Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Alkoholabhängigkeit

Aktenzeichen  B 1 S 19.536

Datum:
4.7.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 27430
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 11, § 13, § 14, § 46 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird auf 8.750,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am … 1970 geborene Antragsteller wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T.
Nach einer Ereignismitteilung der Polizeiinspektion B… vom 28. August 2018 wurde der Antragsteller am gleichen Tag gegen 19:49 Uhr nach Art. 1 Abs. 1, Art. 10 Abs. 2 UnterbrG ins Bezirkskrankenhaus B… verbracht. Beim Eintreffen der Polizeibeamten habe der Antragsteller massiv alkoholisiert gewirkt. Ein Alkoholtest habe einen Wert von 1,43 mg/l ergeben. Der Antragsteller habe angegeben, dass er seinen Arbeitsplatz verloren habe oder verlieren werde und häufig Probleme mit seinem Sohn habe. Seine Familie würde ihn bei seinem Alkoholproblem nicht richtig unterstützen. Nachdem ihm eröffnet worden sei, dass er im Bezirkskrankenhaus B… untergebracht werde, sei der Antragsteller sehr aggressiv geworden.
Auf Anforderung durch das Landratsamt B… legte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 den vorläufigen Arztbrief des Bezirkskrankenhauses B… vom 4. September 2018 über den Aufenthalt des Antragstellers vom 28. August bis 4. September 2018 zur stationären Diagnostik und Behandlung in der Klinik vor. Als Diagnosen sind genannt: Alkoholentzugssyndrom bei Alkoholabhängigkeit und akute Alkoholintoxikation. Der Antragsteller sei bereits im April 2018 in stationärer Behandlung im Bezirkskrankenhaus B… gewesen und danach in psychiatrischer Behandlung in B… Er habe angegeben, dass er sehr lange trocken gewesen, seit einer Woche aber wieder rückfällig geworden sei mit einer Flasche Wodka am Tag. Beim Antragsteller sei Alkoholabhängigkeit bekannt, er habe sich 2017 zweimal zu Entzugsbehandlungen in K… befunden, im Bezirkskrankenhaus sei er zuletzt im April 2018 gewesen. Mit dem Antragsteller sei die dringende Notwendigkeit einer stationären Langzeitentwöhnungstherapie besprochen worden.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers legte eine ärztliche Stellungnahme der Sozialstiftung … im Klinikum B… vom 11. Oktober 2018 vor. Als Diagnose ist dort genannt: Mittelgradige depressive Episode und missbräuchlicher Gebrauch von Alkohol. In den vorausgegangenen elf Monaten sei es zu vier Trinkrückfällen gekommen nach zuvor 15-jähriger Alkoholabstinenz. An den meisten Tagen des vergangenen Jahres habe der Antragsteller aber keinen Alkohol konsumiert. Zum jetzigen Zeitpunkt seien die diagnostischen Kriterien für ein Alkoholabhängigkeitssyndrom nicht erfüllt.
Aufgrund der widersprüchlichen Aussagen der vorgelegten ärztlichen Stellungnahmen zum Grad der Alkoholerkrankung des Antragstellers und wegen der diagnostizierten depressiven Erkrankung forderte das Landratsamt diesen mit Schreiben vom 13. Dezember 2018 auf, ein ärztliches Gutachten eines Facharztes einer Begutachtungsstelle für Fahreignung vorzulegen. Die Fragestellung lautete im Hinblick auf eine Alkoholerkrankung:
Lässt sich die aus aktenkundigen Tatsachen begründete Annahme einer Alkoholabhängigkeit bei Herrn … aktuell bestätigen? Wenn ja, welche drei Kriterien nach ICD-10 sind im vorliegenden Einzelfall erfüllt, die die Annahme einer Alkoholabhängigkeit bestätigen? Falls Abhängigkeit festgestellt wurde: Fand bereits eine erfolgreiche Entwöhnung statt? Als Frist zur Gutachtensvorlage wurde der 13. März 2019 festgesetzt. Nach Fristverlängerung legte der Bevollmächtigte des Antragstellers ein ärztliches Gutachten der Begutachtungsstelle für Fahreignung bei der TÜV Life Service GmbH Süd in B… (im Folgenden: TÜV Süd) vom 11. März 2019 (Begutachtungstermin: 27. Februar 2019) vor.
