Medizinrecht

Erfolgloser Eilantrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 S. 2 4. BayIfSMV zur Durchführung eines Spezialmarkts zum Thema Gartenbau

Aktenzeichen  AN 18 E 20.00834

Datum:
8.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10414
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
4. BayIfSMV § 5 S. 2
VwGO § 114, § 123

 

Leitsatz

1. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich eine Veranstaltung, Versammlung oder Ansammlung unter den Gesichtspunkten des Infektionsschutzes als vertretbar erweist, um eine Ausnahmegenehmigung nach § 5 S. 2 4. BayIfSMV zu rechtfertigen, bestimmt sich vorrangig nach dem in § 1 Abs. 1 IfSG formulierten Zweck des Infektionsschutzrechts, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern. Bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind demgemäß die grundrechtlich geschützten Interessen des Veranstalters gegen das Ziel des Infektionsschutzrechts – den Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung – abzuwägen und einem angemessenen Ausgleich zuzuführen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Wahrung der Belange des Infektionsschutzes wird dabei in erster Linie von der Ausarbeitung und praktischen Umsetzung eines tauglichen Infektionsschutzkonzepts abhängig sein. Fehlt es an einem solchen Konzept oder ist dessen Umsetzung nicht gesichert, wird die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung regelmäßig ausscheiden müssen. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

Der im Ergebnis auf eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Durchführung des Spezialmarkts „…“ gerichtete Antrag war abzulehnen; er ist hinsichtlich des Hauptantrags bereits unzulässig und im Übrigen unbegründet.
1. Das im Hauptantrag formulierte Begehren, „den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine Ausnahmegenehmigung von der Versagung der Versammlung nach § 1 Abs. 1 S. 2 3. BayIfSMV vorsorglich für den Fall zu erteilen, dass diese Regelung bis mindestens zum 15. Mai 2020 verlängert oder durch Regelungen über den gleichen Gegenstand ersetzt wird“, ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage des § 1 Abs. 1 Satz 2 3. Bay-IfSMV kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil diese Regelung gemäß § 12 Satz 1 3. BayIfSMV mit Ablauf des 10. Mai 2020 außer Kraft tritt und damit während der Durchführung der Veranstaltung in der Zeit vom 15. Mai 2020 bis zum 17. Mai 2020 keine Gültigkeit mehr besitzt. Ausscheiden muss ferner eine vorsorgliche Verpflichtung des Antragsgegners zur Genehmigungserteilung für den Fall, dass die Gültigkeit der Verordnung über den 10. Mai 2020 hinaus verlängert oder die Bestimmung des § 1 Abs. 1 Satz 2 3. BayIfSMV durch eine Regelung gleichen Inhalts ersetzt werden sollte. Das Rechtsschutzbedürfnis für einen derartigen Antrag ist jedenfalls mit dem Erlass der 4. BayIfSMV am 5. Mai 2020 entfallen. Für Spekulationen über die im Zeitpunkt der Veranstaltung gültige Rechtslage bestand ab diesem Zeitpunkt kein Anlass mehr. Eine entsprechende Regelung für die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zur Durchführung von Veranstaltungen hat der Verordnungsgeber in § 5 Satz 2 4. BayIfSMV vorgesehen; dieser Regelung, die gemäß § 24 Satz 2 4. BayIfSMV über eine Gültigkeitsdauer vom 11. Mai 2020 bis zum Ablauf des 17. Mai 2020 verfügt, unterfällt auch der vom Antragsteller geplante Spezialmarkt.
Zwar wäre das Gericht nach § 122 Abs. 1, § 88 VwGO grundsätzlich dazu angehalten, den Antrag so auszulegen, dass dem dahinter stehenden Rechtsschutzziel bestmöglich entsprochen werden kann, was hier mit dem Erhalt einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 Satz 2 4. BayIfSMV zu erreichen gewesen wäre. Dem steht hier aber der ausdrücklich geäußerte gegenteilige Wille des – anwaltlich vertretenen – Antragstellers entgegen. So hat dieser in Kenntnis der im Zeitpunkt der Veranstaltung gültigen Rechtslage noch immer an seinem ursprünglichen Antrag – gerichtet auf die vorsorgliche Erteilung einer entsprechenden Ausnahmegenehmigung auf Grundlage der 3. BayIfSMV – festgehalten und lediglich hilfsweise die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung nach § 5 Satz 2 4. BayIfSMV geltend gemacht.
