Kosten- und Gebührenrecht

Berufseignungstest für Fahrlehrerbewerber

Aktenzeichen  11 C 19.1139

Datum:
18.12.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 38954
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO §§ 114 ff.
FahrlG § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, § 54 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. c

 

Leitsatz

Der Berufseignungstest für Fahrlehrerbewerber kann ein Indiz dafür liefern, ob ein Fahrlehrerlaubnisbewerber trotz geringer Vorbildung für diese Ausbildung und Berufsausübung geeignet ist. (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 27 K0 17.4693 2019-03-25 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

Der Antragstellerin wird unter Aufhebung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts München vom 25. März 2019 für die beabsichtigte Klage Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt D… J…, G…, beigeordnet.

Gründe

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hat die Antragstellerin nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten für die beabsichtigte Klage.
1. Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
a) Die Antragstellerin verfügt nach ihren aktualisierten Angaben vom 15. Dezember 2019 und den hierzu vorgelegten Nachweisen nicht über ausreichendes Einkommen und Vermögen (§ 115 ZPO), um die Kosten der beabsichtigten Prozessführung auch nur zum Teil oder in Raten aufzubringen.
b) Die beabsichtigte Klage hat auch hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheint nicht mutwillig.
Das Landratsamt G… hat den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung zur Fahrlehrerprüfung in seinem Bescheid vom 11. September 2017 mit der Begründung abgelehnt, die Antragstellerin verfüge weder über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf nach abgeschlossener Hauptschulausbildung noch über eine gleichwertige Vorbildung. Das Verwaltungsgericht hat – insoweit zutreffend – in seinem Beschluss vom 25. März 2019 die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde gelegt und in Rechnung gestellt, dass das nach früherem Recht geltende Erfordernis der abgeschlossenen Hauptschulausbildung (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des zum 1.1.2018 außer Kraft getretenen Gesetzes über das Fahrlehrerwesen [Fahrlehrergesetz – FahrlG] vom 25.8.1969 [BGBl I S. 1336], zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.11.2016 [BGBl I S. 2722]) durch die Änderung der Vorschriften und die Neuregelung in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FahrlG vom 30. Juni 2017 (BGBl I S. 2162, ber. BGBl I S. 3784) seit dem 1. Januar 2018 entfallen war. § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FahrlG in der nunmehr geltenden Fassung verlangt nur noch eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder eine gleichwertige Vorbildung. Des Weiteren sieht § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c FahrlG nunmehr für die Erteilung einer Fahrlehrerlaubnis im Unterschied zur früheren Rechtslage die Möglichkeit einer Ausnahme vom Erfordernis eines Bildungsabschlusses nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 FahrlG vor. Soweit das Verwaltungsgericht hierzu ausführt, eine Ausnahme komme nicht in Betracht, weil § 54 Abs. 2 Nr. 2 FahrlG hierfür den Nachweis einer gleichwertigen Vorbildung voraussetze, den die Antragstellerin nicht erbracht habe, entspricht dies zwar dem Wortlaut der (noch) geltenden gesetzlichen Regelung. Allerdings erscheint es widersinnig, für eine Ausnahme vom Erfordernis einer abgeschlossenen Berufsausbildung in einem anerkannten Lehrberuf oder einer gleichwertigen Vorbildung wiederum den Nachweis einer gleichwertigen Vorbildung zu verlangen (vgl. auch Dauer, Fahrlehrerrecht, 1. Auflage 2018, § 54 FahrlG Anm. 21), weshalb § 54 Abs. 2 Nr. 2 FahrlG durch Art. 1 Nr. 28 Buchst. b des Gesetzes vom 4. August 2019 zur Änderung des Fahrlehrergesetzes (BGBl I S. 1190) mit Wirkung ab 1. Januar 2020 aufgehoben wird (vgl. zur Begründung den Gesetzentwurf der Bundesregierung, BT-Drs. 19/8751, S. 29).
Nach der amtlichen Gesetzesbegründung zur Einführung der Ausnahmemöglichkeit in § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c FahrlG (BT-Drs. 18/10937 S. 141) kann die Teilnahme an einem Berufseignungstest ein Indiz dafür liefern, ob ein Fahrlehrerlaubnisbewerber trotz geringerer Vorbildung für die Ausbildung und Berufsausübung geeignet ist. Nachdem der Bescheid des Landratsamts vom 11. September 2017 die nach damaliger Rechtslage nicht bestehende Ausnahmemöglichkeit vom Erfordernis einer gleichwertigen Vorbildung noch nicht berücksichtigen konnte, es jedoch bei der Verpflichtungsklage auf die aktuelle Sach- und Rechtslage ankommt, hätte das Verwaltungsgericht hinreichende Erfolgsaussichten der Klage nicht verneinen und die begehrte Prozesskostenhilfe nicht ablehnen dürfen. Diese ist somit unabhängig davon zu bewilligen, ob das Landratsamt dem Antrag auf Zulassung zur Fahrlehrerprüfung nicht ohnehin unter Aufhebung seines Bescheids stattgibt, nachdem die Antragstellerin den Berufseignungstest für Fahrlehrerbewerber (BET-F) am 22. November 2019 erfolgreich abgeschlossen hat.
2. Aufgrund der Komplexität der aufgeworfenen Fragen und der Bedeutung des Verfahrensausgangs für die rechtsunkundige Antragstellerin erscheint die Beiordnung ihres Prozessbevollmächtigten gemäß § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich.
3. Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Eine Gebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) fällt nicht an, da die Beschwerde in vollem Umfang Erfolg hat. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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