioresonanztherapieverfahrens, nämlich das Verbringen angeblicher körpereigener pathologischer Schwingungen in ein Gerät, in dem die Schwingungen zum Gesunden hin verändert werden sollen, in keiner Weise bestätigt werden konnte und die Methode unsinnig und wegen fehlenden Wirkungsnachweises ungeeignet sei. Sämtlichen angegriffenen Behauptungen fehle die notwendige Tatsachengrundlage zu einem Wirksamkeitsnachweis. Die Werbung sei daher zur Täuschung der angesprochenen Verkehrskreise geeignet und gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 2 MPG, § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG zu unterlassen.
Der Kläger hat in erster Instanz zuletzt beantragt,
I. Die Beklagten werden verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- €, ersatzweise Ordnungshaft, oder einer Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu vollziehen an den Beklagten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr für eine Bioresonanztherapie, insbesondere für eine Bioresonanztherapie mit dem Gerätesystem „Bicom® optima“, zu werben:
1. „… die Folgeprogramme … führen auch schneller zum Behandlungserfolg“,
2. „Auf Grund der markanten Therapieerfolge sind wir der Meinung, dass sich das Gerät … das Prädikat ‘sehr gut’ verdient hat“,
3. „Es ist wirklich eine neue Generation … zur Optimierung der Behandlung … sowie zur Verbesserung der Therapieerfolge…“,
4. „Oft kann man bereits während einer einzigen Therapie Veränderungen wahrnehmen. So zum Beispiel auch bei einer Patientin, die schon seit Jahren wegen Problemen auf Grund einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus bei den verschiedensten Therapeuten in Behandlung war. Als sie zu mir in die Praxis kam, therapierte ich sie mit der Programmkette ‘Schockbehandlung’… Schon während der Behandlung veränderte sich ihr Aussehen, sie sah viel besser aus. Außerdem hatte sie nach der Therapie wesentlich mehr Energie und ist viel stabiler geworden“,
5. „Einer anderen Patientin … wurde vor eineinhalb Jahren eine Niere entfernt. Danach hatte sie einen Darmverschluss und wurde ein weiteres Mal operiert. Während der OP erlitt sie einen Schock. Hinzu kam eine Lungenembolie. Seit dieser OP litt sie unter Atembeschwerden und Asthma. Ihr Gesamtzustand war sehr schlecht, sie konnte fast nicht mehr gehen und nicht mehr arbeiten. Sie war bei diversen Ärzten und auch bei einem Lungenspezialisten in Behandlung. Aber keiner konnte helfen. Als sie zu mir in die Praxis kam, arbeitete ich noch mit meinem alten Bicom Gerät. Ich habe sie über einen längeren Zeitraum damit behandelt, es ging ihr zwar etwas besser, aber einen richtigen Durchbruch habe ich nicht geschafft. Dann habe ich sie 4-5-mal mit dem Optima behandelt und es trat eine erstaunliche Besserung ein. Sie bekommt wesentlich leichter Luft, kann wieder besser gehen und ist insgesamt viel belastbarer geworden“,
6. „… ‘Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger’. Ich habe festgestellt, dass sich der Behandlungserfolg deutlich schneller einstellt, wenn ich dieses Programm zusätzlich zur Ausleitung von Bakterien oder Pilzen einsetze“,
7. „Größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,
8. „Durch den Einsatz der Tiefstfrequenzen und durch den 2. Kanal … beobachte ich größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“,
9. “Grippe Ende letzten Jahres behandelte ich zum Beispiel eine Patientin mit sehr starken Grippesymptomen. Die Patientin war überzeugt, dass sie an Schweinegrippe litt. Nachdem ich sie mit dem neuen Grundprogramm … therapiert hatte, testete ich folgende Programme aus und applizierte diese: Programmkette… (Grippe), Programmkette… (Infektanfälligkeit), Tiefstfrequenzprogramm… (Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger).
Am übernächsten Tag rief mich diese Patientin an und sagte wortwörtlich: ‘So gut wie jetzt ging es mir nicht mal vor der Schweinegrippe!’ Sie musste kein zweites Mal behandelt werden„,
10. “Ein … Patient litt seit vier Jahren unter starken Schmerzen auf Grund eines Tennisarmes. Er war es leid, von Orthopäden, Neurochirurgen und Neurologen zu hören: ‘Wir können nur noch operieren und spritzen’. Zum Glück erfuhr er von der Bioresonanz und kam in meine Praxis. Wir applizierten eine Grundtherapie … sowie die Programmketten …, ‘Tennisarm’ und …, Ellenbogengelenk-Beschwerden’ … Im Kanal 2 ließ ich die ‘Stabilisierungsampullen Gelenke klein + groß’ … mitlaufen und speicherte die gesamte Therapie auf einem Chip ab, den er sich auf die schmerzende Stelle am Arm klebte. Direkt nach der ersten Behandlung hatte er Schmerzen – für mich ein Zeichen, dass die Regulation in Gang gekommen war. Insgesamt benötigte er drei Behandlungen. Seitdem sind die Schmerzen komplett weg und er kann den Arm wieder ganz normal belasten„,
11. “Im Bereich ‘Gelenke’ kann man mit dem Bicom Optima innerhalb kurzer Zeit sehr große Erfolge erreichen„,
12. “Wie … erwähnt, gibt es beim Optima manchmal intensive Reaktionen während der Behandlung und die Patienten merken, dass sich etwas tut. Und das finden sie richtig gut. Es passiert wirklich jeden Tag was Tolles mit dem Bicom Optima. Man kann so viel erreichen – man muss es nur tun„,
13. “… Heilpraktiker
‘Ich habe Erfolge, dass es kracht…’
Diese Aussage habe ich vor kurzem in Bezug auf das Bicom Optima gemacht – und es ist definitiv so„,
14. “… ich kann z. B. sagen: ‘Ich will die Therapie auf der Leber haben’ und in Kanal 2 zum Beispiel die Leberampulle aus dem 5-E-Testkasten und ein Lebermittel geben, während zeitgleich die Therapie mit körpereigenen Frequenzmustern läuft und so gleichzeitig die Entgiftung der Leber fördern„,
15. “Es gibt weniger ‘Entgleisungen’. Wenn man zum Beispiel (zu) viele Schwermetalle auf einmal ausleitet, kann es meiner Erfahrung nach mit dem Bicom 2000 schon mal vorkommen, dass es dem Patienten ziemlich zu schaffen macht. Das erlebe ich mit dem Bicom Optima überhaupt nicht„,
16. “Mit dem Bicom Optima bin ich definitiv schneller, erfolgreicher und ich benötige weniger Behandlungen”,
jeweils sofern dies geschieht wie in Anlage K 1 wie nachfolgend [unter Verwendung der Anlage A 1 zur Anlage K 2] wiedergegeben:
II. Die Beklagten werden verurteilt, an den Kläger 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Juni 2013 zu zahlen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagten haben die Klagebefugnis des Klägers bestritten. Insbesondere habe der Kläger keine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden als Mitglieder, die Medizinprodukte vertreiben, die mit dem von der Beklagten zu 1) hergestellten und vertriebenen Gerätesystem „BI- COM® optima“ vergleichbar seien. Darüber hinaus sei er personell, sachlich und finanziell nicht in der Lage, seine satzungsgemäßen Aufgaben wahrzunehmen. Nach seiner Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2004 habe er 49% der sich auf insgesamt 442.123,65 € belaufenden Erträge aus gewöhnlicher Geschäftstätigkeit für „Anwälte“ aufgewendet. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung für das Jahr 2005 hätten die dort geleisteten Anwaltskosten 245.098,97 € betragen. Diese Tatsachen belegten, dass der Kläger lediglich ein gut organisierter Dienstleistungsbetrieb zur Unterstützung der Prozessbevollmächtigten sei.
Die Beklagten haben zudem die Auffassung vertreten, die Geltendmachung der Klageansprüche sei rechtsmissbräuchlich, da es dem Kläger nur darum gehe, sie zu behindern, und er Rechtsverstöße eigener Mitglieder dulde. Der Kläger verfolge das Ziel, die Beklagte zu 1) im Wettbewerb nicht nur zu behindern, sondern ihr jede Werbung für ihre Medizinprodukte praktisch unmöglich zu machen. Er ignoriere die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Bioresonanztherapie und verunglimpfe und verleumde in einer bemerkenswert unflätigen Sprache die Tätigkeit der Beklagten zu 1).
