Kosten- und Gebührenrecht

Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis für einen erneut gestellten Prozesskostenhilfeantrag

Aktenzeichen  11 C 19.1601

Datum:
25.10.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27470
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166 Abs. 1 S. 1
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Prozesskostenhilfebeschlüsse erwachsen nicht in materielle Rechtskraft. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Für eine Entscheidung über einen neuerlichen, auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts gestellten Prozesskostenhilfeantrag fehlt ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn keine neuen Tatsachen oder neu entstandenen rechtlichen Gesichtspunkte vorgebracht werden und das Recht zur wiederholten Stellung eines Antrages missbraucht wird, etwa weil der Antrag mit einer von vornherein untauglichen Begründung versehen ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 7 K 19.416 2019-07-17 VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Gegenstand der Beschwerde ist die Ablehnung eines Antrags auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine noch zu erhebende Klage, die gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und auf Verlängerung der Fahrerlaubnis der Klassen C und CE gerichtet ist.
Nach Vorlage eines negativen Fahreignungsgutachtens vom 12. Dezember 2017 und Ergänzungsgutachtens vom 21. Februar 2018 entzog die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 5. April 2018 unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis aller Klassen und ordnete die Ablieferung des Führerscheins bis spätestens 13. April 2018 an. Weiter lehnte sie den Antrag auf Verlängerung der Fahrerlaubnisklassen C und CE ab und drohte für den Fall der nicht rechtzeitigen Ablieferung des Führerscheins ein Zwangsgeld an.
Hiergegen ließ der Antragsteller durch seinen Bevollmächtigten am 11. April 2018 Widerspruch einlegen und am 28. September 2018 Klage erheben, mit der er „bedingt und abhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe“ die Aufhebung des Bescheids vom 5. April 2018, die Feststellung, dass der Antragsteller berechtigt bleibe, den ihm am 26. Juni 2015 ausgestellten Führerschein weiter zu benutzen, und die am 5. Oktober 2017 beantragte Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C und CE begehrte.
Mit Beschluss vom 30. Januar 2019 (Au 7 K 18.1661) lehnte das Verwaltungsgericht Augsburg den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Die Beschwerde des Antragstellers wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 22. Mai 2019 (11 C 19.437) zurück.
Nachdem die Regierung von Schwaben den Widerspruch mit Bescheid vom 13. Februar 2019, zugestellt am 21. Februar 2019, zurückgewiesen hatte, ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht am 21. März 2019 „bedingt und abhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfe“ eine Klage erheben, mit der er die Aufhebung des Bescheids vom 5. April 2018 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 13. Februar 2019, die Feststellung, dass der Antragsteller berechtigt bleibe, den ihm am 26. Juni 2015 ausgestellten Führerschein weiter zu benutzen, und die am 5. Oktober 2017 beantragte Verlängerung seiner Fahrerlaubnis der Klassen C und CE begehrte.
Mit Beschluss vom 17. Juli 2019 lehnte das Verwaltungsgericht den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abermals ab, nahm zur Begründung auf den Beschwerdebeschluss des Senats vom 22. Mai 2019 Bezug und führte weiter aus, der Antragsteller könne erst unter bestimmten Voraussetzungen, vor allem der Vorlage geeigneter Nachweise, wieder als fahrgeeignet angesehen werden. Derartige Nachweise habe er nicht beigebracht. Dem Antragsteller werde angeraten, die Vorschläge aus der Begutachtung, wie in dem Beschwerdebeschluss konkretisiert, mithilfe seiner Ärzte umzusetzen und anschließend eine erneute Begutachtung zu beantragen.
Mit seiner Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt, macht der Antragsteller geltend, es bestehe keine grundsätzliche Ungeeignetheit des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen, sondern es müssten lediglich Belege vorgelegt werden. Mit gleicher Begründung versage das Verwaltungsgericht nun die Prozesskostenhilfe. Wenn aber im Grunde eine positive Verbescheidung des Begehrens des Antragstellers möglich sei, dann müsse – hieraus zwingend folgend – auch Prozesskostenhilfe bewilligt werden, da summarisch geprüft Erfolgsaussichten bestünden. Weder der Antragsteller noch sein Bevollmächtigter seien in der Lage, den bezeichneten Schreiben bzw. Beschlüssen zu entnehmen, welche konkreten medizinischen Unterlagen, Atteste und Gutachten der Antragsteller jetzt noch vorlegen solle, da er alles in seiner Macht stehende in die Wege geleitet habe, ärztliche Unterlagen zu erhalten, und diese auch umfangreich vorgelegt habe. Gegebenenfalls möge die Antragsgegnerin eine Liste mit konkreten Anforderungen an ärztliche Belege in den Rechtsstreit einführen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil der erneute Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unzulässig ist.
