Medizinrecht

Betriebsverbot für Schankwirtschaft in geschlossenen Räumen aufgrund der Corona-Pandemie

Aktenzeichen  25 NE 21.1832

Datum:
23.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19859
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 47 Abs. 6
IfSG § 28 Abs. 1 S. 1, § 28a Abs. 1 Nr. 13, § 32
13. BayIfSMV § 15 Abs. 2
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
GastG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2

 

Leitsatz

1. Die Anwendung eines generell uneingeschränkten Betriebsverbots für reine Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen erweist sich bei summarischer Prüfung als mit höherrangigem Recht unvereinbar. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Verordnungsbestimmung des § 15 Abs. 2 S. 1 der 13. BayIfSMV verstößt voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG und greift unverhältnismäßig in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. § 15 Abs. 2 Satz 1 der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV vom 5. Juni 2021, BayMBl. 2021 Nr. 384) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Juli 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 497) wird vorläufig außer Vollzug gesetzt.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1. Die Antragstellerin, die in Bayern eine reine Schankwirtschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 des Gaststättengesetzes betreibt, beantragt sinngemäß, § 15 Abs. 2 Satz 1 der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 5. Juni 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 384) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Juli 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 497), die mit Ablauf des 28. Juli 2021 außer Kraft tritt (§ 29 13. BayIfSMV), durch Erlass einer einstweiligen Anordnung vorläufig außer Vollzug zu setzen.
2. Die Regelung hat folgenden Wortlaut:
㤠15 Gastronomie
(1) Gastronomische Angebote dürfen unter freiem Himmel und in geschlossenen Räumen unter folgenden Voraussetzungen zur Verfügung gestellt werden:
1. Gastronomische Angebote dürfen nur zwischen 5 Uhr und 1 Uhr zur Verfügung gestellt werden.
2. Der Betreiber hat sicherzustellen, dass ein Mindestabstand von 1,5 m zwischen allen Gästen, soweit diese nicht dem in § 6 Abs. 1 genannten Personenkreis angehören, gewährleistet ist.
3. In Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen die 7-Tage-Inzidenz von 50 überschritten wird, bedürfen Gäste aus mehreren Hausständen an einem Tisch eines Testnachweises nach Maßgabe von § 4.
4. In Gebäuden und geschlossenen Räumen besteht für das Personal, soweit es in Kontakt mit Gästen kommt, Maskenpflicht sowie für Gäste, solange sie nicht am Tisch sitzen, FFP2-Maskenpflicht.
5. Der Betreiber hat nach Maßgabe des Rahmenkonzepts, das von den zuständigen Staatsministerien im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege bekanntgemacht wird, ein Schutz- und Hygienekonzept auszuarbeiten und auf Verlangen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde vorzulegen.
6. Der Betreiber hat die Kontaktdaten der Gäste nach Maßgabe von § 5 zu erheben.
(2) 1Erlaubnisbedürftige reine Schankwirtschaften nach den § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 des Gaststättengesetzes dürfen nur unter freiem Himmel öffnen. 2Abs. 1 gilt entsprechend.
(3) 1Zulässig sind die Abgabe und Lieferung von mitnahmefähigen Speisen und Getränken. 2In Gebäuden und geschlossenen Räumen besteht für das Personal, soweit es in Kontakt mit Kunden kommt, Maskenpflicht sowie für Kunden FFP2-Maskenpflicht. 3Erworbene Speisen und Getränke zum Mitnehmen dürfen nicht am Ort des Erwerbs oder in seiner näheren Umgebung verzehrt werden.“
3. Zur Begründung ihres Eilantrags führt die Antragstellerin in tatsächlicher Hinsicht im Wesentlichen an, ihr Gastronomiebetrieb werde als Bistro geführt und sei (baulich) derart gestaltet, dass die Hygiene- und Abstandsvorgaben eingehalten werden könnten. Eine Bewirtschaftung der Gäste fände nur an den hierfür vorgesehenen Sitzplätzen unter Einhaltung der Abstandsregelungen statt. Ein Sicherheitsdienst stelle die Einhaltung der Hygieneregeln sicher. Damit sei ein identisches Schutzniveau wie in einer Speisewirtschaft zu erreichen. Die Antragstellerin habe erhebliche Einnahmeeinbußen erlitten, die durch den Verkauf von Getränken zum Mitnehmen und das begrenzte Platzangebot (18 Sitzplätze) im Außenbereich nicht aufgefangen werden könnten.