Auch haben die Beklagten die Einrede der Verjährung erhoben. Der streitgegenständliche Flyer sei mehrere Wochen vor dem 11. April 2010 gedruckt und nur ein einziges Mal verschickt worden, und zwar an Kunden, die bereits ein BICOM-Gerät besessen hätten. Wenn die Behauptung des Klägers, wonach sein Prozessbevollmächtigter am 7. März 2013 in einer Physiotherapiepraxis in Berlin-Lichterfelde beim Warten auf einen Termin die Broschüre am schwarzen Brett gesehen haben wolle, zutreffe, so sei dieses Aushängen nicht der Beklagten als Wettbewerbshandlung zuzurechnen.
Im Übrigen haben die Beklagten vorgetragen, die werbenden Aussagen im Flyer seien nicht irreführend i. S. v. § 3 HWG. Da sich die streitgegenständliche Broschüre allein an die relativ kleine und hoch spezialisierte Gruppe von niedergelassenen Ärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten richte, die bereits ein BICOM-Gerät erworben haben, sei bei Ermittlung der Verkehrsauffassung auch alleine auf diese Fachkreise abzustellen. Die angegriffenen Angaben seien, soweit es sich überhaupt um Wirkungs- oder Wirksamkeitsangaben i. S. v. § 3 HWG handle, wahrheitsgemäß und gerechtfertigt. Aus den als Anlagen B 7 bis B 10 vorgelegten Gutachten ergebe sich, dass und wie die Bioresonanztherapie wirke. Gleiches gelte für die als Anlagen B 87 bis B 94 vorgelegten medizinischen Veröffentlichungen aus China.
Mit Urteil vom 11. April 2016, auf dessen tatsächliche Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, hat das Landgericht der Klage vollumfänglich stattgegeben.
Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihrer Berufung. Sie wiederholen und vertiefen ihr Vorbringen aus dem ersten Rechtszug.
Darüber hinaus machen die Beklagten zu 2) und 3) geltend, dass die Klage gegen sie als die mittlerweile ausgeschiedenen Geschäftsführer gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO unzulässig, jedenfalls aber unbegründet sei. Der Kläger habe nicht vorgetragen, aus welchem Grund die früheren Geschäftsführer der Beklagten zu 1) Schuldner des Unterlassungsanspruchs seien.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Berufung der Beklagten zu 1) zurückzuweisen.
Hinsichtlich der Beklagten zu 2) und 3) hat der Kläger nach deren Ausscheiden aus der Geschäftsführerstellung in der Berufungserwiderung die Klage für erledigt erklärt. Die Beklagten zu 2) und 3) haben der Erledigung der Hauptsache nicht zugestimmt.
Im Übrigen wird auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8. Dezember 2016 Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat nur insoweit Erfolg, als das Landgericht die Beklagten zu 2) und 3) verurteilt hat. Die Berufung der Beklagten zu 1) ist unbegründet.
1. Ohne Erfolg rügt die Beklagte zu 1) die mangelnde Aktivlegitimation des Klägers.
a) Der Kläger ist nach seiner personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung zur Erfüllung seiner satzungsgemäßen Aufgaben i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG in der Lage.
Hierfür spricht die jahrzehntelange unbeanstandete Tätigkeit des Klägers bis hin in höchstrichterliche Verfahren. Auch aktuell bestehen hinsichtlich der personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung des Klägers keine konkreten Zweifel (vgl. BGH GRUR 2015, 1240, Tz. 1, 12, 13 – Zauber des Nordens; OLG München, Urteil vom 12. Februar 2015, Az.: 6 U 3700/13, Magazindienst 2015, 340, Tz. 153).
Ist ein Verband – wie hier der Kläger – jahrelang als klagebefugt anerkannt, so ist zu vermuten, dass diese Voraussetzungen weiterhin vorliegen (Köhler/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, UWG, 35. Aufl. 2017, § 8 UWG Rn. 3.66). Das Bestreiten einer ausreichenden personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung seitens der Beklagten zu 1) unter Verweis auf behauptete wirtschaftliche Verhältnisse des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 führt zu keiner anderen Beurteilung. Etwaige finanzielle Verhältnisse des Klägers in den Jahren 2004 und 2005 geben schon keinen Aufschluss über die derzeitige sachliche und finanzielle Ausstattung des Klägers. Im Übrigen hat die Beklagte zu 1) auch keine konkreten Tatsachen, die die Vermutungswirkung entkräften könnten, etwa Fälle aus der Vergangenheit, in denen der Kläger die ihm auferlegten Kosten eines Rechtsstreits nicht ausgeglichen hat, dargetan.
b) Die Klagebefugnis eines Verbands nach § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG setzt zudem voraus, dass dieser die Interessen einer erheblichen Zahl von Unternehmern wahrnimmt, die auf demselben Markt tätig sind wie der Wettbewerber, gegen den sich der Anspruch richtet. Gemäß § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG sind rechtsfähige Verbände aktivlegitimiert, wenn ihnen eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art auf demselben Markt vertreiben. Erheblich im Sinne des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist die Zahl der Mitglieder des Verbands auf dem einschlägigen Markt dann, wenn diese Mitglieder als Unternehmen – bezogen auf den maßgeblichen Markt – in der Weise repräsentativ sind, dass ein missbräuchliches Vorgehen des Verbands ausgeschlossen werden kann (vgl. BGH GRUR 2007, 809 Tz. 15 – Krankenhauswerbung).
Der Begriff der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG ist dabei weit auszulegen (BGH GRUR 2015, 1140 Tz. 11 – Bohnengewächsextrakt; Köhler/Feddersen, a.a.O. § 8 UWG Rn. 3.38). Die beiderseitigen Waren oder Dienstleistungen müssen sich ihrer Art nach so gleichen oder nahestehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Handeln des anderen beeinträchtigt werden kann. Es reicht aus, dass eine nicht gänzlich unbedeutende potentielle Beeinträchtigung mit einer gewissen, wenn auch nur geringen Wahrscheinlichkeit in Betracht gezogen werden kann. Ein entsprechendes Wettbewerbsverhältnis wird wesentlich durch die gemeinsame Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu zumindest angrenzenden Branchen begründet. Dabei ist auf Seiten des in Anspruch Genommenen auf den Branchenbereich abzustellen, dem die beanstandete Wettbewerbshandlung zuzurechnen ist (BGH a.a.O. Tz. 11 – Bohnengewächsextrakt).
Dem Kläger gehört eine erhebliche Anzahl von Gewerbetreibenden an, die Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte zu 1) anbieten. Der relevante sachliche Markt beschränkt sich dabei entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) nicht allein auf die Herstellung von Bioresonanztherapiegeräten bzw. den Vertrieb von Medizinprodukten an Therapeuten, mit denen die Regulationskräfte des menschlichen Organismus angeregt werden, sondern erstreckt sich aufgrund der weiten Auslegung des Begriffs der Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG jedenfalls auf Hersteller und Vertreiber medizinischer Produkte und Gerätschaften. Nicht maßgeblich ist, ob ein in Anspruch Genommener gerade bei den Waren oder Dienstleistungen, die mit seinen beanstandeten Wettbewerbsmaßnahmen beworben worden sind, mit den Mitgliedsunternehmen des klagenden Wettbewerbsverbandes im Wettbewerb steht (vgl. BGH a.a.O. Tz. 14 – Krankenhauswerbung). Das folgt schon daraus, dass nicht der Vertrieb gleichwertiger Waren erforderlich ist, sondern der Vertrieb verwandter Waren ausreicht.
Der Kläger hat seine Mitgliederliste zum Stand 1. November 2013 vorgelegt (Anlage K 8). Unter den Mitgliedern des Klägers befinden sich rund 115 Unternehmen der Heilmittelbranche (Seiten 14 bis 24 der Liste), hiervon gemäß der Rubrik „Heilmittel – Medizinprodukte“ allein 51 Hersteller bzw. Vertreiber von Medizinprodukten (Seiten 14 bis 18 der Liste). Bei den 51 im Bereich „Heilmittel – Medizinprodukte“ tätigen Mitgliedsunternehmen des Klägers handelt es sich um eine den Anforderungen der Rechtsprechung entsprechend repräsentative Anzahl von Unternehmen. Eine Mindestanzahl wird von der Rechtsprechung insoweit nicht verlangt (vgl. BGH GRUR 1998, 489, 491 – Unbestimmter Unterlassungsantrag III; BGH GRUR 2015, 1240 Tz. 14 – Zauber des Nordens), so dass es vorliegend nicht darauf ankommt, ob neben diesen Unternehmen noch weitere Mitgliedsunternehmen des Klägers, wie die in der Anlage K 8 unter den Rubriken „Gesundheitswesen, Dienstleistungen“, „Heilwesen /Dienstleistungen“, „Heilmittel – Arzneimittel“ sowie „Heilmittel – Naturheilmittel“ aufgeführten Unternehmen als konkrete Mitbewerber auf dem Markt Leistungen gleicher oder verwandter Art wie die Beklagte zu 1) anbieten.