Der Antragsteller habe angegeben, in fachärztlicher/-therapeutischer Behandlung stationär im Bezirkskrankenhaus B… und im Klinikum B… sowie mit regelmäßigen Terminen bei der Sozialstiftung B… (Klinikum) in der psychiatrischen Institutsambulanz sowie bei der Diakonie B…/Suchtberatung wegen einer schon früher (seit den 90er Jahren) bestehenden Alkoholproblematik mit phasenweise täglichem Konsum hoher Mengen, zuletzt bei einem Rückfall im August 2018 zu sein. Er habe sich nach Alkoholkonsum in den 90er Jahren von bis zu sieben Bier und hin und wieder einen Schnaps täglich 1998 in Behandlung begeben und eine Entgiftung gemacht. Bis 2003 sei er alkoholfrei geblieben, sei über zwei Tage rückfällig geworden und habe dann bis 2017 keinen Alkohol mehr konsumiert. Im August und November 2017 habe er jeweils über eine Woche wieder Alkohol täglich in hohen Mengen getrunken, meist bis zu einer Flasche Wodka. Im November 2017 habe er eine Entgiftung gemacht und sei in B… ambulant weiter regelmäßig bei der Suchtambulanz des Klinikums B… gewesen. Im April und August 2018 habe er erneut je einen mehrtägigen Alkoholrückfall gehabt und sich daraufhin in stationäre Entgiftungsbehandlung begeben. Nach der Entlassung habe er regelmäßig seine ambulanten Termine in der psychiatrischen Ambulanz B… sowie bei der Diakonie B… und in einer Selbsthilfegruppe bis zuletzt wahrgenommen.
Zur Befundbewertung wird in dem Gutachten ausgeführt, dass die neurologische und psychische Befundung jeweils unauffällig gewesen sei. Zur Fragestellung hinsichtlich einer affektiven Psychose seien jedoch weiterhin regelmäßig fachärztlich-psychiatrische Kontrollen zunächst über ein Jahr alle drei Monate, dann über ein Jahr alle sechs Monate und die darauffolgenden zwei Jahre alle zwölf Monate der Führerscheinstelle jeweils vorzulegen, die eine Stellungnahme zur psychischen Stabilität und Freiheit von Anzeichen für eine (schwere) Depression mit/ohne psychotische Symptome nehmen solle.
Zur Frage einer Alkoholerkrankung nach Nr. 8 Anlage 4 zur FeV wurde ausgeführt, dass die medizinische Untersuchung keinen Hinweis auf vermehrten bzw. unkontrollierten Alkoholkonsum in der letzten Zeit vor der Untersuchung ergeben habe. Beim Antragsteller lägen jedoch die ersten vier Kriterien nach ICD-10 in Bezug auf eine Alkoholabhängigkeit vor. Der Antragsteller habe in Abhängigkeit von psychischen Belastungen oder Stress den starken Wunsch oder Zwang, Alkohol zu konsumieren. Bei Trinkphasen bzw. -rückfällen erleide er Kontrollverlust über den Trinkbeginn, die Zeit, das Trinkende und die Trinkmenge. Abstinenzverlust sei immer dann gegeben, wenn erneute meist problembehaftete Alkoholrückfälle vorfielen. Es liege eine Toleranzbildung im Sinn des Benötigens immer größerer Mengen vor, um den gleichen Effekt zu erzielen. Der Körper gewöhne sich an den Alkohol. Über viele Jahre habe der Antragsteller täglich einen höheren Alkoholkonsum gehabt und sich schon damals Entgiftungen unterzogen, sodann einige Rückfälle bis zuletzt im August 2018 mit jeweils hohen Trinkmengen gehabt. Zumindest im Bericht des Bezirkskrankenhauses B… vom September 2018 werde über Entzugserscheinungen körperlicher und psychischer Art berichtet. Beim Antragsteller lägen damit die ersten vier Kriterien nach ICD-10 vor. Es habe keine erfolgreiche Entwöhnung im Sinn einer stationären Entwöhnungstherapie stattgefunden. Jedoch fänden regelmäßige Vorstellungen zu Einzelgesprächen in der Suchtberatung der Diakonie B… und der psychiatrischen Ambulanz des Klinikums B… sowie der regelmäßige Besuch einer Selbsthilfegruppe statt. Dies werde begleitet durch ein Anfang 2019 begonnenes zwölfmonatiges Abstinenzprogramm. Beim Antragsteller lasse sich aktuell eine Alkoholabhängigkeit bestätigen.
