Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis, schizoaffektive Psychose und starke Bronchitis, Nichtbeibringung eines angeordneten ärztlichen Gutachtens, Aufhebung der Betreuung, Wirksames Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

Aktenzeichen  11 ZB 21.3174

Datum:
16.5.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12058
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 101 Abs. 2
FeV § 11 Abs. 2, Abs. 8, 46 Abs. 3
Anlage 4 Nr. 7.5, 7.6 und 11.3

 

Leitsatz

Verfahrensgang

W 6 K 21.513 2021-10-28 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 12.500,- Euro festgelegt.

Gründe

I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Entziehung ihrer Fahrerlaubnis und die Verpflichtung zur Vorlage ihres Führerscheins.
Aufgrund einer Anregung der Polizeiinspektion Bad Brückenau vom 14. August 2020, die Fahreignung der am … … 1937 geborenen Klägerin, welche die Polizei wegen einer Auseinandersetzung mit einer Kfz-Werkstatt um Hilfe ersucht hatte, ärztlich zu begutachten, bat das Landratsamt Bad Kissingen die Klägerin mit Schreiben vom 18. August 2020 um Vorsprache und Vorlage ärztlicher Unterlagen. Am 26. August 2020 teilte die Klägerin einem Aktenvermerk des Landratsamts zufolge telefonisch mit, sie leide an einer starken Bronchitis und werde „wg. Corona“ keinen Termin bei der Fahrerlaubnisbehörde wahrnehmen. Von der damaligen Betreuerin der Klägerin erhielt das Landratsamt ein im Betreuungsverfahren erstelltes ärztliches Gutachten vom 18. November 2019, wonach die Klägerin aufgrund einer schizoaffektiven Psychose (ICD 10: F 25.9) dauerhaft psychisch krank und krankheitsuneinsichtig sei.
Mit Schreiben vom 31. August 2020 forderte das Landratsamt die Klägerin zur Vorlage eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens bis 30. Oktober 2020 auf. Dieser Aufforderung kam die Klägerin nicht nach. In den Akten des Landratsamts befindet sich ein weiteres, im Betreuungsverfahren erstelltes und von der ehemaligen Betreuerin übersandtes Gutachten eines Arztes für Psychiatrie, Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin vom 8. August 2020, wonach bei der Klägerin eine paranoide Psychose unklarer Genese mit wellenförmigem Verlauf vorliege. Krankheitseinsicht bestehe nicht; eine Betreuung erscheine jedoch nicht dringend erforderlich. Daraufhin hob das Amtsgericht Bad Kissingen die Betreuung mit Beschluss vom 7. Oktober 2020 auf.
Mit Bescheid vom 11. Januar 2021 entzog das Landratsamt der Klägerin unter Anordnung des Sofortvollzugs die Fahrerlaubnis und verpflichtete sie zur Abgabe des Führerscheins. Da sie das Fahreignungsgutachten nicht vorgelegt habe, sei daraus auf ihre Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen zu schließen.
Den hiergegen von der Klägerin eingereichten Widerspruch wies die Regierung von Unterfranken mit Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 2021 zurück. Bereits mit Schreiben vom 10. April 2021 hatte die zu diesem Zeitpunkt noch nicht anwaltlich vertretene Klägerin beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis eingereicht. Mit Schreiben vom 8. September 2021 hörte das Verwaltungsgericht die Klägerin und das Landratsamt zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung an und übersandte hierzu eine zu unterzeichnende Einverständniserklärung. Sowohl das Landratsamt (16.9.2021) als auch die Klägerin (20.9.2021) erklärten daraufhin ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung.
Mit Urteil vom 28. Oktober 2021 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die zulässige Klage sei unbegründet. Nach Bekanntwerden der psychischen Erkrankung und der schweren Atemwegserkrankungen habe hinreichender Anlass zur Aufklärung der Zweifel an der Fahreignung der Klägerin gemäß § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Nr. 7.5, 7.6 und 11.3 der Anlage 4 zur FeV bestanden. Nachdem die Klägerin der zu Recht ergangenen Aufforderung vom 31. August 2020 zur Beibringung eines ärztlichen Gutachtens ohne hinreichenden Grund nicht nachgekommen sei, habe der Beklagte daraus auf deren Nichteignung schließen, ihr die Fahrerlaubnis entziehen und die Herausgabe ihres Führerscheins anordnen dürfen.
