Medizinrecht

Beihilfe für bildgebende Verfahren PET und CT

Aktenzeichen  RO 8 K 16.725

Datum:
24.8.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GOÄ Nr. 5369, 5376, 5377
BBhV BBhV § 6
GOÄ GOÄ § 4

 

Leitsatz

Sind die bildgebenden Verfahren PET und CT nach der zutreffenden Einschätzung des behandelnden Arztes beide erforderlich, handelt es sich um selbstständige ärztliche Leistungen (§ 4 Abs. 2 S. 1 GOÄ), die medizinisch notwendig und angemessen (§ 6 Abs. 1 BBhV) sind und deshalb abgerechnet werden können. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheids der Postbeamtenkrankenkasse vom 15.1.2016 und deren Widerspruchsbescheids vom 12.4.2016 verpflichtet, dem Kläger weitere Beihilfe in Höhe von 279,48 € zu gewähren.
II.
Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat Anspruch auf die erstrebten Beihilfeleistungen. Der Bescheid der Postbeamtenkrankenkasse vom 15.1.2016 und deren Widerspruchsbescheid vom 12.4.2016 sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 i. V. m. Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Die streitgegenständlichen Positionen aus der Rechnung vom 28.12.2015 (GOÄ Nr. 5369, Nr. 5376 und 2 x Nr. 5377) konnten neben den übrigen Positionen eigenständig angesetzt werden, die Aufwendungen waren medizinisch notwendig und angemessen im Sinne von § 6 Abs. 1 BBhV.
Der behandelnde Arzt hat bei der Kontrolluntersuchung am 11.11.2015 die bildgebenden Verfahren PET und (Low-dose-) CT für medizinisch erforderlich erachtet. Nach seinen ärztlichen Stellungnahmen vom 11.3.2016 und vom 18.8.2016 sei separat von der PET-Komponente eine diagnostische Befundung zur CT-Komponente erfolgt, wie dem Befundbericht vom 12.11.2015 zu entnehmen sei. Die Durchführung des PET-CT habe der Findung des verursachenden Karzinoms gedient. Auch bei der Kontrolle habe das Verfahren die höchste Aussagekraft. Der fachlich Grund hierfür erschließt sich dem Gericht etwa auch aus dem Merkblatt des Arbeitsausschusses PET der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin e. v. (http://www.nuklearmedizin.de/docs/petct_broschur.pdf), in dem es u. a. heißt: „In einer PET-Aufnahme erscheinen Regionen mit normalem Stoffwechsel eher „verschwommen“. Das kann dazu führen, dass ein Bereich mit erhöhter Aktivität nicht ganz genau lokalisiert werden kann. Die Kombination der PET mit der CT als Verfahren, das die Gewebestrukturen abbildet, löst dieses Problem. Bei einer PET/CT werden beide Untersuchungen gleichzeitig mit einer Kamera durchgeführt. Die Voraussetzungen (wie Körperlage und physiologische „Tagesform“ des Patienten) sind so für beide Aufnahmen exakt gleich. In einer einzigen Untersuchung wird sowohl eine PET- als auch eine CT-Aufnahme gewonnen – schon dies ist ein Mehrwert für Arzt und Patienten. Zusätzlich kombiniert eine gemeinsame Software die gewonnenen Daten zu einem Fusionsbild. Dabei entstehen im einfachsten Fall Bilder, in der die PET-Aufnahme mit einer CT-“Landkarte“ hinterlegt ist. Zellbereiche mit hoher Stoffwechselaktivität lassen sich dann präzise einer Gewebeschicht oder einem Organ zuordnen. Auffällige PET-Befunde können so sicherer beurteilt werden. Auf Basis der PET/CT lässt sich ein Tumor präzise entfernen oder eine Gewebeentnahme exakt durchführen.“
Die beratungsärztlichen Gutachten vom 16.2.2016 und vom 1.4.2016 lassen die in der ärztlichen Stellungnahme vom 18.8.2016 näher dargestellte Zielrichtung der Untersuchung außer Acht. Soweit die Beklagtenseite unter Berufung auf die beratungsärztlichen Gutachten vom 16.2.2016 und vom 1.4.2016 meint, „dass die CT`s ausschließlich der Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten der PET dienten und nicht einer eigenständigen Untersuchung“, verkennt sie, dass auch die Verbesserung der diagnostischen Möglichkeiten aus medizinischer Sicht rechtfertigt, dass neben einer PET auch CT`s durchgeführt werden. In erster Linie hat der behandelnde Arzt zu entscheiden, welche Verfahren er im Einzelnen benötigt um eine zuverlässige medizinische Beurteilung abgeben zu können. Die medizinische Notwendigkeit für die Anwendung beider Verfahren wird vom Beratungsarzt der Beihilfestelle auch nicht in Abrede gestellt. Bei Anwendung beider Verfahren handelt es sich dann aber um jeweils selbstständige ärztliche Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ. Insbesondere sind die streitgegenständlichen Positionen auch nicht eine Gebühr, die Bestandteil einer anderen Gebühr im Sinne von § 4 Abs. 2a GOÄ ist.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).
Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.
Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 279,48 Euro festgesetzt
(§ 52 Abs. 3 GKG).
Rechtsmittelbelehrung
Rechtsmittel: Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,– EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Haidplatz 1, 93047 Regensburg oder Postfach 110165, 93014 Regensburg) schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.


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