Medizinrecht

Beihilfe für zahnmedizinische Behandlung bei Überschreiten des Schwellenwerts der GOZ

Aktenzeichen  M 17 K 18.608

Datum:
12.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2647
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GOZ § 5 Abs. 2, § 10 Abs. 3
BayBhV § 7 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Zahnärztliche Leistungen sind gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 BayBhV grundsätzlich nur beihilfefähig bis zum 2,3-fachen Gebührensatz (Schwellenwert) des Gebührenrahmens der GOZ. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
2. Gebühren, die den Schwellenwert überschreiten, sind nur beihilfefähig, wenn die Überschreitung durch Besonderheiten des konkreten Behandlungsfalles gerechtfertigt ist. Der den Ausschlag für die Schwellenwertüberschreitung gebende vermehrte Aufwand muss auf eine beim betreffenden Patienten bestehende außergewöhnliche Konstitution zurückzuführen sein; rein verfahrensbezogene Besonderheiten genügen nicht. (Rn. 19) (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die für die Überschreitung des Schwellenwerts erforderliche Begründung darf nicht allgemein gehalten sein, sondern muss genügend Anhaltspunkte für einen Vergleich enthalten, bei dem deutlich wird, dass die Behandlungsschritte einen ungewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen, der deutlich über demjenigen lag, der durch die Regelspanne abgegolten wird. Allein wertende Schlussfolgerungen genügen grundsätzlich nicht, die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Schwierigkeit einer Leistung ist individuell und leistungsbezogen auf die einzelne Gebühr zu begründen und kann nicht auf die gesamte Honorarforderung ausgedehnt werden. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage, über die nach übereinstimmender Erklärung der Beteiligten vom 14. und 21. März 2018 im schriftlichen Verfahren nach § 101 Abs. 2 VwGO entschieden werden konnte, hat in der Sache keinen Erfolg.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe (§ 113 Abs. 5 VwGO); der Bescheid vom 19. Oktober 2017 und der Widerspruchsbescheid vom 9. Januar 2018 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (stRspr, vgl. statt aller BVerwG, U.v. 2.4.2014 – 5 C 40.12 – NVwZ-RR 2014, 609 Rn. 9). Die Aufwendungen gelten nach § 7 Abs. 2 Satz 2 BayBhV in dem Zeitpunkt als entstanden, in dem die sie begründende Leistung erbracht wird. Für die vorgenommene zahnärztliche Untersuchung und Behandlung entstehen Aufwendungen mit jeder Inanspruchnahme des Arztes (Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Stand Juni 2018, Bd. 2 Anm. 12 zu § 7 Absatz 2 BayBhV). Bei den streitgegenständlichen Behandlungen am 6* … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … … bestimmt sich die Beihilfefähigkeit daher nach Art. 96 Bayerisches Beamtengesetz (BayBG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 29. Juli 2008 (GVBl S. 500), zuletzt geändert durch Gesetz vom 13. Dezember 2016 (GVBl S. 354) bzw. vom 12. Juli 2017 (GVBl S. 362), und der Verordnung über die Beihilfefähigkeit von Aufwendungen in Krankheits-, Geburts-, Pflege- und sonstigen Fällen (Bayerische Beihilfeverordnung – BayBhV) vom 2. Januar 2007 (GVBl S. 15) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 29. Juli 2014 (GVBl S. 352, ber. S. 447) bzw. 24. Juli 2017 (GVBl S. 418).
Zahnärztliche Leistungen sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 BayBhV beihilfefähig, wenn sie dem Grunde nach medizinisch notwendig und der Höhe nach angemessen sind. Die Angemessenheit beurteilt sich gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 BayBhV insoweit ausschließlich nach dem Gebührenrahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) soweit die GOÄ den Zahnärzten nach § 6 Abs. 2 GOZ zugänglich ist. Soweit keine begründeten besonderen Umstände vorliegen, kann nur eine Gebühr, die den Schwellenwert des Gebührenrahmens nicht überschreitet, als angemessen angesehen werden (§ 7 Abs. 1 Satz 3 BayBhV).
Nach § 5 Abs. 2 Satz 4 GOZ bildet für Leistungen nach dem Gebührenverzeichnis der GOZ der 2,3-fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten, das heißt die Schwierigkeit und der Zeitaufwand der einzelnen Leistung sowie die Umstände bei der Ausführung, dies rechtfertigen. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben (§ 5 Abs. 2 Satz 3 GOZ; ähnlich dazu § 5 Abs. 2 GOÄ und VV Nr. 5 und 6 zu § 7 Abs. 1 BayBhV i.d.F. der Bek. vom 26.7.2007, zuletzt geändert durch Bek. v. 07.08.2015, gültig ab 1.3.2016 bis 31.8.2017; FMBl 2015, 150 – StAnz 2015, Nr. 34). Das Überschreiten des 2,3fachen Gebührensatzes muss durch Besonderheiten des konkreten Behandlungsfalles gerechtfertigt sein (Amtl. Gesetzesbegründung, BR-Drs. 566/11 v. 21.9.2011, S. 54).
