Medizinrecht

Corona-Pandemie (“4. Welle”): Beschränkungen für nicht geimpfte und genesene Personen

Aktenzeichen  3 EN 764/21

Datum:
13.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Oberverwaltungsgericht 3. Senat
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:OVGTH:2022:0113.3EN764.21.00
Normen:
Art 3 Abs 1 GG
§ 28 Abs 1 S 1 IfSG vom 23.11.2021
§ 28a IfSG
§ 28b Abs 1 Nr 1 IfSG vom 23.04.2021
§ 32 IfSG
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Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Corona-Pandemie und damit die Gefahr der Verbreitung von COVID-19 trotz des Auslaufens der vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite weiterhin bestehen.(Rn.38)

2. Es besteht für den Senat kein Zweifel daran, dass der Verordnungsgeber mit der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 24. November 2021 (juris: CoronaVInfSchV TH 2) und den Folgeänderungen wie auch mit den Beschränkungen für nicht geimpfte und genesene Personen legitime Ziele des Gesundheitsschutzes verfolgt, die der Verhütung von gravierenden Krankheiten und Todesfällen sowie der Abwendung einer Überlastung des Gesundheitssystems dienen.(Rn.44)

3. In Abwägung der Gefährdungslagen und Grundrechtseingriffe hat der Verordnungsgeber mit der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung ein differenziertes System unterschiedlicher Kontaktbeschränkungen geschaffen.(Rn.60)

4. Die in den §§ 17, 18, 18a und 28 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO (juris: CoronaVInfSchV TH 2) geregelten Beschränkungen für nicht geimpfte und nicht genesene Personen stellen sich nach einer summarischen Bewertung als verhältnismäßig dar.(Rn.63)

5. Ausgehend von den verfassungsrechtlichen Anforderungen des allgemeinen Gleichheitssatzes im Hinblick auf infektionsschutzrechtliche Regelungen kann der Senat in den unterschiedlichen Regelungen für geimpfte und genesene Personen einerseits und ungeimpfte Personen andererseits eine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Ungleichbehandlung nicht erkennen.(Rn.86)

6. Der Einschätzung der besonderen Gefährlichkeit der Impfungen gegen Coronavirus SARS-CoV-2 steht in Widerspruch zu den Bewertungen der dazu mit besonderer Expertise ausgewiesenen nationalen und internationalen amtlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen.(Rn.79)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.
Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.
Der Streitwert wird auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren im Wege einer einstweiligen Anordnung die Außervollzugsetzung der Regelungen der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung, die zwischen geimpften und genesenen Personen einerseits und ungeimpften Personen andererseits differenzieren.
Die Antragsteller sind nach ihren Angaben ungeimpft. Sie geben an, ausschlaggebend hierfür sei der Umstand, dass die aktuell zum Einsatz kommenden mRNA-Impfstoffe nur über eine Notfallzulassung verfügten und sich erst in der klinischen Erprobungsphase (Phase 3) befänden und die Hersteller selbst schwere Nebenwirkungen und Spätfolgen der Impfung ausdrücklich nicht ausschließen könnten.
Die Thüringer Landesregierung erließ am 24. November 2021 in Ablösung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 30. Juni 2021 (GVBl. S. 279), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 29. Oktober 2021 (GVBl. S. 537) eine erneute Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung – ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO -), die zunächst im Wege einer Notveröffentlichung nach § 9 Thüringer Verkündungsgesetz (ThürVerkG) noch am selben Tag auf der Internetseite des Thüringer Ministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (https://www.tmasgff.de/COVID-19/rechtsgrundlage) und sodann am 2. Dezember 2021 im Gesetz- und Verordnungsblatt (S. 565 ff.) veröffentlicht wurde. Nach § 39 Abs. 1 trat diese Verordnung am 24. November 2021 um 23:59 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 21. Dezember 2021 außer Kraft. Nach einer Änderung durch Art. 2 der Verordnung der Landesregierung zur Änderung der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz sowie der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 14. Dezember 2021 (GVBl. S. 586) wurde die Rechtsverordnung durch die – zunächst im Wege der Notveröffentlichung nach § 9 ThürVerkG veröffentlichten – 1. Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 17. Dezember 2021 (GVBl. S. 614) und 2. Verordnung zur Änderung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 23. Dezember 2021(GVBl. 2022 S. 1) – jeweils erlassen durch die Thüringer Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie mit Einverständnis des Thüringer Ministers für Bildung, Jugend und Sport – novelliert. Sie hat nunmehr, soweit im vorliegenden Streit erheblich, folgenden Wortlaut:
§ 2 Anwendungsvorrang, Begriffsbestimmungen
…       
(2) Im Sinne dieser Verordnung
1. sind Symptome einer COVID-19-Erkrankung insbesondere ein akuter Verlust des Geschmacks- oder Geruchssinns, Atemnot oder Fieber im Zusammenhang mit neu aufgetretenem Schnupfen oder Husten,
2. ist die Sieben-Tage-Inzidenz die Anzahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner; maßgeblich sind die ermittelten Zahlen des Landesamts für Verbraucherschutz,
3. ist eine Mund-Nasen-Bedeckung eine Bedeckung von Mund und Nase nach § 6 Abs. 1,
4. ist eine qualifizierte Gesichtsmaske eine medizinische Gesichtsmaske oder eine Atemschutzmaske nach § 6 Abs. 2,
5. ist ein Antigenschnelltest eine durch einen infektionsschutzrechtlich befugten Dritten vorgenommene Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels Point-of-Care-Test (PoC-Test) oder ein vergleichbarer Test,
6. ist ein PCR-Test eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik,
7. sind alternative Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren weitere Methoden der Nukleinsäureamplifikationstechnik zum Nachweis auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2, die nicht bereits von Nummer 6 erfasst sind,
8. ist ein Selbsttest eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines in Deutschland zertifizierten Antigenschnelltests zur Eigenanwendung durch medizinische Laien,
9. ist eine Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 die Durchführung eines Tests durch In-vitro-Diagnostika, die für den direkten Erregernachweis des Coronavirus SARS-CoV-2 bestimmt sind und die aufgrund ihrer CE-Kennzeichnung oder aufgrund einer nach § 11 Abs. 1 des Medizinproduktegesetzes in der am 25. Mai 2021 geltenden Fassung erteilten Sonderzulassung verkehrsfähig sind, nach den Nummern 5 bis 8,
10. ist die zuständige Behörde der örtlich zuständige Landkreis oder die örtlich zuständige kreisfreie Stadt als untere Gesundheitsbehörde nach § 2 Abs. 3 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (ThürIfSGZustVO) vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155) in der jeweils geltenden Fassung,
11. ist eine geimpfte Person eine asymptomatische Person, die im Besitz eines auf sie ausgestellten Impfnachweises ist,
12. ist ein Impfnachweis ein Nachweis hinsichtlich des Vorliegens einer vollständigen Schutzimpfung gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form, wenn die zugrundeliegende Schutzimpfung mit einem oder mehreren vom Paul-Ehrlich-Institut der auf seiner Internetseite genannten Impfstoffe erfolgt ist und
a) aus einer vom Paul-Ehrlich-Institut auf seiner Internetseite veröffentlichten Anzahl von Impfstoffdosen, die für eine vollständige Schutzimpfung erforderlich ist, besteht und seit der letzten erforderlichen Einzelimpfung mindestens 14 Tage vergangen sind oder
b) bei einer genesenen Person aus einer verabreichten Impfdosis besteht, auch wenn die nachgewiesene Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 länger als sechs Monate zurückliegt,
13. gelten als genesene Personen diejenigen asymptomatischen Personen, die mittels
a) eines positiven PCR-Testergebnisses oder
b) einer ärztlichen oder behördlichen Bescheinigung, welche sich auf eine mittels PCR-Test bestätigte durchgemachte Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 stützt,
eine mindestens 28 Tage und nicht länger als sechs Monate zurückliegende Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nachweisen können; die Bescheinigung nach Halbsatz 1 Buchst. b kann in deutscher, englischer, französischer, italienischer oder spanischer Sprache in verkörperter oder digitaler Form ausgestellt sein,
14. ist die 3G-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen, genesene Personen und asymptomatische Personen, die den Nachweis eines negativen Ergebnisses einer Testung auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nach Nummer 9 vorlegen, sowie Personen nach § 1 Abs. 4; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
a) mittels eines Antigenschnelltests nicht länger als 24 Stunden,
b) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
c) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
zurückliegen,
15. ist die 2G-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen und genesene Personen sowie Personen nach § 13 Abs. 2,
16. ist die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen und genesene Personen, die jeweils den Nachweis eines negativen Testergebnisses auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines in den Nummer 9 genannten Tests vorlegen, sowie Personen nach § 13 Abs. 2; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
a) mittels eines Antigenschnelltests nicht länger als 24 Stunden,
b) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
c) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
zurückliegen,
17. ist die 3G-Plus-Zugangsbeschränkung eine Beschränkung des Zugangs auf geimpfte Personen, genesene Personen und asymptomatische Personen, die den Nachweis eines negativen Testergebnisses auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 mittels eines PCR-Tests oder eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren vorlegen, sowie Personen nach § 13 Abs. 2; die zugrundeliegende Testung darf bei einem Nachweis
a) mittels eines PCR-Tests nicht länger als 48 Stunden oder
b) mittels eines Tests mit einem alternativen Nukleinsäure-Amplifikationsverfahren nicht länger als 24 Stunden
zurückliegen,
18. sind Zugangsbeschränkungen die 3G-Zugangsbeschränkung nach Nummer 14, die 2G-Zugangsbeschränkung nach Nummer 15, die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung nach Nummer 16 und die 3G-Plus-Zugangsbeschränkung nach Nummer 17,
19. ist der Frühwarnindikator die Sieben-Tage-Inzidenz nach Nummer 2 in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt,
20. ist der Schutzwert die Sieben-Tage-Hospitalisierungsinzidenz, die die Anzahl der nach Meldedatum erfassten stationären Neuaufnahmen an COVID-19 erkrankter Patienten innerhalb eines Zeitraums von sieben Tagen bezogen auf 100 000 Einwohner in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt misst,
21. ist der Belastungswert die Auslastung der Intensivbetten, die den prozentualen Anteil intensivmedizinisch behandelter COVID-19-Patienten an der Gesamtzahl der betreibbaren Intensivbetten in Thüringen angibt.
(3) Für Bereiche mit 2G-Plus-Zugangsbeschränkungen nach Absatz 2 Nr. 16 entfällt für geimpfte Personen ab dem 15. Tag nach einer Auffrischimpfung die Verpflichtung zum Nachweis eines negativen Testergebnisses.
…     
§ 11 Geimpfte Personen und genesene Personen
Die Bestimmungen des Zweiten Abschnitts der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmenverordnung vom 8. Mai 2021 (BAnz AT 08.05.2021 V1) in der jeweils geltenden Fassung finden hinsichtlich der Erleichterungen und Ausnahmen für geimpfte Personen und genesene Personen Anwendung. Der entsprechende Nachweis der Impfung oder der Genesung ist zu führen. Soweit insbesondere die Vorlage eines negativen Testergebnisses auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nach dieser Verordnung bestimmt ist, entfällt diese Pflicht für geimpfte Personen und genesene Personen, soweit nicht in dieser Verordnung oder in § 28b Abs. 2 und 3 IfSG Abweichendes bestimmt ist.…

§ 17 Kontaktbeschränkungen
(1) Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen ausschließlich geimpfte Personen und genesene Personen teilnehmen, sind nur mit nicht mehr als zehn Personen zulässig. Kinder, die noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind, gelten als geimpfte Personen nach Satz 1 und bleiben bei der Ermittlung der nach Satz 1 zulässigen Anzahl an Personen unberücksichtigt.
(2) Private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen nicht nur geimpfte Personen und genesene Personen teilnehmen, sind nur zulässig, sofern nicht mehr als zehn Personen teilnehmen und die private Zusammenkunft ausschließlich mit:
1. den Angehörigen des eigenen Haushalts und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht, und
2. nicht mehr als zwei weiteren haushaltsfremden Personen, die einem Haushalt angehören,
stattfindet. Kinder, die noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind, bleiben bei der Ermittlung der nach Satz 1 zulässigen Anzahl an Personen und Haushalten unberücksichtigt.
§ 18 Besondere Schutzmaßnahmen
(1) Die 3G-Zugangsbeschränkung gilt in geschlossenen Räumen:
1. bei der Inanspruchnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger körpernaher Dienstleistungen,
2. von Fahrschulen,
3. bei Schulungen in Erster Hilfe,
4. bei der Wahrnehmung von Angeboten der Blutspendedienste,
5. bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten, soweit diese für notwendige, insbesondere für medizinische, berufliche und geschäftliche Zwecke zur Verfügung gestellt werden, wobei das negative Testergebnis auf das Vorliegen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei Anreise vorgelegt und eine Testung wiederholend jeweils spätestens mit Ablauf von 72 Stunden durchgeführt werden muss,
6. nichtöffentlicher Betriebskantinen, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe oder aufgrund der Beschaffenheit der Arbeitsplätze zwingend erforderlich ist,
7. von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen nach den bundesfernstraßenrechtlichen Bestimmungen sowie auf Autohöfen,
8. bei Sitzungen, Beratungen und Veranstaltungen nach § 8 Satz 1 Nr. 2, 4 und 5,
9. bei Versammlungen sowie religiösen, weltanschaulichen oder parteipolitischen Veranstaltungen nach § 19 Abs. 1,
10. bei der Inanspruchnahme medizinisch notwendiger Angebote der Rehabilitation.
Satz 1 gilt auch außerhalb geschlossener Räume für die Jagd zur Vorbeugung und Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest oder anderer Tierseuchen. Der Betrieb nichtöffentlicher Betriebskantinen nach Satz 1 Nr. 6 ist insbesondere zwingend erforderlich, wenn eine individuelle Nahrungsaufnahme nicht am Arbeitsplatz oder nicht in anderen vom Arbeitsplatz getrennten Räumen möglich ist.
(2) Die Anwendung der 2G-Zugangsbeschränkungen gilt verpflichtend:
1. in geschlossenen Räumen oder Fahrzeugen
a) von Einzel- und Großhandelsgeschäften; ausgenommen ist der Zugang zum Lebensmittelhandel, zum Handel mit Tierbedarf und zum Großhandel für Gewerbetreibende sowie zu Getränkemärkten, Apotheken, Brennstoffhandel, Bau- und Gartenmärkten, Drogerien, Sanitätshäusern, Babyfachmärkten, Orthopädieschuhtechnikern, Optikern, Hörgeräteakustikern, Ladengeschäften des Zeitungsverkaufs und Tankstellen,
b) bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass Veranstaltungen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind und eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 40 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 500 teilnehmenden Personen,
c) bei nichtöffentlichen Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mit mehr als 15 teilnehmenden Personen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 50 teilnehmenden Personen,
d) von Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme
aa) der Lieferung und Abholung mitnahmefähiger Speisen und Getränke,
bb) der nichtöffentlichen Betriebskantinen, deren Betrieb zur Aufrechterhaltung der Arbeitsabläufe oder aufgrund der Beschaffenheit der Arbeitsplätze zwingend erforderlich ist; für deren Zugang gilt Absatz 1 Satz 1 Nr. 6 in Verbindung mit Satz 3,
cc) der vom Studierendenwerk Thüringen betriebenen Mensen für den nichtöffentlichen Betrieb; für deren Zugang gilt § 25 Abs. 1,
dd) von Nebenbetrieben an den Bundesautobahnen nach den bundesfernstraßenrechtlichen Bestimmungen sowie auf Autohöfen; für deren Zugang gilt Absatz 1 Satz 1 Nr. 7,
e) bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen mit Ausnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger Dienstleistungen,
f) bei Reisebusveranstaltungen,
g) bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken,
h) von Einrichtungen, Dienstleistungen und Angeboten der Freizeitgestaltung, insbesondere Museen, Archiven, Bibliotheken, Sehenswürdigkeiten und Denkmälern,
i) bei kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen mit der Maßgabe, dass eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 40 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 500 teilnehmenden Personen,
j) von Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnlichen Einrichtungen,
k) von zoologischen und botanischen Gärten sowie Tierparks,
l) von Solarien,
m) von Prostitutionsstätten, -fahrzeugen und -veranstaltungen im Sinne des Prostituiertenschutzgesetzes, Bordellen, Swingerklubs und ähnlichen Angeboten,
2. außerhalb geschlossener Räume für
a) öffentliche, frei oder gegen Entgelt zugängliche Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind und eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 50 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 1 000 teilnehmenden Personen,
b) nichtöffentliche Veranstaltungen mit der Maßgabe, dass die Veranstaltungen mit mehr als 20 teilnehmenden Personen mindestens zehn Tage vor Veranstaltungsbeginn der zuständigen Behörde anzuzeigen sind; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 100 teilnehmenden Personen,
c) kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen mit der Maßgabe, dass eine maximale Kapazitätsauslastung mit bis zu 50 Prozent der zulässigen Gesamtauslastung zulässig ist; die Personenobergrenze liegt bei gleichzeitig 1 000 teilnehmenden Personen,
d) Gaststätten im Sinne der Nummer 1 Buchst. d,
e) Fitnessstudios, Tanzschulen und jeweils ähnliche Einrichtungen; ausgenommen sind medizinisch notwendige Angebote der Rehabilitation, und
f) Angebote des Freizeitsports.
Soweit nicht ausdrücklich in Satz 1 bestimmt, besteht keine Anzeigepflicht gegenüber der zuständigen Behörde. Ergänzend zu § 6 Abs. 3 Satz 1 ist eine qualifizierte Gesichtsmaske bei der verpflichtenden Anwendung der 2G-Zugangsbeschränkung zu verwenden, § 6 Abs. 3 Satz 2 bleibt unberührt.
(3) Die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung gilt in geschlossenen Räumen:
1. von Fitnessstudios, Tanzschulen und jeweils ähnlichen Einrichtungen; ausgenommen sind medizinisch notwendige Angebote der Rehabilitation,
2. bei Angeboten des Freizeitsports,
3. von Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnlichen Einrichtungen,
4. bei Auftritten und Proben von Orchestern, sofern Blasinstrumente verwendet werden, und von Chören.
Abweichend von Absatz 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b gilt die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen für öffentliche, frei oder gegen Entgelt zugängliche Veranstaltungen, soweit mehr als 50 Personen teilnehmen.
(4) Im Fall der 2G-Zugangsbeschränkung oder 2G-Plus-Zugangsbeschränkung haben Arbeitgeber, Beschäftigte oder sonstige tätige oder beauftragte Personen, die keine geimpften Personen oder genesenen Personen sind, eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu verwenden.
(5) An allen nach Satz 2 festgelegten und gekennzeichneten Orten mit Publikumsverkehr in Innenstädten und im öffentlichen Raum außerhalb geschlossener Räume, an denen sich Personen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten, ist eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 zu verwenden. Die zuständigen Behörden legen die Orte nach Satz 1 durch öffentlich bekannt zu gebende Allgemeinverfügungen fest und kennzeichnen diese.
(6) Die Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die in § 8 Satz 1 Nr. 1 und 3 genannten Bereiche.

§ 18a Weitergehende Maßnahmen bei besonders hohen Infektionszahlen
(1) Ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe des an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 1 000,0 überschreitenden Frühwarnindikators in Landkreisen oder kreisfreien Städten
1. sind abweichend von § 17 Abs. 2 Satz 1 private Zusammenkünfte im öffentlichen oder privaten Raum, an denen nicht nur geimpfte Personen und genesene Personen teilnehmen, nur zulässig, sofern nicht mehr als zehn Personen teilnehmen und die private Zusammenkunft ausschließlich mit
a) den Angehörigen des eigenen Haushalts und Personen, für die ein Sorge- oder Umgangsrecht besteht, und
b) einer weiteren haushaltsfremden Person
stattfindet; § 17 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt,
2. ist in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 zu verwenden; § 6 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 Halbsatz 2 bleibt unberührt,
3. liegen bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen und kulturellen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
a) in geschlossenen Räumen abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Halbsatz 2 oder Buchst. i Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 100 teilnehmenden Personen und
b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 2 und Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 200 teilnehmenden Personen,
4. liegen bei nichtöffentlichen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
a) in geschlossenen Räumen abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen und
b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 50 teilnehmenden Personen,
5. gilt abweichend von § 18 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und 3 die 2G-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen und Fahrzeugen von Fahrschulen und bei Schulungen in Erster Hilfe,
6. gilt abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b, d bis g und i die 2G-Plus-Zugangsbeschränkung in geschlossenen Räumen
a) von Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes; dies gilt nicht für die in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
b) bei der Inanspruchnahme körpernaher Dienstleistungen mit Ausnahme medizinisch, therapeutisch oder pflegerisch notwendiger Dienstleistungen,
c) bei Reisebusveranstaltungen,
d) bei entgeltlichen Übernachtungsangeboten zu touristischen Zwecken,
e) bei kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen,
f) für alle öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen,
7. sind untersagt:
a) der Ausschank und die Abgabe von Alkohol an den durch die zuständige Behörde festgelegten und gekennzeichneten Orten im öffentlichen Raum einschließlich öffentlich zugänglicher Einrichtungen in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages, § 18 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend,
b) der Konsum von Alkohol in den durch die zuständige Behörde festgelegten und gekennzeichneten Orten im öffentlichen Raum insbesondere in Innenstädten außerhalb geschlossener Räume; § 18 Abs. 5 Satz 2 gilt entsprechend,
c) die Öffnung von Spielhallen, Spielbanken, Wettbüros und ähnlichen Einrichtungen für den Publikumsverkehr.
(2) In Landkreisen oder kreisfreien Städten, in denen der Frühwarnindikator an drei aufeinanderfolgenden Tagen den Schwellenwert von 1 500,0 überschreitet, gilt ab dem übernächsten Tag nach der Bekanntgabe Absatz 1 mit der Maßgabe, dass
1. bei öffentlichen, frei oder gegen Entgelt zugänglichen Veranstaltungen die Personenobergrenze
a) in geschlossenen Räumen abweichend von Absatz 1 Nr. 3 Buchst. a und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 20 teilnehmenden Personen und
b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von Absatz 1 Nr. 3 Buchst. b und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen
liegen,
2. bei nichtöffentlichen Veranstaltungen die Personenobergrenzen
a) in geschlossenen Räumen abweichend von Absatz 1 Nr. 4 Buchst. a und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 20 teilnehmenden Personen und
b) außerhalb geschlossener Räume abweichend von Absatz 1 Nr. 4 Buchst. b und § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b Halbsatz 2 bei bis zu gleichzeitig 30 teilnehmenden Personen
liegen,
3. geschlossene Räumen von
a) Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme der in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
b) Einrichtungen, Dienstleistungen und Angeboten der Freizeitgestaltung, insbesondere Freizeitveranstaltungen, Museen, Archiven, Bibliotheken, Sehenswürdigkeiten und Denkmälern,
c) kulturellen Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen,
d) Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnlichen Einrichtungen,
e) zoologischen und botanischen Gärten sowie Tierparks und
f) Solarien
für den Publikumsverkehr zu schließen und geschlossen zu halten sind,
4. abweichend von § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2
a) Gaststätten im Sinne des Thüringer Gaststättengesetzes mit Ausnahme der in § 18 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Buchst. d unter den Doppelbuchstaben aa bis dd genannten Ausnahmen,
b) kulturelle Veranstaltungen, wie Lesungen, Theater-, Kino- oder Opernaufführungen, und
c) Flug-, Jagd-, Hundeschulen und ähnliche Einrichtungen
außerhalb geschlossener Räume für den Publikumsverkehr einschließlich des Betretens durch Gäste, Teilnehmer und vergleichbare Personen zu schließen und geschlossen zu halten sind.
(3) Soweit nach Absatz 1 Nr. 2 die Verwendung einer qualifizierten Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 vorgeschrieben ist, gilt die Verpflichtung für Kinder vom vollendeten sechsten bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr mit der Maßgabe, dass diese eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 verwenden können.
(4) Unterschreitet der Frühwarnindikator an sieben aufeinanderfolgenden Tagen in einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt jeweils den in Absatz 1 oder 2 bestimmten Schwellenwert, sind die in dem jeweiligen Absatz genannten Maßnahmen und Beschränkungen aufgehoben.