2. Der zulässige Hilfsantrag, „den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO zu verpflichten, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts eine Ausnahmegenehmigung von der Untersagung der Versammlung nach § 5 S. 2 4. BayIfSMV zu erteilen“, erweist sich in der Sache als unbegründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Der Antragsteller hat dabei sowohl das Bestehen eines Anordnungsanspruchs als auch das Bestehen eines Anordnungsgrundes glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO, § 920 Abs. 2, § 294 ZPO.
Dem Wesen und Zweck der einstweiligen Anordnung entsprechend kann das Gericht regelmäßig nur vorläufige Entscheidungen treffen und dem Antragsteller noch nicht im vollen Umfang das gewähren, was er nur in einem Hauptsacheverfahren erstreiten könnte. Im Hinblick auf die Garantie des effektiven Rechtsschutzes durch Art. 19 Abs. 4 GG gilt dieses Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache jedoch nicht, wenn die sonst zu erwartenden Nachteile des Antragstellers unzumutbar und in einem Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären sowie ein hoher Wahrscheinlichkeitsgrad für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, der Antragsteller dort also schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden, bloß summarischen Prüfung des Sachverhalts erkennbar Erfolg haben würde (vgl. etwa BVerwG, B.v. 26.11.2013 – 6 VR 3.13 – juris Rn. 5, 7).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Es fehlt bereits an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs; es kann damit bei summarischer Prüfung gerade nicht davon ausgegangen werden, dass der Antragsteller in einem (hypothetischen) Hauptsacheverfahren erkennbar Erfolg haben würde.
a) Insoweit ist es zunächst von Bedeutung, dass die durch § 5 Satz 2 4. BayIfSMV eingeräumte Möglichkeit zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen von dem Veranstaltungs-, Versammlungs- und Ansammlungsverbot des § 5 Satz 1 4. BayIfSMV nicht etwa einen gebundenen Anspruch der betroffenen Personen begründet, sondern die Erteilung dem eindeutigen Wortlaut nach („kann“) vielmehr im Ermessen der zuständigen Kreisverwaltungsbehörde steht. Auch im Rahmen des Verfahrens der einstweiligen Anordnung muss daher die gerichtliche Überprüfungskompetenz dem Grunde nach darauf beschränkt sein, ob die von der Behörde getroffene Entscheidung die durch § 114 Satz 1 VwGO gesetzten Grenzen wahrt. Liegt dem geltend gemachten materiellen Anspruch eine Ermessensvorschrift zugrunde, wird der Erlass einer einstweiligen Anordnung daher regelmäßig nur im – hier nicht einschlägigen – Fall einer Ermessensreduktion auf Null in Betracht kommen (vgl. BVerwG, B.v. 16.8.1978 – 1 WB 112.78 – BVerwGE 63, 110/112; BayVGH, B.v. 12.9.1990 – 12 CE 90.1602 – NVwZ-RR 1991, 441/442).
Die grundrechtlich verbürgte Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 GG kann den Erlass einer einstweiligen Anordnung aber auch jenseits von derartigen Ermessensverdichtungen erforderlich machen. Nach einer verbreiteten Ansicht soll der Erlass einer einstweiligen Anordnung namentlich dann in Betracht kommen, wenn die Ablehnung der begehrten Entscheidung als ermessensfehlerhaft anzusehen ist und eine erneute – fachgerechte – Ausübung des Ermessens mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zugunsten des Antragstellers ausgehen wird (VGH BW, B.v. 24.11.1995 – 9 S 3100/95 – juris Rn. 3; B.v. 15.9.1999 – 9 S 2178/99 – juris Rn. 4; NdsOVG, B.v. 11.6.2008 – 4 ME 184/08 – juris Rn. 5; Schoch/Schneider/Bier/Schoch, 37. EL Juli 2019, VwGO, § 123 Rn. 161b). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung knüpft dabei stets an eine fehlerhafte Ausübung des behördlichen Ermessens an. Für die Ermittlung von Ermessensfehlern gelten aber auch insoweit die allgemeinen Grundsätze des § 114 Satz 1 VwGO, d.h. das Gericht überprüft nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (vgl. VGH BW, B.v. 24.11.1995 – 9 S 3100/95 – juris Rn. 6; SächsOVG, B.v. 24.2.2009 – 2 B 4/09 – juris Rn. 9). Ergibt die gerichtliche Prüfung, dass ein Ermessensfehler nicht vorliegt, fehlt es am Anordnungsanspruch für den Erlass einer einstweiligen Anordnung (Schoch/Schneider/Bier/Schoch, 37. EL Juli 2019, VwGO, § 123 Rn. 161b).