In rechtlicher Hinsicht rügt die Antragstellerin eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG. Sie werde als Betreiberin einer Schankwirtschaft anders behandelt als Betreiber von Speisewirtschaften oder anderer Betriebe, die die Zusammenkunft mehrerer Personen in geschlossenen Räumen ermöglichten. Der Verordnungsgeber differenziere allein auf Grundlage einer formellen Genehmigung, ohne dabei die konkrete Ausgestaltung und Durchführung des einzelnen Gastronomiebetriebes zu berücksichtigen. Für das Infektionsrisiko seien aber die örtlichen Gegebenheiten und der tatsächliche Betrieb des Gastronomiebetriebs entscheidend. Die räumliche Gestaltung des Bistros der Antragstellerin sei mit einer Speisewirtschaft identisch. Im Gegensatz zu Bars oder Diskotheken würde in Bistros der weitergehende Austausch und Kontakt der Gäste nicht im Vordergrund stehen. Die erneute Öffnung von Gastronomiebetrieben habe bislang nicht zu einem nennenswerten Anstieg der Infektionszahlen mit dem Corona-Virus geführt. Die aktuellen Inzidenzwerte seien niedrig; von einer Überlastung des Gesundheitssystems sei man weit entfernt. Auch liege eine Ungleichbehandlung im Vergleich zu öffentlichen oder privaten Veranstaltungen vor, bei denen bis zu 50 Personen in geschlossenen Räumen zulässig seien. Unerheblich sei, dass private Veranstaltungen „üblicherweise nicht für ein beliebiges Publikum angeboten werden“. Die Infektionsgefahr der Teilnehmer sei nicht anders zu beurteilen als in einem öffentlichen Gastronomiebetrieb. Die zulässige Teilnehmerzahl liege erheblich über der Zahl der vorhandenen Gästeplätze in den meisten Schankwirtschaften. Auch in den weitergehenden Lockerungen für Tanzschulen, Fitnessstudios u.a. Sportstätten, Tagungen, Kongressen und kulturelle Veranstaltungen in geschlossenen Räumen liege eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Differenzierungsgrund.
4. Der Antragsgegner tritt dem Eilantrag entgegen. Der erkennende Senat habe in seiner bisherigen Rechtsprechung die grundsätzliche Rechtmäßigkeit von Beschränkungen von Gastronomiebetrieben, zuletzt hinsichtlich der Sperrstundenregelung nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV, festgestellt. Eine gleichheitswidrige Schlechterstellung gegenüber Speisewirtschaften liege nicht vor. Reine Schankwirtschaften dienten von ihrer Zweckbestimmung her typischerweise dem Alkoholkonsum in Gesellschaft. Gerade die Kombination aus (reinem) Alkoholkonsum und geselligem Beisammensein stelle jedoch infektiologisch betrachtet ein hohes Risiko dar. Dieses Infektionsrisiko werde noch dadurch gesteigert, dass es sich beim geselligen Zusammensitzen in der Regel um facetoface-Kontakte handele. Bei erhöhtem Alkoholkonsum – worauf eine Schankwirtschaft gerade abziele – bestehe die begründete Sorge, dass Hygienevorgaben in der Praxis nicht eingehalten würden. Die Situation sei aus infektiologischer Sicht eher vergleichbar mit der in Clubs und Diskotheken als in Speisegaststätten. Verschiedene Studien zeigten einen Zusammenhang zwischen Alkohol und einer erhöhten Gewalt- und Risikobereitschaft sowie einer reduzierten Verhaltenskontrolle. Während es nach Ansicht des Verordnungsgebers bei den derzeit – noch – niedrigen, aber bereits wieder im Ansteigen befindenden Infektionszahlen vertretbar sei, dieses Risiko unter freiem Himmel hinzunehmen, halte er es in geschlossenen Räumen infektiologisch für geboten, Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Diese Schutzmaßnahme könne nach dem Dafürhalten des Verordnungsgebers nur in einem generellen Betriebsverbot für reine Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen bestehen. Mildere Mittel seien nicht ersichtlich. Luftfilteranlagen seien nicht gleich geeignet. Tests könnten systembedingt Corona-Infektionen nicht mit absoluter Sicherheit erkennen. Auch eine Quadratmeter-Begrenzung könne nicht im gleichen Maße geeignet sein, da deren Effektivität wiederum davon abhänge, ob die Besucher sich hieran hielten, was vom Betreiber einer reinen Schankwirtschaft typischerweise nicht konsequent kontrolliert werden könne. Auch das „Stufenkonzept“ des Robert Koch-Instituts (RKI) „ControlCOVID – Optionen zur stufenweisen Rücknahme der COVID-19-bedingten Maßnahmen bis Ende des Sommers 2021“ vom 18. Februar 2021, aktueller Stand 1. Juni 2021, schreibe den gastronomischen Betrieben ein „moderates“ Infektionsrisiko (gelbe Stufe) zu, bei Bars – also reinen Schankwirtschaften – gehe das RKI jedoch von einem „moderaten“ bis „hohen“ Infektionsrisiko (rote Stufe) aus. Zudem verbleibe eine Ausnahmemöglichkeit nach § 27 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV. Eine Folgenabwägung falle zulasten der Antragstellerin aus. Die sich schnell ausbreitende sog. DeltaVariante könne die Infektionslage schnell verschärfen. Gerade niederschwellige Schutzmaßnahmen wie die hier angegriffenen sollten deshalb noch einige Zeit aufrechterhalten werden.
