Medizinrecht

Anspruch auf Beihilfe zur Rechnung für private Krankenhausbehandlung

Aktenzeichen  M 17 K 15.4816

Datum:
27.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBhV BayBhV § 7 Abs. 1 S. 1, § 28 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1 Nr. 1
KHEntgG KHEntgG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 9
KHG KHG § 17b
SGB V SGB V § 108

 

Leitsatz

1 Bei der vorzunehmenden Vergleichsberechnung im Rahmen des § 28 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BayBhV ist hinsichtlich Verweildauer genau die Versorgung anzusetzen, die der Klägerin im privaten Krankenhaus zuteil geworden ist. Es ist auf die effektive Bewertungsrelation resp. das effektive Kostengewicht und nicht auf die Basisbewertungsrelation resp. das Basiskostengewicht abzustellen (ebenso VG Regensburg BeckRS 2013, 59726). Zu den zu zahlenden Entgelten gehört auch der Längerliegerzuschlag. (redaktioneller Leitsatz)
2 Die von einem privaten Krankenhaus in Rechnung gestellten Kosten sind als wirtschaftlich angemessen anzusehen, wenn und soweit sie nach Art und Höhe auch in zugelassenen Krankenhäusern angefallen wären (ebenso BVerwG NVwZ-RR 2015, 428). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Beklagte wird verpflichtet, unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 8. Juni 2015 in der Fassung vom 27. Oktober 2016 und des Widerspruchsbescheids vom 29. September 2015 an die Klägerin weitere Beihilfeleistungen in Höhe von 2.589,96 Euro zu gewähren.
II.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV.
Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet, da die Klägerin einen Anspruch auf die Gewährung weiterer Beihilfe in Höhe von 2.589,96 Euro hat (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Bescheid vom 8. Juni 2015 in der ergänzenden Fassung vom 27. Oktober 2016 und der Widerspruchsbescheid vom 29. September 2015 sind insoweit rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (st. Rspr., vgl. statt aller BVerwG, U. v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Die Aufwendungen gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Für eine Krankenhausbehandlung entstehen Aufwendungen mit der stationären Behandlung (BVerwG, U. v. 6.11.2014 – 5 C 7.14 – juris Rn. 8 hinsichtlich des vergleichbaren § 5 Abs. 5 Satz 2 BVO BW a. F.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Komm., 164. Aktualisierung, Stand 1. Juli 2016, Bd. II Anm. 12 zu § 7 Absatz 2 BayBhV: „mit jedem Krankenhaustag“). Bei der streitgegenständlichen Krankenhausbehandlung vom … Februar 2015 bis einschließlich … April 2015 bestimmt sich die Beihilfefähigkeit daher nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2014 (GVBl S. 511), der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447), dem Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen – Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. April 2002 (BGBl S. 1412, 1422), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2014 (BGBl S. 2222), und dem Gesetz zur wirtschaftlichen Sicherung der Krankenhäuser und zur Regelung der Krankenhauspflegesätze – Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. April 1991 (BGBl S. 886), zuletzt geändert durch Gesetz vom 21. Juli 2014 (BGBl S. 1133).
2. Anspruchsgrundlage für die von der Klägerin begehrte (weitere) Beihilfe zu den in Rechnung gestellten Leistungen der Privatklinik anlässlich des stationären Aufenthaltes der Klägerin vom … Februar 2015 bis … April 2015 sind Art. 96 BayBG i. V. m. § 7 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 1 und § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV.
2.1. Die Klägerin ist zu 50% beihilfeberechtigt (Art. 96 Abs. 3 Satz 2 BayBG, § 2 Abs. 1 Nr. 1 BayBhV).
2.2. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV sind Aufwendungen beihilfefähig, wenn sie medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind und ihre Beihilfefähigkeit nicht ausdrücklich ausgeschlossen ist. Für Krankenhausleistungen enthält § 28 BayBhV nähere Regelungen zur Frage der Angemessenheit der entsprechenden Aufwendungen.
