Kosten- und Gebührenrecht

Streit über eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten

Aktenzeichen  L 15 SF 130/16

Datum:
21.12.2016
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGG SGG § 197a
GKG GKG § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5, Abs. 2, § 19 Abs. 5 S. 2, § 63 Abs. 2, § 66 Abs. 3 S. 2, Abs. 6 S. 2, Abs. 8, § 68
JVEG JVEG § 2 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Sobald die Klagerücknahme beim SG eingegangen ist, darf eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung nicht mehr erfolgen. (redaktioneller Leitsatz)
2 Ohne eine mit dem Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 68 GKG überprüfbare Feststellung des endgültigen Streitwerts durch Beschluss kann eine endgültige Gerichtskostenfeststellung nicht erfolgen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts München vom 24. März 2016 wird zurückgewiesen.

Gründe

I. Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten in einem Verfahren nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Das unter dem Aktenzeichen S 25 R 2474/15 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren des Erinnerungsführers und jetzigen Beschwerdegegners (im Folgenden: Beschwerdegegner) gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung wurde durch Klageerhebung am 09.12.2015 eingeleitet. Am 18.01.2016 verfügte die Richterin des Klageverfahrens (im Folgenden: Hauptsacheverfahren), dass es sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren im Sinn von § 197 a SGG handle und der Streitwert 5.000,- EUR betrage. Mit Schreiben vom 18.01.2016, bei Gericht eingegangen am 19.01.2016, nahm der Beschwerdegegner die Klage wieder zurück.
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 19.01.2016 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert und in Unkenntnis der am selben Tag eingegangen Klagerücknahme, gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Gerichtskostengesetz (GKG) sofort fällige Gerichtkosten in Höhe von 438,- EUR fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7110 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum GKG (KV GKG) zugrunde. Nachdem er noch am selben Tag von der Rücknahme der Klage Kenntnis erlangt hatte, teilte er dem Beschwerdegegner mit Schreiben vom 19.01.2016 mit, dass die Gerichtskostenrechnung vom 19.01.2016 nicht beglichen werden müsse. Es werde – so der Kostenbeamte – in den nächsten Tagen eine neue Gerichtskostenfeststellung übermittelt, bei der die Erledigung des Verfahrens berücksichtigt sei.
Mit streitgegenständlicher Gerichtskostenfeststellung vom 25.01.2016 setzte der Kostenbeamte des SG, wiederum ausgehend von dem von der Hauptsacherichterin am 18.01.2016 verfügten Streitwert von 5.000,- EUR, Gerichtskosten in Höhe von 146,- EUR fest und legte dabei den Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde.
Dagegen hat der Beschwerdegegner Erinnerung eingelegt und beantragt, die Kosten auf 0,- EUR festzusetzen. Die Erinnerung ist damit begründet worden, dass die Klage wegen Fristablaufs und zur Vermeidung weiterer Maßnahmen rein vorsorglich erhoben worden sei. Der Schriftverkehr zwischen der Beklagten und dem SG habe sich zeitlich überschnitten. Die Klage habe er zwischenzeitlich zurückgenommen.
Mit Beschluss vom 24.03.2016 hat die Kostenrichterin des SG die Gerichtskostenfeststellung vom 25.01.2016 aufgehoben. Bei der Gerichtskostenfeststellung vom 25.01.2016 handle es sich – so die die Kostenrichterin – um den Ansatz endgültiger Gerichtskosten. Diese seien aber noch nicht fällig, da sie gemäß § 6 Abs. 2 GKG (erst) mit dem zugrunde liegenden Beschluss in der Hauptsache – hier mit einem Streitwertbeschluss nach § 63 Abs. 2 GKG – fällig würden. § 6 Abs. 1 GKG, wonach in Prozessverfahren (auch) vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Verfahrensgebühr mit Einreichung der Klageschrift fällig werde, regle nur die Fälligkeit der vorläufigen Gerichtsgebühren und sei daher nicht mehr einschlägig. Die Beschwerde ist zugelassen worden.
