Medizinrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis – Wiederholte Zuwiderhandlung im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss

Aktenzeichen  W 6 S 17.413

Datum:
8.5.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG StVG § 2, § 3
FeV FeV § 11 Abs. 6 S. 2, § 46 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1 Eine Frist zur Begutachtung muss lediglich so bemessen sein, dass eine Gutachterstelle zur Erstellung eines Gutachtens über die aktuelle Fahreignung tatsächlich in der Lage ist. Die Frist ist hingegen nicht daran auszurichten, welche Zeit der Betreffende noch zur Wiederherstellung seiner zuvor verlorenen Kraftfahreignung benötigt.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein vorgelegtes Gutachten stellt eine neue Tatsache mit selbständiger Bedeutung dar, dessen Verwertbarkeit nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhängt (Anschluss BVerwG BeckRS 1996, 30432494). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der am 25. April 1982 geborene Antragsteller ist Inhaber einer Fahrerlaubnis der Klassen A, A1, AM, B und L. Er wendet sich gegen den Sofortvollzug der Entziehung seiner Fahrerlaubnis.
1. Der Antragsteller führte am 15. Dezember 2012 ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss mit einer Atemalkoholkonzentration von 0,42 mg/l; die Zuwiderhandlung wurde mit einer Geldbuße sowie einem einmonatigen Fahrverbot geahndet. Am 16. November 2013 beging der Antragsteller eine fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,19 Promille, geahndet mit einer Geldstrafe, der Entziehung der Fahrerlaubnis und einer zehnmonatigen Sperre. Nach Vorlage eines medizinisch-psychologischen Gutachtens mit positiver Prognose erfolgte am 16. Dezember 2014 die Neuerteilung der Fahrerlaubnis. Am 12. Juni 2016 führte der Antragsteller ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss mit einer Blutalkoholkonzentration von 0,68 Promille; das staatsanwaltschaftliche Verfahren wurde eingestellt. Ein vom Antragsgegner gefordertes medizinisch-psychologisches Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co.KG vom 8. März 2017 kam zu dem Ergebnis, dass beim Antragsteller zu erwarten sei, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden könne.
Nach Anhörung des Antragstellers entzog das Landratsamt Schweinfurt dem Antragsteller mit Bescheid vom 12. April 2017 die Erlaubnis zum Führen von Kraftfahrzeugen aller Klassen (Nr. 1). Der Antragsteller wurde verpflichtet, den vom Landratsamt Schweinfurt am 22. Januar 2015 unter Führerschein-Nr. * ausgehändigten Führerschein spätestens sieben Tage nach Zustellung des Bescheides beim Landratsamt Schweinfurt abzuliefern (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Nrn. 1 und 2 des Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall der Nichtbefolgung der Verpflichtung unter Nr. 2 wurde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR angedroht (Nr. 4). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV sei die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweise. Das vorliegende Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH sei schlüssig und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Gefahr künftiger Verstöße gegen das fahrerlaubnisrechtliche Trennungsgebot beim Antragsteller bestehe. Vorliegend bewerte die Gutachterin die Alkoholproblematik so, dass dem Antragsteller ein kontrollierter Alkoholkonsum mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sei. Der Fahrerlaubnisbehörde sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht möglich gewesen, dem Betroffenen eine so lange Frist zur Beibringung des Gutachtens einzuräumen, ihm also die Fahrerlaubnis einstweilen zu belassen, bis der Antragsteller gegebenenfalls durch eine ausreichend lange Abstinenz seine Fahreignung wiedererlangt habe.
Am 20. April 2017 gab der Antragsteller seinen Führerschein beim Landratsamt ab.
Am 24. April 2017 ließ der Antragsteller gegen den streitgegenständlichen Bescheid Widerspruch einlegen.
2. Am 24. April 2017 ließ der Antragsteller bei Gericht beantragen,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die Ordnungsverfügung des Landrats des Kreises Schweinfurt – Führerscheinstelle – vom 12. April 2017 hinsichtlich der angeordneten Entziehung der Fahrerlaubnis wiederherzustellen und hinsichtlich der Androhung der Festsetzung eines Zwangsgelds anzuordnen.
Zur Antragsbegründung ließ der Antragsteller im Wesentlichen ausführen: Die Anordnung der Begutachtung habe zur Abgabe des Gutachtens lediglich eine Frist von zwei Monaten enthalten. Einer Fristverlängerung sei nicht entsprochen worden. Die bemessene Frist sei unangemessen kurz gewesen, so dass ein positives Gutachten gar nicht habe ergehen können. Sei die Frist unangemessen kurz, so sei ein auf das negative Gutachten gestützter Entzug der Fahrerlaubnis rechtswidrig. Im Übrigen bedeute die Entziehung der Fahrerlaubnis mit sofortiger Vollziehung für den Antragsteller eine gravierende Härte. Aus beruflichen Gründen sei er auf die Fahrerlaubnis angewiesen. Es drohe der Verlust des Arbeitsplatzes. Die Behörde gehe davon aus, dass der Antragsteller ohne den Entzug der Fahrerlaubnis erneut unter Alkoholeinfluss fahren werde. Dies sei indes nicht der Fall. Der Antragsteller absolviere zurzeit einen Abstinenznachweis und nehme an Gesprächen teil. Die unangekündigt durchgeführten Urin-Tests seien bisher alle negativ gewesen. Soweit tatsächlich eine besondere Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehen würde, hätte die Behörde den Entzug verbunden mit der sofortigen Vollziehung bereits wesentlich früher vornehmen müssen.
