IT- und Medienrecht

Zulassung als Festwirt zum Volksfest

Aktenzeichen  RO 5 K 19.26

Datum:
22.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 19855
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GO Art. 21
VwGO § 67 Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Eine unvollständige Informationsgrundlage des Stadtrates hat keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit eines Beschlusses über die Zulassung zum Volksfest.  (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn der Stadtrat statt eines an sich zuständigen Ausschusses entscheidet, folgt daraus nicht die Rechtswidrigkeit des gefassten Beschlusses, weil Stadtrat und Ausschuss nicht zwei verschiedene Orange mit eigenständigen Aufgabenbereichen sind, sondern der Ausschuss nur die Arbeit des Stadtrates erleichtern soll. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Abschluss einer Haftpflicht- und Unfallversicherung unterfällt nicht dem Kriterium “bekannt und bewährt”.  (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ein höherer Pachtzins kann zum Vorsprung eines Bewerbers um die Zulassung zum Volksfest führen. (Rn. 49) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.    Die Klage wird abgewiesen.
II.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen.
III.    Die Entscheidung ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zulassung als Festwirt oder auf Neuverbescheidung, da keine durchgreifenden Fehler in ausreichendem Umfang bei der Entscheidung über die Vergabe nach Art. 21 GO vorliegen.
Im Einzelnen:
1. Da die Beklagte die fraglichen Feste als öffentliche Einrichtung betreibt, richtet sich der Zulassungsanspruch des Klägers nach Art. 21 Abs. 1 GO. Danach haben alle Gemeindeangehörigen das Recht, im Rahmen der allgemeinen Vorschriften die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen.
Dies führt bei einer Erschöpfung der Kapazität wie vorliegend dazu, dass sich der Zulassungsanspruch auf ein subjektiv-öffentliches Recht auf fehlerfreie Ausübung des Auswahlermessens wandelt, d.h. darauf, dass die Beklagte eine nachvollziehbare Auswahlentscheidung anhand sachlicher Kriterien zu treffen hat. Die Überprüfungskompetenz des Gerichts ist in diesem Zusammenhang auf die Prüfung beschränkt, ob die Beklagte im Rahmen ihres Einschätzungsspielraums das ihr zustehende Auswahlermessen pflichtgemäß ausgeübt hat, d.h. ob die Beurteilung aufgrund zutreffender Tatsachen erfolgt ist, ob gegen Denkgesetze oder allgemeingültige Wertmaßstäbe verstoßen worden ist und ob sachwidrige Erwägungen angestellt oder Verfahrensfehler gemacht worden sind. Das Verwaltungshandeln der auswählenden Behörde muss dabei transparent und nachvollziehbar sein.
In Bezug auf diesen Prüfungsmaßstab liegen Fehler nicht in einem Umfang vor, der zu einem gebundenen Zulassungsanspruch des Klägers führen würde, oder auch nur zu einem Anspruch auf Neuverbescheidung. Aufgrund des Punkteunterschieds von 35 zu 30 hätten rügbare Fehler in einem Umfang von mehr als 5 Punkten bei der Bewertung durch die Beklagte vorliegen müssen bzw. das ganze Verfahren betreffen müssen. Dies war aber nicht der Fall.
a. Eine solche transparente Verfahrensgestaltung setzt zunächst voraus, dass die Kriterien, von denen sich eine Behörde bei der Entscheidung leiten lässt, im Hinblick auf die Vergabe sachlich gerechtfertigt sowie transparent und nachvollziehbar sind (vgl. Ennuschat, in: Tettinger/Wank/Ennuschat, Gewerbeordnung, 8. Auflage 2011, § 70 Rn. 31; OVG Lüneburg, B.v. 17.11.2009 – 7 ME 116/09). Dies erfordert im Hinblick auf die Formulierung von Auswahlkriterien, deren klare und eindeutige Fassung, damit Interessenten ihre Bewerbung darauf ausrichten können und auch eine gerichtliche Überprüfung möglich ist. Zudem müssen die Kriterien bei ihrer Anwendung transparent und nachvollziehbar gehandhabt werden (BayVGH U.v.11.11.2013 – 4 B 13.1135 – juris Rn. 23).