Bei der … Privatklinik für … handelt es sich unstreitig um ein Krankenhaus, das nicht nach § 108 SGB V zugelassen ist. In derartigen Krankenhäusern sind gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV bei Indikationen, die bei einer Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus vom DRG-Fallpauschalen-Katalog erfasst wären, die allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinn des § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BayBhV bis zum Betrag (fiktive Obergrenze) aus dem Produkt der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG mit der Bewertungsrelation gemäß Teil a) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs (Nr. 1) sowie gesondert berechnete Wahlleistungen für Unterkunft bis zur Höhe von 1,5 v. H. der oberen Korridorgrenze des Basisfallwerts gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG abzüglich der Eigenbeteiligung gemäß Art. 96 Abs. 2 Satz 7 BayBG (Nr. 2) beihilfefähig.
Gemessen an diesen Vorschriften hat die Klägerin einen höheren Beihilfeanspruch auf der Grundlage der nach dem Tenor anzuerkennenden beihilfefähigen Aufwendungen.
2.2.1. Der Beklagte hat die Vergleichsberechnung zunächst zu Recht nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV vorgenommen und auf die zutreffende Diagnose im Rahmen der Vergleichsberechnung abgestellt.
Für die Zuordnung eines bestimmten Behandlungsfalls zu einer DRG (Diagnosis Related Groups) wird in einem ersten Schritt die Diagnose nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten – dem ICD-10 – in der jeweiligen vom Deutschen Institut für Medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit herausgegebenen deutschen Fassung verschlüsselt (§ 301 Abs. 2 Satz 1 SGB V). Zur sachgerechten Durchführung der Verschlüsselung („Kodierung“) haben die Vertragspartner auf Bundesebene „Kodierrichtlinien“ beschlossen. In einem zweiten Schritt wird der in den Computer eingegebene Code einer bestimmten DRG zugeordnet, anhand der dann nach Maßgabe des Fallpauschalen-Katalogs und der Pflegesatzvereinbarung die zu zahlende Vergütung errechnet wird. Diesem als „Groupierung“ bezeichneten Prozess der DRG-Zuordnung liegt ein festgelegter Groupierungsalgorithmus zugrunde; in diesem vorgegebenen, vom Krankenhaus nicht zu beeinflussenden Algorithmus wird entsprechend dem vom Krankenhaus eingegebenen Code nach dem ICD-10 eine bestimmte DRG angesteuert (vgl. BSG, U. v. 18.7.2013 – B 3 KR 7/12 R – juris Rn. 12). Die Verbindlichkeit der in dem jeweiligen Vertragswerk angesprochenen Klassifikationssysteme folgt aus dem Umstand, dass sie in die zertifizierten Grouper einbezogen sind (BSG, U. v. 14.10.2014 – B 1 KR 25/13 R – juris Rn. 12 m. w. N.). Stationäre Krankenhausleistungen werden gemäß § 17b KHG nach dem Vergütungssystem DRG abgerechnet.
Maßgeblich für den Kostenvergleich anhand von Fallpauschalen ist das konkret zu behandelnde Krankheitsbild, nicht hingegen die angewendete Behandlungsmethode oder die von der Privatklinik angewendete Abrechnungsmethode nach Fallpauschalen oder Pflegesätzen (st.Rspr., z. B. BVerwG, U. v. 23.4.2015 – 5 C 2.14 – juris Rn. 32 zum insoweit vergleichbaren rheinland-pfälzischen Landesrecht; VG München, U. v. 27.5.2010 – M 17 K 09.3880 – juris; VG Würzburg, U. v. 26.7.2016 – W 1 K 15.323 – juris, jeweils m. w. N.; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Komm., Stand 1. Juli 2016, Bd. II Anm. 3 zu § 28 Abs. 2 BayBhV). Ausschlaggebend hierfür sind zum einen die vorliegenden Haupt- und Nebendiagnosen, daneben auch etwaige Komplikationen, die Behandlungsdauer, die Dauer einer etwaigen Beatmung sowie patientenbezogene Faktoren wie Alter, Gewicht etc. (vgl. Mildenberger a. a. O.).