Mit Schriftsatz vom 3. Mai 2017 ließ der Antragssteller noch vorbringen: Der Antragsgegner verkenne, dass der Antragsteller vorliegend zum Nachweis einer positiven MPU einen Abstinenznachweis zu liefern habe. Dies habe der Gutachter in seinem Gutachten selbst ausgeführt. Vorliegend sei daher, auch wenn im Allgemeinen ein Abstinenznachweis für eine positive MPU nicht erforderlich sei, ein besonders gelagerter Fall, der vom Allgemeinen abweiche, gegeben und die Abstinenz sei nachzuweisen. Dies sei der Behörde auch durch den Fristverlängerungsantrag bekannt gewesen. Die bemessene Frist von zwei Monaten sei unangemessen kurz gewesen, so dass ein positives Gutachten für den Antragsteller gar nicht möglich gewesen sei. Auch vermöge der Einwand, dass der Entzug der Fahrerlaubnis der öffentlichen Sicherheit und Ordnung diene, nicht zu überzeugen, da wie bereits ausgeführt der Antragsteller sich unangekündigten Urin-Tests unterziehe und keinen Alkohol mehr konsumiere.
Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 26. April 2017:
Der Antrag wird abgelehnt.
Zur Begründung führte der Antragsgegner im Wesentlichen aus: Die Bevollmächtigte des Antragstellers habe begehrt, die Frist für die Vorlage des Gutachtens um sechs Monate zu verlängern und ihm trotz Fahreignungszweifels zunächst die Fahrerlaubnis weiterhin zu belassen. Dies sei abgelehnt worden. Der Fahrerlaubnisbehörde sei es aus Gründen der Verkehrssicherheit nicht möglich, dem Betroffenen eine so lange Frist zur Beibringung eines MPU-Gutachtens einzuräumen, ihm also die Fahrerlaubnis so lange einstweilen zu belassen, bis er gegebenenfalls durch eine ausreichend lange Abstinenz seine Fahreignung wiedererlangt habe. Die Frist sei angemessen gewesen, innerhalb derer es dem Betroffenen realistisch möglich sei, ein Gutachten beizubringen. Die Fahrerlaubnisbehörde dürfe bei dem Fahrerlaubnisinhaber, der nicht fahrgeeignet sei und deshalb kein positives Gutachten beibringen könne, nicht monatelang weiter zuwarten, bis der Betreffende gegebenenfalls seine Fahreinschränkungen behoben habe und ein positives Gutachten beibringen könne. Andernfalls würde in der Zwischenzeit in Kauf genommen, dass ein nicht geeigneter Fahrerlaubnisinhaber weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen könne. Die privaten Interessen hätten hinter der öffentlichen Verkehrssicherheit zurückzustehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist teilweise unzulässig. Soweit der Antrag zulässig ist, ist er unbegründet.
Der Antrag ist unzulässig, soweit sich das Rechtsbegehren auf die in Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheides enthaltene Zwangsmittelandrohung bezieht, weil sich dieser kraft Gesetzes (vgl. Art. 21a VwZVG) sofort vollziehbarer Ausspruch durch die Abgabe des Führerscheins erledigt hat. Aus der Nr. 4 des Bescheides ergibt sich für den Antragsteller daher keine Beschwer mehr (vgl. BayVGH, B.v. 7.1.2014 – 11 CS 13.2427 – juris; B.v. 29.10.2009 – 11 CS 09.1968 – juris).
Im Übrigen ist der Antrag zulässig, aber unbegründet.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis (Nr. 1 des Bescheides) sowie gegen die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheins (Nr. 2 des Bescheides) entfällt im vorliegenden Fall, weil die Behörde gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO die sofortige Vollziehung angeordnet hat (vgl. BayVGH, B.v. 22.9.2015 – 11 CS 15.1447 – ZfSch 2015, 717 unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung).
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen bzw. im Fall des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Das Gericht prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind und trifft im Übrigen eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsaktes und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen, soweit diese sich bereits übersehen lassen. Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO in ausreichendem Maße schriftlich begründet.
Eine summarische Prüfung, wie sie im Sofortverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO geboten, aber auch ausreichend ist, ergibt, dass der Widerspruch des Antragstellers voraussichtlich keinen Erfolg haben wird. Unabhängig davon ist auch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung zu erkennen.
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG (Straßenverkehrsgesetz), § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV (Fahrerlaubnisverordnung) hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich deren Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall gegeben sind, hat der Antragsgegner in seinem Bescheid vom 12. April 2017, auf dessen Gründe Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog), zutreffend begründet.