Im streitgegenständlichen Fall sind die Vergaberichtlinien und Bewerbungsbedingungen vorweg bekannt gegeben worden. Die Bewerbungsbedingungen formulieren: „Die schriftsätzlichen Gesuche für die Vergabe des Festwirtsmüssen folgende Angaben, Nachweise und Erklärungen enthalten:“ Hierauf folgt eine Liste mit 8 Einzelpunkten. Weiter heißt es: „Im Übrigen gelten die Vergaberichtlinien der Stadt … (…). Insoweit müssen auch Aussagen zu den (…) dort beschriebenen wesentlichen Vertragsbedingungen gemacht werden.“ Damit ist der geforderte Inhalt einer Bewerbung ausreichend klar umschrieben.
Auch wenn in den Bewerbungsbedingungen nicht alle Stichpunkte unter Punkt 3.1 der Vergaberichtlinien herangezogen wurden, so trifft dies immerhin auf diejenigen des 1. Abschnitts zu, der, wie allerdings noch weitere Abschnitte, mit den einleitenden Worten „folgende Vergabekriterien“ beginnt. Sie decken sich mit den in den Bewerbungsbedingungen geforderten Angaben, Nachweisen und Erklärungen und werden dort um die Angabe von Getränkeverkaufspreisen und Pachtzins ergänzt. Diese finden sich auch im 2. Abschnitt der genannten Stichpunktliste, wenn auch nur als Aufgaben und Verpflichtungen des Festwirts, die Vertragsgegenstand werden sollen. Auf diesen 2. Abschnitt beziehen sich die Bewerbungsbedingungen zudem abermals, indem sie formulieren: „Insoweit müssen auch Aussagen zu den (…) dort beschriebenen wesentlichen Vertragsbedingungen gemacht werden.“ Dies wirft zwar die Frage auf, welche der Vertragsbedingungen nun so wesentlich sind, dass hierzu eine Aussage zu machen ist, und welche nicht. So wurde aber immerhin auf Seite 2 herausgestellt, dass auch zu diesen Vertragsbedingungen des 2. Abschnitts Aussagen erwartet werden. Ein Bewerber kann sich daher durchaus an dieser abschließenden Liste orientieren und Aussagen dazu treffen. Ob sich die genannten Vertragsbedingungen in ihrer Formulierung jeweils tatsächlich zu einer Bewertung eignen und so ein Bewerber gegenüber dem anderen herausstechen kann und dies in einer Weise, die auch von der Formulierung der Vertragsbedingung gedeckt ist, ist dann bei der Überprüfung der für das einzelne Kriterium vergebenen Punktzahl relevant (vgl. etwa unten zum Punkt „Personal“). Auch wenn es sicher Regelungsmöglichkeiten mit höherer Übersichtlichkeit geben mag, führt diese Vorgehensweise nicht zu einem Mangel des gesamten Auswahlverfahrens an Transparenz, da die relevanten Punkte mit der von einem Bewerber zu erwartenden Aufmerksamkeit den Vergaberichtlinien und Bewerbungsbedingungen in ihrer Gesamtschau zu entnehmen sind. So kann ein Bewerber die sich daraus ergebenden Angaben in seiner Bewerbung machen.
b. Eine intransparente Handhabung hinsichtlich der Angabe des Pachtzinses liegt zwischen den Beteiligten nicht vor. Zwar lässt sich an keiner Stelle der Bewerbungsbedingungen und Vergaberichtlinien erkennen, dass eine umsatzabhängige Pacht, neben einer Angabe eines konkreten Betrages, auch möglich sein soll und wie diese im Verhältnis zu bezifferten Pachtangeboten bewertet würde. Ein Bewerber mag aufgrund der Lektüre dieser maßgeblichen Dokumente im Vorfeld somit nicht erkennen können, welche Gestaltungsmöglichkeiten er hat und ob diese positiv oder negativ in die Bewertung einfließen würden. In jedem Fall lässt sich die Handhabung, dass eine umsatzabhängige Pacht nur beim Frühlings-, nicht aber beim …-Volksfest möglich sein soll, wie sie wohl gelebter Praxis entspricht, diesen veröffentlichten Grundlagen der Entscheidung nicht entnehmen. Im vorliegenden Fall war diese Praxis jedoch sowohl dem Beigeladenen aufgrund seiner früheren Teilnahme als auch dem Kläger aufgrund eines E-Mail-Verkehrs mit seinem Vertreter vor Bewerbungsschluss bekannt. Hinreichende Transparenz bestand damit jedenfalls für die Beteiligten dieses zu entscheidenden Rechtsstreits. Ein darüber hinausgehender eventueller objektiver Transparenzmangel kann vom Kläger somit nicht zu seinen Gunsten verwertet werden.