5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
II.
A.
Der zulässige Eilantrag hat in der Sache Erfolg.
Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung gem. § 47 Abs. 6 VwGO, wonach das Normenkontrollgericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen kann, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist, liegen hinsichtlich § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV vor.
I. Prüfungsmaßstab im Verfahren nach § 47 Abs. 6 VwGO sind in erster Linie die Erfolgsaussichten des in der Hauptsache anhängigen oder noch zu erhebenden Normenkontrollantrags, soweit sich diese im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes bereits absehen lassen (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ ZfBR 2015, 381 – juris Rn. 12; zustimmend OVG NW, B.v. 25.4.2019 – 4 B 480/19.NE – NVwZ-RR 2019, 993 – juris Rn. 9). Dabei erlangen die Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags eine umso größere Bedeutung für die Entscheidung im Eilverfahren, je kürzer die Geltungsdauer der in der Hauptsache angegriffenen Normen befristet und je geringer damit die Wahrscheinlichkeit ist, dass eine Entscheidung über den Normenkontrollantrag noch vor dem Außerkrafttreten der Normen ergehen kann.
Ergibt die Prüfung der Erfolgsaussichten der Hauptsache, dass der Normenkontrollantrag voraussichtlich unzulässig oder unbegründet sein wird, ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten. Erweist sich dagegen, dass der Antrag zulässig und (voraussichtlich) begründet sein wird, so ist dies ein wesentliches Indiz dafür, dass der Vollzug bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache suspendiert werden muss. In diesem Fall kann eine einstweilige Anordnung ergehen, wenn der (weitere) Vollzug vor einer Entscheidung im Hauptsacheverfahren Nachteile befürchten lässt, die unter Berücksichtigung der Belange des Antragstellers, betroffener Dritter und/oder der Allgemeinheit so gewichtig sind, dass eine vorläufige Regelung mit Blick auf die Wirksamkeit und Umsetzbarkeit einer für den Antragsteller günstigen Hauptsacheentscheidung unaufschiebbar ist (BVerwG, B.v. 25.2.2015 ‒ 4 VR 5.14 u.a. ‒ juris Rn. 12).
Lassen sich die Erfolgsaussichten nicht absehen, ist im Wege einer Folgenabwägung zu entscheiden. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung nicht erginge, der Normenkontrollantrag aber später Erfolg hätte, und die Folgen, die entstünden, wenn die begehrte Außervollzugsetzung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber später erfolglos bliebe. Die für eine einstweilige Außervollzugsetzung sprechenden Erwägungen müssen die gegenläufigen Interessen dabei deutlich überwiegen, also so schwer wiegen, dass sie – trotz offener Erfolgsaussichten der Hauptsache – dringend geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.2.2015 – 4 VR 5.14 u.a. – juris Rn. 12; Ziekow in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 47 Rn. 395; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 106).
II. Nach diesen Maßstäben hätte ein gegen § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV gerichteter Normenkontrollantrag in der Hauptsache überwiegende Erfolgsaussichten (1.). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist auch im Sinne von § 47 Abs. 6 VwGO dringend geboten (2.).