Das Vorbringen der Bevollmächtigten des Antragstellers führt zu keiner anderen Beurteilung.
Nach Nr. 8.1 der Anlage 4 zur FeV ist zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht geeignet, wer Alkohol missbräuchlich konsumiert. Dies ist dann der Fall, wenn das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Nach Beendigung des Missbrauchs ist die Fahreignung dann wieder gegeben, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist (Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV).
Aus dem uneingeschränkt verwertbaren – und gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b) FeV einzuholenden – Gutachten der TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 ergibt sich überzeugend und plausibel, dass zu erwarten ist, dass der Antragsteller auch künftig das Führen von Kraftfahrzeugen und einen die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen werden kann und er mithin als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist.
Das der Fahrerlaubnisbehörde vorgelegte Gutachten der TÜV Thüringen Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 stellt eine neue Tatsache mit selbständiger Bedeutung dar, dessen Verwertbarkeit nicht von der Rechtmäßigkeit der behördlichen Anordnung abhängt (vgl. BVerwG, B.v. 19.3.1996 – 11 B 14.96 – Buchholz 442.16 § 15b StVZO Nr. 26; U.v. 28.4.2010 – 3 C 20.09 – Buchholz 442.10 § 3 StVG Nr. 7; BayVGH, B.v. 7.7.2015 – 11 ZB 15.609 – juris; B.v. 11.6.2014 – 11 CS 14.532 – juris).
Vor diesem Hintergrund spielt es keine durchgreifende Rolle, ob die Gutachtensaufforderung rechtmäßig war. Im Übrigen steht der Fahrerlaubnisbehörde kein Ermessen zu. Vielmehr ist nach § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b) FeV die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zwingend anzuordnen, wenn wiederholt Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss begangen wurden. Die Anordnung ist nicht wegen Zeitablaufs seit Begehung der letzten Zuwiderhandlung oder seit Kenntnis der Fahrerlaubnisbehörde davon unverhältnismäßig. Aus den gesetzlichen Vorschriften ergibt sich keine Frist, innerhalb der die Fahrerlaubnisbehörde Maßnahmen ergreifen muss. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung, dass Taten verwertbar sind und dem Betreffenden vorgehalten werden dürfen, solange sie im Fahreignungsregister eingetragen sind (vgl. nur BayVGH, B.v. 31.3.2016 – 11 CS 16.309 – juris m.w.N.).
Insoweit ist anzumerken, dass die der Begutachtung zugrunde gelegten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss nach Maßgabe der gesetzlichen Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen (vgl. insbesondere § 29 StVG) zu Lasten des Antragstellers herangezogen werden konnten. Vorliegend ist weder vorgebracht noch sonst ersichtlich, dass gegen die einschlägigen Tilgungs- und Verwertungsbestimmungen verstoßen wurde. Die Zuwiderhandlungen sind alle noch im Fahreignungsregister eingetragen und können bis zu ihrer Tilgung nach wie vor verwertet werden. Die vom Gesetzgeber festgelegten Tilgungs- und Verwertungsfristen können auch nicht unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz beiseitegeschoben oder relativiert werden (BayVGH, B.v. 14.11.2016 – 11 C 16.2116 und 11 C 16.2118 – juris; B.v. 8.4.2016 – 11 C 16.319 und 11 C 16.320 – juris; B.v. 31.3.2016 – 11 CS 16.309 – juris).
Weiter ist darauf hinzuweisen, dass die positive medizinisch-psychologische Begutachtung aus dem Jahr 2014 sowie der Umstand der Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu keiner Zäsurwirkung in dem Sinn führen, dass sie eine andere Beurteilung rechtfertigen, zumal nachträglich mit der weiteren Trunkenheitsfahrt im Jahr 2016 neue Umstände hinzugetreten sind. Es entspricht vielmehr ständiger Rechtsprechung, dass weder ein positives Fahreignungsgutachten noch die Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Berücksichtigung früherer Zuwiderhandlungen, wie etwa Trunkenheitsfahrten, verbieten (B.v. 20.5.2016 – 11 ZB 16.556 – juris; B.v. 12.3.2014 – 11 CS 13.2562 – juris; B.v. 22.6.2012 – 11 ZB 12.837 – juris; SächsOVG, B.v. 24.7.2008 – 3 B 18/08 – VRR 2008, 403).