Nach Anhörung des Antragstellers zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis wurde dem Antragsteller mit Bescheid vom 2. Mai 2019 die Fahrerlaubnis der Klassen A, A2, A1, AM, B, BE, C, CE, C1, C1E, L und T entzogen. Der Führerschein sei umgehend abzuliefern (Ziff. 1). Für den Fall, dass der Antragsteller den Führerschein nicht innerhalb von drei Tagen nach Zustellung des Bescheids, im Falle der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs nicht bis zum Ablauf von einer Woche nach Eintritt der Bestandskraft abliefere, wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 500,00 EUR angedroht (Ziff. 2). Die sofortige Vollziehung der Ziff. 1 des Bescheids wurde angeordnet (Ziff. 3).
Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis bilde § 3 Abs. 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 FeV. Demnach habe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn insbesondere Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zu den §§ 11, 13 und 14 der FeV vorliegen. Aufgrund der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung sei jemand ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn er vom Alkohol abhängig sei. Eine bestehende Alkoholabhängigkeit sei generell nicht mit dem sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs zu vereinbaren. Das dem Landratsamt B… vorliegende ärztliche Gutachten des TÜV Süd vom 27. Februar 2019 komme eindeutig zu dem Ergebnis, dass beim Antragsteller eine Alkoholabhängigkeitserkrankung vorliege. Die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen könne erst dann wieder als gegeben angesehen werden, wenn eine erfolgreiche Entwöhnungsbehandlung durchgeführt worden sei und nach Abschluss der Therapie eine dauerhafte, in der Regel einjährige Abstinenz mittels Urinkontrollen oder Haaranalysen in einem Kontrollprogramm eines anerkannten Labors bzw. bei einer Begutachtungsstelle für Fahreignung nachgewiesen werden könne.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Die Entziehung der Fahrerlaubnis sei geeignet, die drohende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu unterbinden. Die Entziehung sei notwendig, da ein milderes Mittel nicht zur Verfügung stehe. Der erstrebte Schutz von Leben und Gesundheit anderer Verkehrsteilnehmer überwiege die möglichen Nachteile des Betroffenen. Mit der Entziehung der Fahrerlaubnis sei der Führerschein abzuliefern. Zur Durchsetzung der Ablieferungspflicht werde ein Zwangsgeld angedroht, das sich auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG stütze.
Die Anordnung des sofortigen Vollzugs der Entziehung der Fahrerlaubnis sei im öffentlichen Interesse geboten. Die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Straßen verlange, dass Verkehrsteilnehmer, die zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet seien, von der weiteren Teilnahme am Straßenverkehr ausgeschlossen werden müssten, auch wenn das bisherige Fehlverhalten nicht zu Unfällen geführt habe. Eines sicheren Nachweises einer unmittelbaren konkreten Gefahr bedürfe es nicht. Es gelte zu verhindern, dass der Antragsteller wegen seiner Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen die Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gefährde. Die weitere Teilnahme am Straßenverkehr könne gerade im Hinblick auf die diagnostizierte Alkoholabhängigkeitserkrankung nicht bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die Fahrerlaubnisentziehung zugelassen werden. Es obliege vielmehr dem Antragsteller nachzuweisen, dass er eine einjährige Bewährung nach einer erfolgreich abgeschlossenen Entwöhnungsbehandlung vorweisen könne. Erst dann, wenn diese Voraussetzungen erfüllt seien und durch eine medizinisch-psychologische Untersuchung abgeklärt sei, dass die Alkoholabhängigkeit überwunden worden sei, dürfe die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis neu erteilen.
Der Antragsteller gab seinen Führerschein am 10. Mai 2019 bei der Führerscheinstelle des Landratsamts B… ab.