(5) Die Fristberechnung bei Unter- und Überschreitung des Frühwarnindikators nach den Absätzen 1 bis 3 beginnt mit dem 8. Dezember 2021.
(6) Die oberste Gesundheitsbehörde gibt bekannt, wenn die Schwellenwerte der jeweiligen Warnstufe an drei aufeinanderfolgenden Tagen überschritten oder an sieben aufeinanderfolgenden Tagen unterschritten werden. Die oberste Gesundheitsbehörde gibt auf ihrer Internetseite zudem die Tage bekannt, ab denen die jeweiligen Maßnahmen gelten.…

§ 28 Ausgangsbeschränkungen
(1) Der Aufenthalt außerhalb der Wohnung oder Unterkunft oder außerhalb des jeweils zugehörigen befriedeten Besitztums ist in der Zeit von 22 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages ohne triftigen Grund untersagt.
(2) Triftige Gründe im Sinne des Absatzes 1 sind:
1. die Abwendung einer Gefahr für Leib oder Leben oder medizinische Notfälle, insbesondere bei akuter körperlicher oder seelisch-psychischer Erkrankung, bei Verletzung oder bei Niederkunft,
2. die notwendige Pflege und Unterstützung kranker oder hilfsbedürftiger Menschen sowie die notwendige Fürsorge für minderjährige Menschen,
3. die Begleitung sterbender Menschen und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen,
4. die Wahrnehmung eines Umgangs- oder Sorgerechts,
5. der Besuch von Ehe- und Lebenspartnern sowie Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft,
6. dienstliche, amtliche oder sonstige hoheitliche Tätigkeiten, insbesondere der Feuerwehren, der Rettungsdienste oder des Katastrophenschutzes, sowie die öffentlich-rechtliche Leistungserbringung,
7. die Ausübung beruflicher Tätigkeiten und kommunalpolitischer Funktionen,
8. die Abwendung von Gefahren für Besitz und Eigentum,
9. die notwendige Versorgung von Tieren sowie veterinärmedizinische Notfälle,
10. die Jagd zur Vorbeugung und Bekämpfung der Afrikanischen Schweinepest oder anderer Tierseuchen,
11. die Durchfahrt durch Thüringen im überregionalen öffentlichen Personenverkehr oder in Kraftfahrzeugen,
12. die Teilnahme an besonderen religiösen Zusammenkünften anlässlich hoher Feiertage,
13. der Schutz vor Gewalterfahrung,
14. das Verlassen der Wohnung oder der Unterkunft zum Zweck der durch eine Person im Freien allein ausgeübten körperlichen Bewegung sowie
15. weitere vergleichbar triftige und unabweisbare Gründe.
(3) Absatz 1 gilt nicht für
1. geimpfte Personen und genesene Personen,
2. Kinder, die noch nicht zwölf Jahre und drei Monate alt sind, und
3. Personen, die ein ärztliches Attest vorlegen, dass sie aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpft werden können oder deswegen innerhalb der letzten drei Monate vor dem Aufenthalt nach Absatz 1 nicht geimpft werden konnten.…

§ 39 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am 24. November 2021 um 23:59 Uhr in Kraft und mit Ablauf des 24. Januar 2022 außer Kraft.
Die Antragsteller haben am 7. Dezember 2021 beim Thüringer Oberverwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung gerichtet auf die Außervollzugsetzung verschiedener Bestimmungen dieser Verordnung beantragt, soweit diesen eine Differenzierung zwischen geimpften und genesenen Personen einerseits und ungeimpften Personen andererseits zugrunde liegt.
Die Antragsteller nehmen zur Begründung ihres Antrags umfassend Bezug auf ein Rechtsgutachten von Prof. Dr. M… vom 4. Oktober 2021, der zu dem Fazit kommt, dass alle Benachteiligungen für Ungeimpfte durch die 2G- und 3G-Regelung sowie durch die Vorenthaltung einer Quarantäneentschädigung verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigen seien und sofort aufgehoben werden müssten. Die 2G- und die 3G-Regelung seien verfassungswidrige Freiheitseinschränkungen, da sie Ungeimpfte vom öffentlichen Leben ausschlössen bzw. ihnen den Zugang hierzu erschweren würden. Freiheitseinschränkungen seien schon deshalb rechtswidrig, weil die materiellen Kriterien einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite nicht erfüllt seien. Jedenfalls seien die Freiheitsbeschränkungen unverhältnismäßig. Eine Gefahr für die Überlastung der Intensivstationen bestehe nicht. Die Maßnahmen seien unangemessen, zumal sie den Ungeimpften bei Anwendung der 3G-Regelung eine Kostenpflicht für Testungen aufbürdeten. Die Regelungen dienten nicht der Gefahrenabwehr, es handele sich vielmehr um eine Optimierung des Gesundheitsschutzes im Sinne einer Risikovorsorge unterhalb der Gefahrenschwelle. Um Risiken zu bekämpfen, die nicht größer seien als die allgemeinen Lebensrisiken, die seit jeher akzeptiert würden und den Staat noch zu keinen allgemeinen freiheitseinschränkenden Interventionen bewogen hätten, dürfe nicht die Freiheit von Menschen eingeschränkt werden, die für diese Risiken nicht verantwortlich seien. Der Einzelne sei nicht für die Senkung allgemeiner Lebensrisiken verantwortlich und der Staat dürfe ihn nicht durch Freiheitseinschränkungen dafür in Anspruch nehmen. Der Staat möge, wenn er dies für richtig hielte, die Folgen der Gesundheitsrisiken einschließlich derer durch SARS-CoV-2 durch den Ausbau des Gesundheitssystems und andere nicht freiheitseinschränkende Maßnahmen minimieren. Durch die 2G- und 3G-Regelung würden Ungeimpfte im Vergleich zu Geimpften und Genesenen ferner ungleich behandelt. Dies sei nicht zu rechtfertigen. Es sei kein legitimer Zweck, mit dem Mittel der Benachteiligung die Impfung zu erzwingen. Es sei auch nicht so, dass die Geimpften durch die Impfung sterile Immunität erlangt hätten und nur die Ungeimpften sich infizieren und das Virus weiter verbreiten könnten. Dies widerspreche dem heutigen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse. Jeder Impfzwang sei verfassungsrechtlich unzulässig. Als legitimes Gemeinwohlziel komme es nicht in Betracht, die Ungeimpften, auf die man Druck ausübe, vor einer Infektion zu schützen. Die Ungleichbehandlung sei auch nicht zur Vermeidung einer Überlastung der Intensivstationen gerechtfertigt, da eine solche Überlastungssituation nicht existiere. Jedenfalls sei der Impfzwang unverhältnismäßig. Die außerordentlich große Beeinträchtigung der Betroffenen durch den Eingriff in ihre körperliche Integrität wiege schwerer als das Ziel, die Epidemie einzudämmen, um dadurch die Zahl der schweren COVID-19-Erkrankungen und Todesfälle zu minimieren und zugleich Kontaktpersonen vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 zu schützen. Die Hoffnung, eine hohe Impfquote werde zur Herdenimmunität führen und so die Epidemie beenden, habe sich zerschlagen. Die Maßnahmen seien jedenfalls nicht zum Individualschutz erforderlich. Der Einzelne könne sich gegen die Infektion selbst schützen, indem er sich freiwillig impfen lasse. Freiheitseinschränkungen für nicht Infizierte zum Schutz der Allgemeinheit seien daher nicht mehr nötig. In der Abwägung hätten die Rechte der Ungeimpften auf Selbstbestimmung sowie auf Leben und körperliche Unversehrtheit größeres Gewicht als der Schutz anderer Menschen, deren COVID-19-Risiko nicht größer sei als andere Risiken, denen alle Menschen ausgesetzt seien, ohne dass der Staat mit Freiheitseinschränkungen für andere Menschen, die diese Risiken nicht verursacht hätten, intervenieren würde. Die Antragsteller tragen ergänzend zur Rechtswidrigkeit insbesondere des § 18 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 der angegriffenen Verordnung vor, dass das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die entsprechende Regelung des Niedersächsischen Landesrechts mangels Erforderlichkeit und wegen Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz außer Vollzug gesetzt habe. Danach sei nach der aktuellen Risikobewertung des Robert Koch-Instituts eine weitere Differenzierung zwischen Geimpften und Genesenen einerseits und Ungeimpften andererseits nicht zu rechtfertigen. Ferner bringe die Impfung mit den Impfstoffen von BioNTech/Pfizer oder Moderna nicht unerhebliche Risiken für die zu impfende Person mit sich.
Die Antragsteller beantragen zuletzt,
§§ 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 2 Nr. 1a, d, e, 18 Abs. 3 Nr. 1 und Nr. 2, 18a Abs. 1 Nr. 6a und b, 28 Abs. 1 der Thüringer Verordnung zur Regelung infektionsschutzrechtlicher Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung – ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO -) vom 24. November 2021 in der novellierten Fassung der Verordnung vom 17. Dezember 2021 außer Vollzug zu setzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er tritt dem Vorbringen entgegen. Die angegriffene Verordnung sei auf Grundlage der bundesgesetzlichen Regelungen der §§ 28, 28a und 32 IfSG formell rechtmäßig erlassen worden. Die angegriffenen Regelungen seien auch materiell rechtmäßig. Die freiheitsbeschränkenden Eingriffe in die betroffenen Grundrechte seien gerechtfertigt. Sie seien insbesondere verhältnismäßig. Insgesamt dienten die Maßnahmen der Verringerung bzw. Verhinderung der weiteren Ausbreitung des Coronavirus und damit dem Schutz von Leben und Gesundheit. Es bestehe auch weiterhin eine epidemische Lage von nationaler Tragweite. Eingriffe in die Grundrechte seien erforderlich. Die dem vorgelegten Gutachten zugrundeliegende Behauptung, COVID-19 in Deutschland sei keine bedrohliche Krankheit und es bestehe keine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit, sei angesichts der pandemischen Lage realitätsfremd. In Thüringen entwickele sich die Pandemie in den letzten Wochen zunehmend dynamisch und habe inzwischen in vielerlei Hinsicht wieder bedrohliche Ausmaße angenommen. Die Zahl der Infektionen habe sich stark erhöht. Im gleichen Zeitraum sei auch die Zahl der COVID-19-Patienten, die in Krankenhäusern eingeliefert worden seien und die Belegung der aktuell in den Intensivstationen betreibbaren Betten mit COVID-19-Patienten dramatisch angestiegen. Es sei aufgrund der hohen Inzidenzzahlen nicht mehr sichergestellt, dass die erforderlichen und für die Eindämmung wichtigen Kontaktnachverfolgungen durch die Gesundheitsbehörden durchgeführt werden könnten. Weiterhin begünstigten die Wintermonate die Ausbreitung des Virus. Die dramatische Entwicklung mache eine Eindämmung dringend erforderlich, um den zunehmend schweren Krankheitsverläufen, dem erwarteten Anstieg der Todesfälle durch COVID-19 und einer drohenden Überlastung des Gesundheitssystems zuvorzukommen. Die Situation des Thüringer Gesundheitswesens sei dramatisch, was die von ihm – dem Antragsgegner – im Einzelnen dargelegten Inzidenzwerte sowie die Zahlen zur Hospitalisierung und zur Belegung intensivmedizinischer Betten belegten. Die Entwicklung zeige, dass Hygienemaßnahmen und auch die vor dem Inkrafttreten der streitgegenständlichen Verordnung geltenden Maßnahmen nicht mehr ausgereicht hätten, die weitere Verbreitung des Virus zu stoppen. Hinzu trete aktuell, dass nach den neuesten Meldungen eine durchgemachte COVID-19-Infektion möglicherweise nicht gegen die Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Virus schütze und davon auszugehen sei, dass die Wirksamkeit der derzeitigen Impfstoffe ebenfalls erheblich eingeschränkt sei. Aufgrund dieser kaum mehr beherrschbaren Infektionslage, die eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstelle, sei Thüringen als eines der am stärksten betroffenen Bundesländer gezwungen gewesen, wesentlich wirksamere Maßnahmen zur Verringerung der Ausbreitung des Virus einzuleiten. Eingriffe in die betroffenen Grundrechtspositionen seien auch geeignet zur Erreichung des angestrebten Zwecks gewesen. Es sei wissenschaftliche