Nach diesen Grundsätzen hat der Beklagte hier unstreitig auf die in der Klinikrechnung genannte Diagnose … „Multimodale Schmerztherapie bei Krankheiten und Störungen des Nervensystems“ abgestellt und diese seiner Vergleichsberechnung zutreffend zugrunde gelegt.
2.2.2. Diese Diagnose B47Z ergibt bei der Behandlung in einer Hauptabteilung normalerweise das Basiskostengewicht 1,256. Vorliegend war aber im Rahmen der Vergleichsberechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auf das effektive Kostengewicht von 2,82 abzustellen (1,256 zzgl. 0,068 x 23 Tage; vgl. entsprechende Berechnung mit dem Webgrouper; Bl. 32 BA), das daraus resultiert, dass die obere Grenzverweildauer der Klägerin in der Klinik um 23 Tage überschritten wurde. Bei der hier notwendigen Vergleichsberechnung ist nämlich hinsichtlich Verweildauer genau die Versorgung anzusetzen, die der Klägerin im privaten Krankenhaus zuteil geworden ist (vgl. VG Regensburg, U. v. 11.11.2013 – RO 8 K 13.1251 – juris Rn. 21 mit Verweis auf VG Düsseldorf, U. v. 4.5.2010 – 26 K 6029/09 – juris).
Entgegen der Auffassung des Beklagten war aus folgenden Erwägungen bei der vorzunehmenden Vergleichsberechnung im Rahmen des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auf die effektive Bewertungsrelation resp. das effektive Kostengewicht und nicht auf die Basisbewertungsrelation resp. das Basiskostengewicht abzustellen (vgl. VG Regensburg, U. v. 11.11.2013 – RO 8 K 13.1251 – juris Rn. 21; hinsichtlich § 26 BVO RhPf: VG Koblenz, U. v. 26.2.2016 – 5 K 1019/15.KO – juris Rn. 30; a.A: wohl Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Komm., Stand 1. Juli 2016, Bd. II Anm. 5 zu § 28 BayBhV mit Verweis auf Bd. I Anm. 17 zu Abs. 2 (11) zu § 26 BBhV unter Bezugnahme auf Nr. 26.2.1 Satz 3 BhVVwV):
a) Der Wortlaut des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV stellt pauschal auf „Bewertungsrelation gem. Teil a) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs“ ab. Eine Einschränkung auf das Basiskostengewicht (Spalte 4 des DRG-Fallpauschalen-Katalogs) oder die mittlere Verweildauer ist der Beihilfevorschrift (anders als nunmehr z. B. § 26a BBhV i. d. F. vom 25. Oktober 2016 [BGBl. S. 2403]) nicht zu entnehmen. Vielmehr verweist § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV pauschal auf die Bewertungsrelation gem. Teil a) des DRG-Fallpauschalen-Katalogs und bezieht sich damit auf den zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der privaten Krankenversicherung gemeinsam mit der Deutschen Krankenhausgesellschaft auf Bundesebene nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG i. V. m. § 17b KHG vereinbarten Entgeltkatalog. Da der Fallpauschalen-Katalog nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 KHEntgG sowohl die Bewertungsrelationen als auch die Regelungen zu Verlegungsfällen und zur Grenzverweildauer und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge (effektive Bewertungsrelationen) umfasst, ist im Rahmen des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auf die effektiven Bewertungsrelationen abzustellen. Zu den zu zahlenden Entgelten gehört auch der Längerliegerzuschlag.