Die Geschäftsführerin des Klägers, Frau L., hat die Richtigkeit dieser Mitgliederliste in der eidesstattlichen Versicherung vom 1. November 2013 bestätigt und in der öffentlichen Sitzung vom 12. Januar 2015 in erster Instanz zeugenschaftlich ergänzend angegeben, dass die Mitglieder regelmäßig überprüft und die Liste fortlaufend aktualisiert wird (vgl. Bl. 148/151 d. A. nebst aktualisierte Listen als Anlagen zum Protokoll). Angesichts des Umstandes, dass zum 1. November 2013 insgesamt 51 Hersteller, Einzel-, Groß- und Versandhändler im Bereich der Medizinprodukte Mitglieder des Klägers waren, ist davon auszugehen, dass dem Kläger auch zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung entsprechende Mitglieder in nennenswerter Zahl angehören und diese Mitglieder in ihrer Gesamtheit einen für die Annahme der Klagebefugnis des Klägers ausreichenden Umsatz erzielen.
1. Die Unterlassungsklage gegen die Beklagte zu 1) ist auch nicht rechtsmissbräuchlich gemäß § 8 Abs. 4 UWG.
Gemäß § 8 Abs. 4 UWG ist die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 8 Abs. 1 UWG unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist, insbesondere wenn sie vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen und Kosten der Rechtsverfolgung entstehen zu lassen. Ein Missbrauch liegt vor, wenn der Anspruchsberechtigte mit der Geltendmachung des Anspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH GRUR 2012, 286 Tz. 13 – Falsche Suchrubrik).
Grundsätzlich ist es dabei Sache des Beklagten, Tatsachen für das Vorliegen eines Missbrauchs darzulegen und dafür Beweis anzubieten. Dies gilt insbesondere auch für das Vorgehen eines Verbandes, zumal für ihn die Vermutung spricht, dass er seinen satzungsmäßigen Zwecken nachgeht (vgl. Köhler/Feddersen, a.a.O. § 8 UWG Rn. 4.20; BGH GRUR 2001, 178 – Impfstoffversand an Ärzte).
a) Ein Rechtsmissbrauch ist im Streitfall nicht unter dem Gesichtspunk der Mitbewerberbehinderung anzunehmen. Missbräuchlich ist danach die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs, wenn sie von der Absicht getragen ist, den Verletzer im Wettbewerb zu behindern oder zu schädigen (vgl. KG GRUR-RR 2010, 22 Tz. 63; Köhler/Feddersen, a.a.O. § 8 UWG Rn. 4.20).
Vorliegend bestehen für eine gezielte Mitbewerberbehinderung unter Berücksichtigung der Gesamtumstände keine hinreichenden Anhaltspunkte. Der Kläger begehrt die Unterlassung der streitgegenständlichen werbenden Aussagen im Flyer für das Gerätesystem „BICOM® optima“. In der Vergangenheit erhob er bereits zwei Unterlassungsklagen gegen die Beklagte zu 1), die überwiegend begründet waren. Insofern wird auf die rechtskräftigen Urteile des Oberlandesgerichts München vom 15. Mai 2009, Az.: 6 U 2187/05, und des Landgerichts München I vom 28. April 2011, Az.: 1 HK O 23414/09, Bezug genommen (vgl. Anlagen BB 1 und BB 3). Nach Kenntniserlangung von der streitgegenständlichen Werbung erwirkte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung vom 4. April 2013 durch das Landgericht München I (vgl. Anlage K 2) und erhob mit Klageschrift vom 16. Mai 2013 Unterlassungsklage. Unter Verweis auf medizinische Handbücher (vgl. Anlagen K 4, K 5 und K 6) behauptete der Kläger wie schon in den für ihn weitgehend erfolgreichen Vorprozessen, dass es sich bei der Bioresonanztherapie um ein wissenschaftlich nicht belegtes Verfahren handle und entsprechende anderslautende Werbeaussagen irreführend seien.
Auch unter Berücksichtigung der mitunter scharfen und polemischen Formulierungen des Klägers zur Wirkungslosigkeit des angepriesenen Geräts kann hier nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger mit der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen. Denn der Kläger setzt sich auch sachlich mit den Wirkungsbehauptungen auseinander. Dass das hartnäckige Vorgehen des Klägers unter Umständen dazu führt, dass der Beklagten zu 1) künftig jegliche Werbung der von ihr hergestellten und vertriebenen Geräte unmöglich gemacht wird, kann für sich gesehen eine missbräuchliche Wettbewerbsbehinderung nicht begründen. Ob alle streitgegenständlichen Aussagen irreführend sind und der Kläger einen umfassenden Unterlassungsanspruch hat, ist keine Frage des Rechtsmissbrauchs, sondern der Begründetheit.
b) Auch einen Rechtsmissbrauch durch selektives Vorgehens des Klägers hat die Beklagte zu 1) nicht dargetan. Es kann im Einzelfall missbräuchlich sein, wenn ein Verband i. S. d. § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG nur gegen Außenstehende und nicht gegen eigene Mitglieder vorgeht, vielmehr deren Wettbewerbsverstöße planmäßig duldet. Denn die Klagebefugnis der Verbände liegt nicht nur im Interesse der betroffenen Mitglieder, sondern auch im öffentlichen Interesse. Andererseits gibt es keine Obliegenheit eines Verbands, auch gegen eigene Mitglieder vorzugehen, auf die sich der außenstehende Dritte berufen könnte. Daher ist auch in solchen Fällen zu fragen, ob der Verband überwiegend sachfremde, für sich gesehen nicht schutzwürdige Interessen und Ziele verfolgt und diese als die eigentliche Triebfeder und das beherrschende Motiv der Verfahrenseinleitung erscheinen (vgl. BGH GRUR 2012, 411 Tz. 22 – Glücksspielverband).
Vorliegend hat die Beklagte zu 1) nur pauschal behauptet, dass der Kläger gegen eigene Mitglieder nicht vorgehe. Insoweit fehlt es an hinreichend konkretem Vortrag der darlegungs- und beweisbelasteten Beklagten zu 1).
1. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche gegen die Beklagte zu 1) gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 2, § 3, § 3a UWG i. V. m. § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG zu.
In der streitgegenständlichen Werbung wird der Bioresonanztherapie mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ eine Wirksamkeit beigelegt, die sie nicht hat. Sie ist daher irreführend gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG.
a) Gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG ist Werbung für Medizinprodukte irreführend und damit unzulässig, wenn diesen eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Insoweit sind – wie allgemein bei gesundheitsbezogener Werbung – besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (vgl. BGH GRUR 2013, 649 Tz. 15 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Bei der Feststellung, ob die Werbeangaben geeignet sind, den Verkehr irrezuführen, ist auf die Auffassung der Verkehrskreise abzustellen, an die sich die Werbung richtet (vgl. BGH GRUR 2015, 1019 Tz. 19 – Mobiler Buchhaltungsservice).
b) Bei den angegriffenen Aussagen über bessere und schnellere Therapieerfolge im Flyer der Beklagten zu 1) handelt es sich um Werbung. Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) wurde der Flyer nur ein einziges Mal am 8. April 2010 an Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten verschickt, die bereits das Vorgängermodell „BICOM 2000“ erworben hatten und in ihrer Praxis zur Behandlung von Patienten verwenden. Die Versendung des Flyers an Erwerber des Vorgängermodells „BICOM 2000“ erfolgte daher mit dem Ziel, diese von den Vorzügen des neuen Produkts der Beklagten zu 1) zu überzeugen und zum Erwerb des Gerätesystems „BI- COM® optima“ zu veranlassen. Die Beklagte zu 1) wollte insofern den Absatz ihrer Waren fördern.
c) Die Beklagte zu 1) hat sich die im Flyer abgedruckten Praxisberichte von Therapeuten zu Erfahrungen mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ zu eigen gemacht. Wer mit Empfehlungen Dritter wirbt, muss diese wettbewerbsrechtlich in vollem Umfang vertreten (vgl. Bornkamm/Feddersen in: Köhler/Bornkamm, a.a.O. § 5 UWG Rn. 1.165).
d) Der streitgegenständliche Flyer richtet sich nicht an den Durchschnittsverbraucher, sondern ausschließlich an ein Fachpublikum, bestehend aus Ärzten, Heilpraktikern und Physiotherapeuten, die als Bioresonanztherapeuten bereits mit dem Vorgängermodell „BICOM 2000“ praktische Erfahrungen gesammelt haben.
Nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) wurde der Flyer zusammen mit der Hauszeitschrift der Beklagten zu 1) nur ein einziges Mal am 8. April 2010 und ausschließlich an Kunden verschickt, die bereits ein BICOM-Gerät erworben und als BICOM-Bioresonanztherapeuten praktische Erfahrungen gesammelt haben. Bei diesen Kunden handelt es sich insbesondere um Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten.
Auch nach dem Inhalt und der gesamten Aufmachung richtet sich der Flyer nicht unmittelbar an das allgemeine Publikum, sondern an Bioresonanztherapeuten, die mit einem BICOM-Gerät Patienten behandeln. Der Flyer besteht überwiegend aus Praxisberichten von Therapeuten, die mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ bereits praktische Erfahrungen gesammelt haben. Diese berichten unter anderem über verschiedene Grund- und Folgeprogramme mit Tiefstfrequenzen oder Programmketten und machen Vorschläge zur Einstellung der Programme und Frequenzen. Die Beklagte zu 1) ergänzt diese Erfahrungsberichte mit Schaubildern zu den Programmketten „Schockbehandlung“ und „Infektionsanfälligkeit“, zu Parameteranzeigen zum Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger und zur Platzierung der Eingangselektroden bei der Programmkette „Infektionsanfälligkeit“. Zudem stellt die Beklagte zu 1) in einem großen Schaubild die fünf Therapie-Module des Gerätesystems „BICOM® optima“ vor und bedankt sich bei den Teilnehmern des letzten BICOM-Kongresses, die von der Möglichkeit des Erwerbs von Optima-Studiengeräten Gebrauch gemacht und sich bereit erklärt haben, regelmäßig über ihre Erfahrungen mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ zu berichten.
Der Umstand, dass der Flyer nach dem Vortrag des Klägers von seinem Prozessbevollmächtigten am 7. März 2013 in einer Physiotherapie-Praxis in Berlin-Lichterfelde am schwarzen Brett bzw. an einer Pinnwand entdeckt wurde und weitere Exemplare auf einem Fensterbrett ausgelegen hätten, rechtfertigt nicht die Annahme, dass die Beklagte zu 1) entgegen ihrem Vortrag an die einzelnen Bioresonanztherapeuten mehrere Flyer zur Weitergabe an Patienten verschickt habe. Nach der Lebenserfahrung ist nicht damit zu rechnen, dass nach einem Zeitraum von drei Jahren noch Flyer vorhanden sind, es sei denn, sie wären durch Mitarbeiter der Praxis vervielfältigt und ausgelegt worden. Dies wäre aber der Beklagten zu 1) nicht zuzurechnen, denn es ist mangels näheren Vortrags nicht ersichtlich, dass Bioresonanztherapeuten, die ein BICOM- Gerät erworben haben, als Mitarbeiter oder Beauftragte der Beklagten zu 1) i. S. d. § 8 Abs. 2 UWG anzusehen wären.
e) Maßgeblich ist demnach, wie das angesprochene Fachpublikum die beanstandeten Aussagen aufgrund ihres Gesamteindrucks versteht.
aa) Das Verkehrsverständnis der angesprochenen Bioresonanztherapeuten ist nicht als prozessual unstreitig zugrunde zu legen. Das von der Beklagten zu 1) behauptete Verkehrsverständnis, wonach jeder BICOM-Therapeut weiß, dass es über die in diesem Rechtsstreit von der Beklagten zu 1) zitierten und teilweise vorgelegten Studien hinaus keine nennenswerten weiteren Studien gibt und die Bioresonanztherapie zwar in der Naturheilkunde eine anerkannte Therapiemethode, im Bereich der Schulmedizin aber nicht anerkannt ist und ihre Wirksamkeit grundsätzlich angezweifelt wird (Bl. 138 d.A.), wurde vom Kläger bestritten (Bl. 235 d.A.: „… angeblicher Erwartungshorizont“…).
bb) Die Feststellungen zum Verkehrsverständnis kann der Senat selbst treffen. Die Ermittlung des Verkehrsverständnisses ist keine Tatsachenfeststellung, sondern Anwendung eines speziellen Erfahrungswissens (vgl. BGH GRUR 2010, 1125 Tz. 50 – Femur-Teil). Das erforderliche Erfahrungswissen kann das Gericht grundsätzlich auch dann haben, wenn die entscheidenden Richter nicht zu den angesprochenen Verkehrskreisen zählen (vgl. BGH GRUR 2007, 1079 – Bundesdruckerei Tz. 36). Da die Mitglieder des Senats durch die ständige Befassung mit (Heilmittel-)Wettbewerbsstreitigkeiten besondere Sachkunde bei der Ermittlung des Verkehrsverständnisses besitzen, haben sie das im Streitfall erforderliche Erfahrungswissen, so dass auf die Erholung eines durch eine Meinungsumfrage untermauerten Sachverständigengutachtens und die Einvernahme der von der Beklagten zu 1) namentlich angebotenen 11 von nach Angaben der Beklagten rund 10.000 Bioresonanztherapeuten, die mit einem BICOM-Gerät Patienten behandeln, verzichtet werden kann (vgl. BGH GRUR 2012, 215 – Zertifizierter Testamentsvollstrecker Tz. 14).
cc) Der angesprochene Verkehr versteht die Praxisberichte der mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ bereits behandelnden Therapeuten als Werbeangaben zur – verbesserten – Wirkungsweise dieses Systems. Die Werbeangaben sind dadurch gekennzeichnet, dass die Bioresonanztherapie mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ wirksam und geeignet zur Behandlung einer Vielzahl von Krankheitsbildern sei und besser und schneller als das Vorgängermodell „BICOM 2000“ zu einem Behandlungserfolg führe.
Zwar ist davon auszugehen, dass die angesprochenen Ärzte, Heilpraktiker und Physiotherapeuten, die bereits vor dem 8. April 2010 ein BICOM-Gerät erworben und Patienten damit behandelt haben, im Zeitpunkt des Erwerbs des Vorgängermodells „BICOM 2000“ grundsätzlich Kenntnis davon hatten, dass die Bioresonanztherapie mangels wissenschaftlichen Nachweises in der Schulmedizin nicht anerkannt ist, zumal die Kosten der Bioresonanztherapie von den Kassenärztlichen Vereinigungen, privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen in aller Regel nicht erstattet werden und die Therapeuten die Patienten hierauf vor der Behandlung hinweisen müssen. Auch ist davon auszugehen, dass die BICOM-Therapeuten bei Erwerb des Vorgängermodells und nach etwaigen Behandlungserfolgen dem Grunde nach an die heilenden Wirkungen der Bioresonanztherapie – irrtümlich – glauben.