Erkenntnis, dass alle Maßnahmen, die die Häufigkeit von Kontakten zwischen Menschen verringerten, dazu beitrügen, die Anzahl der Infektionen durch Übertragung des Virus zu verringern. Die Verordnung strebe eine erhebliche Reduzierung von Kontakten und Kontaktmöglichkeiten an. Der Verordnungsgeber habe zu prüfen gehabt, inwieweit diese erforderlichen Kontaktreduzierungen unter größtmöglicher Beibehaltung der Rechte der Bürger erreicht werden könnten. Trotz der steigenden Anzahl von Neuinfektionen auch bei Geimpften sei es Konsens in der Wissenschaft, dass von Geimpften und Genesenen ein wesentlich geringeres Infektionsrisiko ausgehe, das jedoch sowohl von denen im Einzelfall ausgebildeten individuellen Abwehrtitern als auch der bereits abgelaufenen Zeitspanne seit der letzten Impfung/COVID-19-Erkrankung abhänge, da sich auch die Immunabwehrintensität mit der Zeit sukzessive reduziere. Das Robert Koch-Institut habe daher schon früh die Einführung von 2G-Zugangsbeschränkungen gefordert und deren Sinnhaftigkeit begründet. Die Gesamtbetrachtung des Infektionsgeschehens und der Krankheitsverläufe zeige, dass vollständig Geimpfte viel seltener als Ungeimpfte Krankheitsverläufe hätten, die eine intensivmedizinische Behandlung erforderten. Nach einer Studie der Humboldt-Universität Berlin sei festzustellen, dass bis zu 3/4 aller Neuinfektionen von Ungeimpften verursacht würden. Jede zweite Übertragung finde zwischen Ungeimpften statt, aber nur jede zehnte zwischen Geimpften. Nur jede siebte Infektion erfolge von einem Geimpften auf einen Ungeimpften. Hierbei gingen die Forscher davon aus, dass die Schutzwirkung vor Infektionen bei etwa 72 % liege. Die Forscher schätzten, dass Ungeimpfte an acht bis neun von zehn Neuinfektionen beteiligt seien. Nach Schätzung des Forscherteams müssten Ungeimpfte ihre Kontakte zwei- bis dreimal so stark reduzieren wie Geimpfte, um deren R-Wert unter eins zu bringen. Selbst bei Zweifeln hinsichtlich geeigneter einzelner Maßnahmen wie der 2G-Zugangsbeschränkung müsse gelten, dass die Strategie zur Eindämmung der Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus bzw. der COVID-19-Erkrankungen nicht aus Einzelmaßnahmen bestehe, da keine Maßnahme allein hinlänglich Erfolg verspreche, zumal allgemein davon ausgegangen werde, dass hochwirksame Maßnahmen wie ein vollständiger und strengstmöglicher Lockdown über Wochen wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht durchsetzbar seien. Dementsprechend wiesen alle Maßnahmen gewisse Schwächen auf. Solange sich nicht jeder Bürger mit einem Labor-Vollschutz gegen die Virusübertragung schütze, werde es immer wieder zu Virusübertragungen kommen, beispielsweise durch unkorrekt getragene Masken, Schmierinfektionen und ähnliches. Daher könne eine sinnvolle, die Unvollkommenheit jeder einzelnen Maßnahme berücksichtigende Strategie immer nur das Ziel verfolgen, die Zahl der Virusübertragungen, die nur durch Kontakte zwischen Menschen möglich seien, zu verringern, nicht aber sie zu 100 % zu unterbinden. Folglich komme es immer auf eine Kombination verschiedener Maßnahmen an, die grundsätzlich gut geeignet erschienen, Virusübertragungen zu reduzieren. Die Sinnhaftigkeit einer derartigen Strategie werde nicht wesentlich dadurch infrage gestellt, dass es trotzdem zu Übertragungen komme. Die Eingriffe seien auch zur Erreichung des angestrebten Ziels bei Beachtung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG angemessen. Ungleichbehandlungen beruhten auf einem sachlichen Unterschied zwischen den beiden Personengruppen. Wie ausgeführt, gingen von beiden erheblich unterschiedliche Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen aus. Dementsprechend bewirke die Ungleichbehandlung eine Eindämmung der Ausbreitung des Infektionsgeschehens. Den in der Verordnung geregelten Maßnahmen liege das legitime Differenzierungsziel zu Grunde, die nicht oder erheblich weniger auf das Pandemiegeschehen Einfluss nehmenden Personengruppen von den Verboten und Belastungen größtmöglich auszunehmen. Aus vorliegenden Untersuchungen und den Aussagen des Robert Koch-Instituts ergebe sich, dass die in Deutschland angewendeten COVID-19-Impfstoffe sowohl symptomatisch als auch asymptomatisch SARS-CoV-2-Infektionen in einem erheblichen Maße verhinderten. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Person trotz vollständiger Impfung positiv PCR-getestet werde, sei signifikant vermindert. In welchem Maße die Impfung darüber hinaus die Übertragung des Virus weiter reduziere, könne derzeit zwar nicht genau quantifiziert werden. Dennoch sei das Risiko einer Virusübertragung in der Summe vermindert. Auch wenn das Ausmaß, in dem die Virusübertragung reduziert werde, möglicherweise je nach Virusvariante unterschiedlich sei und der Schutz bei Vorliegen der Delta-Variante im Vergleich zur Alpha-Variante reduziert zu sein scheine, sei aus public-health-Sicht durch die Impfung das Risiko einer Virusübertragung erheblich reduziert. Dabei trage schon jede Verringerung der Viruslast zu einem gewissen Fremdschutz bei. Dadurch, dass Geimpfte weniger häufig schwer an COVID-19 erkrankten, belasteten sie zudem das Gesundheitssystem weniger. Ferner seien geimpfte Personen über einen wesentlich kürzeren Zeitraum ansteckend. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass sich das Infektionsgeschehen durch einen infizierten Ungeimpften aufgrund der noch lange nicht erreichten Herdenimmunität wesentlich gravierender auswirke. Im Hinblick auf die Angemessenheit der Maßnahme sei auch zu berücksichtigen, dass Ungeimpfte lediglich von zur Freizeitgestaltung dienenden Nutzungsangeboten ausgeschlossen seien, nicht jedoch von Bereichen der Grundversorgung. Auch im Hinblick auf die Möglichkeit einer zusätzlichen Durchführung eines Antigen-Schnelltestes könne eine Gleichstellung der Geimpften mit den Ungeimpften nicht erfolgen. Im Sinne der Verhältnismäßigkeit seien die ergriffenen Maßnahmen gegenüber einem allgemeinen Lockdown wesentlich milder. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Geltungsdauer der Verordnung befristet sei. Der Verordnungsgeber habe sich bei seiner Entscheidung zwangsläufig nur auf einen Teil der einschlägigen – divergierenden – wissenschaftlichen Auffassungen gestützt und sich diese zu Eigen gemacht. Dies führe jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der hier in Rede stehenden Regelungen. Der Verordnungsgeber könne mangels eigener wissenschaftlicher Expertise nur eine Einschätzung der Plausibilität nach vernünftigen Erwägungen vornehmen und diese seiner Entscheidung zugrunde legen. Er habe sich zur Normsetzung auch auf die Beratung eines wissenschaftlichen Beirats gestützt. Darüber hinaus lägen der Verordnung die vom Robert Koch-Institut und dem Paul-Ehrlich-Institut erarbeiteten Studien zugrunde. Dem Erlass sei ein breit angelegter gesellschaftlicher Diskurs vorausgegangen. Die Aussagen des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts seien angesichts gravierender unterschiedlicher Infektionslagen auf die Lage in Thüringen nicht anwendbar. In Niedersachsen habe die 2G-Regel schon bei einer 7-Tage-Inzidenz von 35 gelten sollen; in Thüringen sei sie bei einer 7-Tage-Inzidenz von 721 angeordnet worden. Ebenso sei die Hospitalisierungsrate erheblich höher als die in Niedersachsen. Ein Handeln sei umso dringlicher, als die neue Omikron-Variante des Virus um ein Vielfaches ansteckender als die Delta-Variante sein solle. Im Anschluss an die Rechtsprechung des OVG Schleswig-Holstein sei die 2G-Regelung durchaus geeignet und im Übrigen verhältnismäßig.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist – überwiegend – zulässig.
Im Sinne der Gewährung eines effektiven und zügigen Rechtsschutzes bezieht der Senat die Novellierung der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung durch die Verordnung vom 23. Dezember 2021 (GVBl. 2022 S. 1) in das vorliegende Verfahren mit ein.
Die Statthaftigkeit des Antrags ergibt sich aus § 47 Abs. 6 VwGO in Verbindung mit § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO und § 4 ThürAGVwGO. Danach entscheidet das Oberverwaltungsgericht auch außerhalb des Anwendungsbereiches des § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO über die Gültigkeit von – wie hier – im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften.
Die in Thüringen wohnhaften Antragsteller, die nach ihren Angaben ungeimpft sind, sind antragsbefugt im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Durch die mit den angegriffenen Regelungen angeordnete Kontaktbeschränkung, der 2G- und 2G-Plus-Zugangsbeschränkung sowie der nächtlichen Ausgangsbeschränkung und die damit verbundenen Einschränkungen für ungeimpfte (und nicht genesene) Personen sind sie jedenfalls in ihrem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 1 GG, der allgemeinen Handlungsfreiheit, betroffen.
Eine solche Betroffenheit in eigenen Rechten ist jedoch hinsichtlich der von ihnen angegriffenen Regelung des § 11 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO nicht festzustellen. Wesentlicher Regelungsgegenstand dieser Norm ist, dass die Pflicht zur Vorlage eines negativen Testergebnisses, soweit in der Verordnung geregelt, nicht für geimpfte und genesene Personen gilt. Allein durch diese Bestimmung werden die Rechte der Antragsteller als ungeimpfte Personen nicht berührt.
Im Übrigen dürfte die Zulässigkeit einer Normenkontrolle auf Feststellung der Unwirksamkeit dieser Norm schon daran scheitern, dass sie lediglich – insoweit deklaratorisch und nicht konstituierend – die bundesgesetzliche Vorgabe der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung wiederholt; die damit angegriffene Norm des Bundesrechts kann jedoch kein statthafter Gegenstand der Normenkontrolle nach § 47 VwGO sein.
Soweit der Antrag zulässig ist, steht dem nicht entgegen, dass die Antragsteller bislang in der Hauptsache noch keinen Normenkontrollantrag anhängig gemacht haben, da der Antrag in Anlehnung an die für den vorläufigen Rechtsschutz geltenden Vorschriften nach §§ 80, 123 VwGO auch bereits zuvor gestellt werden kann (vgl. Beschluss des Senats vom 20. April 2016 – 3 EN 222/16 – juris).
2. Der Antrag ist aber unbegründet.
Nach § 47 Abs. 6 VwGO kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.
Ob dies der Fall ist, beurteilt sich in Anlehnung an die Regelung in § 32 BVerfGG (vgl. auch § 26 ThürVerfGHG). An die vorläufige Aussetzung einer bereits in Kraft gesetzten Norm, an deren Vollzug ein erhebliches Allgemeininteresse besteht, ist deshalb ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Insoweit sind die Folgen, die einträten, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, ein Normenkontrollantrag (§ 47 VwGO) aber später Erfolg hätte, gegenüber den Nachteilen abzuwägen, die aufträten, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Normenkontrollantrag aber erfolglos bliebe. Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache sind bei der Entscheidung über den Antrag auf Erlass der einstweiligen Anordnung nach § 47 Abs. 6 VwGO nur dann als Bestandteil der Folgenabwägung in die Bewertung einzubeziehen, wenn sich schon bei summarischer Prüfung im Anordnungsverfahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit ergibt, dass ein Normenkontrollantrag unzulässig, offensichtlich unbegründet oder offensichtlich begründet ist (st. Rspr. des Senats: vgl. nur Beschluss vom 23. August 2011 – 3 EN 77/11 – LKV 2011, 472 m. w. N.).