Gegen diesen Beschluss hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schreiben vom 30.03.2016 Beschwerde eingelegt. Er hat die Befürchtung geäußert, dass wegen § 19 Abs. 5 GKG „nach der hier streitigen gerichtlichen Entscheidung über den Kostenansatz (der endgültigen Gerichtskosten) vom 25.01.16 mit Beschluss vom 24.03.16 … ein weiterer Kostenansatz … nicht mehr zulässig ist“ und die Frage aufgeworfen, ob „ein nach dem 24.03.16 erstmals mit (schriftlichem) Beschluss festgesetzter Streitwert eine Entscheidung nach § 19 Abs. 5 S. 2 GKG [wäre], die den Streitwert anders festgesetzt.“ Daraus, dass das Schreiben des Kostenbeamten vom 19.01.2016 „auf richterliche Anordnung“ ergangen sei, sei zu schließen, dass der Hauptsacherichter, der für die mit Beschluss zu treffende Kostengrundentscheidung und endgültige Streitwertfestsetzung zuständig sei, eine gebührenrechtliche Berücksichtigung der mittlerweile erfolgten Erledigung des Verfahrens durch Rücknahme für erforderlich erachtet habe. Es könne doch generell nicht zu den Prüfpflichten eines Kostenbeamten gehören, beim Hauptsacherichter nachzufragen, ob es nicht noch eines schriftlichen Beschlusses über die Kostengrundentscheidung und die endgültige Streitwertfestsetzung bedürfe, bevor er die endgültigen Gerichtskosten ansetze. Es gebe zudem mehrere Entscheidungen, die belegen würden, dass beim Ansatz der vorläufigen bzw. sofort fälligen Gerichtskosten nach dem Kostenansatz, aber vor der Entscheidung über die Erinnerung nach § 66 GKG beim Hauptsacherichter nachgefragt worden sein müsse, ob tatsächlich ein Fall nach § 197 a SGG vorliege. Es sei nicht nachvollziehbar, warum solche Nachfragen nicht auch bei den endgültigen Gerichtskosten möglich sein sollten, um das Fehlen einer Kostengrundentscheidung bzw. endgültigen Streitwertfestsetzung zu heilen. Weiter hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 06.06.2016 darauf hingewiesen, dass seiner Ansicht nach ein Kostenansatz nur wegen fehlender Kostengrundentscheidung nicht aufgehoben werden könne. Das gleiche müsse auch für die fehlende Festsetzung des endgültigen Streitwerts gelten. Die Ansicht des SG, in § 6 Abs. 2 GKG sei eine endgültige Streitwertfestsetzung als Voraussetzung für die Erhebung endgültiger Gerichtskosten statuiert worden, sei nicht nachvollziehbar.
Ein Streitwertbeschluss durch die Hauptsacherichterin ist bis heute nicht ergangen.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens beigezogen.
II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie wegen der Zulassung durch das SG gemäß § 66 Abs. 2 Satz 2 GKG statthaft. Sie ist aber nicht begründet.
Das SG hat den Kostenansatz vom 25.01.2016 zu Recht aufgehoben; er hätte nicht ergehen dürfen.
Die Frage, ob der Kostenansatz vom 25.01.2016 eine Anforderung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG sofort fälliger Gerichtskosten (oft auch als vorläufige Gerichtskostenfeststellung bezeichnet) oder einen endgültigen Kostenansatz (oft auch als endgültige Gerichtskostenfeststellung oder Schlusskostenrechnung bezeichnet) darstellt, kann offen bleiben. Denn in beiden Fällen ist der Kostenansatz vom 25.01.2016 aufzuheben.
1. Kostenansatz vom 25.01.2016 als vorläufige Gerichtskostenfeststellung
Für den Fall dass der angegriffenen Kostenansatz als vorläufige Gerichtskostenfeststellung betrachtet wird, kann er keinen Bestand haben, da eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung zu einem Zeitpunkt, in dem bereits die Klagerücknahme beim SG eingegangen war, nicht mehr erfolgen hätte dürfen.
Die mit Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG) vom 05.05.2004 (BGBl I S. 718) mit § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 GKG auch für das sozialgerichtliche Verfahren eingeführte und zuvor bereits mit Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen (Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 – KostRÄndG 1994) vom 24.06.1994 (BGBl I S. 1325) in § 61 GKG a. F. für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten geregelte frühzeitige Fälligkeit dient zusammen mit dem mit KostRÄndG 1994 eingeführten Pauschalsystem der Gerichtskosten der Verringerung des hohen Verwaltungsaufwands bei der Erhebung von Gerichtskosten, da in aller Regel eine Nacherhebung von Kosten am Ende des Verfahrens überflüssig wird, weil die Verfahrensgebühr bereits als Vorauszahlung erhoben worden ist; eine Pflicht zur Rückzahlung wird regelmäßig auf die Fälle einer Ermäßigung beschränkt sein, eine Nachforderung nur bei einer Festsetzung eines höheren Streitwerts am Ende des Verfahrens erfolgen müssen. Mit dieser Neureglung ist eine Vereinfachung der Kostenerhebung und eine Reduzierung des Ausfallrisikos der Staatskasse am Ende des Verfahrens bezweckt worden (vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen und anderen Gesetzen [Kostenrechtsänderungsgesetz 1994 – KostRÄndG 1994] – Bundestags-Drucksache 12/6962, S. 52).