Entgegen dem Vorbringen der Antragstellerseite war die Frist zur Beibringung des Gutachtens auch angemessen im Sinne von § 2 Abs. 8 StVG, § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV. Sie war so bemessen, dass dem Antragsteller unter Berücksichtigung seiner konkreten Umstände eine fristgerechte Vorlage des geforderten Gutachtens möglich und zumutbar war, wie auch die tatsächliche Vorlage des Gutachtens zeigt. Die Frist muss lediglich so bemessen sein, dass eine Gutachterstelle zur Erstellung eines Gutachtens über die aktuelle Fahreignung tatsächlich in der Lage ist. Die Frist ist hingegen nicht daran auszurichten, welche Zeit der Betreffende noch zur Wiederherstellung seiner zuvor verlorenen Kraftfahreignung benötigt. Denn der Sinn der Gutachtensanordnung besteht in der Klärung, ob der Betreffende gegenwärtig geeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen ist. Die Frist muss insbesondere nicht ermöglichen, zunächst gegebenenfalls noch erforderliche Abstinenznachweise zu erbringen. Diese Maßstäbe gelten insbesondere in Fahrerlaubnisentziehungsfällen, wenn also eine möglichst schnelle Klärung erforderlich ist, ob der Betreffende weiter am Straßenverkehr teilnehmen kann. Der staatliche Schutzauftrag duldet keinen Aufschub bis zu einem entfernten Zeitpunkt in der Zukunft, zu dem ein auffälliger Fahrer die erforderliche Abstinenz nachgewiesen und dadurch seine Fahreignung wiedererlangt haben mag. Auf einen derartigen Aufschub läuft das Begehren des Antragstellers hinaus, abzuwarten, bis die für eine positive Begutachtung erforderlichen Abstinenznachweise vorliegen (vgl. Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl., § 11 FeV Rn. 45; Siegmund in Freymann/Wellner, juris PK-StrVerkR, 1. Aufl. 2016, § 11 FeV Rn. 104; VG BW, B.v. 8.9.2015 – 10 S 1667/15 – ZfSch 2015, 714; BayVGH, B.v. 27.9.2013 – 11 CS 13.1399 – juris; ThürOVG, B.v. 19.9.2011 – 2 EO 487/11 – ThürVBl. 2012, 39; OVG Rh-Pf, B.v. 21.7.2009 – 10 B 10508/09 -Blutalkohl 46, 463 [2009]. Anderer Ansicht VG Mainz, B.v. 13.12.2007 – 7 L 873/07.MZ – juris; BayVGH, B.v. 27.2.2007 – 11 CS 06.3132 – VRR 2007, 163).
Das vorgelegte Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 belegt ausdrücklich, dass der Antragsteller aktuell nicht geeignet ist, am Straßenverkehr teilzunehmen, weil zu erwarten ist, dass das Führen von Kraftfahrzeugen und ein die Fahrsicherheit beeinträchtigender Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher getrennt werden können. Eine vorübergehende Teilnahme des Antragstellers am Straßenverkehr trotz gutachterlich feststehender Nichteignung zur Ermöglichung der Beibringung von Abstinenznachweisen über ein halbes Jahr ist im Lichte der Verkehrssicherheit nicht zu verantworten.
Das Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 ist nicht zu beanstanden.
Das Gutachten stammt von wissenschaftlichen Spezialisten einer eigens für solche Begutachtungen geschaffene Untersuchungsstelle und beruht auf dem laufenden Stand der wissenschaftlichen Untersuchungs- und Erkenntnismethoden. Für eine Voreingenommenheit oder für Emotionen seitens des Gutachters bei der Beurteilung des Falles fehlt jeder Anhaltspunkt. Das Gutachten ist auch in sich frei von Widersprüchen; es legt umfänglich dar, auf welchen Grundlagen es beruht und welche Überlegungen zur Beurteilung des Antragstellers geführt haben. Das Beweisergebnis der Begutachtung lässt sich demnach auf seine Richtigkeit hin überprüfen. Dem Gutachten lässt sich entnehmen, welche Feststellungen der Gutachter aufgrund der Untersuchung des Antragstellers getroffen hat. Es ist erforderlich, aber auch ausreichend, wenn das Gutachten die wesentlichen Grundlagen, Anknüpfungstatsachen und Schlussfolgerungen nachprüfbar darlegt.
Das Gutachten beachtet die ab 1. Mai 2014 geltenden Grundsätze für die Durchführung der Untersuchung und Erstellung der Gutachten gemäß der Anlage 4a zur FeV. Der Gutachter hat sich demgemäß insbesondere an die vorgegebene und zutreffende Fragestellung gehalten. Gegenstand der Untersuchung war auch das voraussichtliche künftige Verhalten des Antragstellers. Bei Alkoholmissbrauch musste sich die Untersuchung insbesondere darauf erstrecken, ob der Betroffene den Konsum von Alkohol einerseits und das Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr andererseits zuverlässig voneinander trennen kann. Dem Betroffenen kann die Fahrerlaubnis nur dann belassen bleiben, wenn sich bei ihm ein grundlegender Wandel in seiner Einstellung zum Führen von Kraftfahrzeugen unter Einfluss von Alkohol vollzogen hat. Es müssen zum Beurteilungszeitpunkt Bedingungen vorhanden sein, die einen Rückfall als unwahrscheinlich erscheinen lassen (vgl. Nr. 1 Buchstabe f der Anlage 4a zur FeV). Ein Gutachten muss weiter in allgemein verständlicher Sprache abgefasst sowie nachvollziehbar und nachprüfbar und schlüssig sein und die wesentlichen Befunde und die zur Beurteilung führenden Schlussfolgerungen wiedergeben. Das Gutachten braucht aber nicht im Einzelnen die wissenschaftlichen Grundlagen für die Erhebung und die Interpretation der Befunde wiederzugeben. Der Umfang eines Gutachtens richtet sich nach der Befundlage. Bei eindeutiger Befundlage wird das Gutachten knapper, bei komplizierter Befundlage ausführlicher erstattet (Nr. 2 der Anlage 4a zur FeV).