Die begehrte einstweilige Anordnung ist bei allenfalls geringen Erfolgsaussichten der Normenkontrolle in der Hauptsache nicht auf Grund der nach den genannten Maßgaben erforderlichen Folgenabwägung geboten.
a. Ein Erfolg des Normenkontrollantrags in der Hauptsache ist allenfalls offen; jedenfalls führt die im Wesentlichen von den Antragstellern geltend gemachte ungerechtfertigte Benachteiligung ungeimpfter und nicht genesener Personen nicht zwingend auf eine Rechtswidrigkeit der angegriffenen Verordnungsbestimmungen (vgl. bei entsprechende Landesverordnung: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Dezember 2021 – 1 S 3528/21 – juris).
aa. Dies gilt zunächst für die angegriffene Bestimmung von Kontaktbeschränkungen nach § 17 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 2021.
(1) Die Rechtsgrundlage für die streitige Verordnungsbestimmung ist § 32 Satz 1 und 2 IfSG in Verbindung mit den §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 IfSG, zuletzt geändert durch das Gesetz zur Stärkung der Impfprävention gegen COVID-19 und zur Änderung weiterer Vorschriften im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie vom 10. Dezember 2021 (BGBl. I S. 5162), das am 12. Dezember 2021 in Kraft trat.
Nach § 32 Satz 1 IfSG werden die Landesregierungen ermächtigt, unter den Voraussetzungen, die für Maßnahmen nach den §§ 28, 28a und 29 bis 31 IfSG maßgebend sind, auch durch Rechtsverordnungen entsprechende Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten zu erlassen.
Die Landesregierung hat zwar gemäß § 32 Satz 2 IfSG die Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen nach Satz 1 der Vorschrift durch Rechtsverordnung auf andere Stellen übertragen, nämlich differenziert nach Regelungsbereichen auf das für das Gesundheitswesen bzw. das für Bildung zuständige Ministerium (§ 7 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz vom 2. März 2016 [GVBl. S. 155], zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 23. Juli 2021 [GVBl. S. 369] und – nach Erlass der hier streitigen Verordnung – durch Art. 1 der Verordnung vom 14. Dezember 2021). Diese Subdelegation hindert den Delegatar nicht, auch weiterhin selbst die Verordnungen zu erlassen; insoweit kann der Senat der gesetzlichen Regelung des § 32 IfSG kein zwingendes anderweitiges Verständnis entnehmen. Ebenso konnten die ermächtigten Ministerien in der Folge mit Verordnung vom 17. und 23. Dezember 2021 die vorliegend in Frage stehende Verordnung ändern; ein dem entgegenstehender Wille der Landesregierung ist nicht erkennbar.
(2) Durchgreifende evidente Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage drängen sich nicht auf und werden von den Antragstellern auch nicht geltend gemacht.
(3) Für den Senat ergeben sich auch keine formellen Bedenken gegen den Erlass der Rechtsverordnung vom 24. November 2021 und deren Folgeänderungen.
Die – nunmehr auch im Gesetz- und Verordnungsblatt verkündeten – Stamm- und Änderungsverordnungen verfügen über die von § 28a Abs. 5 Satz 1 IfSG vorgesehene amtliche Begründung (siehe unter https://www.tmasgff.de/covid-19/rechtsgrundlage) und überschreiten mit ihrer Befristung bis zum 24. Januar 2022 auch nicht die in § 28a Abs. 5 Satz 2 IfSG vorgegebene Geltungsdauer von vier Wochen.
(4) Auch bestehen – nach einer vorläufigen Einschätzung – keine Bedenken hinsichtlich des Vorliegens der zum Erlass der streitgegenständlichen Bestimmung erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen.
Nach § 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 IfSG in der zum Zeitpunkt des Erlasses maßgeblichen Fassung können – unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festzustellenden epidemischen Lage von nationaler Tragweite – als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG Kontaktbeschränkungen im privaten sowie öffentlichen Raum angeordnet werden, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung der Coronavirus-Krankheit-2019 (COVID-19) erforderlich sind.
Es bestehen keine Zweifel daran, dass die Corona-Pandemie und damit die Gefahr der Verbreitung von COVID-19 trotz des Auslaufens der vom Bundestag festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite weiterhin besteht. Aktuell sind insbesondere aufgrund des Auftretens und der raschen Verbreitung der Omikron-Variante sehr hohe Inzidenzen zu verzeichnen. Auch die Zahl schwerer Erkrankungen an COVID-19, die im Krankenhaus aufgenommen und ggf. auch intensivmedizinisch behandelt werden müssen, sowie die Zahl der Todesfälle befinden sich weiterhin auf einem hohen Niveau. Erste epidemiologische Analysen aus anderen Ländern deuten zwar bei Infektionen mit der Omikron-Variante auf einen im Vergleich zur Delta-Variante des Virus milderen Krankheitsverlauf. Die gegenüber früheren Varianten deutlich höhere Übertragbarkeit der Omikron-Variante sowie eine reduzierte Effektivität und Dauer des Impfschutzes gegen die Omikron-Variante drohen jedoch den Vorteil der milderen Krankheitsverläufe quantitativ aufzuwiegen und zu einer erneuten erheblichen Belastung des Gesundheitssystems und anderer Bereiche der kritischen Infrastruktur zu führen (s. Risikobewertung des Robert Koch-Instituts mit Stand 5. Januar 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html; 2. Stellungnahme des Expertenrates der Bundesregierung zu COVID-19 vom 6. Januar 2022, veröffentlicht auf der Internetseite der Bundesregierung, https://www.bundesregierung.de).
(5) Der Senat vermag im Eilverfahren auch nicht zwingend die Unverhältnismäßigkeit der nach § 17 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 2021 streitigen Anordnung der Kontaktbeschränkung zu erkennen.
(a) Die Feststellung einer übertragbaren Krankheit bedingt, dass die zuständige Stelle – sei es die zuständige Behörde im Wege des Erlasses von Verwaltungsakten oder die Landesregierung bzw. die von ihr ermächtigte Stelle im Wege des Erlasses einer Rechtsverordnung – zum Handeln verpflichtet ist. Die Stelle hat lediglich ein Ermessen hinsichtlich der Auswahl der anzuwendenden Schutzmaßnahmen.
Die Bandbreite der Schutzmaßnahmen, die bei Auftreten einer übertragbaren Krankheit in Frage kommen können, lässt sich nicht im Vorfeld bestimmen. Der Gesetzgeber hat § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG daher als Generalklausel ausgestaltet und in § 28a IfSG – im Rahmen dessen Anwendungsbereichs während der aktuellen Pandemielage (auch nach Auslaufen der Feststellung nach § 5 IfSG) – bestimmte in Betracht kommende Schutzmaßnahmen benannt.
Die Entscheidung, welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden, wird dadurch beschränkt, dass es sich um „notwendige“ Schutzmaßnahmen handeln muss, d. h. Maßnahmen, „soweit“ sie zur Verhinderung der (Weiter-)Verbreitung der Krankheit „erforderlich“ sind. Weiterhin betont das Gesetz den zeitlichen Aspekt: Maßnahmen dürfen nur getroffen werden, „solange“ sie erforderlich sind. Insgesamt sind der Maßnahmenauswahl damit durch den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Grenzen gesetzt (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf die Gesetzgebungsmaterialien: Bundestag-Drs. 8/2468, S. 27). Dies bringt nunmehr § 28a Abs. 7 Satz 1 Halbsatz 1 IfSG auch für die hier in Streit stehende Maßnahme zum Ausdruck. Danach muss diese zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sein.
Hierbei ist zu beachten, dass dem Verordnungsgeber des Landes – ähnlich wie dem Bundesgesetzgeber bei Erlass des Infektionsschutzgesetzes – ausgehend von der Bestimmung des legitimen Zwecks der Maßnahme hinsichtlich der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme Entscheidungsspielräume zukommen (vgl. hierzu entsprechend: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – u. a. juris Rn. 167 ff.).
(b) Es besteht für den Senat kein Zweifel dahingehend, dass der Verordnungsgeber mit der Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Maßnahmenverordnung vom 24. November 2021 und den Folgeänderungen wie auch mit der hier streitigen Maßnahme legitime Ziele des Gesundheitsschutzes verfolgt, die der Verhütung von gravierenden Krankheiten und Todesfällen sowie der Abwendung einer Überlastung des Gesundheitssystems dienen.
(aa) Die vom Infektionsschutzgesetz in den §§ 28a ff. IfSG selbst grundlegend angenommene Gefährlichkeit von COVID-19 besteht weiterhin. Die Verbreitung dieser Krankheit konkret in Thüringen ist dramatisch, was bereits jetzt das Gesundheitssystem an seine Grenzen bringt. Diese der Verordnung zu Grunde liegende Einschätzung des Verordnungsgebers ist nicht zu beanstanden.
Nachdem Thüringen im vergangenen Monat die bundesweit höchste 7-Tage-Inzidenz (Zahl der Neuinfektionen je 100.000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen) hatte, ist sie zwar zuletzt rückläufig, weist jedoch am 13. Januar 2022 weiterhin einen hohen Wert von 249,9 auf. In der Bewertung des Infektionsgeschehens anhand dieser Zahlen ist zu berücksichtigen, dass bei der Ausbreitung der neuen Omikron-Variante derzeit noch große regionale Unterschiede bestehen. So sind in Thüringen bislang seit der Meldewoche 46/2021 lediglich 552 Omikronfälle nachgewiesen, wohingegen andere Bundesländer bereits mehrere zehntausend Fälle zu verzeichnen haben (siehe die tägliche Übersicht des Robert Koch-Instituts zu Omikron-Fällen vom 13. Januar 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Omikron-Faelle/Omikron-Faelle.html?__blob=publicationFile; s. auch https://www.mdr.de/nachrichten/thueringen/corona-regelstudienzeit-omikron-vormarsch-100.html).
Das – auch im bundesweiten Vergleich – erhebliche Infektionsgeschehen zeigt sich weiterhin an der 7-Tage-Inzidenz der Hospitalisierung. Der Gesamtwert für Thüringen (Zeitpunkt 10. Januar 2022) liegt bei 7,2 gegenüber einem Bundesdurchschnitt von 3,37. Die Anzahl der durch COVID-19-Patienten belegten Betten (ITS-Belegungsquote) beträgt 28,1 % (bundesweit: 14,8 %). In absoluten Zahlen sind derzeit 174 Fälle von COVID-19-Erkrankungen in intensivmedizinischer Behandlung, 92 Patienten werden invasiv beatmet. Bis zum 7. Januar 2022 mussten zudem 30 intensivmedizinisch betreute Patienten in andere Bundesländer verlegt werden. Auch die Zahl der Todesfälle (Zeitpunkt 13. Januar 2022) liegt mit 292 je 100.000 Einwohner deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 138 Fällen je 100.000 Einwohnern; insgesamt verstarben an oder mit COVID-19 in Thüringen 6.195 Menschen seit Beginn der Pandemie (s. zu allen Daten: Täglicher Lagebericht des RKI zur Corona-Virus-Krankheit-2019 [COVID-19] vom 13. Januar 2022, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Situationsberichte/Gesamt.html; Lage-Flyer der Stabsstelle – Krisenstab Corona des TMASGFF vom 13. Januar 2022, https://corona.thueringen.de/).
Die Anzahl der Erstimpfungen liegt nach Angaben des Robert Koch-Instituts in Thüringen bei 1.455.170 (68,6 %), die der Zweitimpfungen bei 1.415.911 (66,8 %) und die der Auffrischungsimpfungen bei 839.181 (39,6 %) (12. Januar 2022; https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Daten/Impfquotenmonitoring.html).