Ist – wie hier, da die Rücknahme beim SG schon am 19.01.2016 und damit vor Erlass der streitgegenständlichen Gerichtskostenfeststellung vom 25.01.2016 eingegangenen ist – zu dem Zeitpunkt, in dem der Kostenansatz erfolgen soll, das gerichtliche Verfahren bereits durch Rücknahme beendet, ist die durch eine Reduzierung des Verwaltungsaufwands begründete Legitimation für eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung entfallen. Der Kläger als Verfahrensbeteiligter hat zu diesem Zeitpunkt bereits alle in seinem Verantwortungsbereich liegenden Voraussetzungen für einen endgültigen Kostenansatz erfüllt. Eine Erhebung von vorläufigen Gerichtskosten zu diesem Zeitpunkt würde daher nur eine Erhöhung des Verwaltungsaufwands darstellen, da alsbald die endgültige Gerichtskostenfeststellung zusammen mit dem Ermäßigungstatbestand mit der voraussichtlichen Folge einer Rückzahlung zu erfolgen hätte.
Sofern der Kostenbeamte – diese Vermutung ist für den Senat nicht fernliegend – unter Vorgriff auf die mit dem Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 KV GKG zu ergehende endgültige Gerichtskostenfeststellung beabsichtigt haben sollte, bereits bei der vorläufigen Gerichtskostenfeststellung diesen Ermäßigungstatbestand zugrunde zu legen, um den Beschwerdegegner nicht mit absehbar zu hohen Kosten zu belasten (und eine im Raum stehende spätere Rückforderung zu vermeiden, wenn es bei dem Streitwert von 5.000,- EUR verbleiben oder ein nicht weit höherer endgültiger Streitwert festgesetzt werden sollte), gleichwohl aber bereits umgehend einen Kostenansatz treffen wollte, um der Staatskasse die zu erwartenden, vom Beschwerdeführer zu tragenden Gerichtskosten unabhängig davon zu sichern, wie lange der vom Hauptsacherichter zu ergehende Beschluss zum endgültigen Streitwert gemäß § 63 Abs. 2 GKG auf sich warten lassen würde, kann diese Überlegung eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung nicht rechtfertigen. Der Senat kann die gut gemeinte Absicht des Kostenbeamten zwar mit Blick darauf durchaus nachvollziehen, dass, wie die Erfahrung zeigt, nicht selten der Streitwertbeschluss erst mit erheblicher Verzögerung nach Abschluss des Verfahrens oder unter Umständen gar nicht erlassen wird und daher ein endgültiger Gerichtskostenansatz nur mit erheblicher Verzögerung oder nicht mehr möglich sein wird. Eine rechtliche Begründung für das erfolgte Vorgehen gibt es aber nicht. Die vereinzelt zu beobachtende Praxis von erheblich verzögerten oder nicht erfolgten Streitwertbeschlüssen gemäß § 63 Abs. 2 GKG steht im Widerspruch zu der Vorstellung des Gesetzgebers in § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG, wonach der Streitwertbeschluss zu erfolgen hat, „sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt.“ Dass der durch den Hauptsacherichter zu erlassende Streitwertbeschluss umgehend erfolgen soll, wird auch durch das in § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG zum Ausdruck kommende Gebot deutlich, dass ein gerichtliches Verfahren nach seinem Abschluss in der Hauptsache auch umgehend seinen kostenrechtlichen Abschluss finden soll, eine Zielsetzung, die sich durch das gesamte Kostenrecht zieht (vgl. z. B. auch die einheitliche kurze Antragsfrist des § 2 Abs. 1 JVEG [vgl. die Gesetzesbegründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts [Kostenrechtsmodernisierungsgesetz – KostRMoG] – Bundestags-Drucksache 15/1971, S. 178 f. – zu § 2 JVEG]).
Eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung unter Berücksichtigung des Umstands, dass infolge der Rücknahme der Klage der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG bei der endgültigen Gerichtskostenfeststellung zum Zug kommen würde, ist daher nicht möglich.