1. Die Anwendung eines generell uneingeschränkten Betriebsverbots für reine Schankwirtschaften nach den § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 2 des Gaststättengesetzes in geschlossenen Räumen erweist sich bei summarischer Prüfung als mit höherrangigem Recht unvereinbar. Die Verordnungsbestimmung des § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV verstößt voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG (a.) und greift unverhältnismäßig in das Grundrecht der Berufsausübungsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG ein, weil sie mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Übermaßverbot nicht in Einklang steht (b.).
a. Die Regelung in § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV verstößt voraussichtlich gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und verletzt die Betreiber reiner Schankwirtschaften daher zugleich in dem damit korrespondierenden Gleichheitsgrundrecht.
aa. Der allgemeine Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG gebietet dem Normgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Dabei verwehrt Art. 3 Abs. 1 GG dem Gesetzgeber nicht jede Differenzierung. Diese bedarf jedoch stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen reichen die Grenzen für die Normsetzung vom bloßen Willkürverbot bis zu einer strengen Bindung an Verhältnismäßigkeitserfordernisse. Insoweit gilt ein stufenloser, am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen. Art. 3 Abs. 1 GG ist jedenfalls dann verletzt, wenn sich ein vernünftiger, sich aus der Natur der Sache ergebender oder sonst wie sachlich einleuchtender Grund für eine gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung nicht finden lässt. Die Anforderungen an Rechtfertigungsgründe für gesetzliche Differenzierungen steigen bis hin zu einer strengen Verhältnismäßigkeitsprüfung, insbesondere wenn und soweit sich die Ungleichbehandlung von Personen oder Sachverhalten auf die Ausübung grundrechtlich geschützter Freiheiten auswirken kann (vgl. BVerfG, B.v. 19.11.2019 – 2 BvL 22/14 – juris Rn. 96 ff. m.w.N.). Der jeweils aus Art. 3 Abs. 1 GG folgende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend. Jedoch ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger. Ein solcher besteht von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen (Art. 80 Abs. 1 GG). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden (vgl. BVerfG, B.v. 23.7.1963 – 1 BvR 265/62 – juris Rn. 22; B.v. 23.6.1981 – 2 BvR 1067/80 – juris Rn. 27; VGH BW, B.v. 18.2.2021 – 1 S 398/21 – juris Rn. 104).
Anordnungen von Betriebsschließungen und Beschränkungen von Betrieben haben sich mithin an den Zwecken der Verordnungsermächtigung nach § 32 Satz 1 i.V.m. § 28a IfSG auszurichten, wenn sie Ungleichbehandlungen vornehmen. § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG bestimmt, dass bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) vereinbar ist. Gemäß § 28a Abs. 6 Satz 3 IfSG können einzelne soziale, gesellschaftliche oder wirtschaftliche Bereiche, die für die Allgemeinheit von besonderer Bedeutung sind, von den Schutzmaßnahmen ausgenommen werden, soweit ihre Einbeziehung zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) nicht zwingend erforderlich ist. Dem Verordnungsgeber ist es besonders bei Massenerscheinungen, die sich – wie das gegenwärtige weltweite Infektionsgeschehen – auf eine Vielzahl von Lebensbereichen auswirken, grundsätzlich erlaubt, generalisierende, typisierende und pauschalierende Regelungen zu treffen, ohne wegen der damit unvermeidlich verbundenen Härten gegen den Gleichheitsgrundsatz zu verstoßen. Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen, die sich bei Differenzierungen ergeben, müssen in Kauf genommen werden, solange sich für das insgesamt gefundene Regelungsergebnis ein plausibler, sachlich vertretbarer Grund anführen lässt (vgl. BayVerfGH, E.v. 16.11.2020 – Vf. 90-VII-20 – juris Rn. 32).
bb. Nach diesen Maßgaben stellt die in § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV angelegte Entscheidung des Verordnungsgebers, den Betrieb von Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen zu untersagen, voraussichtlich eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung insbesondere im Verhältnis zur Zulassung des Betriebs von Speisewirtschaften in geschlossenen Räumen dar.