Allerdings wird der heterogene Kreis der Bioresonanztherapeuten, zu denen nicht nur hochqualifizierte Fachärzte, sondern insbesondere auch Heilpraktiker gehören (wie die auf S. 74 des Schriftsatzes vom 15. August 2013 benannte Frau K., die auch auf S. 9 f. des Schriftsatzes vom 11. Januar 2015 = Bl. 138 f. d.A. für das Verkehrsverständnis benannt ist), die für die Führung dieser Berufsbezeichnung keine staatlich geregelte Ausbildung benötigen, den werbenden Aussagen zu den besseren und schnelleren Behandlungserfolgen bei Verwendung des neuen Gerätesystems „BICOM® optima“ entnehmen, dass die Fortentwicklung des Geräts zu einer noch besseren Wirkungsweise der Bioresonanztherapie führe. Die BICOM-Therapeuten werden den Werbeangaben insbesondere aufgrund der Vielzahl der durchweg positiven Erfahrungsberichte zu besseren und schnelleren Behandlungserfolgen Glauben schenken und von einer verbesserten Wirkungsweise der Bioresonanztherapie ausgehen.
f) Auf der Grundlage des dargestellten Verkehrsverständnisses sind die streitgegenständlichen Werbeangaben gemäß § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG irreführend, da dem Gerätesystem „BICOM® optima“ therapeutische Wirkungen beigelegt werden, die es nicht hat. Der bestehende Irrtum der BICOM-Therapeuten wird durch die suggerierte Verbesserung der Wirkungsweise der Bioresonanztherapie vertieft.
aa) Es handelt sich vorliegend um gesundheitsbezogene Werbung. Im Interesse des Gesundheitsschutzes der Bevölkerung gilt für Angaben mit fachlichen Aussagen auf dem Gebiet der gesundheitsbezogenen Werbung generell, dass die Werbung nur zulässig ist, wenn sie gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn dem Werbenden jegliche wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse fehlen, die die werbliche Behauptung stützen können. Unzulässig ist es außerdem, wenn mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben wird, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen (vgl. BGH a.a.O. Tz. 16 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Welche Anforderungen an den Nachweis einer gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnis zu stellen sind, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei sind Studienergebnisse, die in der Werbung oder im Prozess als Beleg einer gesundheitsbezogenen Aussage angeführt werden, grundsätzlich nur dann hinreichend aussagekräftig, wenn sie nach den anerkannten Regeln und Grundsätzen wissenschaftlicher Forschung durchgeführt und ausgewertet wurden. Dafür ist im Regelfall erforderlich, dass eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie mit einer adäquaten statistischen Auswertung vorliegt, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden ist (vgl. BGH a.a.O. Tz. 19 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Das gilt zumindest dann, wenn objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis damit allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt (vgl. BGH GRUR 2012, 1164 Tz. 19 – ARTROSTAR).
bb) Der Nachweis, dass eine gesundheitsbezogene Angabe nicht gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entspricht, obliegt grundsätzlich dem Kläger als Unterlassungsgläubiger. Eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast kommt allerdings dann in Betracht, wenn der Beklagte mit einer fachlich umstrittenen Meinung geworben hat, ohne die Gegenmeinung zu erwähnen. Der Werbende übernimmt in einem derartigen Fall dadurch, dass er eine bestimmte Aussage trifft, die Verantwortung für die Richtigkeit, die er im Streitfall auch beweisen muss (BGH a.a.O. Tz. 32 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil).
Der Kläger hat vorliegend dargelegt, dass die Bioresonanztherapie fachlich umstritten und von der Schulmedizin nicht anerkannt ist. Dies ist auch unstreitig, die Beklagte zu 1) selbst hat im streitgegenständlichen Flyer hierauf gesondert hingewiesen. Mit der Angabe „In der Schulmedizin hingegen ist die Bicom-Bioresonanztherapie nicht Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung und deshalb auch noch nicht anerkannt“ ist keine Erwähnung der Gegenmeinung i. S. d. vorgenannten BGH-Rechtsprechung erfolgt, denn es werden keine gegen die Bioresonanztherapie sprechenden Forschungsergebnisse benannt, sondern vielmehr ausgeführt, dass es mangels Befassung solche gar nicht gibt. Damit fehlt es bereits an einer tatsächlichen Grundlage für eine Gegenmeinung.
Die Beklagte zu 1) hat im Streitfall nicht nachgewiesen, dass ihre Werbeaussagen zu besseren und schnelleren Behandlungserfolgen der Bioresonanztherapie mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnis entsprächen. Wie vom Erstgericht festgestellt und daher – unangegriffen – nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO der Entscheidung zugrunde zu legen, handelt es sich bei den von der Beklagten zu 1) vorgelegten Gutachten, wissenschaftlichen Studien und Befundberichten nicht um randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien mit adäquaten statistischen Auswertungen, die durch Veröffentlichung in den Diskussionsprozess der Fachwelt einbezogen worden sind. Solche wären vorliegend jedoch erforderlich, da bei den angegriffenen Wirkungsbehauptungen objektiv messbare organische Befundmöglichkeiten fehlen und der Wirksamkeitsnachweis damit allein von einer Beurteilung des subjektiven Empfindens der Probanden abhängt.
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1) kann im Streitfall der Nachweis einer therapeutischen Wirksamkeit bzw. von therapeutischen Wirkungen der Bioresonanztherapie bei Einsatz des Gerätesystems „BICOM® optima“ nicht in anderer Weise durch praktische Erfahrungen geführt werden.
Der Wortlaut des § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG, wonach eine Irreführung insbesondere dann vorliegt, wenn Arzneimitteln, Medizinprodukten, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben, bietet keinen hinreichenden Anhaltspunkt dafür, dass ein Nachweis durch sonstige praktische Erfahrungen ausreichend ist.
Aus der Begründung des Regierungsentwurfs eines Gesetzes zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 7. Januar 1975 (BT-Drucksache 7/3060) und dem Bericht des Ausschusses für Jugend, Familie und Gesundheit vom 28. April 1976 (BT-Drucksache 7/5091) geht zwar hervor, dass Angaben über die Wirkungen eines Arzneimittels i. S. d. § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG-E entsprechend § 8 Abs. 1 Nr. 2 lit a) AMG-E auch auf Grund belegbarer praktischer Erfahrungen gemacht werden dürfen sollten (vgl. S. 10, 39/40, 46, 67 BT-Drucksache 7/3060; S. 6/7, 12, 22 BT-Drucksache 7/5091).
Darauf kommt es für die Auslegung des § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG jedoch nicht entscheidend an, denn diese Ansicht hat im Gesetz keinen hinreichenden Niederschlag gefunden (vgl. BGH GRUR 2012, 1026 Tz. 27, 30 – Alles kann besser werden). Der im Regierungsentwurf vom 7. Januar 1975 vorgeschlagene Gesetzeswortlaut in § 3 Satz 2 Nr. 1 HWG-E („wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln Wirkungen beigelegt werden, die nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht hinreichend gesichert sind oder durch belegbare praktische Erfahrungen nicht hinreichend gesichert sind“), wurde im Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelrechts vom 24. August 1976 nicht übernommen (BGBl I 1976, 2445). Danach liegt eine Irreführung nach Nr. 1 insbesondere dann vor, wenn Arzneimitteln, Verfahren, Behandlungen, Gegenständen oder anderen Mitteln eine therapeutische Wirksamkeit oder Wirkungen beigelegt werden, die sie nicht haben. Es hat daher mit den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Anforderungen (s.o. II. 3. f) aa)) sein Bewenden.
dd) Die nachfolgend aufgeführten Werbeaussagen über die verbesserte Wirkungsweise der Bioresonanztherapie bei Verwendung des Gerätesystems „BICOM® optima“ bestärken die Therapeuten in ihrem Glauben, dass die Bioresonanztherapie trotz fehlender wissenschaftlicher Nachweise heilende Wirkungen entfalte, und vertiefen daher den bestehenden Irrtum der BI- COM-Therapeuten.
Diese Annahme verletzt die Beklagte zu 1) auch nicht in ihrer Meinungsäußerungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG. Sofern eine Äußerung, in der Tatsachen und Meinungen sich vermengen, durch die Elemente der Stellungnahme des Dafürhaltens oder Meinens geprägt sind, wird sie als Meinung von dem Grundrecht geschützt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. August 2016 – 1 BvR 2619/13, juris, Tz 13 m. w. N.). Das Grundrecht der Meinungsfreiheit schützt auch kommerzielle Meinungsäußerungen sowie reine Wirtschaftswerbung mit wertendem, meinungsbildendem Inhalt (vgl. BGH GRUR 2012, 74 – Coaching-Newsletter Tz. 27 m. w. N.). Das Grundrecht der Meinungs- und Pressefreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG findet gemäß Art. 5 Abs. 2 GG seine Schranke in den allgemeinen Gesetzen. Zu ihnen gehören auch lauterkeitsrechtliche Bestimmungen, die ihrerseits allerdings im Licht der Bedeutung des Art. 5 Abs. 1 GG auszulegen und daher in ihrer dieses Grundrecht beschränkenden Wirkung selbst einzuschränken sind (vgl. BGH a.a.O., – Coaching-Newsletter Tz. 31 m. w. N.). Die Vorschriften des Lauterkeitsrechts schützen die Grundlagen der Funktionsfähigkeit des Leistungswettbewerbs. Missbilligt werden im Interesse des Schutzes der Wettbewerber und der sonstigen Marktbeteiligten Verhaltensweisen, welche die Funktionsfähigkeit des an der Leistung orientierten Wettbewerbs im wettbewerblichen Handeln einzelner Unternehmen oder als Institution stören, so zum Beispiel unlautere Einflussnahmen auf die freie Entschließung der Kunden. Eine Einschränkung der Meinungsfreiheit im Interesse dieses Schutzguts setzt daher die eigenständige Feststellung einer Gefährdung des Leistungswettbewerbs im konkreten Fall voraus (BVerfG GRUR 2008, 81 [82 f.] – Pharmakartell). Bei Tatsachenbehauptungen hängt die Abwägung vom Wahrheitsgehalt ab. Wahre Aussagen müssen in der Regel hingenommen werden, auch wenn sie nachteilig für den Betroffenen sind, unwahre dagegen nicht. Das gilt auch für Äußerungen, in denen tatsächliche und wertende Elemente einander durchdringen. Bei der Abwägung fällt dann die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts, der dem Werturteil zugrunde liegt, ins Gewicht (vgl. BVerfG NJW 2008, 358 [359] – Bauernfängerei).