c. Soweit geltend gemacht ist, es sei vom Stadtrat nicht auf vollständiger Informationsgrundlage entschieden worden, so führt dies nicht zur Rechtswidrigkeit des dennoch gefassten Beschlusses. Ein solches Defizit wäre selbst bei dessen Vorliegen unbeachtlich. Weder hat das einzelne Gemeinderatsmitglied Anspruch auf eine bestimmte Vorbereitung der Beratungsgegenstände noch auf Vertagung des Beratungsgegenstandes, wenn es die Einholung weiterer Informationen für erforderlich hält (BayVGH, Beschluss vom 11.02.2014 – 4 ZB 13.2225). Eine unzureichende Vorbereitung hat auch keine Auswirkung auf die Wirksamkeit eines dennoch gefassten Beschlusses über den Beratungsgegenstand. Allein die Ratsmehrheit kann im Rahmen ihrer Geschäftsordnungsautonomie beschließen, dass ein Beratungsgegenstand von der Tagesordnung abgesetzt und über diesen zu einem späteren Zeitpunkt nach Einholung weiterer Informationen beraten und abgestimmt wird. Der Rat kann auch konkret beschließen, auf welche Art und Weise Informationen zu beschaffen sind, etwa durch die Anhörung bestimmter Fachleute (BayVGH Beschluss vom 15.12.2000 – 4 ZE 00.3321). Es wurde hier jedoch gerade kein solcher Beschluss gefasst, sondern in der Sache entschieden.
d. Dass der Stadtrat und nicht der in Ziff. 4 der Vergaberichtlinien benannte Verwaltungs- und Kultursenat entschieden hat, führt ebenfalls nicht zur Rechtswidrigkeit. Anders als für das Verhältnis Stadtrat – Oberbürgermeister findet sich keine dem Art. 37 Abs. 2 Hs. 1 GO vergleichbare explizite Regelung, ob der Stadtrat übertragene Angelegenheiten wieder an sich ziehen kann. Im Hinblick auf Art. 32 Abs. 3 S. 1 GO, wonach ein beschließender Ausschuss, wie der Verwaltungs- und Kultursenat (vgl. § 2 der Satzung der Beklagten zur Regelung von Fragen des örtlichen Gemeindeverfassungsrechts vom 20.05.2014), die ihm übertragenen Angelegenheiten an Stelle des Gemeinderats erledigt, handelt es sich bei Stadtrat und beschließendem Ausschuss nicht um 2 verschiedene Organe mit selbstständigen Aufgabenbereichen, sondern um eine Modalität zur Erleichterung der Stadtratsarbeit. Wenn damit der Stadtrat statt eines an sich zuständigen beschließenden Ausschusses entscheidet, folgt mangels Gesetzesverstoßes hieraus nicht die Rechtswidrigkeit des gefassten Beschlusses (so auch Widtmann/Grasser/Glaser, BayGO, Art. 32 Rn. 20; Hölzl/Hien/Huber, GO, Art. 32, Ziff. 3.5.3). Ob daher nach § 7 Abs. 4 der Geschäftsordnung der Beklagten tatsächlich der Stadtrat zuständig war infolge der Überschreitung einer Wertgrenze unter lit. 1. b) oder infolge der Nennung der öffentlichen Einrichtungen nur lit. 1. a) ohne Wertgrenze die Zuständigkeit beim Verwaltungs- und Kultursenat verblieben war oder aber lit. 1. b) bei allen Entscheidungen mit finanziellen Auswirkungen speziell ist, kann damit offen bleiben.
e. Einen zu Unrecht gewährten Punktevorsprung im Umfang von einem Punkt mag man erkennen im Rahmen des Kriteriums „Abschluss einer geeigneten Haftpflicht- und Unfallversicherung“. Weder in den Vergaberichtlinien noch den Bewerbungsbedingungen wird hierzu die Vorlage von Unterlagen gefordert. Im Gegenteil, durch Aufnahme in den 2. Abschnitt der Stichpunktliste wird schlicht mitgeteilt, dass der Abschluss einer entsprechenden Versicherung Vertragsgegenstand sein wird. Für einen Bewerber im Vorfeld ist somit nicht erkennbar, dass sich die Vorlage eines Nachweises über eine solche Versicherung bereits im Bewerbungsprozess positiv auswirken würde.