b) Gemessen an den vorstehend aufgezeigten Grundsätzen, mangelt es in der hier zu entscheidenden Fallkonstellation am Vorliegen eines Anordnungsanspruchs für die vom Antragsteller begehrte Regelung. Der Bescheid des Landratsamts … vom 6. Mai 2020, mit dem der Antragsgegner die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung für die Durchführung der Veranstaltung „…“ für die Zeit vom 15. Mai 2020 bis zum 17. Mai 2020 abgelehnt hat, hält sich innerhalb der durch § 114 Satz 1 VwGO für die Ausübung des Ermessens vorgegebenen Grenzen.
Gemäß § 5 Satz 1 4. BayIfSMV sind Veranstaltungen, Versammlungen und Ansammlungen vorbehaltlich speziellerer Regelungen landesweit untersagt. Nach § 5 Satz 2 4. BayIfSMV kann die zuständige Kreisverwaltungsbehörde auf Antrag Ausnahmegenehmigungen erteilen, soweit dies im Einzelfall aus infektionsschutzrechtlicher Sicht vertretbar ist. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit sich eine Veranstaltung, Versammlung oder Ansammlung unter den Gesichtspunkten des Infektionsschutzes als vertretbar erweist, ist dem Wortlaut der Regelung nicht zu entnehmen. Als Richtschnur wird dabei vorrangig der in § 1 Abs. 1 IfSG formulierte Zweck des Infektionsschutzrechts, übertragbaren Krankheiten beim Menschen vorzubeugen, Infektionen frühzeitig zu erkennen und ihre Weiterverbreitung zu verhindern, in den Blick zu nehmen sein. Bei der Erteilung einer Ausnahmegenehmigung sind also die grundrechtlich geschützten – hier wirtschaftlichen – Interessen des Veranstalters gegen das Ziel des Infektionsschutzrechts – den Schutz von Leben und Gesundheit der Bevölkerung – abzuwägen und einem angemessenen Ausgleich zuzuführen. Die Wahrung der Belange des Infektionsschutzes wird dabei in erster Linie von der Ausarbeitung und praktischen Umsetzung eines tauglichen Infektionsschutzkonzepts abhängig sein. Fehlt es an einem solchen Konzept oder ist dessen Umsetzung nicht gesichert, wird die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung regelmäßig ausscheiden müssen.
Soweit der Bescheid vom 6. Mai 2020 die Ablehnung der beantragten Ausnahmegenehmigung (zumindest auch) auf das aus Sicht des Landratsamts unzureichende Infektionsschutzkonzept gestützt hat, hält sich diese Entscheidung bei summarischer Prüfung innerhalb der durch § 5 Satz 2 4. BayIfSMV gesetzten Ermessensgrenzen; ferner wird die Entscheidung dem durch die 4. BayIfSMV verfolgten Ziel der Eindämmung des durch das Corona-Virus hervorgerufenen Infektionsgeschehens gerecht. Zwar wird es im Ausgangspunkt nicht zu beanstanden sein, dass der Antragsteller die für seine Veranstaltung geplanten Schutzmaßnahmen an denjenigen Grundsätzen orientiert hat, wie sie im Zeitpunkt der Antragstellung am 30. April 2020 nach § 2 Abs. 5 Nr. 2 und Abs. 6 2. BayIfSMV für bestimmte Einzelhandelsbetriebe vorgesehen waren und sich nunmehr für sämtliche Betriebe des Groß- und Einzelhandels in weitgehend identischer Weise aus § 12 Abs. 1 Satz 1 4. BayIfSMV ergeben. Zu Recht hat der Antragsgegner aber die unzureichende tatsächliche Umsetzung dieser Verpflichtungen durch das vom Antragsteller vorgelegte Maßnahmenkonzept bemängelt. Wie der Bescheid vom 6. Mai 2020 aus Sicht der Kammer zutreffend ausführt, können die vom Antragsteller vorgesehenen Beschränkungen insbesondere eine Unterschreitung der vorgesehenen Mindestabstände auf dem Veranstaltungsgelände nicht mit hinreichender Sicherheit unterbinden.