Diesen Anforderungen wird das vorliegende Gutachten gerecht. Es leidet nicht an durchgreifenden formellen oder materiellen Mängeln. Nachvollziehbar und schlüssig kommt das Gutachten auf der Basis der Aktenlage sowie der Angaben des Antragstellers zu dem Schluss, dass derzeit keine positive Prognose möglich ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.8.2015 – 11 CS 15.1635 – juris).
Das Vorbringen des Antragstellers vermag das Gutachten nicht zu erschüttern. Das Gutachten ist ausreichend, die Fahrerlaubnisentziehung im vollen Umfang zu stützen. Vorliegend ist zu betonen, dass sich das Gutachten nicht nur auf die Aktenlage stützt, sondern maßgeblich die Angaben des Antragstellers bei seiner ausführlichen Exploration heranzieht. Es beruht auf den Schilderungen des Antragstellers zu seinem Alkoholkonsum und zu seinem Trinkverhalten. Das Gutachten setzt sich weiter mit der gebotenen Sachkunde mit dem fahrerlaubnisrechtlich relevanten fehlenden Trennungsvermögen, also der fehlenden Trennung zwischen einem die Fahrsicherheit beeinträchtigendem Alkoholkonsum und der Teilnahme am Straßenverkehr, auseinander.
Die Angabe des Antragstellers, mittlerweile alkoholabstinent zu sein, vermag die Aussagen des Gutachtens nicht zu widerlegen. Das Gleiche gilt unter Berücksichtigung der Urin-Tests sowie der Teilnahme an Beratungsgesprächen. Diese Aspekte beweisen für sich insbesondere nicht eine gefestigte Änderung des Trinkverhaltens, da zum einen die Dunkelziffer von Trunkenheitsfahrten sehr hoch ist und zum anderen gerade zu beurteilen ist, ob beim Antragsteller aufgrund seiner Einlassungen eine relevante Wiederholungs- bzw. Rückfallgefahr besteht. Der seit dem letzten Alkoholkonsum verstrichene Zeitraum muss lang genug sein, um eine angemessene Aufarbeitung der früheren Erfahrungen zu gewährleisten und um die Prognose einer langfristig ausreichend stabilen Lebensweise zu rechtfertigen. Der Nachweis einer mehrmonatigen Abstinenz genügt schon deshalb nicht zum Nachweis der Wiedererlangung der Fahreignung, weil diese nach Beendigung eines Alkoholmissbrauchs erst dann wieder als gegeben anzusehen ist, wenn die Änderung des Trinkverhaltens gefestigt ist. Insbesondere bedarf es dafür geeigneter Strategien zum Umgang mit Alkohol (vgl. auch BayVGH, B.v. 7.7.2015 – 11 ZB 15.609 – juris; B.v. 11.6.2014 – 11 C 13.2516 – juris). Ob der Verhaltenswandel als gefestigt angesehen werden kann, hängt somit nicht allein von der Zurücklegung bestimmter Abstinenzzeiträume ab. Alkoholabstinenz ist zu fordern, wenn – wie hier – aufgrund der Lerngeschichte anzunehmen ist, dass sich ein konsequenter kontrollierter Umgang mit alkoholischen Getränken nicht erreichen lässt (vgl. BayVGH, B.v. 20.5.2016 – 11 ZB 16.556 – juris; B.v. 27.9.2013 – 11 CS 13.1399 – juris mit Verweis auf Nr. 3.11.1 der Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115, 2009 sowie auf die Deutsche Gesellschaft für Verkehrspsychologie – DGVP – und Deutschen Gesellschaft für Verkehrsmedizin – DGVM -, Urteilsbildung in der Fahreignungsbegutachtung, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 133 ff.). Besitzt eine Person nicht die Willenskraft oder Einsichtsfähigkeit, die Aufnahme von Alkohol an dem Punkt zu beenden, jenseits dessen dieses Rauschmittel Auswirkungen auf die Fahrtüchtigkeit zeitigt bzw. ab dieser Schwelle vom Führen von Fahrzeugen im Straßenverkehr konsequent Abstand zu nehmen, lässt sich die Fahreignung nur bejahen, wenn sie sich vollständig des Alkoholgenusses enthält. Auch bei fehlender Alkoholabhängigkeit kann es geboten sein, die Forderung nach absolutem Alkoholverzicht zu erheben (BayVGH, B.v. 20.10.2016 – 11 CS 16.1826 – KommunalPraxis BY 2017, 66).
