Kosten- und Gebührenrecht

Kostenverteilung nach Erledigungserklärgung

Aktenzeichen  20 AS 16.1010

Datum:
29.6.2016
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 49254
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 65, § 80b Abs. 2, § 161 Abs. 2

 

Leitsatz

Nach übereinstimmender Erledigungserklärung kann es billigem Ermessen entsprechen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben, wenn der Antragsteller bei einem Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO nicht zunächst bei der Behörde anfragt, ob sie bereit wäre, die Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit auszusetzen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 14.324 2015-11-25 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I.
Der Beiladungsbeschluss vom 23. Mai 2016 wird aufgehoben.
II.
Das Antragsverfahren wird eingestellt.
III.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
IV.
Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 500.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1. Der Beiladungsbeschluss vom 23. Mai 2016 war aufzuheben, da sich die Beteiligtenstellung im vorliegenden Verfahren nach § 80b Abs. 2 VwGO anders als im Verfahren auf Zulassung der Berufung nicht nach einem vorherigen erstinstanzlichen Verfahren, sondern nach den prozessualen Verhältnissen dieses Verfahrens richtet. Dementsprechend war die Antragstellerin, die den Antrag nach § 80b Abs. 2 VwGO gestellt hat, bereits als solche am Verfahren beteiligt. Für eine Beiladung war daher kein Raum mehr. Eine Beiladung der Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Verwaltungsgericht Würzburg (Az. W 6 K 14.324), gegen das die Antragstellerin im vorliegenden Verfahren Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt hat (Az. 20 ZB 16.182), war ungeachtet der Voraussetzungen des § 65 VwGO nicht mehr möglich, da durch die hier vorliegenden übereinstimmenden Erledigungserklärungen rückwirkend die Rechtshängigkeit entfallen ist (s.u.).
2. Das vorliegende Verfahren ist durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Hauptbeteiligten vom 31. Mai 2016 und vom 24. Juni 2016 erledigt worden, die Rechtshängigkeit ist rückwirkend entfallen. Analog § 92 Abs. 3 VwGO war das Verfahren nur noch deklaratorisch einzustellen und nach billigem Ermessen über die Kosten zu entscheiden, § 161 Abs. 2 VwGO.
3. Im vorliegenden Fall entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufzuheben (§ 155 Abs. 1 Satz 1 u. 2 VwGO). Hierzu ist einerseits zu berücksichtigten, dass der Beklagte sich durch die Aussetzung der Vollziehung der Anordnung bis zu deren Unanfechtbarkeit im Schreiben des Landratsamts Würzburg vom 24. Mai 2016 selbst in die Rolle des Unterlegenen begeben hat. Andererseits besteht zwar im Rahmen des vorliegenden Verfahrens gemäß § 80b VwGO anders etwa als bei dem hier nicht einschlägigen § 80 Abs. 6 VwGO keine gesetzliche Pflicht, vor Antragstellung beim allein zuständigen Verwaltungsgerichtshof bei der zuständigen Behörde um Aussetzung der Vollziehung nachzusuchen. Allerdings wäre es hier, wie auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem ähnlich gelagerten Verfahren mit Beschluss vom 13. Januar 2015 (Az. 3 B 256/14, juris) entschieden hat, zur Vermeidung unnötiger Prozesskosten der Antragstellerin zumutbar gewesen, beim Antragsgegner vorher durch eine entsprechende Anfrage in Erfahrung zu bringen, ob dieser zu einer Aussetzung der Vollziehung bis zur Unanfechtbarkeit, wie sie hier letztlich auch erklärt wurde, bereit sei. Dies fällt umso mehr ins Gewicht, als anlässlich des gestellten Antrags auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 25. November 2015 bereits von dem Bevollmächtigten der Antragstellerin im vorliegenden Verfahren Schriftsätze gefertigt wurden. Das vorgebrachte Argument, dass der Beklagte die Antragstellung oder Begründung des Berufungszulassungsantrags zum Anlass für eine Aussetzungsentscheidung hätte nehmen können, vermag nicht zu überzeugen. Denn ein entsprechender Hinweis war diesen Schriftsätzen eben gerade nicht zu entnehmen. Die Kostenaufhebung entspricht daher auch unter Heranziehung des Rechtsgedankens des § 156 VwGO (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl. 2014, § 156, Rn. 2) der Billigkeit.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i. V. m. Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Dabei legte das erkennende Gericht wie bereits das Verwaltungsgericht Würzburg im Beschluss vom 14. Juli 2014 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren (Az. W 6 S 14.485) die von der Antragstellerin im dortigen Verfahren geschätzten voraussichtlichen Kosten für die einzelnen Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid zugrunde. Diese belaufen sich für die hier allein streitgegenständliche Ziffer I.3.1 auf 1.000.000,00 Euro, der Streitwert war damit in Höhe des hälftigen Betrages festzusetzen (vgl. Schriftsatz v. 19.5.2014, Bl. 5 der Akte des VG Würzburg im Verfahren W 6 S 14.485).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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