Zwar steht der Zulässigkeit des Antrags nicht schon die unanfechtbare Beschwerdeentscheidung des Senats vom 22. Mai 2019 entgegen, da ein Prozesskostenhilfebeschluss nicht in materielle Rechtskraft erwächst (vgl. BGH, B.v. 3.3.2004 – IV ZB 43/03 – juris Rn. 5 ff.). Jedoch fehlt dem Rechtsschutzsuchenden für eine Entscheidung über einen neuerlichen, auf der Grundlage desselben Lebenssachverhalts gestellten Prozesskostenhilfeantrag ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn er keine neuen Tatsachen oder neu entstandenen rechtlichen Gesichtspunkte vorbringt und das Recht zur wiederholten Stellung eines Antrages missbraucht, etwa weil er mit einer von vornherein untauglichen Begründung versehen ist, beispielsweise lediglich auf die bisherige Begründung verweist oder wenn neue Tatsachen ersichtlich nur vorgeschützt sind und eine Änderung der bisherigen Beurteilung deshalb als von vornherein ausgeschlossen erscheint (vgl. BGH, B.v. 16.12.2008 – VIII ZB 78/06 – juris Rn. 12; B.v. 9.5.2019 – V ZR 274/18 – juris Rn. 1 m.w.N.; BayVGH, B.v. 3.12.2009 – 11 C 08.39 – juris Rn. 6).
Dies ist hier der Fall. Mit dem am 21. März 2019 angekündigten Klageantrag hat der Antragsteller auf die Zurückweisung seines Widerspruchs durch die Regierung von Schwaben mit Bescheid vom 13. Februar 2019 reagiert und den Widerspruchsbescheid in den am 28. September 2018 formulierten Anfechtungsantrag einbezogen. Eine Klageänderung war damit ersichtlich nicht beabsichtigt. Am zugrunde liegenden Sachverhalt hat sich seit dem Beschluss des Senats vom 22. Mai 2019 nichts geändert. Mit diesem Beschluss hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die beabsichtigte Klage unter Einbeziehung des zwischenzeitlich erlassenen Widerspruchsbescheids abgelehnt, weil dem Antragsteller derzeit die Fahreignung für die Fahrzeuggruppen 1 und 2 fehlt, da nicht nachgewiesen ist, dass sein Blutdruck (Hypertonie) medikamentös eingestellt worden ist (Nachweis durch eine 24 Stunden-Blutdruckmessung) sowie hinreichend und regelmäßig kontrolliert wird (Nachweis durch entsprechende ärztliche Bescheinigungen). Zudem fehlt ihm die Fahreignung für die Fahrzeuggruppe 2 auch deshalb, weil er bisher keine stabile Stoffwechselführung über drei Monate hinweg nachgewiesen (Nachweis durch ausgefüllten Diabetespass) und in den psychophysischen Leistungstests keine ausreichenden Ergebnisse erzielt hat (Erfordernis erneuter Begutachtung).
Da entsprechende Nachweise zum Gesundheitszustand und eine positive Begutachtung seiner psychophysischen Leistungsfähigkeit bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids (vgl. BVerwG, U.v. 11.4.2019 – 3 C 9.18 – juris Rn. 10 m.w.N.) nicht vorlagen, können sämtliche in Aussicht genommenen Klagebegehren, für die der Antragsteller Prozesskostenhilfe begehrt hat, keinen Erfolg haben. Nach dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt beigebrachte Nachweise sind in einem Wiedererteilungsverfahren von der Fahrerlaubnisbehörde zu prüfen. Außerdem obliegt es dem Antragsteller, seine Fahreignung nachzuweisen, wenn – wie hier wegen eines negativen Fahreignungsgutachtens – ernst zu nehmende Eignungszweifel bestehen, wobei unaufklärbare Zweifel zu Lasten des Betroffenen gehen (vgl. Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 3. Aufl. 2017, § 5 Rn. 43 ff.). Eine Klage bietet folglich erst dann hinreichende Erfolgsaussichten, wenn entsprechende Nachweise über einen ausreichend stabilen Gesundheitszustand und eine ausreichende Leistungsfähigkeit für die Klassen C und CE vorliegen.
Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
Im Beschwerdeverfahren gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe fallen – anders als im Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz – Gerichtskosten an, wobei eine Kostenerstattung nicht stattfindet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Streitwertfestsetzung ist im Hinblick auf die nach § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses zum GKG anfallende Festgebühr von 60,- EUR jedoch entbehrlich.
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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