b) Ferner spricht der Sinn und Zweck des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV dafür, den Basisfallwert mit der effektiven Bewertungsrelation zu multiplizieren. Beihilfeberechtigte, die sich in Privatkliniken behandeln lassen, sollen nach der Konzeption des Verordnungsgebers so gestellt werden, als hätten sie eine Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus i. S. d. § 28 Abs. 1 BayBhV in Anspruch genommen. Die Regelung soll als Kostenbegrenzungsregelung sicherstellen, dass bei einer stationären Behandlung in einem privaten Krankenhaus nur für solche Aufwendungen eine Beihilfe gewährt wird, die bei einer entsprechenden Behandlung in nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhäusern der Art und Höhe nach beihilfefähig wären. In dieser Funktion konkretisiert § 28 Abs. 2 Satz 1 BayBhV für die Behandlungen in einem privaten Krankenhaus zugleich den in § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV gesetzlich verankerten Grundsatz der Angemessenheit. Die von einem privaten Krankenhaus in Rechnung gestellten Kosten sind als wirtschaftlich angemessen anzusehen, wenn und soweit sie nach Art und Höhe auch in zugelassenen Krankenhäusern angefallen wären (BVerwG, U. v. 6.11.2014 – 5 C 7.14 – juris Rn. 14; U. v. 6.11.2014 – 5 C 36.13 – juris Rn. 18 zur vergleichbaren Rechtslage in Baden-Württemberg; BayVGH, U. v. 19.11.2008 – 14 B 06.1909 – juris Rn. 25 f.; VG Würzburg, U. v. 6.9.2016 – W 1 K 15.494 – juris Rn. 33). Beihilfeberechtigte dürfen damit nicht besser aber auch nicht schlechter gestellt werden als in öffentlichen Krankenhäusern behandelte Beihilfeberechtigte. Falls eine Überschreitung der oberen Grenzverweildauer aber aufgrund medizinischer Gründe zur Behandlung des Patienten erforderlich ist, kann auch ein DRG-Krankenhaus ein zusätzlich tagesbezogenes Entgelt abrechnen (§ 1 Abs. 2 der Fallpauschalenvereinbarung 2015 – FPV 2015). Anhaltspunkte dafür, dass die Behandlung der Klägerin auch an den Aufenthaltstagen 21 bis 43 und damit die Überschreitung der oberen Grenzverweildauer um 23 Tage nicht erforderlich gewesen sein könnte, wurden weder vom Beklagten vorgetragen noch sind solche sonst ersichtlich. Grundsätzlich dürften Krankenhäuser kein Interesse an der Überschreitung der oberen Grenzverweildauer haben, da das zusätzliche tagesbezogene Entgelt in der Regel nicht kostendeckend sein dürfte.
c) Soweit der Beklagte darauf verweist, dass aufgrund des pauschalierenden Charakters der Vorgaben des § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auch keine weitergehende Differenzierung bzgl. der tatsächlichen Zahl der Behandlungstage im Krankenhaus erfolgt, d. h. stets von der mittleren Verweildauer gemäß dem DRG-Fallpauschalen-Katalog auszugehen ist, findet dies in der Bayerischen Beihilfeverordnung (anders als im bereits zitierten § 26a BBhV i. d. F. vom 25. Oktober 2016 [BGBl. S. 2403]) keine Stütze. Dem steht auch der entsprechend lautende Vollzugshinweis des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 12. November 2013 (FMS vom 12.11.2013 Gesch.-Z. 25-P 1820-0500-41448/13, das in wesentlichen Teilen die Ausführungen in Mildenberger, a. a. O. Bd. I Anm. 17 zu Abs. 2 (11) zu § 26 BBhV wiedergibt) nicht entgegen, da es sich insoweit nicht um Rechtsnormen, sondern um eine innerdienstliche Richtlinie handelt, die nicht unmittelbar Rechte und Pflichten begründet. Als norminterpretierende Verwaltungsvorschriften bindet sie das Gericht mangels normativer Wirkung nicht, da die Befugnis zur letztverbindlichen Auslegung des objektiven Rechts – anders als die Befugnis zur Ermessensausübung – nicht der Verwaltung überantwortet ist, sondern durch Art. 19 Abs. 4 GG den Gerichten obliegt (BVerwG, U. v. 10.12.1969 – 8 C 104.69 – BVerwGE 34, 278, 282; vgl. ferner BVerwG, U. v. 22.06.1989 – 5 C 42.88 – BVerwGE 82, 163, 169; BVerwG, U. v. 22.10.1989 – 5 C 33.88 – juris Rn. 18).