Zur Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung, dem der Beklagte entgegentritt, hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigten ausführen lassen, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die Entscheidung beruhen könne. Die Klägerin habe nicht eindeutig auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet. Das Verwaltungsgericht sei seiner Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 3 VwGO gegenüber der anwaltlich nicht vertretenen Klägerin nicht ausreichend nachgekommen. Dadurch sei deren Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt worden. Außerdem bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens sei nicht anlassbezogen und unverhältnismäßig. Es hätten keine ausreichenden Anhaltspunkte für Fahreignungszweifel vorgelegen. Die Klägerin habe auch ihrer Mitwirkungsobliegenheit genügt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen.
Die von den Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schriftsatz vom 5. April 2022 erklärte Mandatsniederlegung hat die Prozessbevollmächtigung mangels Anzeige der Bestellung eines anderen Anwalts nicht beendet (§ 173 VwGO i.V.m. § 87 Abs. 1 Hs. 2 ZPO).
1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangel zuzulassen, auf dem das angefochtene Urteil beruhen kann (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO). Das Verwaltungsgericht hat aufgrund eines wirksam erklärten Einverständnisses der Verfahrensbeteiligten ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Nach § 101 Abs. 2 VwGO kann das Gericht mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden. Das hierzu vom Verwaltungsgericht mit Schreiben vom 8. September 2021 versandte Einverständnisformular haben das Landratsamt am 14. September 2021 und die Klägerin – mit handschriftlichen Anmerkungen – am 20. September 2021 unterzeichnet und jeweils an das Verwaltungsgericht zurückgesandt.
Die Klägerin, die aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts Bad Kissingen vom 7. Oktober 2020 nicht mehr unter Betreuung stand, konnte ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung wirksam erklären. Auch ein nicht vertretener Beteiligter kann die Einverständniserklärung nach § 101 Abs. 2 VwGO im erstinstanzlichen Verfahren beim Verwaltungsgericht, für das kein Vertretungszwang besteht, wirksam abgeben (BVerwG, B.v. 24.4.2013 – 8 B 91.12 – juris Rn. 5 m.w.N.). Fähig zur Vornahme von Verfahrenshandlungen sind die nach bürgerlichem Recht Geschäftsfähigen (§ 62 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) und die nach bürgerlichem Recht in der Geschäftsfähigkeit Beschränkten, soweit sie durch Vorschriften des bürgerlichen oder öffentlichen Rechts für den Gegenstand des Verfahrens als geschäftsfähig anerkannt sind (§ 62 Abs. 1 Nr. 2 VwGO). Dafür, dass sich die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hätte und hierdurch ihre Geschäftsfähigkeit ausgeschlossen gewesen wäre (§ 104 Nr. 2 BGB), sind trotz ihres unstrukturierten Vorbringens keine ausreichenden Anhaltspunkte ersichtlich. Dagegen spricht vielmehr, dass das Amtsgericht Bad Kissingen die zuvor angeordnete Betreuung, die ohnehin nicht per se zum Verlust der Geschäfts- und damit der Prozessfähigkeit führt (vgl. Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 61 Rn. 6), wegen Wegfalls der Voraussetzungen gemäß § 1908d BGB aufgehoben hatte. Eine weitere Aufklärung der Fähigkeit der Klägerin zur Vornahme von Verfahrenshandlungen durch das Verwaltungsgericht wäre nur angezeigt gewesen, wenn – anders als hier – hinreichende Anhaltspunkte vernünftigerweise Anlass gegeben hätten, daran zu zweifeln (vgl. BVerwG, B.v. 15.2.2012 – 2 B 137.11 – juris Rn. 9).