Die der Verordnung zugrunde liegende Annahme eines erheblichen Unterschieds in der Gefährdungslage von geimpften und genesenen Personen ist – derzeit noch bei der vorherrschenden Verbreitung der Delta-Variante des Virus in Thüringen – ersichtlich nicht anzufechten. So lag nach den amtlichen Angaben des Antragsgegners im Bezugszeitraum vom 27. Dezember 2021 bis 2. Januar 2022 die 7-Tage-Inzidenz bei Ungeimpften bei 352,3 (1.644 symptomatische Fälle) und bei vollständig Geimpften bei 66,5 (900 symptomatische Fälle), die 7-Tage-Hospitalisierungsinzidenz bei Ungeimpften bei 19,3 (90 Hospitalisierte) und bei Geimpften bei 1,9 (26 Hospitalisierte) und die Anzahl der Patienten auf Intensivstationen bei 6 Ungeimpften und 3 Geimpften. Ausgehend von diesen auch einem bundesweiten Trend entsprechenden Zahlen sowie internationalen Studien führt das RKI zur Wirksamkeit der Impfungen wie folgt aus (https://www.rki.de/SharedDocs/FAQ/COVID-Impfen/gesamt.html;jsessionid=BE40A920DE42C84E555186141346CA39.internet051):
Nach derzeitigem Kenntnisstand bieten die COVID-19-mRNA-Impfstoffe Comirnaty (BioNTech/Pfizer) und Spikevax (Moderna) sowie der Vektor-Impfstoff Vaxzevria (AstraZeneca) bei Infektion mit Delta eine sehr hohe Wirksamkeit von etwa 90 % gegen eine schwere COVID-19-Erkrankung (z. B. Behandlung im Krankenhaus) und eine gute Wirksamkeit von etwa 75 % gegen eine symptomatische SARS-CoV-2-Infektion.
Was bedeutet das? Die Wahrscheinlichkeit, schwer an COVID-19 zu erkranken, ist bei den vollständig gegen COVID-19 geimpften Personen um etwa 90% geringer als bei den nicht geimpften Personen. Dazu ein Beispiel: Man stelle sich vor, in einer Gegend mit vielen aktiven COVID-19-Fällen treten etwa 20 Fälle je 1000 Personen auf. Würde in dieser Gegend dann ein Teil der Bevölkerung geimpft werden, würden also 20 von 1000 ungeimpften Personen an COVID-19 erkranken, aber nur etwa 2 von 1000 geimpften Personen. Wenn eine mit einem COVID-19-Impfstoff geimpfte Person mit dem Erreger in Kontakt kommt, wird sie also mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht schwer erkranken.
Diese Angaben zur Wirksamkeit basieren auf einem living systematic review, das seit Januar 2021 von der Geschäftsstelle der STIKO durchgeführt wird. Im Rahmen des Reviews wird u.a. die Evidenz zur Effektivität der Impfung gegen Infektionen mit der Delta-Variante und gegen die COVID-19-Erkrankung fortlaufend systematisch recherchiert, aufarbeitet und aktualisiert.
Daraus ergeben sich folgende Erkenntnisse in Bezug auf die Effektivität der COVID-19-Impfstoffe:
Sowohl nach mRNA-Impfung als auch nach Impfung mit Vaxzevria ist der Schutz vor schwerer Erkrankung höher als vor jeglicher symptomatischen Infektion.
Die Wirksamkeit beider Impfstofftypen gegen eine schwere Erkrankung ist sowohl bei Vorherrschen der Alpha-, als auch Delta-Variante sehr gut. Allerdings wurde eine um 10-20 Prozentpunkte geringere Wirksamkeit gegen symptomatische Infektion durch Delta im Vergleich zu Alpha beobachtet.
Der Impfschutz ist im jüngeren Alter ausgeprägter als im höheren Alter, unabhängig von Impfstofftyp und Virusvariante.
Es gibt eindeutige Hinweise für einen mit der Zeit nachlassenden Impfschutz.
Zur Wirksamkeit der Impfstoffe gegenüber der Omikron-Variante gibt es erste Erkenntnisse zur Verhinderung symptomatischer Infektionen aus einer epidemiologischen Studie aus dem Vereinigten Königreich. Die Studienergebnisse zeigen, dass die Wirksamkeit der Grundimmunisierung gegenüber symptomatischer Erkrankung durch die Omikron-Variante mit der Zeit deutlich nachlässt und im Vergleich zur Wirksamkeit gegenüber der Delta-Variante deutlich geringer ist. Ab etwa 15 Wochen nach der zweiten Impfstoffdosis ist die Impfstoffwirksamkeit so stark reduziert, dass nicht mehr von einem ausreichenden Schutz vor Erkrankung nach Grundimmunisierung ausgegangen werden kann. Diese Ergebnisse werden durch Laborstudien gestützt, die eine deutlich verminderte Neutralisationsfähigkeit gegenüber der Omikron-Variante nach 2-maliger Impfung mit Comirnaty im Vergleich zu Delta nachweisen konnten.
Nach einer Auffrischimpfung mit dem Comirnaty-Impfstoff wurde eine gute Wirksamkeit gegenüber Omikron festgestellt. Das gilt sowohl für Personen, die zuvor 2-mal mit Vaxzevria geimpft wurden, als auch für Personen die den Comirnaty-Impfstoff erhielten. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch bei Auffrischimpfung mit Spikevax (Moderna) eine ähnlich gute Wirksamkeit (wie bei Auffrischimpfung mit Comirnaty) erreicht wird. Es wird außerdem erwartet, dass eine Auffrischimpfung unabhängig vom Impfschema der Grundimmunisierung mit den in Deutschland zugelassenen Impfstoffen einen guten Schutz bietet.
(bb) Ausgehend von dem zum Erlasszeitpunkt bereits feststellbaren zusätzlichen Infektionsgeschehen und der bereits bestehenden Gefahr der Überlastung der Krankenhäuser, insbesondere der Intensivstationen, ist die Auffassung des Verordnungsgebers, dass eine weitere deutliche Verschärfung der zu ergreifenden Maßnahmen zur Eindämmung des Infektionsgeschehens erforderlich sei, nicht anzufechten. In Abwägung der unterschiedlichen Gefährdungslagen und Grundrechtseingriffe hat er von dieser Einschätzung ausgehend ein System unterschiedlicher Kontaktbeschränkungen geschaffen. So hat er neben allgemeinen Kontaktbeschränkungen für private Zusammenkünfte im öffentlichen und privaten Bereich weitere kontaktreduzierende Maßnahmen auf der Basis von 3G-, 2G- und 2G-Plus-Zugangsbeschränkungen und Kontakte vollständig ausschließende Maßnahmen in von ihm als besonders infektionsgefährdend erscheinenden Situationen sowie Ausgangsbeschränkungen beschlossen. Gemeinsam ist diesen Bestimmungen, dass sie entsprechend den unterschiedlich angenommenen Gefährdungseinschätzungen in unterschiedlichem Maße zwischen geimpften und genesenen Personen einerseits und nicht geimpften Personen andererseits differenzieren.
(cc) Der Verordnungsgeber will mit diesen Maßnahmen seiner in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG wurzelnden Schutzpflicht nachkommen, für den Schutz vor sämtlichen mit einer SARS-CoV-2-Infektion einhergehenden Gesundheits- und Lebensgefahren zu sorgen.Sowohl der Lebens- und Gesundheitsschutz als auch die Funktionsfähigkeit des Gesundheitssystems sind bereits für sich genommen überragend wichtige Gemeinwohlbelange und daher verfassungsrechtlich legitime Gesetzeszwecke. Aus Art. 2 Abs. 2 GG, der den Schutz des Einzelnen vor Beeinträchtigungen seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner Gesundheit umfasst, kann zudem eine Schutzpflicht des Staates folgen, die eine Vorsorge gegen Gesundheitsbeeinträchtigungen umfasst (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – u. a. juris Rn. 174 ff.).
Hinzu kommt, dass mit dem befürchteten und durch die Entwicklung in anderen Ländern belegten Aufkommen der neuen Virusvariante Omikron und deren drohender massenhafter Verbreitung sowie damit einhergehenden Erkrankungen und Quarantänen der Aspekt der Aufrechterhaltung des öffentlichen Lebens und insbesondere der sogenannten kritischen Infrastruktur als Zweck der Maßnahmen an Gewicht zunimmt (vgl. hierzu: 1. Stellungnahme des Expertenrates der Bundesregierung zu COVID-19 vom 19. Dezember 2021, https://www.bundesregierung.de/resource/blob/997532/1992410/7d068711b8c1cc02f4664eef56d974e0/2021-12-19-expertenrat-data.pdf?download=1).
(c) Im Hinblick auf dieses legitime Ziel erweist sich die in § 17 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 2021 angeordnete Kontaktbeschränkung im öffentlichen und privaten Bereich wahrscheinlich als verhältnismäßig.
Der Senat nimmt zunächst zur grundsätzlichen Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit solcher kontaktreduzierender Maßnahmen Bezug auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. November 2021 (- 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 166 ff.) zur Verfassungsmäßigkeit der nach § 28b Abs. 1 Nr. 1 IfSG in der vom 23. April 2021 bis 30. Juni 2021 geltenden Fassung geregelten vergleichbaren Anordnung von Kontaktbeschränkungen. Im Hinblick auf die angeführte dramatische Infektionsentwicklung besteht für den Senat – jedenfalls im Eilverfahren – keine Veranlassung, von dieser Bewertung im Hinblick auf die vom Thüringer Verordnungsgeber erlassene Kontaktbeschränkung abzuweichen.
Die Verhältnismäßigkeit wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Verordnung in § 17 Abs. 1 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO in der Fassung der Verordnung vom 23. Dezember 2021 die Kontaktmöglichkeit von geimpften und genesenen Personen weiter fasst als nach Absatz 2 die von ungeimpften Personen.
(aa) Die Differenzierung ist ein geeignetes Mittel zur Zielerreichung.
Das Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 185 f. m. w. N.) hat zu den verfassungsrechtlichen Maßstäben anknüpfend an seine ständige Rechtsprechung zuletzt ausgeführt, dass für die Eignung bereits die Möglichkeit genügt, durch die gesetzliche Regelung den Gesetzeszweck zu erreichen. Bei der Beurteilung der Eignung einer Regelung steht dem Gesetzgeber ein Spielraum zu, der sich auf die Einschätzung und Bewertung der tatsächlichen Verhältnisse, auf die etwa erforderliche Prognose und auf die Wahl der Mittel bezieht, um die Ziele des Gesetzes zu erreichen. Dieser Spielraum reicht nicht stets gleich weit. Insoweit hängt sein Umfang vielmehr einzelfallbezogen etwa von der Eigenart des in Rede stehenden Sachbereichs, den Möglichkeiten sich ein hinreichend sicheres Urteil zu bilden und der Bedeutung der auf dem Spiel stehenden Rechtsgüter ab. Für Letzteres kann auch das Eingriffsgewicht in Bezug auf die Eigenart des vom Eingriff betroffenen Rechts eine Rolle spielen. Auch hier gilt, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne weiteres zu Lasten der Grundrechtsträger gehen dürfen. Erfolgt aber der Eingriff zum Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt. Liegen der gesetzlichen Regelung prognostische Entscheidungen zugrunde, kann die Eignung nicht nach der tatsächlichen späteren Entwicklung, sondern lediglich danach beurteilt werden, ob der Gesetzgeber aus seiner Sicht davon ausgehen durfte, dass die Maßnahme zur Erreichung des gesetzten Ziels geeignet, ob seine Prognose also sachgerecht und vertretbar war. Erweist sich eine Prognose nachträglich als unrichtig, stellt dies jedenfalls die ursprüngliche Eignung des Gesetzes nicht in Frage. Die Eignung setzt also nicht voraus, dass es zweifelsfreie empirische Nachweise der Wirkung oder Wirksamkeit der Maßnahmen gibt. Allerdings kann eine zunächst verfassungskonforme Regelung später mit Wirkung für die Zukunft verfassungswidrig werden, wenn ursprüngliche Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr tragen.
Die Einschätzung des Verordnungsgebers, die Kontaktmöglichkeiten im privaten und öffentlichen Bereich für ungeimpfte Personen enger zu fassen als für geimpfte und genesene Personen sei eine geeignete Maßnahme zur Pandemiebekämpfung, ist nicht anzufechten. Wie vorstehend ausgeführt, zeigt die Entwicklung der Infektionszahlen – insbesondere aber auch der Hospitalisierungszahlen und der Fallzahlen intensivmedizinischer Behandlungen – überaus deutliche Unterschiede im Hinblick auf den Infektionsschutz von Geimpften bzw. Genesenen zu Ungeimpften auf. Eine darauf aufbauende Differenzierung der Schutzmaßnahmen stellt das grundsätzliche Ziel, einen geeigneten Infektionsschutz zu erreichen, nicht in Frage. Das geeignete Mittel der Kontaktreduzierung wird vielmehr zielgenauer im Hinblick auf vulnerable Personengruppen eingesetzt. Dies folgt auch aus der grundsätzlichen Risikobewertung des RKI, das die Infektionsgefährdung für die Gruppe der Ungeimpften als sehr hoch, für die Gruppen der Genesen und Geimpften mit Grundimmunisierung (zweimalige Impfung) als hoch und für die Gruppe der Geimpften mit Auffrischungsimpfung (dreimalige Impfung) als moderat einschätzt (RKI, Risikobewertung vom 5. Januar 2022, abrufbar unter: www.rki.de).