(1) Zwar ist davon auszugehen, dass zu Beginn der Pandemie für den Bereich der Innengastronomie zwischen Speise- und Schankwirtschaften – ausgehend von den dort typischen Betriebskonzepten und Angeboten – noch erhebliche Unterschiede bestanden haben, die im Hinblick auf den Infektionsschutz bedeutsam sein können (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 14.7.2020 – 20 NE 20.1572 – juris Rn. 31; VGH BW, B.v. 27.5.2020 – 1 S 1528/20 – juris Rn. 35). In der Zwischenzeit dürften sich die typischen Betriebskonzepte bzw. das faktische Betriebsgeschehen zahlreicher Speisewirtschaften an diejenigen bzw. dasjenige von Schankwirtschaften jedoch erheblich angenähert haben. Denn nach der nunmehr beinahe eineinhalb Jahre andauernden Schließung der Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen ist davon auszugehen, dass eine Verlagerung des Ausgehverhaltens hin zu Speisewirtschaften stattgefunden hat. Das hat zur Folge, dass inzwischen auch zahlreiche Speisewirtschaften für ein geselliges Zusammensitzen oder -stehen mit facetoface-Kontakten und erhöhtem Alkoholkonsum genutzt werden. Zudem ist allgemein bekannt, dass es bereits vor Auftreten des Pandemiegeschehens eine nicht unbedeutende Zahl von sogenannten Speisewirtschaften gab, deren Betriebskonzepte bzw. deren tatsächlicher Betriebsablauf schon immer eher solchen bzw. einem solchen von reinen Schankwirtschaften vergleichbar waren.
Vor diesem Hintergrund kann daher nicht (mehr) typisierend davon ausgegangen werden, dass derzeit in reinen Schankwirtschaften eine im Vergleich zu Speisewirtschaften relevant erhöhte Infektionsgefahr, z.B. durch gesteigerten Alkoholkonsum, vorherrscht. Denn dem Gastronomiebetreiber steht es frei, in welchem Umfang er von seiner gaststättenrechtlichen Erlaubnis Gebrauch macht. Entsprechend herrscht in Speisewirtschaften kein Essenszwang; Gästen können auch dort wie ein einer Schankwirtschaft lediglich Getränke serviert werden. Entsprechendes ist in der Praxis auch vermehrt der Fall, da die Gäste zum einen nach Alternativen zu Schankwirtschaften suchen und die Betreiber von Speisewirtschaften zur Vermeidung weiterer Einkommensverluste auch bereitwillig solche Gäste bedienen, die nur Getränke konsumieren. Bei zahlreichen Speisewirtschaften werden daher, um weitere Umsatzausfälle zu reduzieren, durchgängig oder auch zu bestimmten Zeiten nur Getränke ausgeschenkt. Vor diesem Hintergrund besteht die Gefahr erhöhten Alkoholkonsums zunehmend auch in Speisewirtschaften, aber auch in bisher bereits zulässigen Schankwirtschaften unter freiem Himmel. Die Problematik der eingeschränkten Kontrollmöglichkeit durch den jeweiligen Betreiber stellt sich jeweils auch in diesen Betrieben.
Soweit die Befürchtung des Antragsgegners, es könne alkoholbedingt zu einer Nichteinhaltung von Hygienestandards durch Gäste kommen, zutreffen sollte, stünden ihm ungeachtet dessen jedenfalls mildere infektionsschutzrechtliche Mittel als die vollständige Untersagung des Betriebs von Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen zur Verfügung, beispielsweise das Verbot des Ausschanks alkoholischer Getränke ab einer bestimmten Uhrzeit (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2020 – 20 NE 20.1127 – juris Rn. 43). Im Übrigen besteht speziell in Gaststätten nach § 20 Nr. 2 Gaststättengesetz ein gesetzliches Verbot, in Ausübung eines Gewerbes alkoholische Getränke an erkennbar Betrunkene zu verabreichen. Eine generelle Missachtung dieses gesetzlichen Verbots kann zur Rechtfertigung eines Totalverbots von Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen nicht unterstellt werden. Um sonstigen öffentlichen Bedürfnissen Rechnung zu tragen, hat der Verordnungsgeber im Übrigen in § 15 Abs. 1 Nr. 1 13. BayIfSMV eine Sperrzeitregelung vorgesehen; weiterhin gelten im Einzelfall gemeindlich festgesetzte Sperrzeitbestimmungen.