Die Handhabung im konkreten Fall, dass bei dem Beigeladenen als bekannt verwertet wurde, dass er eine sich stets verlängernde Versicherung besitze, beim Kläger aber nur die Zusicherung des Abschlusses einer Versicherung vorläge und dies mit weniger Punkten zu bewerten sei, überspannt darüber hinaus die zulässige Anwendung des Grundsatzes „bekannt und bewährt“. Dieser ist von der Rechtsprechung nur insoweit als Bestandteil eines sachlich gerechtfertigten Verteilungsmaßstabs gebilligt worden, als er nicht dazu führt, dass Neubewerber grundsätzlich schon wegen ihrer Neubewerbereigenschaft keine Zulassungschance haben (BayVGH, Beschluss vom 27. März 2001 – 4 ZE 01.628 -, Rn. 3, juris), z.B. als Hilfskriterium bei Punktegleichstand (BayVGH, Beschluss vom 13. September 2016 – 4 ZB 14.2209 -, Rn. 12, juris). Bei Aufstellung mehrerer Kriterien kann nach Dafürhalten der entscheidenden Kammer dementsprechend bei manchen, insbesondere vergangenheitsbezogenen Kriterien, dies durchaus herangezogen werden, wie dies etwa beim Kriterium der Vertragserfüllung geschehen scheint. Weder darf aber die Begründung zu jedem einzelnen Kriterium darauf gestützt sein, dass es bezüglich des einen Bewerbers bekannt und damit erfüllt ist, bezüglich des Neubewerbers „man es aber nicht so recht wisse“. Das Kriterium des Abschlusses einer Versicherung, selbst wenn es sich im Vorfeld transparent als solches dargestellt hätte und erkennbar gewesen wäre, dass Nachweise verlangt würden, ist allerdings zukunftsbezogen. Der Sache nach geht es darum, zu bewerten, ob bei der Durchführung der Volksfeste der Festwirt über eine Versicherung verfügt. Ob dies schon in der Vergangenheit der Fall war oder nicht, spielt für den Umfang des Versicherungsschutzes und damit der bestehenden Risiken im Zusammenhang mit der Ausrichtung des Volksfestes in der Sache keine Rolle. Das Heranziehen der Argumentationsweise „bekannt und bewährt“ stellt sich in diesem Zusammenhang also als sachwidrig dar.
Nicht entschieden werden brauchen damit die weiteren Zweifelsfragen, dass auch der Beigeladene keine aktuelle Bescheinigung vorgelegt hat, aus der sich die Gültigkeit während der Feste ergibt. Soweit die Beklagte meint, diesen Mangel dem Bewerber nicht entgegenhalten zu müssen, da die Gründe ihm dafür nicht zuzurechnen seien, wäre zudem nicht erkennbar, ob diese Gründe, welche auch immer sie sein mögen, nicht bei den anderen Bewerbern ganz genauso gegeben sind und damit eine gleichheitswidrige Behandlung stattgefunden hätte.
f. Ein weiterer Punktevorsprung von einem Punkt ist beim Kriterium Personal nicht gerechtfertigt. Dieses findet sich nicht in den Bewerbungsbedingungen wieder und ist in den Vergaberichtlinien formuliert als „Einbringung von sämtlichem Personal zur Durchführung der Feste“. Dass die Beklagte dann beim Kriterium Personal danach differenziert, welche Qualität dieses habe und nicht nur, wie formuliert, dass sämtliches eingebracht werde, lässt sich von einem Bewerber im Vorfeld nicht erkennen. Die Handhabung dieses Kriteriums erfolgte damit nicht transparent. Ob darüber hinaus eine strukturelle Benachteiligung von Neubewerbern vorlag, da man mangels Bekanntheit nur schwierig eine Aussage über die Qualität des Personals meinte treffen zu können braucht somit nicht entschieden werden.