Schon das frühere, im Rahmen der Neuerteilung der Fahrerlaubnis eingeholte Gutachten der TÜV S. L. Service GmbH vom 6. November 2014 führt aus, dass sich der Antragsteller als Veränderungsstrategie für dauerhafte Abstinenz entschieden habe. Dies sei aus gutachterlicher Sicht als sinnvoll zu werten. Auch das neue Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 empfiehlt, konsequent und dauerhaft auf Alkohol zu verzichten. Das Begehren des Antragstellers, abzuwarten und Abstinenznachweise vorzulegen, spricht ebenfalls für eine Alkoholproblematik, bei der der Antragsteller Abstinenz einhalten muss, um fahrgeeignet zu sein (vgl. BayVGH, B.v. 27.3.2017 – 11 CS 17.420 – juris). Die Einschätzung der TÜV T. Fahrzeug GmbH und Co. KG vom 8. März 2017, dass beim Kläger zur Bejahung seiner Fahreignung eine vollständige Alkoholabstinenz erforderlich ist, ist fehlerfrei erfolgt, gerade in Anbetracht der Auffälligkeiten in der Vorgeschichte, der individuellen Verarbeitung dieser Erlebnisse mit den bislang erfolgten drei Trunkenheitsfahrten innerhalb von ca. dreieinhalb Jahren.
Das Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 führt auf Seite 13 ff. ausdrücklich aus:
Im gegebenen Fall sei davon auszugehen, dass dem Antragsteller ein kontrollierter Alkoholkonsum mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht möglich sei. Diese Einschätzung stütze sich auf die Feststellung der diagnostisch relevanten Merkmale (keine dauerhafte Lösung von den sozialen Bindungen, welche das problematische Trinkverhalten auslösten; keine Verringerung des Alkoholkonsums aufgrund negativer Rückmeldungen von Bezugspersonen; erneutes Trunkenheitsdelikt nach Vorgutachten; vom Antragsteller werde Alkoholverzicht selbst für erforderlich gehalten). Aus verkehrsmedizinischer Sicht sei festzustellen, dass der Antragsteller die Voraussetzungen nach den Begutachtungsleitlinien und den Beurteilungskriterien bei Alkoholmissbrauch, des in der Regel einjährigen Alkoholverzichts, der belegt sei durch entsprechende Laborbefunde, nicht erfülle. Nur bei Erfüllung dieser zeitlichen Voraussetzung sei eine stabile Integration des Alkoholverzichts in das Gesamtverhalten anzunehmen. Eine tragfähige Auseinandersetzung mit Fragen der Rückfallverhinderung habe nicht nachvollziehbar dargestellt werden können. Der Antragsteller sehe zwar bereits die Möglichkeit des Rückfalls in den Konsum von Alkohol und habe entsprechende Risikosituationen benennen können. In diesem Kontext seien aber noch keine tragfähigen Vermeidungsstrategien erkennbar. Dies sei im Fall des Antragstellers besonders kritisch, da er schon bei seiner medizinisch-psychologischen Untersuchung 2014 sich dessen bewusst gewesen und dennoch rückfällig geworden sei. Der Antragsteller habe sich damals einsichtig gezeigt und habe dennoch kurz nach Wiedererlangung der Fahrerlaubnis erneut angefangen, auf Diskos zu trinken und in dem Zustand zu fahren. Daher werde vonnöten sein, dass der Antragsteller beweisen könne, dass er konsequent fern von dieser Situation bleiben und komplett auf Alkohol verzichten könne. Bei Personen mit einer schweren Alkoholproblematik sei ein künftiger stabiler Alkoholverzicht nur dann zu erwarten, wenn Freizeitveranstaltungen gemieden würden, bei denen der Konsum von Alkohol ein wesentlicher Bestandteil sei. Zudem ergäben sich Widersprüche, die auf eine mangelnde Auseinandersetzung des Antragstellers mit seiner Trinkvergangenheit hindeuteten. Der Antragsteller berichte von Trinkmengen, die sogar zu einem Filmriss führten. Dabei sei kritisch zu bewerten, dass diese Trinkspitze nicht am üblichen Trinkort stattgefunden habe, sondern in einer komplett anderen Situation. Die aufgezeigten Defizite bezüglich der anzulegenden fachlichen Kriterien seien auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass der Antragsteller bisher keine therapeutische Hilfestellung in Anspruch genommen habe. Eine erneute medizinisch-psychologische Untersuchung biete nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn sich der Antragsteller bei weiterem eingehaltenem Alkoholverzicht mit den hier angesprochenen Fragen wesentlich intensiver als bisher auseinandersetzen werde. Er solle zu diesem Zweck fachliche Hilfe in Anspruch nehmen. Insbesondere sollte dort auch eine vertiefte Auseinandersetzung mit möglichen Rückfallrisiken und die Entwicklung geeigneter Vorbeugestrategien erfolgen. Dem Antragsteller werde empfohlen, sich an eine verkehrspsychologische Einrichtung zu wenden. Eine erneute medizinisch-psychologische Untersuchung solle erst nach Ablauf von der in der Regel einem Jahr (bzw. frühestens einem halben Jahr nach Beendigung einer therapeutischen Maßnahme) erfolgen. Voraussetzung einer günstigen Beurteilung zu einem späteren Untersuchungszeitpunkt sei, dass der Antragsteller Belege über den Alkoholverzicht vorlegen könne.
