Medizinrecht

Erstattung von Jugendhilfekosten

Aktenzeichen  12 ZB 17.951

Datum:
7.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 28122
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII § 2 Abs. 2, § 19, § 27, § 34, § 86b Abs. 1 S. 1
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 5, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Sollen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer Entscheidung aus einer neuen Zeugenaussage ergeben, erfordert dies die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Zeugen, die Darstellung, was der Zeuge voraussichtlich bekunden wird, ggf. die Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung, sowie die Darstellung, weshalb diese Aussage eine andere Sachverhaltswürdigung gebietet. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII bestimmte Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers bleibt auch für daran anschließende Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung bestehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt, die auf einem fortbestehenden Hilfebedarf des jungen Menschen beruht (stRspr BayVGH BeckRS 2005, 17170). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 15.2169 2017-04-04 VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 43.425,52 € festgesetzt.

Gründe

Die Klägerin verfolgt mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung einen Anspruch auf Erstattung von Jugendhilfekosten gegenüber dem Beklagten weiter.
I.
1. Sie gewährte zunächst mit Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2008 Frau N. A. und ihrem Sohn Yosef ab 6. Juni 2008 Jugendhilfe in Form der stationären Unterbringung in einer Mutter-Kind-Einrichtung in H. im Landkreis R. Vor dem Beginn der Leistung hatte die sorgeberechtigte Kindsmutter ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich der Klägerin, der ebenfalls sorgeberechtigte Vater im Landkreis M.. Im November 2009 wurde den Eltern durch Beschluss des Amtsgerichts Rosenheim das Sorgerecht für Yosef teilweise (Aufenthaltsbestimmungsrecht, Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen und ärztliche Betreuung) entzogen. Am 15. April 2011 verließ Frau A. unangekündigt und ohne ihren Sohn die Einrichtung in H., nachdem sie ihn an diesem Tag zunächst regulär zu einer Kindertageseinrichtung gebracht hatte. Daraufhin nahm die Klägerin Yosef am 19. April 2011 in Obhut und brachte ihn in einem Waisenhaus in M. unter. Mit Bescheid vom 5. Mai 2011 hob sie den Bewilligungsbescheid vom 7. Juli 2008 ab 19. April 2011 auf. Nach einem entsprechenden Antrag des Ergänzungspflegers gewährte die Klägerin Yosef mit Bescheid vom 22. Dezember 2011 für den Zeitraum vom 12. Juli bis 15. Dezember 2011 Hilfe zur Erziehung in Form der stationären Unterbringung im Waisenhaus in M., ab 16. Dezember 2011 im Kinder- und Jugendheim Kloster M. im Landkreis E..
Frau A. gab am 6. September 2011 schriftlich gegenüber der Klägerin an, sich vom 15. April bis 23. April in der Wohnung von Frau F., K.-Str. 35 in P., und vom 23. April bis zum 11. Juli 2011 in der Wohnung von Herrn A., S.-Straße 7 in P., aufgehalten zu haben. Gemäß der Meldebestätigung der Stadt P. war Frau A. vom 17. Mai 2011 bis 10. Juni 2011 und vom 29. Juni 2011 bis 12. Juli 2011 in der S.-Straße 7 in P. gemeldet, vom 10. Juni bis 29. Juni 2011 in der K.-Straße 35. Am 30. Mai 2011 stellte die Betreuerin von Frau A. beim Jobcenter des Beklagten einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), woraufhin ihr ab dem 1. Mai 2011 bis einschließlich 30. September 2011 entsprechende Leistungen gewährt wurden. Vom 12. Juli 2011 bis 21. Dezember 2011 war Frau A. im Wohnheim des Evangelischen Beratungsdienstes für Frauen in M., danach weiterhin im Stadtgebiet von M. wohnhaft.
2. Mit Schreiben vom 22. Januar 2012 beantragte die Klägerin beim Beklagten für die Gewährung von Jugendhilfe in Form der stationären Unterbringung im Waisenhaus in M. Kostenerstattung. Diese lehnte der Beklagte mit Schreiben vom 21. März 2012 ab. Daraufhin erhob die Klägerin am 15. Dezember 2015 Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg. Ihr stehe für den Zeitraum vom 12. Juli 2011 bis 21. Dezember 2011 ein Kostenerstattungsanspruch gegenüber dem Beklagten nach § 89e Abs. 1 Achtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) zu, da die Kindsmutter, Frau A., sich während dieses Zeitraums in einer geschützten Einrichtung, nämlich dem Evangelischen Beratungsdienst für Frauen in M., aufgehalten habe. Davor habe sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des beklagten Landkreises gehabt. Demgegenüber verwies der Beklagte darauf, dass Frau A. sich unter Berücksichtigung der Umstände ihres Aufenthalts vom 14. April bis 11. Juli 2011 nur vorübergehend in P. aufgehalten und dort keinen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe.