Ob diese Bewertung angesichts der fortschreitenden Verbreitung der Omikron-Variante sowohl bei geimpften als auch ungeimpften Personen aufrecht zu erhalten ist, ist angesichts der derzeit noch unzureichenden Erkenntnislage nicht abschließend festzustellen.
(bb) Dem Senat drängt sich weiterhin nicht die mangelnde Erforderlichkeit der angegriffenen Maßnahme einer stärkeren Kontaktbeschränkung für ungeimpfte Personen auf.
Nach der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – juris Rn. 203 – 204 m. w. N.) ist das Merkmal der Erforderlichkeit so zu verstehen, dass Grundrechtseingriffe nicht weitergehen dürfen, als es der Schutz des Gemeinwohls erfordert. Daran fehlt es, wenn ein gleich wirksames Mittel zur Erreichung des Gemeinwohlziels zur Verfügung steht, das den Grundrechtsträger weniger und Dritte und die Allgemeinheit nicht stärker belastet. Die sachliche Gleichwertigkeit der alternativen Maßnahmen zur Zweckerreichung muss dafür in jeder Hinsicht eindeutig feststehen. Dem Gesetzgeber steht grundsätzlich auch für die Beurteilung der Erforderlichkeit ein Einschätzungsspielraum zu. Der Spielraum bezieht sich unter anderem darauf, die Wirkung der von ihm gewählten Maßnahmen auch im Vergleich zu anderen, weniger belastenden Maßnahmen zu prognostizieren. Der Spielraum kann sich wegen des betroffenen Grundrechts und der Intensität des Eingriffs verengen. Umgekehrt reicht er umso weiter, je höher die Komplexität der zu regelnden Materie ist. Auch hier gilt, dass bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen tatsächliche Unsicherheiten grundsätzlich nicht ohne weiteres zu Lasten der Grundrechtsträger gehen dürfen. Dient der Eingriff dem Schutz gewichtiger verfassungsrechtlicher Güter und ist es dem Gesetzgeber angesichts der tatsächlichen Unsicherheiten nur begrenzt möglich, sich ein hinreichend sicheres Bild zu machen, ist die gerichtliche Prüfung auf die Vertretbarkeit der gesetzgeberischen Eignungsprognose beschränkt.
Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Antragsteller ist bei der hier allein möglichen summarischen Prüfung nicht festzustellen, dass der Verordnungsgeber den ihm insoweit zustehenden Einschätzungsspielraum überschritten hat. Die differenzierte Behandlung von ungeimpften Personen zu geimpften und genesenen Personen folgt aus dem Umstand unterschiedlicher Gefährdungslagen. Eine unterschiedslose Anwendung der Kontaktbeschränkungsregelungen für beide Personengruppen würde dem nicht gerecht.
(cc) Bei summarischer Prüfung ist auch nicht zwingend anzunehmen, dass die Regelung unter Abwägung der gegenläufigen verfassungsrechtlichen Positionen unangemessen ist.
Die Angemessenheit und damit die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne erfordert, dass der mit der Maßnahme verfolgte Zweck und die zu erwartende Zweckerreichung nicht außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs stehen (vgl. hierzu wie zum Folgenden: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 – juris Rn. 216 – 217 m. w. N.). Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, in einer Abwägung Reichweite und Gewicht des Eingriffs in Grundrechte einerseits der Bedeutung der Regelung für die Erreichung legitimer Ziele andererseits gegenüberzustellen. Um dem Übermaßverbot zu genügen, müssen hierbei die Interessen des Gemeinwohls umso gewichtiger sein, je empfindlicher die Einzelnen in ihrer Freiheit beeinträchtigt werden. Umgekehrt wird gesetzgeberisches Handeln umso dringlicher, je größer die Nachteile und Gefahren sind, die bei gänzlich freier Grundrechtsausübung erwachsen können. Auch bei der Prüfung der Angemessenheit besteht grundsätzlich ein Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers. Die verfassungsrechtliche Prüfung bezieht sich dann darauf, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum in vertretbarer Weise gehandhabt hat. Bei der Kontrolle prognostischer Entscheidungen setzt dies wiederum voraus, dass die Prognose des Gesetzgebers auf einer hinreichend gesicherten Grundlage beruht.
Der Vortrag der Antragsteller zeigt jedenfalls nicht auf, dass die von ihnen angegriffene Kontaktbeschränkung im öffentlichen und privaten Raum offensichtlich außer Verhältnis zu der Schwere des Eingriffs steht.
Die Maßnahme führt zu erheblichen Grundrechtseinschränkungen im Bereich privater Lebensgestaltung. Betroffen sind (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 106 ff.) insoweit neben dem Grundrecht von Familie und Ehe (Art. 6 Abs. 1 GG) vor allem das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit in seiner Ausprägung als allgemeines Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) und als allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).
Diese Grundrechtspositionen werden jedoch nicht unbeschränkt gewährt, sondern unterliegen einem Gesetzesvorbehalt bzw. verfassungsunmittelbaren Schranken (BVerfG, Beschluss vom 19. November 2021 – 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 116 ff.). Dass den hier betroffenen Grundrechten ungeimpfter und nicht genesener Personen im Ergebnis ein unbedingter Vorrang gegenüber dem mit der Verordnung bezweckten Schutz von Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) gebührt, ist nicht festzustellen. Die Unangemessenheit folgt nicht aus den ihnen auferlegten besonderen Einschränkungen. Der Verordnungsgeber hat insoweit im Rahmen seiner nicht ersichtlich fehlerhaften Einschätzung den erhöhten Bedarf an Kontaktreduzierungen aus dem nachgewiesenen Umstand einer wesentlich anderen Gefährdungslage dieser Personengruppe geschlussfolgert.
Die Unangemessenheit der Kontaktbeschränkung folgt hier auch nicht aus dem Umstand, dass mit dieser Maßnahme, auch im Zusammenhang mit den weiteren, strengeren Auflagen gegenüber ungeimpften Personen, auf diese ein erheblicher Druck ausgeübt wird, sich impfen zu lassen. Dass ein solcher „Impfdruck“ im Interesse eines besseren bevölkerungsweiten Infektions- und damit Gesundheitsschutzes von den betreffenden Verordnungsregelungen, aber auch den bundesgesetzlichen Bestimmungen des § 28b IfSG entsteht, ist evident und entspricht der gesetzgeberischen Intention. Der dagegen von den Antragstellern im Wesentlichen behaupteten Gefährlichkeit einer solchen Impfung gegen das Virus vermag der Senat nicht zu folgen.
Den breit angelegten Ausführungen der Antragsteller steht grundlegend entgegen, dass sie die Gefährlichkeit der Impfungen grundsätzlich überzeichnen, während sie die Gefährlichkeit der Verbreitung des SARS-CoV-2-Virus und der Covid-19-Erkrankung nicht wahrnehmen oder unterschätzen. Vor allem aber steht ihre Einschätzung in fundamentalem Widerspruch zu den Bewertungen der dazu mit besonderer Expertise ausgewiesenen nationalen und internationalen amtlichen und wissenschaftlichen Einrichtungen – neben dem Robert Koch-Institut (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/COVID-19/COVID-19.html;jsessionid=BD224EFA4F564F8FDA8D2B7D4EF8C5FC.internet112?nn=2386228) vor allem dem Paul-Ehrlich-Institut (https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/coronavirus-inhalt.html;jsessionid=8B6F37265B9AEA0FB9DD928689454CE2.intranet211), der Ständigen Impfkommission (https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2022/Ausgaben/02_22.pdf?__blob=publicationFile), der Europäischen Union (https://vaccination-info.eu/de/covid-19/covid-19-impfstoffe) und der Weltgesundheitsorganisation (https://www.euro.who.int/de/health-topics/health-emergencies/coronavirus-covid-19/covid-19-vaccines-and-vaccination) -. Der Senat nimmt insbesondere im Hinblick auf die einzelnen Bedenken der Antragsteller Bezug auf das Informationsportal des Paul-Ehrlich-Instituts, das im Einzelnen auf die geäußerten Bedenken eingeht (https://www.pei.de/DE/newsroom/dossier/coronavirus/coronavirus-inhalt.html;jsessionid=87C9EC2920B64124ED31928957A897DD.intranet241?nn=169730&cms_pos=4).
(6) Soweit die Antragsteller mit ihrem Vortrag eine grundrechtswidrige Ungleichbehandlung geltend machen, führt dies nicht zwingend zur Annahme der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme.
Hierbei ist schon zweifelhaft, ob und inwieweit der Vorwurf gleichheitswidriger Behandlung überhaupt im Eilverfahren auf eine Außervollzugsetzung der angegriffenen Bestimmungen führen muss (Bayerischer VGH, Beschluss vom 27. April 2020 – 20 NE 20.793 – juris). Wird ein solcher Rechtsverstoß unterstellt, ist dem Verordnungsgeber – soweit nicht andere rechtserhebliche Gesichtspunkte Anderes gebieten (vgl. etwa: BVerwG, Urteil vom 11. Oktober 1996 – 3 C 29.96 – juris Rn. 36; auch: Beschluss des Senats vom 22. Mai 2020 – 3 EN 341/20 – juris) – dann nämlich erneut ein Entscheidungsspielraum eröffnet, den betreffenden Gleichheitsverstoß zu beseitigen. Dies würde vorliegend insbesondere auch nicht ausschließen, im Interesse des Infektionsschutzes und der Vermeidung weiterer Infektionen erhöhte Kontaktbeschränkungen auch für geimpfte und genesene Personen vorzusehen.
Ungeachtet dessen spricht einiges für eine sachliche Rechtfertigung der Ungleichbehandlung.
Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat zu den Anforderungen des insoweit im Bundes- und Landesrecht inhaltlich nicht wesentlich divergierenden allgemeinen Gleichheitssatzes im Hinblick auf infektionsschutzrechtliche Regelungen ausgeführt (Thüringer VerfGH, Urteil vom 1. März 2021 – 18/20 – juris Rn. 511 ff.):
Der allgemeine Gleichheitssatz aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf gebietet dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln. Hierbei verbleibt ihm grundsätzlich ein weiter Gestaltungsspielraum, dessen Grenzen erst überschritten sind, wenn die vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung nicht mehr auf sachlichen Erwägungen beruht und willkürlich ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 26. Februar 1985 – 2 BvL 17/83 -, BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Es ist insoweit nicht Sache eines Verfassungsgerichts zu prüfen, ob der Gesetzgeber jeweils die gerechteste und zweckmäßigste Regelung getroffen hat, sondern lediglich, ob die äußersten Grenzen gewahrt sind (zur entsprechenden Beschränkung seines Prüfungsumfangs siehe auch BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 1981 – 2 BvR 1067/80 -, BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27). Dieser aus Art. 2 Abs. 1 ThürVerf für den parlamentarischen Gesetzgeber resultierende Maßstab gilt für die normsetzende Exekutive entsprechend, allerdings ist der dem Verordnungsgeber zukommende Gestaltungsspielraum enger, da ein solcher von vornherein nur in dem von der gesetzlichen Ermächtigungsnorm abgesteckten Rahmen besteht (vgl. insoweit zu den Vorgaben des Art. 80 Abs. 1 GG: BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39). Der Verordnungsgeber darf keine Differenzierungen vornehmen, die über die Grenzen einer formell und materiell verfassungsmäßigen Ermächtigung hinaus eine Korrektur der Entscheidungen des Gesetzgebers bedeuten würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 1963 – 1 BvR 265/62 -, BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22), sondern muss vielmehr den Zweckerwägungen folgen, die im ermächtigenden Gesetz angelegt sind (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 18). In den Grenzen des ihm zustehenden Ermessens muss er nach dem Gleichheitssatz im wohlverstandenen Sinn der ihm erteilten Ermächtigung handeln und sich von sachfremden Erwägungen freihalten (vgl. BVerfGE 16, 332 [339] = juris Rn. 22; BVerfGE 58, 68 [79] = juris Rn. 27; BVerfGE 69, 150 [160] = juris Rn. 39).