Wenn die berechnete Gebühr das 2,3-fache des Gebührensatzes überschreitet, ist dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern (§ 10 Abs. 3 Satz 1 und 2 GOZ; § 12 Abs. 3 Satz 1 und 2 GOÄ). Ein Nachschieben von gänzlich neuen Gründen ist nicht zulässig (VG München, U.v. 1.8.2018 – M 17 K 17.5384 – juris Rn. 48). § 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ sieht lediglich eine nähere Erläuterung der bereits in der Rechnung vorgebrachten schriftlichen Begründung für die Schwellenwertüberschreitung vor, nicht jedoch eine Ergänzung der Begründung um neue, bislang nicht vorgetragene Gründe, die eine Besonderheit des jeweiligen Behandlungsfalls rechtfertigen sollen. Unzulässig sind damit verspätet vorgebrachte neue Erwägungen, die in der bisherigen, in der Rechnung enthaltenen Begründung keine Stütze finden. Zulässig sind nur solche Erwägungen, die an die bereits vorhandene Rechnungsbegründung ansetzen. Würde man zulassen, dass die behandelnden Ärzte zeitlich unbegrenzt solange neue Gründe für die vorgenommene Erhöhung des Gebührensatzes über den 2,3-fachen Satz hinaus anführen können, bis irgendwann eine insoweit tragfähige Begründung gefunden ist, liefe das darauf hinaus, dass eine abschließende Beurteilung der Beihilfefähigkeit der Aufwendungen immer wieder herausgeschoben würde. Für die Beihilfestellen wäre es praktisch nicht handhabbar, bei jeder nachträglich neu vorgebrachten Begründung ihren Beihilfebescheid wieder abändern zu müssen.
Zwar ist dem Zahnarzt bei der Bestimmung des Steigerungsfaktors durch § 5 Abs. 2 Satz 1 GOZ ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbares Ermessen eingeräumt (vgl. NdsOVG, B.v. 14.12.2011 – 5 LA 237/10 – juris Rn. 21). Dieses besteht jedoch nur auf der Rechtsfolgenseite. Das Vorliegen von „Besonderheiten“ im Sinne von § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ auf der Tatbestandsseite unterliegt dagegen der vollen gerichtlichen Überprüfbarkeit (BVerwG, U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023, 3024; NdsOVG, B.v. 22.3.2018 – 5 LA 102/17 – juris).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.2.1994 – 2 C 10/92 – NJW 1994, 3023; vgl. auch BayVGH, B.v. 15.4.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4) müssen Besonderheiten in diesem Sinn gerade bei der Behandlung des betreffenden Patienten, abweichend von der Mehrzahl der Behandlungsfälle, aufgetreten sein. Eine in jeder Hinsicht durchschnittliche Art und Weise der Behandlung kann ein Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes (Schwellenwert) nach § 5 Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 2 GOZ nicht rechtfertigen. Die Vorschrift hat Ausnahmecharakter und ist dementsprechend eng auszulegen. Diesem Ausnahmecharakter widerspräche es, wenn schon eine vom Arzt allgemein oder häufig, jedenfalls nicht nur bei einzelnen Patienten wegen in ihrer Person liegender Schwierigkeiten, angewandte Verfahrensweise bei einer Ausführung einer im Gebührenverzeichnis beschriebenen Leistung das Überschreiten des Schwellenwerts rechtfertigen würde. Erforderlich ist somit eine gerade in der Person des Betroffenen liegende Besonderheit. Der den Ausschlag für die Schwellenwertüberschreitung gebende vermehrte Aufwand muss auf eine beim betreffenden Patienten bestehende außergewöhnliche Konstitution zurückzuführen sein; rein verfahrensbezogene Besonderheiten genügen dagegen nicht (vgl. BayVGH, B.v. 15.04.2011 – 14 ZB 10.1544 – juris Rn. 4; VG des Saarlandes, U.v. 26.5.2017 – 6 K 468/16 – juris Rn. 21; VG Stuttgart, U.v. 3.1.2012 – 12 K 2580/11 – juris Rn. 37; VG München, U.v. 