Die Einverständniserklärung der Klägerin enthielt auch keinen Vorbehalt, der zur Unwirksamkeit der Erklärung geführt oder Anlass für einen richterlichen Hinweis gegeben hätte. Zwar muss der Verzicht klar, eindeutig und vorbehaltlos erklärt werden (BVerwG, B.v. 1.9.2020 – 4 B 12.20 – NVwZ-RR 2021, 87 Rn. 9; B.v. 24.4.2013 a.a.O. Rn. 3; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 101 Rn. 6). Dies war hier trotz der handschriftlichen Zusätze der Klägerin auf ihrer Erklärung der Fall. Das gilt insbesondere für die Anmerkung „bei negativer Entscheidung, d.h. keine Rückgabe meiner Fahrerlaubnis, die mir widerrechtlich entzogen wurde, müssen folgen übergeordnete Instanzen“. Dies besagt lediglich, dass die Klägerin zutreffend (vgl. §§ 124 ff. VwGO) davon ausgegangen ist, dass sie gegen eine klageabweisende Entscheidung Rechtsmittel einlegen kann. Der Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung enthielt damit keinen erklärungsfeindlichen Vorbehalt. Die weiteren handschriftlichen Anmerkungen der Klägerin betrafen in erster Linie ihre zivilrechtlichen Auseinandersetzungen mit ihrer Kfz-Werkstatt. Insoweit hatte der erstinstanzliche Berichterstatter die Klägerin bereits mit Schreiben vom 21. Mai 2021 darauf hingewiesen, dass diese nicht Gegenstand des Klageverfahrens sind. Erkennbare Irrtümer, ein offensichtliches Versehen oder durch Unerfahrenheit erklärbare Unklarheiten waren der Erklärung der Klägerin nicht zu entnehmen. Zu weiteren Hinweisen gemäß § 86 Abs. 3 VwGO nach Abgabe der wirksamen Einverständniserklärung der Klägerin, die auch keine Formfehler enthielt, bestand daher keine Veranlassung.
2. Aus der Antragsbegründung, auf die sich gemäß § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO die Prüfung im Zulassungsverfahren beschränkt (BayVerfGH, E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 54), ergibt sich auch nicht, dass die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen wäre. Solche Zweifel liegen (nur) vor, wenn der Rechtsmittelführer einen tragenden Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (stRspr, vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 Rn. 16; B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32; B.v. 16.4.2020 – 1 BvR 2705/16 – NVwZ-RR 2020, 905 Rn. 21 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Da die Klägerin das vom Landratsamt angeordnete ärztliche Fahreignungsgutachten ohne triftigen Grund nicht beigebracht hat, durfte der Beklagte daraus auf ihre Nichteignung zum Führen von Kraftfahrzeugen schließen und ihr die Fahrerlaubnis entziehen.
a) Geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist, wer die notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllt und nicht erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder gegen Strafgesetze verstoßen hat (§ 2 Abs. 4 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes [StVG] in der Fassung der Bekanntmachung vom 5.3.2003 [BGBl I S. 310, 919], im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung durch Zurückweisung des Widerspruchs der Klägerin zuletzt geändert durch Gesetz vom 3.12.2020 [BGBl I S. 2667], § 11 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13.12.2010 [Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980], im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 16.11.2020 [BGBl I S. 2704]). Häufiger vorkommende Erkrankungen und Mängel, die die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen längere Zeit beeinträchtigen oder aufheben können, sind in Anlage 4 zur FeV geregelt. Hierzu zählen unter anderem affektive und schizophrene Psychosen (Nr. 7.5 und 7.6 der Anlage 4) sowie schwere Lungen- und Bronchialerkrankungen mit schweren Rückwirkungen auf die Herz-Kreislauf-Dynamik (Nr. 11.3 der Anlage 4).
Erweist sich jemand als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen, so hat ihm die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen (§ 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV), ohne dass es darauf ankommt, ob der Betroffene bereits im Straßenverkehr aufgefallen ist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung begründen, etwa Hinweise auf krankheitsbedingte Eignungsmängel, kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines Fahreignungsgutachtens anordnen (§ 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 i.V.m. § 11 Abs. 2 bis Abs. 6 FeV). Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung bestehen insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangel nach Anlage 4 oder 5 hinweisen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 FeV). Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er der Fahrerlaubnisbehörde das von ihr zu Recht geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf sie bei ihrer Entscheidung auf die Nichteignung des Betroffenen schließen, wenn sie ihn hierauf bei der Anordnung hingewiesen hat (§ 11 Abs. 8 FeV). Der Schluss aus der Nichtvorlage eines angeforderten Fahreignungsgutachtens auf die fehlende Fahreignung ist gerechtfertigt, wenn die Anordnung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig war (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 – 3 C 20.15 – BVerwGE 156, 293 Rn. 19 m.w.N.). Bei feststehender Ungeeignetheit ist die Entziehung der Fahrerlaubnis zwingend, ohne dass der Fahrerlaubnisbehörde ein Ermessensspielraum zukäme. Dies gilt auch bei Nichtvorlage eines zu Recht geforderten Fahreignungsgutachtens.