(2) Zudem sind auch reine Schankwirtschaften in der Regel – selbst bei engen räumlichen Verhältnissen – in gleicher Weise wie Speisewirtschaften in der Lage, ihre Betriebskonzepte und Angebote so umzustellen, dass den Anforderungen des § 15 Abs. 1 13. BayIfSMV und gegebenenfalls weiteren, vom Verordnungsgeber zu bestimmenden Maßgaben entsprochen werden kann (z.B. Bedienung nur am Tisch, Zulassung einer Musikbeschallung und -begleitung nur als Hintergrundmusik und Untersagung der Abgabe und des Verzehrs von Getränken an der Theke oder am Tresen). Entsprechend kann sichergestellt werden, dass die Gäste auf fest zugewiesenen Plätzen in festen Gruppen unter sich bleiben, sich nicht näherkommen und nicht intensiver untereinander kommunizieren als in einer Speisewirtschaft. Auch die entsprechende Geräuschkulisse kann derjenigen in Speiselokalen angepasst werden, so dass kein lauteres Sprechen der Gäste, bei dem infektionsübertragende Tröpfchen und Aerosole in erhöhtem Maß freigesetzt werden können, als in Speisewirtschaften erforderlich ist. Entsprechend reklamiert die Antragstellerin beispielsweise für ihren Betrieb mit seinem ganz konkreten „Zuschnitt“ und unter Berücksichtigung der umfangreichen dargestellten Sicherungsmaßnahmen in dem darauf bezogenen „Hygiene- und Abstandsvorgaben“ im Ergebnis voraussichtlich zu Recht eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung gegenüber in Innenräumen betriebenen Speisewirtschaften durch das in § 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV verankerte umfassende Betriebsverbot. Das Konzept der Antragstellerin, die erklärt hat, dass eine Bewirtung der Gäste nur an den hierfür unter Einhaltung der Abstandsregelungen vorgesehenen Sitzplätzen stattfindet und ein beauftragter Sicherheitsdienst die Einhaltung der Hygieneregeln sicherstellt, bietet aus Sicht des Senats exemplarisch ausreichend Gewähr, um die Infektionsrisiken im einem zu Speisewirtschaften vergleichbaren Maß zu begrenzen.
Der Betrieb der Antragstellerin zeigt exemplarisch, dass angesichts des breit gefächerten Angebots im Bereich der reinen Schankwirtschaften eine differenzierte „betriebsbezogene“ Betrachtung vorzunehmen ist, die sich in der Regelung des § 15 Abs. 2 Satz 1 BayIfSMV angesichts des apodiktischen Verbots und der komplexen Sachverhalte nicht wiederfindet. In dem den Beteiligten bekannten Beschluss vom 11. September 2020 (Az. 20 NE 20.1903 – BA Rn. 25) wies der Senat bereits darauf hin, dass aus der langen Geltungsdauer des Bewirtungsverbotes in Innenräumen reiner Schankwirtschaften und den damit verbundenen, sich in ihrer Intensität vertiefenden Eingriffen in das Grundrecht der Berufsfreiheit das Erfordernis einer weitergehenden Differenzierung, etwa in Form der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen, für Schankwirtschaften entstehen kann, die die Einhaltung der Hygieneanforderungen gewährleisten können, wie sie etwa in Speisewirtschaften gelten. Dieses normative Defizit kann auch zumindest aus gegenwärtiger Sicht insbesondere nicht generell unter Verweis auf die bloße Möglichkeit von eng begrenzten Ausnahmeregelungen (§ 27 Abs. 2 13. BayIfSMV) durch die örtlich für den Vollzug des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörden kompensiert werden, zumal regelmäßig ein Fall des § 27 Abs. 2 Satz 2 13. BayIfSMV vorliegen dürfte.
(3) Für diese aufgezeigte Ungleichbehandlung zwischen Schankwirtschaften und Speisewirtschaften in geschlossenen Räumen fehlt unter den derzeitigen Bedingungen damit eine Rechtfertigung. Gründe des Infektionsschutzes können die Ungleichbehandlung unter den dargestellten Umständen nicht tragen.
(a) Dass der Betrieb einer reinen Schankwirtschaft in geschlossenen Räumen ohne Einschränkungen mit Blick auf die unausweichlichen und gewollten engen körperlichen Kontakte zwischen Gästen ein ganz erhebliches Infektionspotenzial aufweist, muss nicht vertieft werden. Davon geht auch die Antragstellerin aus. Das belegen letztlich die in ihren Hygieneregeln aufgeführten umfangreichen Vorsichtsmaßnahmen, um diese Ansteckungsrisiken – da es einen „absoluten“ Schutz hier wie auch sonst unter den gegenwärtigen Umständen nicht geben kann – möglichst zu minimieren.