g. Über diesen Punkteunterschied von 2 Punkten hinaus bestehen jedoch keine rügbaren Fehler:
aa. Ein Transparenzverstoß liegt nicht in folgender Handhabung: Die Liste an Kriterien der Bewertungsmatrix ist weder identisch mit der Liste in den Bewerbungsbedingungen, noch mit den beiden Stichpunktlisten in Punkt 3.1 der Vergaberichtlinien. Die Matrix stellt vielmehr eine Kombination aus allen Punkten der Bewerbungsbedingungen und des 1. Abschnitts der Stichpunktliste in den Vergaberichtlinien sowie manchen Punkten des 2. Abschnitts dar. Um welche es sich im Einzelnen handelt wird auf Blatt 95 der Behördenakte durch handschriftliche Kürzel festgehalten, auf die ergänzend Bezug genommen wird. Zudem werden manche Kriterien, wie die Angabe des Pachtzinses, in 2 Kriterien aufgespalten. Damit erfolgt im Ergebnis eine höhere Gewichtung dieses Kriteriums. In der E-Mail vom 12.10.2018 (Blatt 23 der Behördenakte) wurde die Aussage getroffen, dass die einzelnen Kriterien gleich gewichtet würden. Es wurde bereits oben unter 1.a dargestellt, dass auch bei dem gewählten Vorgehen im Ausgangpunkt für einen Bewerber erkennbar ist, wozu er sich bei seiner Bewerbung äußern muss und was bewertet wird. Die Gewichtung gehört dann zum weit zu fassenden Bewertungsspielraum der Beklagten. Eine (leicht) höhere Gewichtung des Kriteriums Pachtzins schadet dabei trotz der vorausgehenden Aussage, alle Kriterien würden gleich gewichtet, noch nicht, da hierin noch keine willkürliche Handhabung der Kriterien erkannt werden kann. Den Pachtzins von Frühlings- und …-Volkfest einzeln zu bewerten, war wegen der (wenn auch nicht gegenüber anderen als den Beteiligten transparent kommunizierten) unterschiedlichen Handhabung bzgl. umsatzabhängiger Pachtangebote ein noch möglicher sachgerechter Umgang bei der Bewertung der Pachtzinsangebote, zumal zweifelsohne erwartet werden kann, dass es sich bei dem Pachtzins um ein wichtiges Kriterium handelt. Da durch den Verweis auf die „wesentlichen Vertragsbedingungen“ ohnehin nicht absolut klar war, wie viele Kriterien es letztlich gibt, war die Aussage, alle Kriterien würden gleich bewertet, auch mehr dahingehend zu verstehen, dass eine Vielzahl an Kriterien mit ähnlichem Gewicht einfließen und nicht auf eine bis ins letzte determinierte Berechnung mit mathematischer Genauigkeit. Auch wenn ein System mit vorher kommunizierter Gewichtung ein mehr an Transparenz bieten würde, stellt sich diese im Verhältnis zur Gesamtpunktzahl leicht erhöhte Gewichtung des Pachtzinses noch als ein Ausfluss eines mit Ungenauigkeiten zwingend verbundenen Bewertungsvorgangs dar, und nicht als willkürliche Ausnutzung von Spielräumen.
bb. Das angebotene Antrittsgeld des Klägers muss nicht zu einem Punktvorsprung desselben führen, da ein solches Antrittsgeld in den Bewerbungsbedingungen nicht gefordert war und die Bewertung somit gegen den Grundsatz der Transparenz, der Fairness und der Gleichbehandlung im Vergaberecht verstoßen könnte. Zudem bleibt aus der Bewerbung gänzlich unklar, wie sich dieses freiwillige Antrittsgeld von der sonst gebotenen Pacht unterscheidet und worin die Freiwilligkeit oder sonst der Unterschied im Vergleich mit der Pacht besteht. Der Umgang der Beklagten im Sinne einer Gleichbepunktung aufgrund dieser Unsicherheit erscheint insofern nicht sachwidrig. Selbst wenn sich die gebotenen Beträge unterscheiden, ist eine Gleichbepunktung denkbar, wenn damit beide Gebote das Kriterium aus Sicht der Beklagten vollständig erfüllen. In diesem Beurteilungsspielraum spielt auch die Frage, wie mit neuen Pachtzinsmodellen umzugehen ist. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausführte, dass damit lediglich zum Ausdruck kommen sollte, dass diese höhere Zahlung nur beim erstmaligen (erhofften) Zuschlag für die Jahre 2019 bis 2021, aber nicht in den folgenden Jahren in Aussicht gestellt werden sollte, so ist das nur eine Auslegungsvariante. Die Freiwilligkeit könnte auch so zu verstehen sein, dass die Zahlung z.B. vom wirtschaftlichen Erfolg der Festwirttätigkeit abhängt, kein Rechtsanspruch auf Zahlung bestehen soll o.ä. Für Feste nach 2021 würde schließlich ohnehin eine neue Bewerbung mit eigenständiger Bewertung erforderlich werden. Im Ergebnis ist es aufgrund nicht ausreichender Transparenz, worum es sich bei dem nicht eingeforderten Antrittsgeld genau handeln soll, vom Beurteilungsspielraum der Beklagten gedeckt, dieses zwar in die Bewertung einfließen zu lassen, aber aufgrund der durch die Aufspaltung entstandenen Unklarheit mit einem gewissen Abschlag zu bewerten und so im Ergebnis dem Kläger und dem Beigeladenen gleich viel Punkte zuzusprechen.