(1) „… die Folgeprogramme … führen auch schneller zum Behandlungserfolg“:
Diese Aussage betrifft keine spezielle Krankheit bzw. Wirksamkeit und wird daher vom angesprochenen Verkehr dahingehend aufgefasst, dass die Bioresonanztherapie mit dem neuen Gerätesystem „BICOM® optima“ wirksam und geeignet zur Behandlung einer Vielzahl von Krankheitsbildern sei und generell schneller zu einem Behandlungserfolg führe als das Vorgängermodell. Diese pauschale Werbeaussage ist auch im Gesamtzusammenhang mit den weiteren Aussagen zu konkreten Krankheitsbildern zu sehen und verstärkt bei den BICOM-Therapeuten den Eindruck, dass es sich bei der Bioresonanztherapie mit dem neuen Gerätesystem „BI- COM® optima“ um ein Allheilmittel gegen Krankheiten aller Art handle. Randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien gibt es – wie bereits ausgeführt – hierfür nicht, so dass die Werbeangabe mangels gesicherten wissenschaftlichen Nachweises irreführend ist.
Die Werbeaussage enthält hinsichtlich des behaupteten schnelleren Behandlungserfolges ein wertendes Element und ist daher insgesamt als Werturteil anzusehen. Sie ist jedoch im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung lauterkeitsrechtlich unzulässig. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Flyer an eine Vielzahl von BICOM-Therapeuten gerichtet ist und deren Irrtum betreffend die Wirksamkeit der Bioresonanztherapie verstärkt. Diese Therapeuten fungieren anschließend bei der Behandlung von Patienten als Multiplikatoren der an sie herangetragenen Wirksamkeitsversprechen. Zudem sind bei gesundheitsbezogener Werbung besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (vgl. BGH a.a.O. Tz. 15 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Die Richtigkeit des tatsächlichen Äußerungsgehalts hat die Beklagte zu 1) im Streitfall nicht belegt, zumal die von der Beklagten zu 1) vorgelegten Studien allesamt älteren Datums sind und dementsprechend auch keinerlei Aussagen zur verbesserten Wirksamkeit der Bioresonanztherapie durch die Verwendung des Gerätesystems „BICOM® optima“ treffen.
(2) „Auf Grund der markanten Therapieerfolge sind wir der Meinung, dass sich das Gerät … das Prädikat ‘sehr gut’ verdient hat“:
Das wertende Element des Prädikats „sehr gut“ ist die Schlussfolgerung aus der vorherigen Äußerung „markante Therapieerfolge“ und vermengt sich vorliegend mit diesem tatsächlichen Element in der Weise, dass die Äußerung insgesamt als Werturteil anzusehen ist. Auch diese Werbeaussage ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig, da ein wissenschaftlicher Nachweis durch eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie nicht erbracht ist.
(3) „Es ist wirklich eine neue Generation … zur Optimierung der Behandlung … sowie zur Verbesserung der Therapieerfolge…“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen Werbeaussage zur allgemeinen Verbesserung der Therapieerfolge, die wegen ihrer wertenden Elemente („Optimierung“, „Verbesserung“) insgesamt als Werturteil anzusehen ist, wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen. Die Aussage ist ebenfalls lauterkeitsrechtlich unzulässig.
(4) „Oft kann man bereits während einer einzigen Therapie Veränderungen wahrnehmen. So zum Beispiel auch bei einer Patientin, die schon seit Jahren wegen Problemen auf Grund einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus bei den verschiedensten Therapeuten in Behandlung war. Als sie zu mir in die Praxis kam, therapierte ich sie mit der Programmkette ‘Schockbehandlung’… Schon während der Behandlung veränderte sich ihr Aussehen, sie sah viel besser aus. Außerdem hatte sie nach der Therapie wesentlich mehr Energie und ist viel stabiler geworden“:
Bei der werbenden Angabe, wonach eine mit dem Epstein-Barr-Virus infizierte Patientin schon während der Behandlung viel besser aussah, nach der Therapie wesentlich mehr Energie hatte und viel stabiler geworden ist, handelt es sich um ein Wirksamkeitsversprechen, bei dem alleine auf das subjektive Empfinden der Patientin und den subjektiven Eindruck des Therapeuten abgestellt wird und organisch messbare Befundmöglichkeiten fehlen. Ein wissenschaftlicher Nachweis durch eine randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie ist nicht erbracht. Die Werbeaussage, die aufgrund ihrer wertenden Elemente („sah viel besser aus“, „hatte mehr Energie und ist viel stabiler geworden“) geeignet ist, zur Meinungsbildung beizutragen, genießt auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(5) „Einer anderen Patientin … wurde vor eineinhalb Jahren eine Niere entfernt. Danach hatte sie einen Darmverschluss und wurde ein weiteres Mal operiert. Während der OP erlitt sie einen Schock. Hinzu kam eine Lungenembolie. Seit dieser OP litt sie unter Atembeschwerden und Asthma. Ihr Gesamtzustand war sehr schlecht, sie konnte fast nicht mehr gehen und nicht mehr arbeiten. Sie war bei diversen Ärzten und auch bei einem Lungenspezialisten in Behandlung. Aber keiner konnte helfen. Als sie zu mir in die Praxis kam, arbeitete ich noch mit meinem alten Bicom Gerät. Ich habe sie über einen längeren Zeitraum damit behandelt, es ging ihr zwar etwas besser, aber einen richtigen Durchbruch habe ich nicht geschafft. Dann habe ich sie 4-5- mal mit dem Optima behandelt und es trat eine erstaunliche Besserung ein. Sie bekommt wesentlich leichter Luft, kann wieder besser gehen und ist insgesamt viel belastbarer geworden“:
Auch bei diesem Wirksamkeitsversprechen hinsichtlich einer Patientin mit einer langen Leidensgeschichte, bei der nach nur wenigen Behandlungen mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ eine erstaunliche Besserung des Gesamtgesundheitszustandes eingetreten ist, steht das subjektive Empfinden der Patientin und der subjektiven Eindruck des Therapeuten im Vordergrund. Organisch messbare Befunde werden in dieser Werbeaussage nicht mitgeteilt. Maßgebliche Botschaft für die angesprochenen BICOM-Therapeuten ist, dass erst die Behandlung mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ zu einem durchgreifenden Behandlungserfolg führe und es damit im Vergleich zum Vorgängermodell zu deutlich besseren Behandlungsergebnissen komme. Hierfür ist ein wissenschaftlicher Nachweis nicht erbracht. Die Werbeaussage, die aufgrund ihrer wertenden Elemente („erstaunliche Besserung“, „ist insgesamt viel belastbarer geworden“) geeignet ist, zur Meinungsbildung beizutragen, genießt auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(6) „… ‘Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger’. Ich habe festgestellt, dass sich der Behandlungserfolg deutlich schneller einstellt, wenn ich dieses Programm zusätzlich zur Ausleitung von Bakterien oder Pilzen einsetze“:
Diese Werbeaussage suggeriert deutlich schnellere Behandlungserfolge, wenn das Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger zusätzlich zur Ausleitung von Bakterien oder Pilzen eingesetzt wird, bei der lediglich der subjektive Eindruck des Therapeuten, nicht jedoch organisch messbare Befunde mitgeteilt werden. Randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien zum Beleg eines solchen Behandlungserfolges gibt es nicht. Die Werbeaussage ist aufgrund ihrer wertenden Elemente („Ich habe festgestellt, dass sich der Behandlungserfolg deutlich schneller einstellt,…“) geeignet, zur Meinungsbildung beizutragen, und genießt deshalb auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(7) „Größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen Werbeaussage zur allgemeinen Verbesserung der Therapieerfolge, wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen. Die Aussage ist ebenfalls lauterkeitsrechtlich unzulässig.