Jedoch dürften – soweit der Aufenthalt der Gäste jeweils in geschlossenen Räumen stattfindet – in Speisewirtschaften (mittlerweile) vergleichbare Infektionsgefahren wie in reinen Schankwirtschaften bestehen, da der Aufenthalt nicht typischerweise auf eine sehr kurze Aufenthaltsdauer gerichtet ist und auch nicht von vornherein sehr geringfügige Kundenströme zu erwarten sind. Der Verordnungsgeber nimmt es zumindest derzeit auch in Kauf, dass Speisewirtschaften im Innenbereich ohne den Nachweis einer Impfung, einer Genesung oder eines negativen Tests betreten werden dürfen.
(b) Eine Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung ergibt sich auch nicht daraus, dass nach § 28a Abs. 6 Satz 2 IfSG bei Entscheidungen über Schutzmaßnahmen zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 soziale, gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen auf den Einzelnen und die Allgemeinheit einzubeziehen und zu berücksichtigen sind, soweit dies mit dem Ziel einer wirksamen Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 vereinbar ist. Über die oben genannten Gesichtspunkte hinaus, die die Ungleichbehandlung nicht tragen können, sind solche Auswirkungen vom Antragsgegner bereits nicht benannt.
(4) Vor dem Hintergrund ist die Ungleichbehandlung im Vergleich zum Betrieb von Speisewirtschaften in geschlossenen Räumen voraussichtlich unter dem allein relevanten Aspekt der seuchenrechtlichen Ziele der Verordnung aus heutiger Sicht und Sachlage im Hauptsacheverfahren am Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht mehr zu rechtfertigen.
b. Nach dem zuvor Gesagten ist es ferner naheliegend, auf den Normenkontrollantrag hin nach gegenwärtigem Stand in der Hauptsache auch eine Verletzung des Grundrechts der Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) anzunehmen.
Das Grundrecht unterliegt zwar einem Schrankenbeziehungsweise Ausgestaltungsvorbehalt durch den Gesetzgeber, bei dessen Aktivierung diesem ebenfalls ein Einschätzungsspielraum hinsichtlich des beim Erlass einschränkender Normen in erster Linie zu beachtenden Übermaßverbots zukommt. Das gilt sowohl in Bezug auf die Vorausbeurteilung der die Ziel-Mittel-Relation kennzeichnenden Erforderlichkeit der Untersagung des Betriebs reiner Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV) als auch hinsichtlich der Beurteilung der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne, bei dem das Ziel des Normgebers, hier die Bekämpfung und Eindämmung der Corona-Pandemie durch eine weitgehende Reduzierung zwischenmenschlicher Kontakte mit entsprechenden Infektionsrisiken, mit dem Ergebnis, also dem Gewicht der Betriebsuntersagung für den Normadressaten, in Bezug zu setzen wäre. Ungeachtet der Tatsache, dass es sich bei dem vom Antragsgegner verfolgten Regelungsziel des Gesundheitsschutzes um sehr gewichtige Belange handelt, erscheint es zweifelhaft, ob es sich bei der Betriebsuntersagung noch um eine – mit Blick auf den vom Normgeber gestalteten Regelungshintergrund sowie das hierin angelegte Schutzniveau – insgesamt erforderliche und im Übrigen auch verhältnismäßige Einschränkung der genannten Grundrechte handelt.
Da das Konzept des Antragsgegners gegenwärtig nicht mehr im Erlass umfassender Betriebsverbote, sondern vielmehr in einer weitreichenden Zulassung von wechselndem Publikumsverkehr in fast allen Lebensbereichen auch in geschlossenen Räumen unter Einhaltung infektionsschutzrechtlicher Auflagen besteht, unterliegt die „Herausnahme“ des Betriebs einer Schankwirtschaft in geschlossenen Räumen aus den seither geltenden „Lockerungen“ auch unter diesen Aspekten zumindest nicht unerheblichen Bedenken. Im Übrigen wäre gerade auch die Verhältnismäßigkeit zudem in untrennbarem Zusammenhang einerseits mit der gegenwärtig in Bayern noch entspannten Infektionssituation und vor allem auch mit der zunehmenden Dauer der uneingeschränkten Untersagung der Wiederaufnahme des Betriebs zu sehen, die dem Anliegen der Antragstellerin in dem Zusammenhang großes Gewicht verleiht.