cc. Die Bewerbung des Beigeladenen ist nicht unvollständig, weil sie zu jedem Punkt der Bewerbungsbedingungen Stellung bezieht und erkennbar nach diesen gegliedert ist. Eine Nachbesserung fehlender Angaben durch Verwaltungswissen ist möglich, wenn dies nachprüfbar dokumentiert wird (BayVGH, Urteil vom 11. November 2013 – 4 B 13.1135 -, Rn. 29, 30, juris). Dies ist vorliegend durch den Aktenvermerk (Blatt 98-101 der Behördenakte) geschehen. Dass die Bewerbung als „so wie bekannt“ gemeint war, ergibt sich dabei aus dem mehrfachen Verweis auf Erfahrung und bisherige Zusammenarbeit, sodass nicht mit grundlegenden Änderungen zu rechnen war. Die explizite Vorlage von Bildmaterial wird nicht gefordert.
dd. Aufgeworfene Fragen der Gestaltung unterliegen bei der Bewertung einem Beurteilungsspielraum, insbesondere die Bewertung des Brunnens aus Aushängeschild oder Schandfleck. Ein Überschreiten dieses Spielraums kann nicht erkannt werden. Insbesondere handelt es sich bei der Wertung, dass Almhütten nicht das traditionelle Gepräge des … Volksfestes widerspiegeln, angesichts der entsprechenden Regelung in den Vergaberichtlinien, um keinen Bewertungsfehler. Bei Gestaltungsfragen ist der Beklagten ein weiter Beurteilungsspielraum zuzuschreiben, da diese zu einem großen Teil naturgemäß auf subjektiven Einschätzungen beruhen (vgl. zu dieser Argumentation BayVGH, Beschluss vom 11. Februar 2019 – 4 ZB 18.378 -, Rn. 24, juris).
ee. Das Jahresabschlussessen und das insofern laufende Strafverfahren war nicht mehr Verfahrensgegenstand, da insofern die Entscheidungsfindung durch die Klägerseite ausdrücklich nicht mehr gerügt wurde zugunsten einer Entscheidung noch im Vorfeld des …-Volksfests 2019.
ff. Der Umgang mit verschiedenen Niederlassungen, Firmen bzw. juristischen Personen wurde nicht gleichheitswidrig umgesetzt beim Kriterium „Vertragserfüllung“. Auf diese Weise wird dem Problem begegnet, dass durch Niederlassungen, privaten Wohnsitz oder juristische Personen an vielen Orten Ortsansässigkeit versucht werden kann, zu begründen und so diese Punkte zu erhalten. Bei der Vertragserfüllung dann auf die Niederlassung oder juristische Person abzustellen, für die die Ortsansässigkeit angenommen wurde, erscheint damit vielmehr als Versuch konsequenter Handhabung der aufgestellten Kriterien, statt als sachwidrige Vorgehensweise. Eine künstliche und sachwidrige Aufspaltung kann hierin nicht gesehen werden, da dem bewusste Entscheidungen zugrunde liegen, als e.K. eine Niederlassung an anderem Ort und eine juristische Person zu gründen. Mit einer solchen Aufspaltung werden bestimmte Vorteile z.B. bzgl. Haftungs- und Steuerfragen verfolgt, sodass es nicht sachwidrig ist, dass diese selbst geschaffene Struktur bei der Bewertung Auswirkungen haben kann. Auch werden die Referenzen des Klägers nicht gänzlich außen vor gelassen, sondern finden beim Kriterium „Qualifikation, fachliche Eignung, Zuverlässigkeit“ Eingang.
2. Die Klage hatte somit keinen Erfolg. Sie war mit der gesetzlichen Kostenfolge (§ 154 Abs. 1 VwGO) abzuweisen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren für erstattungsfähig zu erklären, da er einen Antrag gestellt und sich damit auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit im Kostenpunkt beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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