Kosten- und Gebührenrecht

Gewährung von Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  7 C 15.10420

Datum:
11.4.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45104
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 166
ZPO ZPO §§ 114, 121 II

 

Leitsatz

Bei einem Prozesskostenhilfeantrag ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der hinreichenden Erfolgsaussicht – das heißt, ob der Ausgang eines Rechtsstreits zumindest als offen anzusehen ist -, der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (st. Rspr. vgl. z.B. VGH München BeckRS 2016, 43620 mwN). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RO 1 E HV 15.10380 2015-12-15 Ent VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 15. Dezember 2015 wird abgeändert.
II.
Der Antragstellerin wird für das Verfahren RO 1 E HV 15.10380 Prozesskostenhilfe bewilligt und Frau Rechtsanwältin …, beigeordnet.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt Prozesskostenhilfe für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, mit dem sie die vorläufige Zulassung zum Studium der Humanmedizin (Vorklinik) an der Universität Regensburg (UR) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016 erstrebt. Das Verwaltungsgericht hat ihren Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Hinweis auf die laut amtlicher Statistik bestehende Überbuchung von 238 eingeschriebenen Studierenden bei einer Zulassungszahl von lediglich 225 Studienanfängern (vgl. § 1 Abs. 1c der Satzung zur Festsetzung von Zulassungszahlen der im Studienjahr 2015/2016 an der Universität Regensburg als Studienanfänger sowie in höheren Fachsemestern aufzunehmenden Bewerber – Zulassungszahlsatzung 2015/2016 vom 29. Juni 2015) als nicht erfolgversprechend abgelehnt.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter.
II. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Die Antragstellerin hat nach § 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO Anspruch auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten für das erstinstanzliche Verfahren.
Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts bot die Rechtsverfolgung der – nachgewiesenermaßen bedürftigen – Antragstellerin zum für die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblichen Zeitpunkt hinreichende Aussicht auf Erfolg. Maßgeblich für die Beurteilung, ob der Ausgang eines Rechtsstreits zumindest als offen anzusehen ist, ist der Zeitpunkt der Bewilligungs- oder Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfeantrags (st. Rspr. vgl. z. B. BayVGH, B. v. 10.2.2016 – 10 C 15.849 – juris m. w. N.). Die Entscheidungsreife tritt regelmäßig nach Vorlage der vollständigen Prozesskostenhilfeunterlagen sowie nach Anhörung der Gegenseite mit angemessener Frist zur Stellungnahme (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO) ein (vgl. BVerwG, B. v. 12.9.2007 – 10 C 39.07 – juris).
Vorliegend ist der vollständige Prozesskostenhilfeantrag am 19. Oktober 2015 bei Gericht eingegangen, der Antragsgegner hat am 28. Oktober 2015 inhaltlich Stellung genommen. Die amtliche Statistik vom 1. Dezember 2015, auf die das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss vom 15. Dezember 2015 dann entscheidungserheblich abgestellt hat, ohne der Antragstellerin vorher hierzu nochmals rechtliches Gehör zu gewähren, lag dem Gericht jedoch erst weit nach diesem Zeitpunkt vor (vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B. v. 4.3.2014 – 7 C 13.10025 – juris).
Aufgrund der Komplexität der aufgeworfenen Fragen und der Bedeutung des Verfahrensausgangs für die rechtsunkundige Antragstellerin erscheint die Beiordnung einer Rechtsanwältin gemäß § 166 VwGO i. V. m. § 121 Abs. 2 ZPO erforderlich.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Im Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe fallen keine Gerichtsgebühren an. Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO). Eine Gebühr nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anl. 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) fällt nicht an.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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