(8) „Durch den Einsatz der Tiefstfrequenzen und durch den 2. Kanal… beobachte ich größere Therapieerfolge in kürzerer Zeit“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen Werbeaussage zur allgemeinen Verbesserung der Therapieerfolge wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen. Die Werbeaussage ist ebenfalls lauterkeitsrechtlich unzulässig.
(9) “Grippe Ende letzten Jahres behandelte ich zum Beispiel eine Patientin mit sehr starken Grippesymptomen. Die Patientin war überzeugt, dass sie an Schweinegrippe litt. Nachdem ich sie mit dem neuen Grundprogramm … therapiert hatte, testete ich folgende Programme aus und applizierte diese: Programmkette… (Grippe), Programmkette… (Infektanfälligkeit), Tiefstfrequenzprogramm… (Regulationsprogramm bei Belastung durch Erreger). Am übernächsten Tag rief mich diese Patientin an und sagte wortwörtlich: ‘So gut wie jetzt ging es mir nicht mal vor der Schweinegrippe!’. Sie musste kein zweites Mal behandelt werden”:
Bei dieser Werbeaussage hinsichtlich einer grippeerkrankten Patientin, bei der die Behandlung mit unterschiedlichen Programmen bzw. Programmketten des Gerätesystems „BICOM® optima“ nach telefonischer Mitteilung der Patientin erfolgreich gewesen sein soll, werden lediglich das subjektive Empfinden der Patientin, nicht aber organisch messbare Befunde mitgeteilt. Eine den Vorgaben des Bundesgerichtshofs entsprechende randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudie für dieses Wirksamkeitsversprechen ist nicht vorgelegt. Die Werbeaussage ist aufgrund ihrer wertenden Elemente („So gut wie jetzt ging es mir nicht mal vor der Schweinegrippe“) geeignet, zur Meinungsbildung beizutragen, und genießt deshalb auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(10) „Ein … Patient litt seit vier Jahren unter starken Schmerzen auf Grund eines Tennisarmes. Er war es leid, von Orthopäden, Neurochirurgen und Neurologen zu hören: ‘Wir können nur noch operieren und spritzen’. Zum Glück erfuhr er von der Bioresonanz und kam in meine Praxis. Wir applizierten eine Grundtherapie … sowie die Programmketten …, ‘Tennisarm’ und …, Ellenbogengelenk-Beschwerden’ … Im Kanal 2 ließ ich die ‘Stabilisierungsampullen Gelenke klein + groß’ … mitlaufen und speicherte die gesamte Therapie auf einem Chip ab, den er sich auf die schmerzende Stelle am Arm klebte. Direkt nach der ersten Behandlung hatte er Schmerzen – für mich ein Zeichen, dass die Regulation in Gang gekommen war. Insgesamt benötigte er drei Behandlungen. Seitdem sind die Schmerzen komplett weg und er kann den Arm wieder ganz normal belasten“:
Bei dieser Werbeaussage hinsichtlich eines Patienten, der seit vier Jahren unter starken Schmerzen auf Grund eines Tennisarmes litt und nach nur drei Behandlungen mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ keine Schmerzen mehr hatte und den Arm wieder ganz normal belasten konnte, handelt es sich um ein Wirksamkeitsversprechen, bei dem alleine auf das subjektive Empfinden des Patienten abgestellt wird. Objektive Befunde des behandelnden Therapeuten und Angaben zur Dauer der Schmerzfreiheit werden in der Werbeaussage nicht mitgeteilt. Randomisierte, placebokontrollierte Doppelblindstudien sind für die Behandlung eines Tennisarmes mit dem Gerätesystem „BICOM® optima“ nicht vorgelegt. Die Werbeaussage ist aufgrund ihrer wertenden Elemente („Seitdem sind die Schmerzen komplett weg“) geeignet, zur Meinungsbildung beizutragen, und genießt deshalb auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(11) „Im Bereich ‘Gelenke’ kann man mit dem Bicom Optima innerhalb kurzer Zeit sehr große Erfolge erreichen“:
Diese pauschale Werbeaussage zu sehr großen Therapieerfolgen bei Verwendung des Gerätesystems „BICOM® optima“ im Bereich der „Gelenke“ lässt jeglichen Hinweis auf organisch messbare Befundmöglichkeiten vermissen. Es handelt sich um ein Wirksamkeitsversprechen, bei dem alleine auf das subjektive Empfinden der Patienten und den subjektiven Eindruck des Therapeuten abgestellt wird. Ein wissenschaftlicher Nachweis fehlt. Die durch Elemente des Dafürhaltens geprägte Werbeaussage ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(12) „Wie … erwähnt, gibt es beim Optima manchmal intensive Reaktionen während der Behandlung und die Patienten merken, dass sich etwas tut. Und das finden sie richtig gut. Es passiert wirklich jeden Tag was Tolles mit dem Bicom Optima. Man kann so viel erreichen – man muss es nur tun“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen durch Elemente des Dafürhaltens geprägten Werbeaussage zu allgemeinen Therapieerfolgen wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen. Die Werbeaussage ist ebenfalls lauterkeitsrechtlich unzulässig.
(13) „… Heilpraktiker
‘Ich habe Erfolge, dass es kracht…’
Diese Aussage habe ich vor kurzem in Bezug auf das Bicom Optima gemacht – und es ist definitiv so“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen ebenfalls durch Elemente des Dafürhaltens geprägten Werbeaussage zu allgemeinen Therapieerfolgen wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen. Die Werbeaussage ist ebenfalls lauterkeitsrechtlich unzulässig.
(14) „… ich kann z.B. sagen: ‘Ich will die Therapie auf der Leber haben’ und in Kanal 2 zum Beispiel die Leberampulle aus dem 5-E-Testkasten und ein Lebermittel geben, während zeitgleich die Therapie mit körpereigenen Frequenzmustern läuft und so gleichzeitig die Entgiftung der Leber fördern“:
Mit dieser Werbeaussage wird die Verbesserung der Wirkungen der Bioresonanztherapie bei Verwendung des Gerätesystems „BICOM® optima“ dadurch suggeriert, dass mehrere Behandlungsschritte gleichzeitig vorgenommen werden können. Wissenschaftliche Nachweise, wonach die Wirkungen der Bioresonanztherapie hierdurch tatsächlich ohne Gesundheitsgefährdung eintreten und gefördert werden, sind nicht vorgelegt. Die Werbeaussage ist aufgrund ihrer wertenden Elemente geeignet, zur Meinungsbildung beizutragen, und genießt deshalb auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(15) „Es gibt weniger ‘Entgleisungen’. Wenn man zum Beispiel (zu) viele Schwermetalle auf einmal ausleitet, kann es meiner Erfahrung nach mit dem Bicom 2000 schon mal vorkommen, dass es dem Patienten ziemlich zu schaffen macht. Das erlebe ich mit dem Bicom Optima überhaupt nicht“:
Mit dieser Werbeaussage wird die Verbesserung der Wirkungen der Bioresonanztherapie bei Verwendung des Gerätesystems „BICOM® optima“ dadurch suggeriert, dass es nunmehr nicht mehr zu Nebenwirkungen bzw. Gesundheitsgefährdungen bei bestimmten Behandlungsformen der Bioresonanztherapie kommen soll. Auch hier handelt es sich um ein Wirksamkeitsversprechen, bei dem alleine auf das subjektive Empfinden der Patienten und den subjektiven Eindruck des Therapeuten abgestellt wird und organisch messbare Befundmöglichkeiten fehlen. Die Werbeaussage ist aufgrund ihrer wertenden Elemente geeignet, zur Meinungsbildung beizutragen, und genießt deshalb auch den Schutz der Meinungsfreiheit. Sie ist im Rahmen der gemäß Art. 5 Abs. 1 und 2 GG gebotenen umfassenden Interessensabwägung aus den unter (1) genannten Gründen unzulässig.