23.05.2013 – M 17 K 12.59 – BeckRS 2014, 56145, beck-online; a.A. noch: VGH BW U.v. 17.9.1992 – 4 S 2084/91 – juris Rn. 48). Zwar sollte es nicht so sein, dass der Arzt bzw. Zahnarzt für die Begründung der Schwellenwertüberschreitung mehr Zeit aufwenden muss als für die eigentliche Behandlung. Ausführliche ärztliche Berichte oder gar Gutachten können daher nicht verlangt werden. Allerdings muss sich aus der gegebenen Begründung entnehmen lassen, weshalb bei dem Patienten eine von der Masse der behandelnden Fälle abweichende Besonderheit vorlag und insbesondere, worin diese Besonderheit bestand (VG Hannover, GB v. 7.12.2009 – 13 A 2981/09 – juris Rn. 165). Die Begründung darf dabei nicht allgemein gehalten sein, sondern muss genügend Anhaltspunkte für einen Vergleich enthalten, bei dem deutlich wird, dass die Behandlungsschritte einen ungewöhnlich hohen Schwierigkeitsgrad aufwiesen, der deutlich über demjenigen lag, der durch die Regelspanne abgegolten wird (VG Saarlouis, U.v. 26.5.2017 – 6 K 468/16 – juris Rn. 21). Allein wertende Schlussfolgerungen genügen grundsätzlich nicht, die Begründung muss auch einen nachvollziehbaren Tatsachenkern enthalten (vgl. OVG NW, U.v. 3.12.1999 – 12 A 2889/99 – juris Rn. 41). Hierbei ist auch zu beachten, dass die Begründung allein vom behandelnden Zahnarzt selbst gegeben werden kann. Die Klagepartei ist dazu als Adressat der Begründung weder berechtigt noch im Stande (VG Stuttgart, U.v. 21.9.2009 – 12 K 6383/07 – juris Rn. 64).
Unter Anwendung dieses Maßstabs auf den konkreten Fall ergibt sich, dass kein Anspruch auf Erstattung des 3,5-fachen Gebührensatzes der in den streitgegenständlichen Rechnungen der Zahnarztpraxis vom … … …, … … … und … … … enthaltenen GOZ-Nrn. besteht. Die im streitgegenständlichen Beihilfebescheid beanstandeten zahnärztlichen Begründungen sind allesamt nicht geeignet, den Anforderungen des § 5 Abs. 2 GOZ entsprechend eine Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes zu rechtfertigen.
Begründet wurde die pauschal für alle verrechneten Schwellenwert-Überschreitung mit einer hochgradigen CMD (Cranio Mandibular Disorder; = Funktionsstörung im Kausystem) bzw. hinsichtlich einer GOÄ-Nr. 0003 in der Rechnung vom … … … mit einer besonders komplexen Ätiologie, Behandlungsplanung und -abstimmung, telefonische Beratung.
Zwar kann auch die Schwierigkeit der einzelnen Leistung durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein (§ 5 Abs. 2 Satz 2 GOZ). Gleichwohl genügt der allgemeine Hinweis auf eine hochgradige CMD (Craniomandibuläre Dysfunktion) im Allgemeinen nicht, um bei jeder zahnärztlichen Leistung den 3,5-fachen Gebührensatz in Ansatz zu bringen. Die Schwierigkeit einer Leistung ist individuell und leistungsbezogen auf die einzelne Gebühr zu begründen und kann nicht auf die gesamte Honorarforderung ausgedehnt werden. Nur dann, wenn sich bei einer konkreten Leistung eine überdurchschnittliche Erschwernis im Sinne von § 5 Abs. 2 GOZ ergibt bzw. eine generell bei der gesamten Behandlung gegebene Erschwernis konkret auswirkt, lässt § 5 Abs. 2 GOZ in Bezug auf diese konkrete Einzelleistung einen höheren als den 2,3-fachen Gebührensatz zu, wobei dies bezogen auf die Einzelleistung verständlich und nachvollziehbar zu begründen ist (OLG Köln, B.v. 13.3.2015 – I-5U 110/14 – juris Rn. 4). Entsprechend kann es auch bei einem insgesamt komplexen Krankheitsbild oder einer schwierigen Behandlung einzelne Behandlungsmaßnahmen geben, die als durchschnittlich oder auch als unterdurchschnittlich zu bewerten sind (vgl. auch VG München, U.v. 7.2.2019 – M 17 K 17.4947).