Dies gilt zunächst hinsichtlich der vom Antragsteller in Anlehnung an die Regelung § 2 Abs. 5 Nr. 2 2. BayIfSMV (jetzt § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 4. BayIfSMV) vorgesehene Beschränkung der Besucherzahlen auf höchstens einen Kunden je 20 m² Verkaufsfläche. Zur Umsetzung dieser Maßnahme hat der Antragsteller vorgeschlagen, die Anzahl der gleichzeitig auf dem Veranstaltungsgelände anwesenden Besucher auf höchstens 933 Personen zu beschränken, wodurch sich unter Zugrundelegung einer Gesamtfläche von 18.670 m² – dies entspricht der eingegrenzten Freifläche von Schloss … – ein rechnerisches Verhältnis von einem Kunden pro 20 m² Verkaufsfläche ergebe. Dieser formalistische Ansatz erscheint zur praktischen Umsetzung der vorstehenden Beschränkungen indessen wenig geeignet. Er lässt unberücksichtigt, dass den Besuchern des Spezialmarkts bei realitätsnaher Betrachtungsweise wohl kaum der gesamte Schlossgarten als Aufenthaltsort zur Verfügung stehen wird. Das Veranstaltungsgelände ist an vielen Stellen mit Bäumen und Sträuchern bewachsen, weshalb diese Bereiche von den Besuchern der Veranstaltung schon aus tatsächlichen Gründen nicht betreten werden können. Ohnehin werden sich die Kundenströme vorrangig auf die Wege und die unmittelbare Nähe der Verkaufseinheiten beschränken. Demgegenüber werden vor allem die Randbereiche des Geländes, auf denen kein Verkauf stattfindet, von den Besuchern wohl allenfalls gelegentlich frequentiert. Die rein faktische Verkaufsfläche fällt mithin deutlich geringer aus, als die vom Antragsteller in einer rein rechnerischen Betrachtungsweise zugrunde gelegte Gesamtfläche der Außenanlage von Schloss … Daneben erscheint auch die grundsätzliche Einhaltung des vom Antragsteller in Anlehnung an § 2 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 5 Abs. 1 Satz 2 2. BayIfSMV (nunmehr § 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 1 Abs. 1 Satz 2 4. BayIfSMV) vorgesehenen Mindestabstands von 1,5 m zwischen den Besuchern unter Berücksichtigung der Eigenart sowie der Größe der Veranstaltung nicht gewährleistet. Nach dem vorgelegten Infektionsschutzkonzept soll die Einhaltung dieses Mindestabstands auf dem Veranstaltungsgelände vor allem dadurch sichergestellt werden, dass den Besuchern durchgehend mindestens 3 m breite Laufwege zur Verfügung stehen und an kritischen Stellen außerdem zusätzliche Trennungen installiert werden, um das Aufeinandertreffen umherstreifender Besucher zu verhindern. Der Zugangsbereich soll eine Breite von 4,5 m aufweisen und in einen separaten Eingang und Ausgang getrennt werden. Im Eingangsbereich sowie auf dem gesamten Gelände ist daneben die Aufstellung von Schildern vorgesehen, die auf den Mindestabstand von 1,5 m hinweisen sollen; die Einhaltung des Mindestabstands soll außerdem durch die Mitarbeiter des Antragstellers sowie zusätzlich eingesetztes Ordnungspersonal überwacht werden. Zutreffend weist der Antragsgegner insoweit auf die Besonderheiten der vorliegenden Veranstaltung hin, die diese insbesondere von den seitens des Antragstellers in Bezug genommenen privilegierten Gartencentern und Wochenmärkten unterscheidet. Anders als die genannten Einrichtungen, die den Kunden dauerhaft bzw. in regelmäßig wiederkehrenden Abständen zur Verfügung stehen, handelt es sich bei dem Spezialmarkt des Antragstellers um ein singuläres Ereignis. Die Veranstaltung verfügt damit über einen besonderen „Eventcharakter“; sie ist nicht etwa auf den Verkauf von gartenbaulichen Erzeugnissen, Arbeitsgeräten und Dekorationsartikeln beschränkt, sondern soll den Besuchern vielmehr ein ganzheitliches Unterhaltungskonzept bieten, wodurch auch der vorgesehene Eintrittspreis von 10 EUR pro Person gerechtfertigt wird. Der Spezialmarkt des Antragstellers ist als eine Art „Gartenschau“ konzipiert, die den Besuchern verschiedene Gestaltungsanregungen im Bereich Gartenbau an die Hand geben soll. Laut Internetauftritt des Antragstellers ist außerdem ein begleitendes Rahmenprogramm vorgesehen, welches unter anderem verschiedene Fachvorträge und Musikdarbietungen beinhalten soll (vgl. …, zuletzt abgerufen am 