2.2.3. Unter Zugrundelegung der effektiven Bewertungsrelation und eines Bemessungssatzes von 50 v. H. ergibt sich ein Anspruch auf eine weitere zu gewährende Beihilfe in Höhe von 2.589,96 Euro.
Hier hat die Klägerin rein rechnerisch insgesamt 43 Tage in der Klinik verbracht. Gemäß § 1 Abs. 7 der Vereinbarung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser für das Jahr 2015 FPV 2015 ist für die Ermittlung der Verweildauer die Zahl der Belegungstage maßgeblich. Belegungstage sind der Aufnahmetag sowie jeder weitere Tag des Krankenhausaufenthalts ohne den Verlegungs- oder Entlassungstag aus dem Krankenhaus. Hier war demnach der Aufnahmetag (hier: 26. Februar 2015), nicht aber der Entlassungstag (hier: 10. April 2015) und somit 43 Tage anzusetzen. Ist die Verweildauer eines Patienten oder einer Patientin länger als die obere Grenzverweildauer, wird für den dafür im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesenen Tag (hier: Tag 21) und jeden weiteren Belegungstag des Krankenhausaufenthalts zusätzlich zur Fallpauschale ein tagesbezogenes Entgelt abgerechnet (§ 1 Abs. 2 Satz 1 FPV 2015). Ein solcher Zuschlag bildet das Risiko ab, dass sich der jeweilige Behandlungsfall als besonders aufwändig erweist. Das tagesbezogene Entgelt wird nach § 1 Abs. 2 Satz 2 FPV 2015 ermittelt, indem die für diesen Fall im Fallpauschalen-Katalog ausgewiesene Bewertungsrelation (hier: 0,068) mit dem Basisfallwert multipliziert wird. Die Zahl der zusätzlich abrechenbaren Belegungstage ist dabei wie folgt zu ermitteln: Belegungstage insgesamt (tatsächliche Verweildauer nach § 1 Abs. 7 FPV 2015) + 1 – erster Tag mit zusätzlichem Entgelt bei oberer Grenzverweildauer = zusätzlich abrechenbare Belegungstage. Dies zugrunde gelegt verbleiben 23 zusätzlich abrechenbaren Belegungstage (43 Belegungstage nach § 1 Abs. 7 FPV 2015 + 1 – 21). Multipliziert man diese 23 zusätzlich abrechenbare Belegungstage mit der ausgewiesenen Bewertungsrelation 0,068 und dem Basisfallwert für das Jahr 2015 gemäß § 10 Abs. 9 KHEntgG, ergibt sich ein zusätzlicher beihilfefähiger Betrag in Höhe von 5.179,93 Euro (23 x 0,068 x 3.311,98 Euro). Bei einem Bemessungssatz von 50 v. H. hat die Klägerin also einen Anspruch auf Zahlung von Beihilfe in Höhe von weiteren 2.589,96 Euro.
3. Nach alledem war der Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO in dem aus dem im Tenor ersichtlichem Umfang stattzugeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
4. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, da die Frage, ob im Rahmen der Vergleichsberechnung nach § 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BayBhV auf die effektive Bewertungsrelation abzustellen ist, bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt ist. Diese Frage ist aber über den hier zu entscheidenden Fall hinaus von Bedeutung.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124 und 124a Abs. 1 VwGO kann die Berufung innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufungsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Über die Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 2.589,96 festgesetzt (§ 52 Abs. 3 Satz 1 Gerichtskostengesetz -GKG -).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.


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