Gegen den Bescheid vom 2. Mai 2019 ließ der Antragsteller Klage erheben (Az. B 1 K 19.537) und zugleich beantragen,
die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 2. Mai 2019 in Ziff. 3 auszusetzen und die aufschiebende Wirkung der Klage bezüglich des Bescheids wiederherzustellen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass das Gutachten des TÜV Süd nicht geeignet sei, den Nachweis zu erbringen, dass beim Antragsteller in Bezug auf Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV eine Alkoholabhängigkeit und damit ein Abhängigkeitssyndrom bestehe. Hierzu werde nochmals ausdrücklich auf die ärztliche Stellungnahme des Klinikums B…, des Akademischen Lehrkrankenhauses der …Universität …, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie vom 11. Oktober 2018 verwiesen. Das Gutachten der Begutachtungsstelle unterstelle dem Klinikum B… eine fehlerhafte ärztliche Stellungnahme. Der Zeitraum der medizinischen Betreuung beim Klinikum B… sei erheblich länger gewesen als der Zeitraum der Begutachtung bei der Begutachtungsstelle und auch der stationären Behandlung vom 28. August bis 4. September 2018 im Bezirkskrankenhaus B… Auch durch das Gutachten der Begutachtungsstelle werde bestätigt, dass sich ein Alkoholkonsum in der der Untersuchung vorausgegangenen Zeit labortechnisch nicht habe feststellen lassen. Der Bescheid komme zu einer dem Gutachten der Begutachtungsstelle hinsichtlich der Wiedererlangung der Fahreignung widersprechenden Feststellung. Hierzu werde auf Seite 12 des Gutachtens verwiesen. Die bisherige Therapie sei von der Gutachterin anerkannt worden. Dem stünden die Ausführungen des Antragsgegners im angefochtenen Bescheid hinsichtlich der Wiedergewinnung der Eignung entgegen. Der Bescheid nehme keinen Bezug auf das bereits laufende Abstinenz-Kontrollprogramm. Er sei nicht geeignet, einen Nachweis der Alkoholabhängigkeit beim Antragsteller zu begründen und damit den Entzug der Fahrerlaubnis zu rechtfertigen. Im Hinblick auf die Anordnung des Sofortvollzug sei die Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen fehlerhaft erfolgt. Der Antragsteller habe seit dem Vorfall vom 28. August 2018 weiterhin ohne Einschränkungen am Straßenverkehr teilgenommen. Daher lasse sich die Entscheidung der sofortigen Vollziehung mit dem überwiegenden öffentlichen Interesse zum Schutz der Gesundheit der Verkehrsteilnehmer, der Sicherheit des Straßenverkehrs nicht begründen. Eine solche Entscheidung erweise sich als unverhältnismäßig. Hinzutrete, dass sich der Antragsteller nachgewiesenermaßen in einer entsprechenden Behandlung befinde. Er nehme an freiwilligen Untersuchungen teil. Die Entziehung der Fahrerlaubnis bedeute für den Antragsteller eine gravierende Härte. Er sei Unternehmer und müsse in seinem Betrieb bei Ausfall von Fahrern deren Tätigkeit ersetzen. Darüber hinaus komme es zu erheblichen Betriebsablaufstörungen bei der Wahrnehmung von Kundenterminen vor Ort.
Der Antragsteller habe bei seiner Aufnahme ins Bezirkskrankenhaus am 28. August 2018 nicht ausgeführt, dass bei ihm eine Alkoholabhängigkeit bekannt sei. Er habe lediglich erklärt, dass er aufgrund eines früheren Geschehens 15 Jahre abstinent gelebt habe und dass es im Jahr 2017 und 2018 durch Belastungen im persönlichen und psychosozialen Umfeld zu den Vorfällen gekommen sei.
Mit Schriftsatz vom 24. Juni 2019 beantragte das Landratsamt B…, den Antrag abzulehnen.
Zum eingeholten Gutachten des TÜV Süd werde ausgeführt, dass es sich hierbei um eine amtlich anerkannte Begutachtungsstelle für Fahreignung handle. Die Anordnung des ärztlichen Gutachtens durch das Landratsamt sei geboten gewesen, da der Fahrerlaubnisbehörde durch die eingereichten ärztlichen Atteste Zweifel an der Eignung des Antragstellers zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgekommen seien. Bei einer festgestellten Alkoholabhängigkeitserkrankung bestehe keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen, unabhängig von persönlichen Verhältnissen und beruflicher Situation. Das Gutachten lege nachvollziehbar und widerspruchsfrei dar, dass beim Antragsteller Alkoholabhängigkeit vorliege. Die erforderlichen Kriterien nach ICD-10 seien aufgezeigt worden. Darüber hinaus wäre unverständlich, warum der Antragsteller regelmäßig Einzelgespräche in der Suchtberatung der Diakonie besuche, ebenso eine Selbsthilfegruppe. Während seines Aufenthalts im Bezirkskrankenhaus B… sei ebenfalls die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit gestellt worden. Einer solchen Diagnose einer bayerischen Bezirksklinik komme ein hoher Grad an Verlässlichkeit zu. Insofern stütze der Arztbrief des Bezirkskrankenhauses das Ergebnis des angeforderten Gutachtens. Die behandelnde Klinik … in B…spreche lediglich von missbräuchlichem Gebrauch von Alkohol, aber gleichzeitig von vier Trinkrückfällen in den letzten elf Monaten. Schon allein diese aufgeführten Trinkrückfälle hätten Anlass gegeben zu erforschen, ob ein Abhängigkeitssyndrom vorliege. Warum dies nicht der Fall sein solle, sei dort nicht näher ausgeführt worden. Zudem handle es sich bei der betreffenden Klinik um die behandelnde Einrichtung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte ergänzend Bezug genommen (entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO).