7.5.2020). Ebendieser „Eventcharakter“ wirft unter den Gesichtspunkten des Infektionsschutzrechts besondere Herausforderungen auf, deren Bewältigung durch das Konzept des Antragstellers – wie im Bescheid vom 6. Mai 2020 zutreffend dargelegt – nicht sichergestellt wird. Der Aufenthalt der Kunden auf dem Veranstaltungsgelände ist damit – anders als bei Gartencentern und Wochenmärkten – nicht auf die Durchführung einzelner Verkaufsvorgänge beschränkt, sondern soll diesen vielmehr die Möglichkeit bieten, sich eingehend über das dortige Verkaufsangebot zu informieren und an dem vorgesehenen Rahmenprogramm teilzunehmen. Schon aus diesem Grund ist an den Standorten der einzelnen Verkaufsstände und Programmdarbietungen mit erhöhten Menschenansammlungen zu rechnen. Auch deshalb erscheint das vorgesehene Schutzkonzept in verschiedenen Punkten doch eher vage. Es kann diesem etwa nicht entnommen werden, an welchen „kritischen Stellen“ der Antragsteller im Einzelnen die Errichtung zusätzlicher Trennungen zur Verhinderung eines Aufeinandertreffens umhergehender Besucher für erforderlich hält; angesichts vorstehenden Ausführungen dürfte dies wohl auf die Mehrheit der vorgesehenen Verkaufseinheiten zutreffen. Ebenso wenig geht daraus hervor, wie viele Mitarbeiter bzw. Ordner insgesamt für die Überwachung der Einhaltung der Mindestabstände eingesetzt werden sollen.
Schließlich besteht die von Seiten des Landratsamts angeführte Gefahr der Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 m zwischen den Besuchern nicht nur auf dem Marktgelände selbst, sondern schon im Vorfeld der Veranstaltung. Hieran vermag auch das vom Antragsteller vorgelegte Parkplatzkonzept, welches für die einzelnen Besucherparkplätze zuletzt eine Breite von 3,5 m pro Fahrzeug vorsieht und dadurch einen lichten Abstand zwischen zwei Fahrzeugen von rund 1,65 m gewährleisten will, nichts zu ändern. Wie der Antragsgegner zutreffend ausgeführt hat, besteht die Gefahr einer Unterschreitung des Mindestabstands von 1,5 m weniger auf den Parkflächen selbst, als vielmehr dadurch, dass alle Parkflächen nördlich des Veranstaltungsgeländes belegen sind und die Besucher somit allesamt über die nördlichen Ortsstraßen auf das Veranstaltungsgelände zuströmen werden. Vor dem Eingangsbereich ist damit – unter Zugrundelegung der Besucherzahlen der vergangenen Jahre, die sich auf 935 bis 4.364 Personen täglich beliefen – nahezu zwangsläufig mit erhöhten Menschenansammlungen zu rechnen, zumal auch die diesjährige Veranstaltung unter anderem im Internet beworben wurde. Verstärkt wird dieses Phänomen außerdem dadurch, dass nach dem Konzept des Antragstellers nur 933 Personen gleichzeitig das Veranstaltungsgelände betreten dürfen und somit die Bildung teils erheblicher Warteschlangen zu besorgen steht. Insoweit fehlt es dem Infektionsschutzkonzept an geeigneten Maßnahmen, die die Einhaltung des notwendigen Sicherheitsabstands auch im Vorfeld der Veranstaltung sicherstellen würden. Ohnehin wird der Antragsteller kaum dazu in der Lage sein, das Verhalten seiner Besucher auch außerhalb des Veranstaltungsgeländes zu steuern. Anders als dort steht ihm auf den öffentlichen Ortsstraßen gerade nicht das Hausrecht zu, kraft dessen er auf Störer einwirken und diese gegebenenfalls von der Veranstaltung ausschließen könnte. Sollten entsprechende Verstöße also im Vorfeld der Veranstaltung auftreten, wären diese wohl nur unter Zuhilfenahme der Polizei oder kommunaler Ordnungsbehörden zu beseitigen. Dass der Antragsteller die hierfür notwendigen Vorkehrungen getroffen hätte, kann seinem Vorbringen jedoch nicht entnommen werden.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013. Dabei macht das Gericht von der Möglichkeit Gebrauch, den Streitwert im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes bis zur Höhe des für das Hauptsacheverfahren anzunehmenden Streitwerts anzuheben, weil der Antrag im Hinblick darauf, dass die geplante Veranstaltung bereits am übernächsten Wochenende durchgeführt werden soll, inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache abzielt.


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