Diese Aussagen des Gutachtens sprechen für sich. Dieser überzeugenden und nachvollziehbaren Argumentation hat der Antragsteller – abgesehen vom Hinweis auf die bisher eingehaltene Alkoholabstinenz, die Urin-Tests sowie die Teilnahme an einem Beratungsgespräch – nichts substanziiert entgegengesetzt. Das Gericht sieht nach alledem keine triftigen Anhaltspunkte, die geeignet wären, das vorliegende Gutachten in Zweifel zu ziehen oder gar in seiner Substanz zu erschüttern. Der Antragsteller geht nicht dezidiert auf die soeben zitierten maßgeblichen Aussagen des Gutachtens ein. Es genügt nicht, der fachlichen Einschätzung des Gutachters einfach mit einer gegenläufigen Eigeneinschätzung zu begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 20.10.2016 – 11 CS 16.1826 – KommunalPraxis BY 2017, 66).
Der Antragsteller hat auch in der Sache seine verlorengegangene Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr weder vor noch nach Erlass des Gutachtens wiedererlangt. War die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfallen, so kann sie nur dann als wiederhergestellt gelten, wenn nicht mehr mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Fahrt unter Alkoholeinfluss gerechnet werden muss, weil sich das Alkoholtrinkverhalten stabil geändert hat. Nach den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung müssen dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein (siehe Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Mensch und Sicherheit, Heft M 115, 2014, Kapitel 3.13.1, S. 70 f.). Danach ist konkret ein Alkoholtrinkverhalten dann stabil geändert, wenn Alkohol nur noch kontrolliert getrunken wird, so dass das Trinken und das Fahren zuverlässig getrennt werden können, oder wenn eine Alkoholabstinenz zuverlässig eingehalten wird. Die vollzogene Änderung im Umgang mit Alkohol muss zudem vor allem stabil und motivational gefestigt sein. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Änderung aus einem angemessenen Problembewusstsein heraus erfolgt, die Änderung nach genügend langer Erprobung und Erfahrungsbildung bereits in das Gesamtverhalten integriert ist (in der Regel ein Jahr, mindestens jedoch sechs Monate), die mit der Verhaltensänderung erzielten Wirkungen positiv erlebt werden, ein Änderungsprozess nachvollziehbar aufgezeigt werden kann, eine den Alkohol eventuell bedingende Persönlichkeitsproblematik erkannt und entscheidend korrigiert wurde und neben den inneren auch die äußeren Bedingungen einer Stabilisierung des geänderten Verhaltens nicht entgegenstehen (vgl. auch BayVGH, B.v. 20.10.2016 – 11 CS 16.1826 – KommunalPraxis BY 2017, 66; B.v. 10.3.2015 – 11 CS 15.290 – juris; B.v. 26.11.2014 – 11 CS 14.1895 – juris).
Diese Voraussetzungen fehlen beim Antragsteller, weil die Wiedererlangung der Fahreignung abgesehen von der Alkoholabstinenz einen stabilen tiefgreifenden Einstellungswandel unter Berücksichtigung der soeben skizzierten Vorgaben der Begutachtungs-Leitlinien bedingt, der beim Antragsteller gegenwärtig nicht erkennbar ist, wie das vorgelegte Gutachten überzeugend belegt. Auf die obigen Ausführungen wird Bezug genommen. Ergänzend wird noch auf die Empfehlungen auf Seite 17 des Gutachtens der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 verwiesen, die einen Weg zur künftigen Wiedererlangung der Kraftfahreignung aufzeigen.
Zusammengefasst bedarf es zur Wiedererlangung der Kraftfahreignung eines für den Antragsteller bislang nicht vorhandenen positiven medizinisch-psychologischen Gutachtens, welches den Nachweis der im Regelfall einjährigen Alkoholabstinenz voraussetzt. Der Nachweis der Alkoholabstinenz sowie die Beibringung eines positiven Gutachtens sind zwingende Voraussetzungen. Eine positive Feststellung der Kraftfahreignung kann nur durch die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens einer amtlich anerkannten Begutachtungsstelle (vgl. §§ 11 Abs. 3, 46 FeV) erfolgen. Eine einmal wegen Alkoholmissbrauchs verlorengegangene Fahreignung kann nicht allein durch Zeitablauf zurückgewonnen werden. Für die Wiedergewinnung bedarf es vielmehr einer nachgewiesenen Änderung des Trinkverhaltens (vgl. Nr. 8.2 der Anlage 4 zur FeV), d.h. es ist durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu klären, ob – je nach den individuellen Erfordernissen – eine stabile Alkoholabstinenz vorliegt bzw. Prophylaxestrategien hinsichtlich des Trennungsvermögens entwickelt wurden und ob jeweils der Einstellungswandel stabil und motivational gefestigt ist (BayVGH, B.v. 20.10.2016 – 11 CS 16.1826 – KommunalPraxis BY 2017, 66; U.v. 17.11.2015 – 11 BV 14.2738 – BayVBl. 2016, 229). Vor diesem Hintergrund kann von einer bereits wiedergewonnenen Fahreignung auch nicht deshalb ausgegangen werden, weil der Antragsteller mittlerweile an regelmäßigen Urin-Screenings oder verkehrspsychologischer Beratung teilgenommen hat und noch teilnimmt (vgl. VGH BW, B.v. 8.10.2015 – 10 S 1491/15 – VBlBW 2016, 149).
Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist nach alledem rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten. Das Gleiche gilt für die weiteren Entscheidungen im streitgegenständlichen Bescheid vom 12. April 2017, auf den insoweit Bezug genommen wird (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Abgesehen von den vorstehenden Ausführungen ist die sofortige Vollziehung der Fahrerlaubnisentziehung auch im überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt. Vorliegend ist es nicht verantwortbar, den Antragsteller – der schon wiederholt unter Alkoholeinfluss am Straßenverkehr teilgenommen hat und dem gutachterlich ausdrücklich eine ungünstige Prognose bescheinigt ist – bis zur eventuellen Bestandskraft der Fahrerlaubnisentziehung am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es besteht nämlich ein erhebliches Interesse der Allgemeinheit, vor Kraftfahrern geschützt zu werden, die ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sind. Die damit für den Antragsteller verbundenen Nachteile sind weniger gewichtig. Persönliche Härten können beim Entzug der Fahrerlaubnis, der als sicherheitsrechtliche Maßnahme im Interesse der Allgemeinheit ergeht, nicht berücksichtigt werden. Da der Antragsteller nach seinem Vorbringen regelmäßig auf die Benutzung seines Fahrzeugs angewiesen ist, ist von einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für eine Fahrt unter Alkoholeinfluss mit einem Kraftfahrzeug auszugehen. Selbst wenn die Fahrerlaubnisentziehung gravierende Folgen sowohl beruflicher als auch privater Art für den Antragsteller hat, gebietet es die Sicherheit des Straßenverkehrs, am Sofortvollzug festzuhalten (vgl. etwa BayVGH, B.v. 27.3.2017 – 11 CS 17.420 – juris; B.v. 27.9.2013 – 11 CS 13.1399 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 17.7.2015 – OVG 1 S. 91.14 – Blutalkohol 52, 349 [2015]). Im Übrigen ist es dem Antragsteller selbst anzulasten und nicht der Fahrerlaubnisbehörde, wenn er trotz Alkoholkonsums am Straßenverkehr teilnimmt und dadurch erneut seine Kraftfahreignung verloren hat. Eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer durch eine über das durchschnittliche Maß hinausgehende Unfallwahrscheinlichkeit muss in jedem Fall ausgeschlossen werden können. Es reicht nicht, dass eine noch fehlende Eignung erst in Zukunft wiederhergestellt werden soll (vgl. Krismann, NZV 2011, 417). Denn bei erwiesener Ungeeignetheit ist eine Beschränkung des Führens von Fahrzeugen oder die Anordnung von Auflagen nicht ausreichend, um den Verkehr in hinreichendem Maße vor Gefahren zu schützen. Das Gutachten der TÜV T. Fahrzeug GmbH & Co. KG vom 8. März 2017 stellt, wie bereits ausführlich dargelegt, fest, dass derzeit noch zu erwarten sei, dass der Antragsteller auch zukünftig ein Kraftfahrzeug unter Alkoholeinfluss führen wird, so dass somit eine erhöhte Rückfallwahrscheinlichkeit ausdrücklich zu bejahen ist. Dem Gutachten ist auch nicht zu entnehmen, dass zumindest für einen befristeten Zeitraum die Wahrscheinlichkeit überwiegt, dass eine erneute Trunkenheitsfahrt vermieden werden kann (vgl. Schubert/Schneider/Eisenmenger/Stephan, Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung, Kommentar 2. Aufl. 2005, Nr. 3.2.4.1 S. 150).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung resultiert aus § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 2 GKG in Verbindung mit den Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Nur die Klasse B ist für den Streitwert relevant, da sie die anderen Fahrerlaubnisklassen mit abdeckt (vgl. § 6 Abs. 3 FeV). Nach Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs ist mithin nur einmal der Auffangwert (5.000,00 EUR) anzusetzen. Die Fahrerlaubnis der Klassen A, A1 und AM wirken sich – angesichts der vergebenen Schlüsselzahlen – nicht streitwerterhöhend aus (vgl. im Einzelnen auch BayVGH, B.v. 15.12.2014 – 11 CS 14.2202 – juris; B.v. 30.1.2014 – 11 CS 13.2342 – BayVBl. 214, 373). Nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs war der volle Streitwert im Sofortverfahren zu halbieren, so dass letztlich 2.500,00 EUR festzusetzen waren.


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