(16) „Mit dem Bicom Optima bin ich definitiv schneller, erfolgreicher und ich benötige weniger Behandlungen“:
Hinsichtlich dieser unspezifischen durch Elemente des Dafürhaltens geprägten Werbeaussage zur allgemeinen Verbesserung der Therapieerfolge wird auf die Ausführungen zu Ziffer (1) verwiesen.
a) Ohne Erfolg macht die Beklagte zu 1) geltend, der Aufklärungshinweis auf dem Flyer bewirke, dass eine Irreführung über die von der Beklagten zu 1) mit dem Gerätesystem „BI- COM® optima“ beworbene Bioresonanztherapie, deren wissenschaftliche Einordnung sowie deren Wirkungsweise ausscheide. Die Beklagte zu 1) weist im Flyer zwar darauf hin, dass die BICOM-Bioresonanzmethode zu den besonderen Therapierichtungen im Bereich der Regulativen Medizin gehört und innerhalb der besonderen Therapierichtungen als bewährte Therapiemethode, hingegen „noch“ nicht in der Schulmedizin anerkannt ist. Dies ist den angesprochenen BICOM-Therapeuten aber ohnehin bereits bekannt und führt nicht dazu, dass ihr bestehender Irrtum nicht vertieft werden kann. Den zum Teil nicht staatlich ausgebildeten Therapeuten wird durch die Fortentwicklung des Gerätesystems „BICOM® optima“ und die damit behauptete verbesserte Wirkungsweise der Bioresonanztherapie zudem suggeriert, dass die Akzeptanz durch die Schulmedizin nur noch eine Frage der Zeit sein kann.
b) Die Durchsetzung des Irreführungsverbots ist im Streitfall auch nicht unverhältnismäßig. Zwar steht auch das Irreführungsverbot unter dem Vorbehalt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (vgl. BGH GRUR 2003, 628, 630 – Klosterbrauerei). Die Irreführungsgefahr ist in Ausnahmefällen hinzunehmen, wenn Belange der Allgemeinheit nicht in erheblichem Maße und ernstlich in Mitleidenschaft gezogen werden. Im Streitfall kommt dies aber bereits deshalb nicht zum Tragen, weil es um Irreführung im Gesundheitsbereich geht. Bei gesundheitsbezogener Werbung sind besonders strenge Anforderungen an die Richtigkeit, Eindeutigkeit und Klarheit der Werbeaussage zu stellen, da mit irreführenden gesundheitsbezogenen Angaben erhebliche Gefahren für das hohe Schutzgut der Gesundheit des Einzelnen sowie der Bevölkerung verbunden sein können (vgl. BGH a.a.O. Tz. 15 – Basisinsulin mit Gewichtsvorteil). Daher kann sich die Beklagte zu 1) im Streitfall auch nicht darauf berufen, dass ihr die Erstellung einer Vielzahl von randomisierten, placebokontrollierten Doppelblindstudien für die einzelnen Programme und Programmketten des Gerätesystems „BICOM® optima“ aus finanziellen und wirtschaftlichen Erwägungen nicht zumutbar sei.
1. Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte zu 1) ferner gegen die Beurteilung des Landgerichts, der Durchsetzung des geltend gemachten Unterlassungsanspruchs stehe die erhobene Einrede der Verjährung nicht entgegen.
a) Nach § 11 Abs. 1 UWG verjähren Unterlassungsansprüche aus § 8 UWG in sechs Monaten. Die Verjährungsfrist beginnt gemäß § 11 Abs. 2 UWG, wenn der Anspruch entstanden ist (Nr. [1) ] und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (Nr. 2). Ein – wie hier – auf Wiederholungsgefahr nach § 8 Abs. 1 Satz 1 UWG gestützter Unterlassungsanspruch entsteht mit der Begehung der die Wiederholungsgefahr begründenden Verletzungshandlung. Begeht der Verletzer – etwa durch den Versand gleichlautender Schreiben – mehrere gleichgelagerte Rechtsverstöße, so setzt jede dieser Handlungen eine eigenständige Verjährungsfrist in Lauf (vgl. BGH GRUR 2016, 946 Tz. 55 – Freunde finden).
Die Beklagte verschickte den streitgegenständlichen Flyer „BICOM optima….. news“ am 8. April 2010 an die Kunden, unter anderem auch an die Physiotherapie-Praxis Ars Medendi in Berlin-Lichterfelde. Dort entdeckte den Flyer der Klägervertreter am 7. März 2013 anlässlich eines Behandlungstermins und übergab die Broschüre am Folgetag einer Mitarbeiterin des Klägers. Dieser erlangte dadurch am 8. März 2013 von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis. Die Verjährungsfrist i. S. d. § 11 Abs. 2 UWG begann damit am 8. März 2013.
Zwar verjähren gemäß § 11 Abs. 4 UWG ohne Rücksicht auf Kenntnis und grob fahrlässige Unkenntnis Unterlassungsansprüche nach § 8 UWG in drei Jahren von der Entstehung an (Köhler, a.a.O. § 11 UWG Rn. 1.36).
Die danach am 8. April 2010 beginnende dreijährige Verjährungsfrist wurde jedoch durch die Einreichung des Antrags des Klägers vom 28. März 2013 auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Beklagte gehemmt. Das Landgericht München I hat mit Beschluss vom 4. April 2013, Az.: 33 O 7218/13, die einstweilige Verfügung erlassen. Die einstweilige Verfügung vom 4. April 2013 nebst Antragsschrift und Anlagen wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 11. April 2013 und damit innerhalb eines Monats seit Verkündung zugestellt (vgl. Anlage K 2). Damit wurde die Verjährung nach § 204 Abs. 1 Nr. 9 BGB wirksam gehemmt. Durch Erhebung der Klage am 19. Juni 2013 wurde die Verjährung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ein weiteres Mal gehemmt.
5. Da die Abmahnung berechtigt war, hat der Kläger gegen die Beklagte zu 1) auch einen Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten in Höhe von 166,60 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG, §§ 291, 288 Abs. 1 BGB. Die geltend gemachten Abmahnkosten wurden von der Beklagten zu 1) der Höhe nach nicht bestritten.
6. Die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) ist zulässig; insbesondere führt der von den Beklagten zu 2) und 3) gerügte Umstand, dass außer der Organstellung jeder Hinweis dazu fehle, aus welchem Grund sie verantwortlich seien, nicht zur Unbestimmtheit gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der mit der einseitigen Erledigungserklärung vom Kläger im Berufungsverfahren nunmehr gestellte Antrag auf Feststellung der Erledigung der Hauptsache hat jedoch keinen Erfolg, da die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) von vornherein unschlüssig und daher unbegründet war.
Eine persönliche Haftung des Geschäftsführers für unlautere Wettbewerbshandlungen der von ihm vertretenen Gesellschaft besteht nur dann, wenn er daran entweder durch positives Tun beteiligt war oder wenn er die Wettbewerbsverstöße aufgrund einer nach allgemeinen Grundsätzen des Deliktsrechts begründeten Garantenstellung hätte verhindern müssen (vgl. BGH GRUR 2014, 883, Tz. 17 – Geschäftsführerhaftung). Allein die Organstellung und die allgemeine Verantwortlichkeit für den Geschäftsbetrieb begründen aber keine Verpflichtung des Geschäftsführers gegenüber außenstehenden Dritten, Wettbewerbsverstöße der Gesellschaft zu verhindern. Allerdings haftet der Geschäftsführer persönlich aufgrund einer eigenen wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht, wenn er ein auf Rechtsverletzungen angelegtes Geschäftsmodell selbst ins Werk gesetzt hat (vgl. BGH a.a.aO. Tz. 23, 31 – Geschäftsführerhaftung).
Tatsachen, die eine persönliche Haftung der Beklagten zu 2) und 3) nach den aufgezeigten Maßstäben begründen können, hat der Kläger nicht vorgetragen, so dass die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3) als unschlüssig abzuweisen ist.%3.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO) und auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO liegen nicht vor. Die Rechtssache erfordert, wie die Ausführungen unter II. zeigen, lediglich die Anwendung gesicherter Rechtsprechungsgrundsätze auf den Einzelfall.
Müller
Cassardt
Krapf
Vorsitzender Richter
Richter
Richter
am Oberlandesgericht
am Oberlandesgericht
am Oberlandesgericht

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