II.
1. Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. anordnen. Bei der Entscheidung hat das Gericht entsprechend § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO das Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Betroffenen an der aufschiebenden Wirkung abzuwägen. Dabei sind auch die überschaubaren Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zu berücksichtigen. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der vorliegende Antrag abzulehnen, da die Klage des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts B… vom 2. Mai 2019 nach summarischer Überprüfung keine Aussicht auf Erfolg hat. Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides wiegt insoweit schwerer als das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung bzw. Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage.
In der Sache selbst schließt sich das Gericht zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen im Wesentlichen zunächst den Gründen des angefochtenen Bescheides an und sieht von einer gesonderten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog). Ergänzend ist zur Sache sowie zum Antragsvorbringen noch Folgendes auszuführen:
a. Der Antragsgegner ist zutreffend von den Regelungen in § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV ausgegangen. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist. Nach § 13 Satz 1 Nr. 1 FeV i.V.m. § 46 FeV ordnet die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten an, wenn Tatsachen die Annahme einer Alkoholabhängigkeit begründen. Abhängigkeit rechtfertigt auch dann die Feststellung von Ungeeignetheit, wenn bisher keine Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss festgestellt wurde (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 2 StVG Rn. 45). Nach Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV besteht bei einer Alkoholabhängigkeit keine Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen. Nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV kann nach Abhängigkeit (d.h. nach Entgiftung und Entwöhnungsbehandlung) die Kraftfahreignung erst dann wieder angenommen werden, wenn die Abhängigkeit nicht mehr besteht und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Fahreignung des Antragstellers und damit die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 26.11.2014 – 11 CS 14.1895).
Vorliegend war in zutreffender Weise das Vorliegen einer Alkoholabhängigkeit von der Fahrerlaubnisbehörde zu prüfen, nachdem der vorläufige Arztbrief des Bezirksklinikums B… eine solche attestierte, die ärztliche Stellungnahme des Klinikums B… lediglich von Alkoholmissbrauch sprach und eine Alkoholabhängigkeit zum Zeitpunkt der Erstellung des Attests als nicht gegeben ansah. Der Antragsteller hat das geforderte Gutachten vorgelegt, so dass dieses als sog. „neue“ Tatsache mit selbständiger Bedeutung gilt mit der Folge, dass auf die Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung nicht mehr näher einzugehen ist (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 03.03.2015 – 11 ZB 14.2418 – juris m.w.N.).
Die vom Antragsteller vorgebrachten Einwendungen gegen das ärztliche Gutachten des TÜV Süd vom 11. März 2019 (Untersuchungstermin am 7. Februar 2019) greifen nicht. Das Gutachten ist in sich schlüssig und nachvollziehbar und kommt unter Anwendung der für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit heranzuziehenden Kriterien der Nr. 10.2 des ICD-10 zweifelsfrei zum Ergebnis, dass der Antragsteller alkoholabhängig und damit fahrungeeignet ist. Schließlich werden auf Seite 13 des Gutachtens die Voraussetzungen einer Wiedergewinnung der Fahreignung angesprochen und deren Voraussetzungen derzeit verneint. In die Begutachtung eingeflossen sind sowohl die Stellungnahmen des Bezirksklinikums B… als auch der Sozialstiftung des Klinikums B… sowie Terminsbestätigungen über 9 Einzelgespräche bei der Suchtberatung der Diakonie.