Dies hat zur Folge, dass sich die Regelungen an den Zwecken dieser bundesgesetzlichen Verordnungsermächtigung auszurichten haben, wenn durch diese Ungleichbehandlungen erfolgen (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 – juris, Rn. 19). Ungleichbehandlungen dürfen somit grundsätzlich allein aus infektionsschutzrechtlichen Gründen erfolgen, da nur zu diesem Zweck die Verordnungsermächtigung erteilt ist (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 19). Über diese infektionsschutzrechtlichen Gründe hinaus kommen allenfalls noch andere überragend wichtige Gründe des Gemeinwohls in Betracht, um Ungleichbehandlungen rechtfertigen zu können (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5. November 2020 – 1 S 3405/20 -, juris Rn. 20).
Unter Anlegung der genannten Maßstäbe kann der Senat in den unterschiedlichen Regelungen für geimpfte und genesene Personen einerseits und ungeimpfte Personen andererseits eine Art. 3 Abs. 1 GG verletzende Ungleichbehandlung nicht erkennen. Die Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt. Diese Rechtfertigung ist zum einen darin zu sehen, dass immunisierte Personen – wie dargestellt – jedenfalls bei der derzeit noch dominierenden Delta-Variante weniger zum Infektionsgeschehen beitragen. Zum anderen trägt die Differenzierung dem Umstand Rechnung, dass nicht immunisierte Personen, wenn sie sich mit SARS-CoV-2 infizieren, deutlich gefährdeter sind, so schwer zu erkranken, dass sie intensivmedizinisch behandelt werden müssen und somit in weitgehendem Maße dazu beitragen, dass im betreffenden Bereich des Gesundheitswesens eine Überlastungssituation droht. Dies gilt voraussichtlich auch mit zunehmender Verbreitung der Omikron-Variante (https://www.tagesschau.de/inland/intensivpatienten-ungeimpft-101.html), auch wenn sich mit ihr – möglicherweise – auch vermehrt geimpfte Personen infizieren werden.
(7) Die Einschätzung des Senats zur Rechtmäßigkeit der Maßnahme wird auch nicht durch das von den Antragstellern vorgelegte Gutachten von Prof. Dr. M… vom 4. Oktober 2021 in Frage gestellt (vgl. hierzu auch: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 17. Dezember 2021 – 1 S 3670/21 – juris Rn. 102). Das Gutachten geht hinsichtlich der Risikoeinschätzung von einer jedenfalls mit Auftreten der Delta-Variante nicht mehr tragfähigen tatsächlichen Annahme aus. Ihr stand und steht die Einschätzung der dazu vom Gesetzgeber berufenen Einrichtungen, insbesondere Robert Koch-Instituts, entgegen. Jedenfalls für Thüringen war eine Überlastungssituation der Krankenhäuser festzustellen und droht konkret weiterhin.
bb. Der Senat sieht ebenso keine überwiegenden Erfolgsaussichten des Normenkontrollantrags in der Hauptsache, soweit sich die Antragsteller gegen die 2G- bzw. 2G-Plus-Zugangsbeschränkung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1. a), d) und e), Abs. 3 Nr. 1. und 2. sowie § 18a Abs. 1 Nr. 6. a) und b) ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO wenden.
Die Rechtsgrundlage für diese Verordnungsbestimmungen zum Zeitpunkt deren Erlasses ist § 32 Satz 1 und 2 i. V. m. §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 IfSG vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22. November 2021 (BGBl. I S. 4906), das nach dessen Art. 22 am 23. November 2021 in Kraft trat. Danach können – unabhängig von einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festzustellenden epidemischen Lage von nationaler Tragweite – als notwendige Schutzmaßnahmen im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 und 2 IfSG die Verpflichtung zur Vorlage von Impf-, Genesenen- oder Testnachweisen sowie an die Vorlage solcher Nachweise anknüpfende Beschränkungen des Zugangs in den oder bei den in § 28a Abs. 1 Nr. 4 bis 8 und 10 bis 16 IfSG genannten Betrieben, Gewerben, Einrichtungen, Angeboten, Veranstaltungen, Reisen und Ausübungen angeordnet werden, soweit sie zur Verhinderung der Verbreitung von COVID-19 erforderlich sind. Die von den angefochtenen Bestimmungen betroffenen Einrichtungen gehören zu den in dieser Ermächtigungsgrundlage genannten Bereichen. Die weiteren formellen und materiellen tatbestandlichen Voraussetzungen liegen, wie unter Pkt. aa. ausgeführt, vor.
Für den Senat ergeben sich auch keine durchgreifenden Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Anordnungen; insoweit nimmt der Senat Bezug auf seine die §§ 18, 18a ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO betreffenden Beschlüsse vom 22. Dezember 2021 – 3 EN 752/21 – und vom 30. Dezember 2021 – 3 EN 775/21 – (jeweils juris; vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11. Januar 2022 – 1 S 3781/21 – juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Januar 2022 – 5 S 1/22 – juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Dezember 2021 – 13 B 1858/21 – juris; Sächsisches OVG, Beschluss vom 22. Dezember 2021 – 3 B 445/21 – juris; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 14. Dezember 2021 – 3 MR 31/21 – juris; a. A.: Niedersächsisches OVG, Beschluss vom 16. Dezember 2021 – 13 MN 477/21 – juris).
Es ergibt sich auch keine andere Bewertung der Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Ausschlusses von ungeimpften und nicht genesenen Personen; insoweit ist die Einschätzung des Verordnungsgebers einer unterschiedlichen Gefährdungslage der jeweiligen Personengruppe und eines darauf aufbauenden Systems differenzierender Kontakt- und Zugangsbeschränkungen nicht erkennbar fehlerhaft. Ebenso liegt hierin die sachliche Rechtfertigung einer Ungleichbehandlung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. Der Senat nimmt insoweit Bezug auf die Ausführungen unter Pkt. aa.
cc. Soweit sich die Antragsteller gegen die ungeimpfte und nicht genesene Personen betreffende nächtliche Ausgangsbeschränkung nach § 28 ThürSARS-CoV-2-IfS-MaßnVO wenden, bleibt auch insoweit der Erfolg der Normenkontrolle allenfalls offen.
Rechtsgrundlage dieser Verordnungsbestimmung sind die §§ 28 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, 28a Abs. 9 IfSG. Zwar ist nach § 28 Abs. 8 Satz 1 Nr. 1 IfSG die Verhängung von Ausgangsbeschränkungen im Sinne des § 28a Abs. 1 Nr. 3 IfSG nach dem Ende einer durch den Deutschen Bundestag nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IfSG festgestellten epidemischen Lage von nationaler Tragweite grundsätzlich ausgeschlossen. Nach § 28a Abs. 9 IfSG bleibt jedoch die Rechtsgrundlage für die Anordnung von Ausgangsbeschränkungen bis längstens zum Ablauf des 19. März 2022 anwendbar, die bis zum 25. November 2021 in Kraft getreten ist. So liegt es hier. Die Anordnung trat am 24. November 2021 um 23:59 Uhr in Kraft.
Im Übrigen liegen die formellen und materiellen Voraussetzungen zum Erlass der Anordnung vor dem Hintergrund der Infektionslage vor. Auch insoweit ist auf die Ausführungen unter Pkt. aa. entsprechend zu verweisen.
Dem Senat drängt sich ferner nicht die Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme auf. Insoweit wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 19. November 2021 (- 1 BvR 781/21 u. a. – juris Rn. 238 ff., 274 ff.) zur nächtlichen Ausgangbeschränkung nach § 28b Abs. 1 Nr. 2 IfSG in der vom 23. April 2021 bis 30. Juni 2021 geltenden Fassung, die bei einer Infektionslage galt, die im Vergleich zur aktuellen Entwicklung ein erheblich geringeres Ausmaß und eine geringere Gefährlichkeit aufwies. Die Maßnahme wird rechtlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie nunmehr nur noch auf ungeimpfte und nicht genesene Personen beschränkt ist. Auch insoweit rechtfertigt sich dies aus dem erheblich abweichenden Gefahrenpotenzial dieses Personenkreises sowohl im Hinblick auf die erhöhte Infektiösität als auch das gesteigerte Erkrankungsrisiko. Insgesamt stellt sich das Handeln des Verordnungsgebers als Teil eines Infektionsschutzkonzeptes dar, das darauf zielt, grundsätzlich geeignete Maßnahmen auf den von ihm als besonders vulnerabel erkannten Personenkreis zu beschränken.
b. Verbleibt es mithin bei – allenfalls – offenen Erfolgsaussichten, gebietet eine Folgenabwägung nicht, die einstweilige Anordnung zu erlassen. Dies legt weder der Vortrag der Antragsteller nahe, noch ist dies ansonsten erkennbar. Bei der Folgenabwägung sind angesichts der Allgemeinverbindlichkeit der Entscheidung die Auswirkungen auf alle von der angegriffenen Regelung Betroffenen zu berücksichtigen, nicht nur die Folgen für die Antragsteller.
Würde der Aussetzungsantrag im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes abgelehnt, erwiese sich im Ergebnis des Hauptsacheverfahrens die Verordnung aber als rechtswidrig, wären die betroffenen Personengruppen in erheblicher Weise in der unbeschränkten Ausübung ihrer Grundrechte – insbesondere der allgemeinen Handlungsfreiheit und des allgemeinen Persönlichkeitsrechts – betroffen. Sie sind in der Gestaltung ihres privaten Lebensbereichs, wie auch ihrer Teilnahme am öffentlichen Leben vielfach beschränkt. Allerdings steht dem entgegen, dass sie sich impfen lassen können, was ihnen nach der auf wissenschaftlicher Expertise beruhenden Einschätzung des Verordnungsgebers zumutbar ist. Ferner sind die Beschränkungen nicht solcher Art, dass sie jede Aktivität im privaten wie im öffentlichen Bereich unterbinden.
Würde hingegen dem Aussetzungsantrag stattgegeben, erwiese sich die Verordnung im Hauptsacheverfahren aber als rechtmäßig, träte damit eine konkrete – wie auch durch die Fallzahlenentwicklung in Thüringen, Deutschland und der Welt belegte – Steigerung der Risiko- und Gefährdungslage ein, die auch im Hinblick auf die erheblich angestiegene Ansteckungsgefahr durch die neue Virusvariante Omikron wesentlich erhöht ist. Über 7,7 Millionen Infektionen, über 115.000 durch bzw. mit dem Corona-Virus Verstorbene sowie die erhebliche Zahl der Hospitalisierungen und der intensivmedizinischen Behandlungen seit Beginn der Pandemie in Deutschland mit einer verstärkenden Tendenz seit Auftreten der Delta-Variante des Virus, ferner die zunehmenden Erkenntnisse über Langzeitfolgen von COVID-19 belegen dies und begründen eine Handlungspflicht des Staates. Auch nur eine vorläufige Außervollzugsetzung kann eine konkrete Gefahr für Gesundheit, Leib und Leben einer unüberschaubaren Vielzahl von Menschen begründen.
Hierbei ist auch von erheblichem Belang, dass die Außervollzugsetzung aufgrund der Allgemeinverbindlichkeit weit über den Fall der Antragsteller hinaus wirken würde. Ein wesentliches Element der komplexen Pandemiebekämpfungsstrategie des Antragsgegners würde in seiner Wirkung reduziert (vgl. zur Berücksichtigung dieses Aspekts in der Folgenabwägung: BVerfG, Beschluss vom 1. Mai 2020 – 1 BvQ 42/20 – juris Rn. 10), und dies zu einem Zeitpunkt mit einem weiterhin dynamischen Infektionsgeschehen. Die Möglichkeit, eine geeignete und erforderliche Schutzmaßnahme zu ergreifen und so die Verbreitung der Infektionskrankheit zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, einem mit Blick auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG überragend wichtigen Gemeinwohlbelang, effektiver zu verhindern, bliebe zumindest zeitweise bis zu einer Reaktion des Verordnungsgebers (irreversibel) ungenutzt.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Eine Halbierung des Auffangstreitwertes ist wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache nicht angezeigt. Er ist jedoch im Hinblick auf die Anzahl der Antragsteller zu verdoppeln.
Hinweis:Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).


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