Der Kostenansatz vom 25.01.2016 ist deshalb, sofern er als vorläufige Gerichtskostenfeststellung zu betrachten ist, aufzuheben.
2. Kostenansatz vom 25.01.2016 als endgültige Gerichtskostenfeststellung
Für den Fall, dass der angegriffene Kostenansatz als endgültige Gerichtskostenfeststellung zu betrachten ist, kann er keinen Bestand haben, da es an einem Beschluss über den endgültigen Streitwert gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG als Voraussetzung für die endgültige Gerichtskostenfeststellung fehlt; die bloße Verfügung der Hauptsacherichterin vom 18.01.2016, wonach der Streitwert 5.000,- EUR betrage, ersetzt einen solchen Beschluss nicht.
Ohne einer mit dem Rechtsmittel der Beschwerde gemäß § 68 GKG überprüfbaren Feststellung des endgültigen Streitwerts durch Beschluss gemäß § 63 Abs. 2 GKG kann eine endgültige Gerichtskostenfeststellung nicht erfolgen. Ist der Streitwert lediglich vorläufig (durch Verfügung des Hauptsacherichters oder auch mit einem – im sozialgerichtlichen Verfahren regelmäßig nicht einem Rechtsmittel zugänglichen – Beschluss) festgestellt, kann darauf gestützt keine endgültige Gerichtskostenfeststellung ergehen. Denn mit der endgültigen Gerichtskostenfeststellung soll das Hauptsacheverfahren auch kostenrechtlich zu einem Abschluss gebracht werden. Dass ein solcher Abschluss nicht möglich ist, wenn es noch an einer endgültigen Feststellung des Streitwerts, die gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG nur durch gerichtlichen Beschluss des Hauptsachegerichts möglich ist, fehlt, liegt auf der Hand.
Eine endgültige Gerichtskostenfeststellung ohne endgültigen Streitwertbeschluss würde auch zu einer nicht vertretbaren Einschränkung des Rechtsschutzes des Kostenschuldners führen, worauf auch das SG zutreffend hingewiesen hat. Würde ein vorläufiger Streitwert als ausreichend für eine endgültige Gerichtskostenfeststellung erachtet, könnte es zu der Konstellation kommen, dass der Kostenschuldner mit einer Gerichtskostenforderung konfrontiert wäre, die auf einem unrichtigen und zu hohen (vorläufigen) Streitwert basiert, ihm aber keine Möglichkeit offen stünde, sich gegen den zu hohen Streitwert zu wehren. Denn eine Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG kann nur auf eine Verletzung des Kostenrechts gestützt werden (vgl. Bundesgerichtshof, Beschlüsse vom 13.02.1992, Az.: V ZR 112/90, und vom 20.09.2007, Az.: IX ZB 35/07; Bundesfinanzhof – BFH -, Beschluss vom 29.06.2006, Az.: VI E 2/06; ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z. B. Beschluss vom 01.08.2014, Az.: L 15 SF 90/14 E; Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl. 2016, § 66 GKG, Rdnr. 18; Meyer, GKG/FamGKG, 15. Aufl. 2016, § 66, Rdnr. 13), nicht aber auf die (vermeintliche oder tatsächliche) Unrichtigkeit einer im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidung. Die im Hauptsacheverfahren getroffenen Entscheidungen sind wegen der insofern eingetretenen Bestandskraft (§ 197 a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. § 158 Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 68 Abs. 1 GKG) einer Überprüfung im Kostenansatzverfahren entzogen (ständige Rspr., vgl. z. B. Beschluss des Senats vom 18.12.2014, Az.: L 15 SF 322/14 E – m. w. N.). Gleiches gilt grundsätzlich auch für die dort getroffenen Verfügungen, insbesondere auch zum vorläufigen Streitwert (vgl. Beschlüsse des Senats vom 13.08.2014, Az.: L 15 SF 67/14 E, vom 07.10.2014, Az.: L 15 SF 61/14 E, vom 05.12.2014, Az.: L 15 SF 202/14 E, und vom 15.12.2016, Az.: L 15 SF 331/16 E). Sofern vereinzelt von der Beachtlichkeit von Einwendungen „ggf. auch gegen den zugrunde liegenden Streitwert“ im Rahmen einer Erinnerung ausgegangen wird (vgl. BFH, Beschluss vom 27.10.2005, Az.: VII E 10/05, mit Hinweis auf seinen Beschluss vom 21.05.1992, Az.: V E 1/90), kann der Senat dem nicht folgen. Eine solche Prüfung wäre systemwidrig, da das statthafte Rechtsmittel gegen einen Streitwertbeschluss gemäß § 63 GKG die Beschwerde nach § 68 Abs. 1 GKG ist, nicht die gegen den Kostenansatz gemäß § 19 GKG gerichtete Erinnerung nach § 66 Abs. 1 GKG. Würde diese Differenzierung nicht beachtet, könnte dies zudem zu der Situation führen, dass einerseits das Kostengericht im Rahmen der Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG eine – nach Ansicht des Senats unzulässige – Festlegung zum Streitwert trifft und andererseits durch das Hauptsachegericht im Rahmen des von ihm zu erlassenden Streitwertbeschlusses gemäß § 63 GKG eine damit nicht übereinstimmende Festsetzung erfolgt. Um dies zu vermeiden, ist streng zu differenzieren zwischen der Zuständigkeit des Hauptsachegerichts für die Entscheidung über den Streitwert gemäß § 63 GKG (vgl. auch Meyer, § 63, Rdnr. 16) und der durch die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 1 GKG eröffneten Zuständigkeit des Kostengerichts für die Überprüfung der kostenrechtlich richtigen Umsetzung der Entscheidung des Hauptsachegerichts, auch zum Streitwert.