Nach Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Bundesanstalt für Straßenwesen, Stand: 24.05.2018 soll die sichere Diagnose „Abhängigkeit“ gestellt werden, wenn innerhalb des letzten Jahres drei oder mehr der insgesamt 6 Kriterien nach Nr. 10.2 des ICD-10 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom) vorhanden waren. Unter Einbeziehung der vorgelegten Unterlagen und des Ergebnisses der eigenen Untersuchungsbefunde, insbesondere des ärztlichen Untersuchungsgesprächs hat die Gutachterin nachvollziehbar belegt, dass im Zeitpunkt der Gutachtenserstellung vier Kriterien nach ICD-10 gegeben waren.
Soweit der Antragsteller darauf abstellt, dass die Sozialstiftung im Klinikum B… lediglich von einem missbräuchlichen Gebrauch von Alkohol spricht, setzt er sich in keiner Weise damit auseinander, dass es – was auch der Sozialstiftung bekannt war – in den zurückliegenden elf Monaten und damit während der fachärztlichen psychiatrischen Behandlung zu vier Trinkrückfällen gekommen war, die zu stationären Entgiftungsbehandlungen geführt haben. Wie angesichts dessen und bei Schilderung der Umstände, die zu diesen Rückfällen geführt haben, lediglich ein Alkoholmissbrauch attestiert wird, wird von der Sozialstiftung B… nicht nachvollziehbar dargestellt. Darauf, ob der Antragsteller an den meisten Tagen des Jahres alkoholabstinent gelebt hat, kommt es in diesem Zusammenhang nicht an, denn Alkoholabhängigkeit wird als lebenslanges Problem gesehen, das eine stabile Abstinenz erfordert, was beim Antragsteller (noch) nicht vorliegt. Hinzu kommt, dass eine objektive und qualitativ solide Begutachtung nur dann erfolgen kann, wenn eine ausreichende Distanz des Gutachters gegenüber dem Klienten vorhanden ist. Dies kann in der Regel nicht unterstellt werden, wenn ein therapeutisches Verhältnis besteht oder bestanden hat (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 3. Auflage, 2018, September 2018, S. 296 f.). Zu Recht weist der Antragsgegner darauf hin, dass es sich bei der Sozialstiftung B… um die den Antragsteller behandelnde Einrichtung handelt, was nach § 11 Abs. 2 Satz 5 FeV bei einer Begutachtung zu vermeiden ist.
Der ebenfalls im Rahmen der Begutachtung herangezogene vorläufige Arztbrief des Bezirkskrankenhauses B… vom 4. September 2018 weist demgegenüber aus, dass der Antragsteller mehrfach zu Entzugsbehandlungen im Klinikum K… gewesen sei, er sich in B… wegen seiner psychischen Probleme (Depression und Anpassungsstörung) in Behandlung befinde und auch im Bezirksklinikum im Rahmen seiner Suchterkrankung im April 2018 gewesen sei. Zwar dauerte die jüngste Behandlung im Bezirksklinikum B… nur insgesamt acht Tage, jedoch hatte das Bezirksklinikum B… aufgrund des vorangegangenen Klinikaufenthalts einen hinreichenden Zeitraum zur Verfügung, um seine Diagnose zu stellen, so dass die zuständigen Ärzte ihre Diagnosen keineswegs aufgrund einer kurzen Momentaufnahme getroffen haben, sondern Gelegenheit zur sorgfältigen Erhebung und Verifizierung der Befunde hatten. Eine Entzugs- bzw. Entwöhnungsbehandlung wäre von vornherein nicht angezeigt, würde beim Antragsteller keine Abhängigkeit vorliegen.
Bei den bayerischen Bezirkskliniken handelt es sich um Einrichtungen, die nach Art. 48 Abs. 3 Nr. 1 der Bezirksordnung für den Freistaat Bayern (BezO) unter anderem der Betreuung von Suchtkranken dienen. Das Angebot des Bezirkskrankenhauses B… umfasst auch den Bereich der Suchtmedizin (vgl. https://www.g…de/fa…) und verfügt daher über einen hohen Grad an Spezialisierung auf Suchterkrankungen. Attestiert eine Bezirksklinik einer Person, die sich dort über eine Woche stationär aufgehalten hat, eine Abhängigkeitssymptomatik, kommt einer solchen Diagnose ein hoher Grad an Verlässlichkeit zu. Denn eine so lange Befassung mit einem Patienten verschafft den behandelnden Ärzten ein mehr als nur oberflächliches Bild von seinen Lebensgewohnheiten und Lebenseinstellungen, seiner psychischen Verfassung und seinen nutritiven Gewohnheiten und damit von Faktoren, die für die Diagnose einer Alkoholabhängigkeit von Bedeutung sind (BayVGH, B.v. 26.09.2016 – 11 CS 16.1649 – juris Rn. 12 ff.; B.v. 27.7.2012 – 11 CS 12.1511 – juris Rn. 27 ff.; B.v. 17.12.2015 – 11 ZB 15.2200 – juris Rn. 20; B.v. 16.11.2016 – 11 CS 16.1957 Rn. 11).