Die Deutsche Gesellschaft für Funktionsdiagnostik und Therapie definiert CMD als Sammelbegriff für eine Reihe klinischer Symptome der Kaumuskulatur und/oder des Kiefergelenks sowie der dazugehörenden Strukturen im Mund- und Kopfbereich. Die Häufigkeit der CMD liegt bei etwa 8% der gesamten Bevölkerung, wobei rund 3% wegen dieser Beschwerden behandlungsbedürftig sind (https://de.wikipedia.org/wiki/Kraniomandibul%C3%A4re_Dysfunktion). Für die bei dem Kläger diagnostizierte schwere Kiefergelenk- und Muskelerkrankung einer CMD wird Beihilfe für funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen nach Abschnitt J (Nr. 800 ff.) GOZ gewährt (vgl. § 16 Satz 1 Nr. 1 BayBhV). Zur Behandlung und Linderung akuter Beschwerden einer CMD wird primär das Einsetzen von Gebissschienen erwähnt (vgl. OVG Hamburg, B.v. 15.4.2016 – 5 Bf 82/15 – juris). Da Ursache und Ausgangspunkt für die Behandlung des Klägers die Diagnose einer CMD war, kann diese nicht pauschal und ohne weitere Erläuterung als Begründung für einen durchwegs in Ansatz gebrachten 3,5-fachen Bemessungssatz herangezogen werden. Besonderheiten, die den Kläger von anderen CMD-Patienten unterscheiden würde, und eine Darlegung, weshalb die erbrachte Leistung im Einzelfall aufgrund dieser Erkrankung besonders schwierig gewesen ist, sind in den Begründungen nicht enthalten.
Hinzu kommt, dass die GOÄ-Nr. 0001 nur einmal pro Monat und je Krankheitsfall angesetzt werden kann (vgl. Nr. 1 der Allgemeinen Bestimmungen des Gebührenverzeichnisses für Ärzte). Bei einer Schienenkontrolle in Folgeterminen ist grundsätzlich kein neuer Behandlungsfall gegeben.
Auch der Hinweis (Rechnung vom … … …, Begründung Nr. 5 zu GOÄ-Nr. 0003) auf eine besonders komplexen Ätiologie, Behandlungsplanung und -abstimmung kann keine Besonderheit im Sinne des § 5 GOZ begründen. Zumal Ziff. 0003 GOÄ bereits eine eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung voraussetzt. Die Ätiologie beschäftigt sich im Übrigen mit den Ursachen für das Entstehen einer Krankheit, die ohnehin Grundlage einer Diagnose und Therapie sein dürften. Die Umschreibung einer „besonderen komplexen Ätiologie“ ist in ihrer Art und Weise als bloße Worthülse zu allgemein, um hieraus einen patientenbezogenen Umstand zu folgern. Umfassende Krankheitsbilder sowie mehrere durchgeführte Behandlungsmaßnahmen rechtfertigen wie dargestellt per se keinen besonders außergewöhnlichen Einzelfall. Zudem ist die Behandlungsplanung und -abstimmung nicht als Teil der Untersuchung anzusehen. Die Behandlungsplanung im eigentlichen Sinne legt sich der Zahnarzt im jeweiligen Fall selbst zurecht. Der erforderliche Zusammenhang zwischen symptombezogener Untersuchung und Behandlungsplanung sowie -abstimmung wird in der Begründung nicht hinreichend deutlich.
Die stereotype Auflistung von Pauschalbegründungen wie die Angabe der Abkürzungen (Z) = überdurchschnittlicher Zeitaufwand, (U) = bes. Umstände bei der Ausführung und (S) = überdurchschnittliche Schwierigkeit bzw. Schwierigkeit durch Krankheitsfall, die vom theoretischen Ansatz her im Allgemeinen einen höheren Gebührensatz rechtfertigen könnten und die möglicherweise die Behandlung des jeweils betroffenen Patienten in ihrer Gesamtheit charakterisieren, reichen für eine Begründung für einen höheren als dem 2,3-fachen Gebührensatz im Sinne von § 10 Abs. 3 i.V.m. § 5 Abs. 2 GOZ ebenfalls nicht aus. Denn § 5 Abs. 2 GOZ stellt bei der Ermessensausübung und § 10 Abs. 3 GOZ bei der Begründungspflicht ausdrücklich auf die einzelnen Leistungen ab. Nur dann, wenn sich bei einer konkreten Leistung eine überdurchschnittliche Erschwernis im Sinne von § 5 Abs. 2 GOZ ergibt bzw. eine generell bei der gesamten Behandlung gegebene Erschwernis konkret auswirkt, lässt § 5 Abs. 2 GOZ in Bezug auf diese konkrete Einzelleistung einen höheren als den 2,3-fachen Gebührensatz zu, wobei dies bezogen auf die Einzelleistung verständlich und nachvollziehbar zu begründen ist (OLG Köln, B.v. 13.3.2015 – I-5 U 110/14 – juris Rn. 4; Mildenberger, Beihilferecht in Bund, Ländern und Kommunen, Band 2, A III, Stand 1.11.2018, § 6 BBhV Anm. 11 (6)). Pauschale und formelhafte Schlagworte ohne konkreten Patientenbezug genügen den Anforderungen nicht.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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