Kosten- und Gebührenrecht

Gebühr für die Anwendung unmittelbaren polizeilichen Zwang

Aktenzeichen  10 C 20.2408

Datum:
17.11.2020
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 32672
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 146 Abs. 1, § 152, § 154, § 166 Abs. 1 S. 1
BayPAG Art. 93 S. 5
KG Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 S. 3
ZPO § 114 Abs. 1 S. 1
StGB § 64

 

Leitsatz

Weder eine Alkoholabhängigkeit noch die verminderte Schuldfähigkeit gebieten einen Verzicht auf die Erhebung von Polizeikosten aus Gründen der Billigkeit.  (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 20.29 2020-09-25 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger den in erster Instanz erfolglosen Antrag, ihm für seine gegen die Kostenrechnung des Polizeipräsidiums Niederbayern vom 2. Januar 2020 (bzgl. Gebühr in Höhe von 54,- Euro für die Anwendung unmittelbaren polizeilichen Zwangs) gerichtete Anfechtungsklage Prozesskostenhilfe zu bewilligen, weiter.
Die Beschwerde ist zulässig (§ 146 Abs. 1 VwGO), aber unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Recht abgelehnt, weil die nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlichen hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage nicht vorlagen.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Frage, ob die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet, ist grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags, also wenn dieser vollständig vorliegt und der Prozessgegner Gelegenheit zur Äußerung hatte.
Gemessen daran hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass das als Anfechtungsklage auszulegende (§ 88 VwGO) Rechtsschutzbegehren des Klägers keine hinreichenden Erfolgsaussichten hat, weil die Kostenrechnung (Bescheid) des Beklagten rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat auf die zutreffende Begründung des Verwaltungsgerichts (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Mit der Beschwerde lässt der Kläger lediglich einwenden, in der angegriffenen Entscheidung sei die Schwere seiner Abhängigkeitserkrankung nicht hinreichend berücksichtigt worden; inzwischen sei mit Strafurteil des Amtsgerichts Traunstein vom 18. Mai 2020 seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB angeordnet worden. Weiter sei entscheidungserheblich, dass er seit 1. Juli 2020 keine Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II mehr beziehe und demgemäß nicht mehr von zumutbaren Ratenzahlungen ausgegangen werden könne.
Damit werden jedoch keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die die Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung und Bewilligung der Prozesskostenhilfe für die Klage gebieten würden. Denn das Verwaltungsgericht hat beim Kläger und insbesondere seiner Alkoholabhängigkeit zu Recht keine besonderen Umstände erkannt, die die Annahme eines Härtefalls und demgemäß ein Absehen von der Kostenerhebung aus Gründen der Billigkeit nach Art. 93 Satz 5 BayPAG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 10 Satz 3 KG rechtfertigten. Es hat diesbezüglich zutreffend auf die in der Anlage zu den Richtlinien zur Erhebung von Kosten und anderen öffentlich-rechtlichen Geldleistungen durch die Polizei – KR-Pol – in der Fassung vom 18. Mai 2015 (Az.: IZ6-1051-1-2) vorgesehenen Regelfälle des Verzichts aus Billigkeitsgründen (Nr. 37.1.2) verwiesen und daraus zu Recht gefolgert, dass ein Verzicht in Fällen lediglich verminderter Schuldfähigkeit nicht zwingend. Geboten sei. Der Beklagte hat in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend darauf verwiesen, dass auch in dem vom Kläger vorgelegten Strafurteil des Amtsgerichts Traunstein vom 18. Mai 2020 ausweislich der Entscheidungsgründe (UA S. 6, 8) nicht von einer Schuldunfähigkeit oder auch nur nicht ausschließbaren Schuldunfähigkeit ausgegangen werde. Bezüglich der geltend gemachten Änderung der Zahlungsfähigkeit seit 1. Juli 2020 hat der Beklagte ebenfalls zu Recht auf den für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Kostenbescheids maßgeblichen Zeitpunkt der Behördenentscheidung hingewiesen, auf den auch das Verwaltungsgericht abgestellt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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