b) Gemessen daran ergibt sich aus der Begründung des Zulassungsantrags nicht, dass die gegenüber der Klägerin ergangene Anordnung des Landratsamts zur Abklärung krankheitsbedingter Eignungsmängel durch ein ärztliches Fahreignungsgutachten und die Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Nichtbeibringung des Gutachtens zu beanstanden wären.
Durch die polizeiliche Mitteilung vom 14. August 2020 erhielt das Landratsamt Kenntnis davon, dass die Klägerin auf einem nur kurzen Fußweg bereits an ihre physische Belastungsgrenze geriet und hinsichtlich des Datums und ihres Fahrzeugschlüssels desorientiert war. Daraufhin forderte das Landratsamt als im Rahmen des Verhältnismäßigkeitsprinzips gebotene und die Klägerin am wenigsten belastende Maßnahme diese zunächst zu einer persönlichen Vorsprache auf, was die Klägerin jedoch ablehnte. Aufgrund des von der damaligen Betreuerin der Klägerin vorgelegten nervenärztlichen Gutachtens vom 18. November 2019 erhielt das Landratsamt außerdem noch Kenntnis davon, dass bei der Klägerin im Rahmen einer stationären psychiatrischen Behandlung eine schizoaffektive Psychose (ICD 10: F 25.9) mit manischer Episode diagnostiziert wurde. Die Klägerin selbst reichte beim Landratsamt mit Schreiben vom 27. August 2020 auszugsweise ein älteres Attest ihres behandelnden Arztes vom 13. Februar 2012 mit der Diagnose ‚Asthma bronchiale, chronische Bronchitis‘ ein.
Damit bestand nach vergeblicher Aufforderung zur persönlichen Vorsprache ausreichender Anlass, die Klägerin zur Beibringung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens gemäß § 46 Abs. 3, § 11 Abs. 2 i.V.m. Nr. 7.5, 7.6 und 11.3 der Anlage 4 zur FeV aufzufordern, um etwaige Fahreignungszweifel abzuklären. Dem steht auch nicht entgegen, dass das Amtsgericht Bad Kissingen die Betreuung mit Beschluss vom 7. Oktober 2020 aufgehoben hatte. Dem hierzu erstellten Gutachten vom 8. August 2020 zufolge erschien dem Gutachter, dessen Bewertung sich das Amtsgericht offenbar angeschlossen hat, trotz des Umstands, dass bei der Klägerin nach wie vor eine paranoide Psychose unklarer Genese mit wellenförmigem Verlauf vorlag, eine Betreuung nicht mehr dringend erforderlich. Der Wegfall der Voraussetzungen einer Betreuung gemäß § 1908d i.V.m. § 1896 Abs. 1 BGB hat jedoch nicht automatisch zur Folge, dass damit die Fahreignungszweifel ausgeräumt sind, wenn – wie hier – das Fortbestehen der Krankheit ärztlicherseits ausdrücklich bestätigt wird. Die Klägerin blieb daher zur Mitwirkung an der gebotenen Aufklärung verpflichtet. Auch der Umstand, dass sie bis zur Beibringungsanordnung noch nicht im Straßenverkehr aufgefallen war, ändert daran nichts.
Das vom Landratsamt geforderte ärztliche Fahreignungsgutachten hat die Klägerin innerhalb der ausreichend bemessenen Frist bis 30. Oktober 2020 nicht beigebracht. Damit war das Landratsamt aufgrund des Hinweises in der Beibringungsanordnung auf die Folgen der nicht rechtzeitigen Gutachtensvorlage und nach nochmaliger Erinnerung und Anhörung der Klägerin berechtigt, ihr gemäß § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis zu entziehen.
Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins beruht auf § 47 Abs. 1 FeV.
2. Als unterlegener Rechtsmittelführer hat die Klägerin die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 1 und 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) i.V.m. Nr. 46.2, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (zum Umfang der Berechtigungen von Fahrerlaubnisklassen alten Rechts – hier Klassen 3 und 4, erteilt vor dem 1.4.1980 – siehe § 6 Abs. 6 FeV i.V.m. Nr. 17 und 22 der Anlage 3 zur FeV).
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen


Nach oben