Kosten- und Gebührenrecht

Prozesskostenhilfe, Klage auf Beratung, Rechtsschutzbedürfnis (verneint)

Aktenzeichen  5 C 21.3025

Datum:
18.3.2022
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6572
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 166
BtBG § 4

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 5 K 21.1869 2021-11-09 Bes VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
II. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger begehrt Prozesskostenhilfe für seine Klage gegen den Landkreis R., Betreuungsbehörde, und Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren.
Am 25. Juli 2021 hat der Kläger beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage gegen den Landkreis R. erhoben und beantragt, dass die Betreuungsbehörde die Beratung zum effektiven Erhalt der der Betreuung vorgehenden Hilfe gemäß § 4 Abs. 1 und 2 Betreuungsbehördengesetz (BtBG) erbringe. Zugleich hat er Prozesskostenhilfe für dieses Verfahren beantragt.
Mit Beschluss vom 9. November 2021 hat das Verwaltungsgericht den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt und zur Begründung ausgeführt: Die Klage habe keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, sie sei bereits unzulässig. Dem Kläger stehe kein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Ein derartiges Interesse bestehe jedenfalls dann nicht, wenn der Kläger noch keinen konkreten Bedarf bei der Behörde angemeldet habe und der Beklagte grundsätzlich bereit sei, den geltend gemachten Anspruch zu erfüllen. Persönlichen Kontakt habe der Kläger zuletzt im Jahr 2018 (Hausbesuch der Betreuungsstelle am 19. Juni 2018) gehabt. Es sei nicht ersichtlich, dass er danach einen konkreten Betreuungsbedarf beim Beklagten angemeldet habe. Die Betreuungsbehörden seien lediglich verpflichtet, Bürger zu beraten und bei der Suche nach Hilfen zu unterstützen, wenn Anhaltspunkte für eine eventuelle Betreuungsbedürftigkeit vorliegen. Dies setze eine Mitwirkung des Hilfesuchenden voraus. Ein persönlicher Kontakt habe seit Juni 2018 nicht mehr stattgefunden. Der Beklagte habe im gerichtlichen Verfahren mehrfach seine Bereitschaft erklärt, dem Kläger im Rahmen der Möglichkeiten der Betreuungsbehörde ein Beratungsangebot zu machen. Davon habe der Kläger keinen Gebrauch gemacht. Er habe vielmehr den Mitarbeitern des Beklagten Hausverbot erteilt. Im Ergebnis handle der Kläger damit rechtsmissbräuchlich.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers, der zugleich Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren beantragt. Er macht die Verweigerung existenznotwendiger Leistungen geltend, die er mangels notwendiger Hilfe in den Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht durchsetzen könne. Er rügt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, weil er aufgrund seiner Überlastungs- und Gesundheitssituation insbesondere seinen Schriftverkehr nicht mit der nötigen Sorgfalt und im nötigen Umfang betreiben könne, sowie die verfassungswidrige, da unfaire Prozessführung, da er nicht in den Stand versetzt worden sei, am Prozess gleichberechtigt teilnehmen zu können.
Der Beklagte tritt der Beschwerde entgegen. Am 9. Dezember 2021 habe die Betreuungsbehörde des Landkreises einen Hausbesuch beim Kläger aufgrund seines Schreibens vom 15. November 2021 durchgeführt. Die vordergründig vom Kläger gewünschte Büroassistenz könne die Betreuungsstelle nicht gewähren und sei hierfür auch nicht zuständig. Dieser Antrag sei an das zuständige Sachgebiet des Landratsamts weitergeleitet worden.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag des Klägers in Ziffer 2. seiner Beschwerdeschrift vom 23. November 2021 auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 9. November 2021 hat keinen Erfolg. Das Gesetz sieht Prozesskostenhilfe für das Bewilligungsverfahren nicht vor, weil unter „Prozessführung“ im Sinne des § 166 VwGO, § 114 ZPO nicht auch das Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren selbst zu verstehen ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 166 Rn. 9).
2. Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 9. November 2021, mit dem dieses den Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren (Az. RO 5 K 21.1869) abgelehnt hat, ist nicht erfolgreich. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für seine Klage zu Recht abgelehnt.
Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO ist, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dies ist der Fall, wenn der vorgetragene Rechtsstandpunkt der um Prozesskostenhilfe nachsuchenden Partei bei summarischer Prüfung wenigstens vertretbar erscheint (vgl. Reichling in Vorwerk/Wolf, BeckOK ZPO, 43. Aufl., Stand: 1.12.2021, § 114, Rn. 28 m.w.N.). Diese Voraussetzung liegt nicht vor. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die vom Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und deshalb kein Anspruch auf Prozesskostenhilfe besteht (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 Abs. 2 ZPO). Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts verwiesen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die Beschwerdebegründung rechtfertigt keine Abänderung dieser Entscheidung. Der Hauptsacheklage des Klägers fehlt nach wie vor das Rechtsschutzbedürfnis, weil ihm die Klage offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann und damit eindeutig nutzlos ist (z.B. BVerwG, U.v. 10.10.2019 – 10 C 3.19 – juris Rn. 14).
Den Schreiben des Klägers im Beschwerdeverfahren ist zu entnehmen, dass sein Klageziel die Gewährung von Leistungen durch die Betreuungsbehörde ist (z.B. sein Schreiben vom 25.1.2022, in dem er eine weitere Verschlechterung seiner Situation seit Klageerhebung durch die Verweigerung existenznotwendiger Leistungen, insbesondere die Hilfe bei Verwaltungs- und Gerichtsverfahren, geltend macht). Der Kläger verkennt, dass die von ihm beantragten Hilfen nicht von der Betreuungsbehörde selbst bewilligt oder geleistet werden. Die Betreuungsbehörde ist nach dem Betreuungsbehördengesetz nur für die Beratung der betroffenen Personen zuständig und dafür, mit deren Einverständnis Hilfen zu vermitteln (§ 4 Abs. 2 BtBG). Die Betreuungsbehörde übernimmt gegenüber den jeweiligen Hilfeträgern keine Vertretung der betroffenen Person. Die rechtliche Fallverantwortung verbleibt mithin ausschließlich beim jeweils zuständigen Hilfeträger (Loer in: Jürgens, Betreuungsrecht, 6. Auflage 2019, § 4 BtBG Rn. 7; Kania in Jurgeleit, Betreuungsrecht, 4. Auflage 2018 § 4 BtBG Rn. 8, 10, 18; Hammerschmidt in: Jox/Fröschle, Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren, 4. Auflage 2020 § 4 BtBG Rn. 10).
Die Betreuungsstelle des Beklagten hat beim Kläger aufgrund seines Schreibens vom 15. November 2021 einen Hausbesuch durchgeführt und seinen dabei geltend gemachten Hilfebedarf bei der Erledigung seines Schriftverkehrs an den hausintern zuständigen Sozialleistungsträger weitergeleitet. Seine darüber hinaus geltend gemachten weiteren Bedarfe sind den zuständigen Hilfeträgern bekannt, wie sich aus dem vom Kläger vorgelegten Schriftverkehr mit verschiedenen Hilfeträgern ergibt. Einen darüberhinausgehenden Anspruch gegen die Betreuungsbehörde sieht das Betreuungsbehördengesetz nicht vor. Seiner Klage in der Hauptsache fehlt daher das Rechtsschutzbedürfnis. Eine Verletzung der geltend gemachten prozessualen Rechte des Klägers scheidet folglich aus.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Anders als das Prozesskostenhilfeverfahren erster Instanz ist das Beschwerdeverfahren in Prozesskostenhilfesachen kostenpflichtig. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil gemäß Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine Festgebühr anfällt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet (§ 166 VwGO i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben