Medizinrecht

Anordnung eines Haltverbots mit Zusatzzeichen

Aktenzeichen  Au 3 K 15.1803

Datum:
30.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28073
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 42 Abs. 1
StVO § 12 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 3, § 45
StVZO § 32 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1. Statthafte Klageart gegen eine mit dem Zusatzzeichen 1053-30 (Parken in gekennzeichneten Flächen erlaubt) getroffene Regelung, mit der ein angeordnetes Haltverbot eingeschränkt wird, ist nicht die Anfechtungs-, sondern die Verpflichtungsklage. (Rn. 17 und 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Welche Straßenstellen “eng” iSd § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO sind, lässt sich nicht absolut, sondern nur in Relation zu den konkreten Straßenverhältnissen festlegen, wobei insbesondere die Art der Straße und die höchstzulässige Geschwindigkeit maßgeblich sind. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Lenkungsmöglichkeiten gemäß § 45 StVO sind auf den Schutz der Allgemeinheit abgestellt und schützen daneben auch die Belange einzelner nur insoweit, als deren geschützte Individualinteressen durch Einwirkungen des Straßenverkehrs in einer Weise beeinträchtigt werden, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigt. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist bereits unzulässig.
1. Die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage ist nicht statthaft. Die statthafte Klageart hinsichtlich der streitgegenständlichen Anordnung vom 9. Dezember 2014 ist vielmehr die Verpflichtungsklage. Trotz eines entsprechenden Hinweises des Gerichts hat der Bevollmächtigte der Klägerin an der Anfechtungsklage festgehalten und auch nicht hilfsweise eine Verpflichtungsklage erhoben.
Die mit dem Zusatzzeichen 1053-30 (Parken in gekennzeichneten Flächen erlaubt) getroffene Regelung stellt keinen eigenständigen, selbstständig angreifbaren (Teil-) Verwaltungsakt dar, sondern ist Bestandteil der getroffenen einheitlichen Gesamtregelung für die Südseite des …wegs, wonach auf einer Gesamtlänge von ca. 29 m wie von der Klägerin beantragt ein Haltverbot angeordnet wird, im übrigen, deutlich längeren Teil des …wegs aber gerade das Halten und Parken nicht verboten wird und damit der Sache nach der weitergehende Antrag der Klägerin abgelehnt wird. Das nach § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO gegenüber Grundstücksein- und -ausfahrten bestehende Parkverbot wird zugunsten der Klägerin zu einem Haltverbot aufgewertet und räumlich erweitert, so dass die Verbotszone gegenüber ihrem Grundstück nicht nur 3 m, sondern ca. 5,50 m lang ist. Die getroffene Gesamtregelung stellt keinen Eingriff in eine Rechtsposition der Klägerin dar, sondern erweitert ihre gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO bestehende Rechtsposition. Es handelt sich demnach um einen die Klägerin begünstigenden und nicht etwa um einen sie belastenden Verwaltungsakt. Dementsprechend haben sich die früheren Bevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 20. Januar 2015 ausdrücklich bei der Beklagten für „Ihre Bereitschaft zur Verbesserung der verkehrsrechtlichen Lage im …weg“ bedankt.
Ein Eingriff in eine Rechtsposition der Klägerin ergibt sich auch nicht im Hinblick auf § 12 Abs. 1 Nr. 1 StVO. Demnach ist das Halten u.a. an engen Straßenstellen verboten. Welche Straßenstellen „eng“ sind, ist gesetzlich nicht definiert bzw. bestimmt. Insbesondere nimmt die Vorschrift gerade nicht Bezug auf § 32 Abs. 1 StVZO und die dort geregelte höchstzulässige Breite von Kraftfahrzeugen und Anhängern. Welche Straßenstellen eng sind, lässt sich daher nicht absolut festlegen, sondern nur in Relation zu den konkreten Straßenverhältnissen. Maßgeblich sind insbesondere die Art der Straße und die höchstzulässige Geschwindigkeit. Bei einer in einer Tempo 30-Zone liegenden Anliegerstraße wie dem …weg ist deshalb eine geringere Restfahrbahnbreite hinnehmbar als bei einer Durchgangsstraße, in der die höchstzulässige Geschwindigkeit 50 km/h beträgt. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte hat die zuständige Polizeiinspektion in ihrer Stellungnahme vom 14. Juni 2013 überzeugend dargelegt, dass die Fahrbahnbreite von 2,60 m, die bei ordnungsgemäß am rechten Fahrbahnrand im Bereich der Parkwinkel abgestellten Kraftfahrzeugen (noch) zur Verfügung steht, die Durchfahrt der meisten Fahrzeuge gewährleistet, so dass hier das Haltverbot nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVO („an engen Straßenstellen“) nach dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht gilt.
Daraus folgt auch, dass die Klägerin weder einen Anspruch darauf hat, dass die Beklagte zu ihren Gunsten ein durchgängiges Haltverbot auf der Südseite des Lerchenwegs anordnet, noch einen Anspruch hat, dass die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen über die Anordnung eines solchen Haltverbots entscheidet. Die Lenkungsmöglichkeiten gemäß § 45 StVO sind auf den Schutz der Allgemeinheit abgestellt. Sie schützen daneben nur in geringem Umfang auch die Belange einzelner, soweit deren geschützte Individualinteressen berührt werden, und zwar nur insoweit, als diese durch Einwirkungen des Straßenverkehrs in einer Weise beeinträchtigt werden, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigt (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl. 2017, § 45 Rn. 28a S. 957 oben m.w.N.). Das Parken auf der Südseite des …wegs im Bereich der durch die Parkwinkel gekennzeichneten Flächen beeinträchtigt die Klägerin weder in ihrem Eigentumsrecht noch in ihrem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in unzumutbarer Weise. Durch das Haltverbot gegenüber der Einfahrt und Ausfahrt ihres Grundstücks ist rechtlich sichergestellt, dass die Klägerin ihr Grundstück mit ihrem Pkw erreichen und verlassen kann. Durch die verbleibende Fahrbahnbreite von 2,60 m ist sichergestellt, dass die meisten Fahrzeuge einschließlich kleinerer Möbellieferwagen, Heizöllieferwagen und anderer kleinerer Lkws das Grundstück der Klägerin erreichen können. Durch dessen geringe Entfernung (ca. 20 m) zum …weg ist sichergestellt, dass größere Fahrzeuge in der Nähe abgestellt werden können und beispielsweise Feuerwehr oder Möbellieferanten die Distanz in zumutbarer Weise bewältigen können. Im Notfall könnten die Feuerwehrfahrzeuge ohnehin durch die Inanspruchnahme des Grünstreifens bis zum Anwesen der Klägerin vorfahren. Zu berücksichtigen ist auch, dass nach den Feststellungen der zuständigen Polizeiinspektion im …weg nur sporadisch länger geparkt wird und sich die Parkzeiten überwiegend nach den Bring- und Holzeiten des Kindergartens richten, so dass die Parkproblematik im …weg nur zeitweise besteht.
Soweit sich die Klage auch gegen die Markierungen der Flächen richtet, auf denen das Parken erlaubt ist, ist zudem zu sehen, dass Inhalt der angefochtenen Anordnung vom 9. Dezember 2014 nur der im Westen des …wegs nahe der Einmündung zum …weg neu angebrachte Parkwinkel ist, während die anderen Parkwinkel auf früheren Anordnungen der Beklagten beruhen, bei denen die Klagefrist längst abgelaufen ist.
2. Da die Anfechtungsklage erfolglos geblieben ist, kommt eine Verpflichtung der Beklagten zur Rückgängigmachung der Vollziehung (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nicht in Betracht. Im Übrigen fehlt das Rechtsschutzinteresse für den entsprechenden Antrag, weil es keinen Anhaltspunkt dafür gibt, dass die Beklagte ein rechtskräftiges Urteil zugunsten der Klägerin nicht umsetzen würde.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen, weil sie unterlegen ist (§ 154 Abs. 1 VwGO).
Die Kostenentscheidung war gemäß § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.


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