Unbehelflich ist der Einwand, dass das Bezirksklinikum B… zunächst auf Anfrage des Antragsgegners mitgeteilt hatte, man könne keine ärztliche Stellungnahme abgegeben. Hieraus zu folgern, es sei vom Bezirksklinikum die Notwendigkeit der Überprüfung der Fahreignung nicht gesehen worden, ist nicht nachvollziehbar. Vielmehr ist diese Äußerung offenkundig der ärztlichen Schweigepflicht geschuldet.
Vorliegend kommt hinzu, dass beim Antragsteller am 28. August 2018 vor dessen Unterbringung aufgrund eines Atemalkoholtests einen Wert von 1,43 mg/l (entspricht einer Blutalkoholkonzentration von 2,86 ‰) festgestellt worden war. Blutalkoholkonzentrationen in dieser Größenordnung erreichen nur Personen, die durch häufigen Alkoholkonsum in erheblichen Mengen eine hohe Giftfestigkeit entwickelt haben. BAK-Werte ab 2,0 ‰ deuten nach medizinischen Erkenntnissen auf eine Toleranzentwicklung hin, jedenfalls sprechen Werte ab 3,0 ‰ für eine Alkoholabhängigkeit (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar, 3. Auflage, 2018, S. 283; BayVGH, B.v. 2.9.2016 – 11 ZB 16.1359 – juris Rn. 21; B.v. 2.7.2013 – 11 CS 13.1064 – juris Rn. 14). Ob es sich dabei, wie der Antragsteller vorbringt, um eine einmalige Ausnahmesituation gehandelt hat, ist unerheblich, dürfte aber angesichts der vier Rückfälle in jüngster Zeit nicht zutreffen.
Es sind daher keinerlei Gesichtspunkte erkennbar, dass der Gutachter, ein nach § 11 Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 FeV besonders ausgebildeter Arzt einer zugelassenen Begutachtungsstelle, zu einem unzutreffenden Schluss gekommen ist.
Für die Diagnose einer bestehenden und noch nicht überwundenen Alkoholabhängigkeit ist es nicht allein maßgeblich, dass in jüngster Zeit kein Alkoholkonsum nachgewiesen werden konnte. Vielmehr ist dies bei der Beurteilung einer Wiedergewinnung einer wegen Alkoholabhängigkeit verlorengegangenen Fahreignung zu bewerten. Diese setzt nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV zum einen eine erfolgreich abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung und eine einjährige (nachgewiesene) Abstinenz voraus (vgl. Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Heft M 115, Mai 2018). Zum anderen ist zu beachten, dass die erforderliche Abstinenzzeit von einem Jahr in der Regel nach erfolgter Entgiftung und Entwöhnung liegen muss (vgl. hierzu u.a. BayVGH, B.v. 24.08.2010 – 11 CS 10.1139; B.v. 18.3.2013 – 11 CS 13.345; B.v. 23.5.2012 – 11 CS 12.832; B.v. 27.3.2012 – 11 CS 12.201; B.v. 20.1.2012 – 11 ZB 11.2815; B.v. 16.1.2009 – 11 CS 08.1671 – juris).
