Kosten- und Gebührenrecht

Zum Streitwert für die Zwangsvollstreckung eines Verbescheidungsausspruchs

Aktenzeichen  W 3 M 18.31179

Datum:
13.8.2018
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 34571
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 151, § 165, § 172
RVG § 30 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Für die Feststellung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO als Neben- bzw. Annexverfahren ist auf das zugrundeliegende Erkenntnisverfahren abzustellen.  (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Höhe des dem Vollstreckungsschuldner angedrohten Zwangsgeldes ist hingegen für die Bewertung des Interesses des Vollstreckungsgläubigers unerheblich.  (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. September 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Erinnerungsführerin hat die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Die Erinnerungsführerin dieses Verfahrens – das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) – wurde im Verfahren W 3 K 16.31207 mit rechtskräftigem Urteil vom 31. Januar 2017 verpflichtet, über den Asylantrag der Klägerin innerhalb einer Frist von drei Monaten nach Rechtskraft des Urteils zu entscheiden. Der Gegenstandswert der Untätigkeitsklage wurde gemäß § 30 Abs. 2 RVG auf 2.500,00 EUR festgesetzt. Da das Bundesamt seiner Verpflichtung nicht nachkam, beantragte der Klägerbevollmächtigte die Vollstreckung des Urteils vom 31. Januar 2017 durch Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 10.000,00 EUR (Nr. W 3 V 17.32753). Nach Erledigung der Hauptsache wurde dieses Verfahren mit Beschluss vom 17. August 2017 eingestellt und dem Bundesamt die Kosten des Verfahrens auferlegt.
Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19. September 2017 wurden die außergerichtlichen Aufwendungen der Vollstreckungsgläubigerin (Klägerin) antragsgemäß unter Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 2.500,00 EUR auf 86,11 EUR festgesetzt.
Gegen den am 2. Oktober 2017 zugestellten Kostenfestsetzungsbeschluss beantragte die Erinnerungsführerin am 11. Oktober 2017 die Entscheidung des Gerichts und eine vorläufige Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über das Rechtsmittel. Zur Begründung wurde ausgeführt: Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Sache für den Antragsteller erscheine es angemessen, den des Gegenstandswert auf einen Betrag von 625,00 EUR festzusetzen. Es handele sich um ein Vollstreckungsverfahren. In Anlehnung an Ziffer 1.71, Satz 2 des Streitwertkataloges sei für Vollstreckungsverfahren ein Viertel des Gegenstandswerts des zugrundeliegenden Hauptsacheverfahrens maßgeblich.
Auch auf Hinweis des Gerichts auf die Entscheidung in anderer Sache wurde die Erinnerung nicht zurückgenommen.
Die Kostenbeamtin half dem Antrag nicht ab und legte ihn dem Gericht zur Entscheidung vor.
Die Klägerseite äußerte sich nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Die Entscheidung über die Kostenerinnerung erfolgt durch die Berichterstatterin, da die insoweit maßgebliche Kostenlastentscheidung in der Hauptsache (W 3 V 17.32753) nach Maßgabe von § 87a Abs. 1 Nr. 3 VwGO durch die Berichterstatterin getroffen wurde (vgl. BayVGH, B.v. 3.12.2003 – 1 N 01.1845 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Die nach §§ 165, 151 VwGO zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss ist unbegründet.
Dem Kostenfestsetzungsbeschluss wurde zutreffend der Gegenstandswert nach § 30 Abs. 2 RVG, wie er mit Beschluss vom 31. Januar 2017 für die Untätigkeitsklage festgesetzt worden war, zugrundegelegt.
Für die Feststellung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Antragsverfahren auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung nach § 172 VwGO als Neben- bzw. Annexverfahren ist auf das zugrundeliegende Erkenntnisverfahren abzustellen. Wenn – wie hier – die Vollstreckungsgläubigerin, die im Klageverfahren nach dem Asylgesetz obsiegt hat, die Androhung eines Zwangsgeldes gemäß § 172 VwGO beantragt, weil das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge seiner durch rechtskräftiges Urteil auferlegten Verpflichtung nicht nachgekommen ist, handelt es sich um eine Streitigkeit nach dem Asylgesetz. Hierzu gehören alle Verfahren, die den Zugang zum Asylverfahren, seine Durchführung und seine Rechtsfolgen betreffen. Danach sind Verfahren nach dem Asylgesetz nicht nur die entsprechenden Hauptsacheverfahren und Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, sondern auch sämtliche Nebenverfahren, damit auch das hier vorliegende Vollstreckungsverfahren gemäß § 172 VwGO (vgl. hierzu auch VG Würzburg, B.v. 7.9.2016 – W 3 V 16.31201 n.v.).
Bei der Bestimmung des wirtschaftlichen Interesses eines Antragstellers an einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO ist grundsätzlich von dem Wert des entsprechenden Hauptsacheverfahrens auszugehen. Will der Vollstreckungsgläubiger das in der Hauptsache ergangene Bescheidungsurteil in vollem Umfang durchsetzen, ist das Interesse an der Durchsetzung des Anspruches genauso zu werten, wie das Interesse an der Feststellung des Anspruchs im Erkenntnisverfahren. Die Höhe des dem Vollstreckungsschuldner angedrohten Zwangsgeldes ist hingegen für die Bewertung des Interesses des Vollstreckungsgläubigers unerheblich. Denn sie spiegelt nicht das wirtschaftliche Interesse des Vollstreckungsgläubigers wieder, sondern beruht allein auf der Einschätzung des Gerichts, dass ein Zwangsgeld in der angedrohten Höhe zur Einwirkung auf den Vollstreckungsschuldner voraussichtlich ausreichend sein wird (vgl. B.v. 15.11.2016 – W 3 V 16.31201 n.v.; OVG NRW, B.v. 11.8.2010 – 8 E 555/10 – juris m.w.N.; VG München, B.v. 31.1.2018 – M 11 M 17.38314 – juris). Somit ist dem Ansatz, bei der Ermittlung des Gegenstandswerts in einem Vollstreckungsverfahren nach § 172 VwGO auf die Höhe des beantragten festzusetzenden Zwangsgeldes unter Heranziehung des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit abzustellen, nicht zu folgen. Bei dem zugrundeliegenden Erkenntnisverfahren handelte es sich um ein Klageverfahren, in dem nach § 30 Abs. 2 RVG entsprechend der Rechtsprechung der Kammer der Gegenstandswert auf 2.500,00 EUR festgesetzt wurde. Dieser wurde von der Kostenbeamtin zutreffend zugrundegelegt.
Der Antrag war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.


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