Lediglich der Vollständigkeit halber merkt der Senat an, dass der Kostenbeamte vor der Anfertigung einer endgültigen Gerichtskostenfeststellung die Hauptsacherichterin durchaus darauf hinweisen hätte können, dass er für den Kostenansatz auf den vom Hauptsachegericht nach Abschluss des Klageverfahrens in der Hauptsache zu erlasssenden Beschluss angewiesen ist. Eine Verpflichtung für den Kostenbeamten, einen Hauptsacherichter auf dessen eigene Verpflichtungen hinzuweisen, besteht aber nicht. Ob ein vom Hauptsachegericht nachgeschobener Beschluss zum endgültigen Streitwert eine Heilung des zunächst fehlerhaften endgültigen Kostenansatzes bewirkt hätte, kann mangels Entscheidungserheblichkeit im vorliegenden Verfahren dahingestellt bleiben.
3. Abschließender Hinweis
Das SG hat in seinem Beschluss vom 24.03.2016 den Beschwerdeführer darauf hingewiesen, dass die Erhebung endgültiger Gerichtskosten nach wie vor im Raum stehe, sobald ein Streitwertbeschluss des Hauptsachegerichts erfolgt sei.
Sollte im zugrunde liegenden Hauptsacheverfahren noch ein Beschluss zum endgültigen Streitwert ergehen und der Beschwerdegegner einen dann ergehenden Kostenansatz mit der Erinnerung angreifen, wird die Frage zu klären sein, ob von einer „Entscheidung, durch die der Streitwert anders festgesetzt wird,“ auch dann auszugehen ist, wenn es vorher – wie hier – noch überhaupt keinen Beschluss zum endgültigen Streitwert gegeben hat. Sollte das SG dies verneinen, müsste auch die – im jetzigen Beschluss offen gebliebene – Frage geklärt werden, ob der hier streitgegenständliche Kostenansatz vom 25.01.2016 eine endgültige oder nur eine vorläufige Gerichtskostenfeststellung gewesen ist.
Auch wird die Frage zu beantworten sein, wie lange nach Abschluss eines Verfahrens in der Hauptsache überhaupt noch ein Beschluss zum endgültigen Streitwert möglich ist.
Für die Praxis und zur Vermeidung von Fällen wie dem streitgegenständlichen kann der Senat dem Kostenbeamten nur empfehlen, sich an den Hauptsacherichter zu wenden und an den Erlass eines Beschlusses zum endgültigen Streitwert zu erinnern, wenn das Verfahren in der Hauptsache abgeschlossen ist und der genannte Beschluss noch nicht erfolgt ist. Es ist nicht Sache des Kostenbeamten, eine – zugegebenermaßen – unerwünschte Situation dadurch zu korrigieren, dass er im Sinn materieller Gerechtigkeit zwingende verfahrensrechtliche Vorgaben bei der Gerichtskostenfeststellung außer Acht lässt.
Der Kostensenat des Bayer. LSG entscheidet über die Beschwerde nach Übertragung wegen grundsätzlicher Bedeutung in voller Besetzung (§ 66 Abs. 3 Satz 2, Abs. 6 Satz 2 GKG).
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Er ergeht gebührenfrei; Kosten sind nicht zu erstatten (§ 66 Abs. 8 GKG).

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