In diesem Kontext sind auch die Ausführungen auf Seite 11 ff. des Gutachtens zu verstehen, die im Übrigen mit dem Therapievorschlag des Bezirksklinikums B… übereinstimmen. Danach hat der Antragsteller zwar die notwendigen Schritte für eine Wiedergewinnung der Fahreignung nach Verlust derselben wegen Alkoholabhängigkeit eingeleitet, diese aber noch nicht vollständig durchlaufen. Zum Zeitpunkt der Behördenentscheidung war weder eine erfolgreich abgeschlossene Entwöhnungsbehandlung noch der erforderliche Abstinenzzeitraum eines Jahres seit dem letzten Alkoholkonsum nachgewiesen.
b. Soweit der Antrag darauf gerichtet ist, die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abgabeverpflichtung des Führerscheins (Ziff. I Satz 2 des Bescheids) wiederherzustellen, bleibt dieser ebenfalls ohne Erfolg. Zwar hat sich diese Anordnung nicht durch die zwischenzeitlich erfolgte Ablieferung des Führerscheins erledigt, sondern stellt einen Rechtsgrund für das Einbehalten des Dokuments dar (BayVGH, B.v. 06.10.2017 – 11 CS 17.953 – juris Rn. 9; B.v. 12.02.2014 – 11 CS 13.2281 – juris Rn. 22). Jedoch ist sie als begleitende Anordnung, die ebenfalls für sofort vollziehbar erklärt wurde, geboten, um die Ablieferungspflicht nach § 47 Abs. 1 FeV durchzusetzen, nachdem dem Antragsteller die Fahrerlaubnis zu Recht und sofort vollziehbar entzogen worden ist.
c. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage betreffend Ziff. II des streitgegenständlichen Bescheids (Zwangsgeldandrohung) ist bereits unzulässig, da es dem Antragsteller im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung hierfür am Rechtschutzbedürfnis fehlt. Denn der Antragsteller hat den Führerschein bereits beim Landratsamt abgegeben, so dass eine zwangsweise Durchsetzung der Ablieferungspflicht nicht erfolgen musste. Durch die Abgabe des Führerscheins hat sich die Androhung damit erledigt.
d. Schließlich hat die Fahrerlaubnisbehörde die Anordnung des Sofortvollzugs auch in einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Weise begründet. In der Rechtsprechung ist geklärt, dass sich in typisierten Fallkonstellationen die Begründung in zulässiger Weise darauf beschränken kann, die für die jeweilige Fallgruppe typische Interessenlage zur Rechtfertigung der Vollziehungsanordnung aufzuzeigen und deutlich zu machen, dass nach Auffassung der Behörde diese typische Interessenlage auch im konkreten Fall vorliegt. Insbesondere gilt dies im Bereich des hier einschlägigen Sicherheitsrechts. Bei Vorschriften zur Abwehr von Gefahren für die Ordnung und Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs fällt das besondere öffentliche Vollzugsinteresse gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO im Regelfall mit dem Interesse am Erlass des Verwaltungsakts zusammen (vgl. hierzu z.B. BayVGH B.v. 22.09.2015 – 11 CS 15.1447 – juris Rn. 23). Die Behörde kann sich bei der Abwägung zwischen den Beteiligteninteressen im Wesentlichen auf die Prüfung beschränken, ob nicht ausnahmsweise in Ansehung der besonderen Umstände des Falles die sofortige Vollziehung weniger dringlich als im Normalfall ist (vgl. BayVGH, B.v. 05.09.2008 – 11 CS 08.1890; B.v. 13.01.2005 – 11 CS 04.2968; B.v. 18.05.2004 – 11 CS 04.819 – juris).
Besondere Gründe, die trotz der dargestellten Rechtmäßigkeit der Fahrerlaubnisentziehung deren Suspendierung rechtfertigen und ein überwiegendes Aussetzungsinteresse begründen könnten, sind nicht ersichtlich. Da der Antragsteller als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen angesehen werden muss, ist bei seiner weiteren Teilnahme am Straßenverkehr als Führer eines Kraftfahrzeuges eine nicht hinnehmbare Gefährdung der hochrangigen Rechtsgüter Leib und Leben der anderen Verkehrsteilnehmer zu besorgen. Allein das Vorbringen, dass seit dem Vorfall am 28. August 2018 keine Beanstandungen bei der Teilnahme am Straßenverkehr bekannt geworden seien, führt angesichts der geringen Kontrolldichte im Straßenverkehr nicht dazu, das öffentliche Interesse zurücktreten zu lassen. Auch der Umstand, dass er die Fahrerlaubnis aus beruflichen Gründen benötigt, hat demgegenüber zurückzustehen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Höhe des Streitwerts richtet sich nach § 63 Abs. 2, § 53 Abs. 2, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit Nr. 1.5, 46.1, 46.3 und 46.4 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (s. NVwZ-Beilage 2013, 57).


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