Zwar kann in einem Bereich wie dem des Infektionsschutzes die strikte Beachtung des Gebots innerer Folgerichtigkeit nicht eingefordert werden und sind gewisse Härten hinzunehmen (OVG HH, B.v. 26.3.2020 – 5 Bs 48/20 – juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 27.4.2020 – 13 MN 98/20 – juris Rn. 64; ThürOVG, B.v. 9.4.2020 – 3 EN 238/20 – juris Rn. 67). In diesem Zusammenhang kommt aber neben der Entwicklung des Pandemiegeschehens dem Gesamtkonzept bzw. Maßnahmenbündel, mit dem der Verordnungsgeber dem Infektionsgeschehen begegnet, eine maßgebliche Bedeutung zu. Die im Streit stehende Schutzmaßnahme muss sich möglichst schlüssig in dieses vom Verordnungsgeber in Wahrnehmung seines Beurteilungs- und Prognosespielraums aufgestellte Gesamtkonzept einfügen (vgl. OVG LSA, B.v. 3.9.2020 – 3 R 156/20 – juris Rn. 27).
Nach summarischer Prüfung und unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Verordnungsgeber mit zunehmender Dauer besonders streng zu prüfen hat, ob es der uneingeschränkten Beibehaltung von Betriebsschließungen, die besonders empfindlich in die Grundrechte der Betroffenen eingreifen, weiterhin bedarf oder ob nicht andere, weniger grundrechtsintensive Maßnahmen ebenso geeignet sind, den verfolgten Zweck zu erreichen (vgl. BVerfG, B.v. 10.4.2020 – 1 BvQ 31/20 – juris Rn. 16), kann hiervon derzeit nicht ausgegangen werden, wenn im Gegenzug zur Betriebsuntersagung von Schankwirtschaften in geschlossenen Räumen die Öffnung von Speisewirtschaften mit unbegrenztem Alkoholausschank sowie von Fitnessstudios auch im Innenbereich bei einer 7-Tage-Inzidenz von unter 50 ohne die Vorlage eines Impf- oder Testnachweises bzw. des Nachweises einer bereits durchlaufenen Infektion zulässig ist. Hier stehen zur Gewährleistung des vom Verordnungsgeber derzeit angelegten Schutzniveaus auch in Ansehung der reinen Schankwirtschaften mildere Schutzmaßnahmen zur Verfügung, worunter insbesondere auch (mit § 28a Abs. 3 Satz 4 bis 11 IfSG grundsätzlich vom Bundesgesetzgeber auch vorgegebene) inzidenzabhängige Öffnungen, Sperrzeiten, feste Sitzplatzzuteilung ohne Tresen-/Thekenbenutzung, eine beschränkt zugelassene Musikbeschallung und das Erfordernis eines Genesenen-, Test- oder Impfnachweises fallen könnten.
2. Die Voraussetzungen für einen Anordnungsgrund im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO in Form eines der Antragstellerin drohenden „schweren Nachteils“ unterliegt nach dem Sachvortrag zu den wirtschaftlichen Folgen der nunmehr über beinahe eineinhalb Jahre währenden Schließung keinen Bedenken. Der Eingriff in die Berufsfreiheit der Antragstellerin wiegt außerordentlich schwer, da es sich – soweit man auf geschlossene Räumlichkeiten abstellt – um ein Totalverbot handelt, das grundsätzlich keine Ausnahmen zulässt. In der Regel dürften die betroffenen Schankwirtschaften nicht über ein ausreichendes Platzangebot unter freiem Himmel verfügen, das eine betriebswirtschaftliche Existenz auch unter schlechten Wetterbedingungen ganzjährig sicherstellen könnte. Die hier angegriffene Norm unterwirft sämtliche Betreiber von reinen Schankwirtschaften damit einem nahezu vollständigen Betriebsverbot und greift intensiv in deren Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG ein. Anderweitigen Nutzungsmöglichkeiten der Schankwirtschaft dürften erhebliche (bauordnungs) rechtliche und tatsächliche Beschränkungen entgegenstehen und sind damit nicht der alleinigen unternehmerischen Disposition und Kreativität unterworfen. Der bezogen auf den Entscheidungszeitpunkt festzustellende, jedenfalls nach der aktuellen Fassung der Verordnung nur noch verbleibende vergleichsweise kurze Restzeitraum der Geltung der Verordnung bis 28. Juli 2021 rechtfertigt es nicht, einen der Antragstellerin zustehenden Anordnungsanspruch im Sinne des § 47 Abs. 6 VwGO zu verneinen. Daher war ihrem Antrag in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang zu entsprechen.
B.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG. Da die angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 28. Juli 2021 außer Kraft tritt (§ 29 13. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren nach Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht angebracht ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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