3. Mit Urteil vom 4. April 2017 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Die Voraussetzungen eines Erstattungsanspruchs nach § 89e Abs. 1 Satz 1 SGB VIII lägen nicht vor. Frau A. habe im Zeitraum zwischen dem 19. April 2011 und dem 11. Juli 2011 im Zuständigkeitsbereich des Beklagten keinen gewöhnlichen Aufenthalt begründet. Für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts im Sinne der Legaldefinition des § 30 Abs. 3 Satz 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) komme es nicht auf eine bereits eingetretene oder vorgesehene Dauerhaftigkeit des Aufenthalts an einem bestimmten Ort bzw. in einem bestimmten Gebiet an, sondern auf dessen Zukunftsoffenheit, d.h. darauf, ob der Aufenthalt nicht von vorneherein auf eine zeitlich absehbare Beendigung angelegt sei. Nicht ausreichend für die Begründung eines gewöhnlichen Aufenthalts sei im vorliegenden Fall der Umstand, dass sich Frau A. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten angemeldet und einen Antrag auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch gestellt habe. Nach Angaben der Mutter-Kind-Einrichtung in H. habe Frau A. die Einrichtung am 15. April 2011 spontan verlassen. Als sie Yosef an diesem Tag zur Kinderkrippe gebracht habe, habe sie noch erklärt, ihn dort wieder abzuholen. Weiter habe sie gegenüber der Einrichtung zunächst angegeben, bei einer Freundin in M. bleiben zu wollen. Aus Sicht des Gerichts zeige dies, dass sie nicht geplant habe, einen gewöhnlichen Aufenthalt im Bereich des Beklagten zu begründen; sie sich vielmehr hinsichtlich ihrer weiteren Lebensplanung offensichtlich unschlüssig gewesen sei. Dies zeige auch der Umstand, dass sie sich in P. in kurzem zeitlichem Abstand bei zwei unterschiedlichen Adressen angemeldet habe. Auch aus der Beantragung von Sozialleistungen folge nichts anderes. Dies sei erforderlich gewesen, damit Frau A. ihren Lebensunterhalt habe bestreiten können. Mithin habe es sich bei den unterschiedlichen Wohnsitzen im Bereich des Beklagten nur um vorübergehende Zufluchtsorte in den Wohnungen von Bekannten bzw. Freunden gehandelt, die lediglich zu einem tatsächlichen, nicht aber zu einem gewöhnlichen Aufenthalt in P. geführt hätten.
Weiter sei darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Unterbringung von Yosef im Waisenhaus in M. im Zeitraum vom 19. April 2011 bis 11. Juli 2011, für den kein Bewilligungsbescheid ergangen sei, und im Anschluss vom 12. Juli 2011 bis 15. Dezember 2012 ebenfalls im Waisenhaus in M., ferner ab dem 16. Dezember 2012 im Kloster M. nicht um jeweils neue Leistungen der Klägerin gehandelt habe. Vielmehr habe diese durch die vollstationäre Unterbringung lediglich ihre fortdauernd bestehende Leistungsverpflichtung erfüllt. Für die stationäre Unterbringung von Yosef und seiner Mutter in der Mutter-Kind-Einrichtung in H. vom 6. Juni 2008 bis 18. April 2011 sei die Klägerin nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zuständig gewesen. Dass sie ab dem 19. April Yosef in Obhut genommen habe, obwohl hierfür keine Zuständigkeit gegeben gewesen sei, bilde ein weiteres Indiz dafür, dass vorliegend eine einheitliche Leistungsgewährung vorliege. Bei der anschließenden Unterbringung von Yosef im Waisenhaus in M. liege lediglich ein Wechsel der Hilfeart von § 2 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII zu § 2 Abs. 2 Nr. 4 SGB VIII vor. Die Inobhutnahme habe die Leistungsgewährung mithin nicht beendet. Folglich sei in der Unterbringung im Waisenhaus in M. trotz der Einstellung der Hilfe nach § 19 SGB VIII zum 18. April 2011 keine neue Leistung zu sehen. Dies ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 5 C 35.15 – BVerwGE 157, 96). Bereits im Zeitpunkt der Inobhutnahme sei sich die Klägerin bewusst gewesen, dass für Yosef ein fortdauernder Jugendhilfebedarf bestehen würde.
4. Gegen dieses Urteil wendet sich nunmehr die Klägerin mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung, mit dem sie ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie – jedenfalls der Sache nach – das Vorliegen von Verfahrensfehlern im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend macht. Der beklagte Landkreis tritt dem Zulassungsantrag entgegen; er erachtet das verwaltungsgerichtliche Urteil für zutreffend.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die dem Senat vorliegenden Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg, da die geltend gemachten Zulassungsgründe – soweit sie den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt wurden – nicht vorliegen.
1. Das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts unterliegt auch unter Berücksichtigung der Zulassungsbegründung keinen ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
1.1 Soweit die Klägerin unter Vorlage einer Gesprächsnotiz über ein am 3. Mai 2017 mit Frau A. geführtes Telefonat mit der „Vermittlungsstelle“ des Stadtjugendamtes vorträgt, Frau A. habe in diesem Telefonat „mitgeteilt, dass sie im April 2011 das Mutter-Kind-Haus in H. verlassen und ihren Sohn dort zurückgelassen hatte, um in P. mit ihrem Freund zusammenzuleben“, und dass sie die Absicht besessen hatte, „bei ihm bleiben“ zu wollen, genügt dieser Vortrag dem Darlegungserfordernis des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht. Zwar kann ein Rechtsmittelführer ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung auch durch den Vortrag neuer Tatsachen bewirken; er muss diese jedoch hinreichend substantiieren und sie zugleich in Beziehung zu dem vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt setzen, d.h. konkret darlegen, weshalb der neue Tatsachenvortrag am Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Urteils Zweifel weckt. Ergibt sich neuer Tatsachenvortrag aus einer Zeugenaussage, erfordert dies in der Regel die Angabe einer ladungsfähigen Anschrift des Zeugen, die Darstellung, was der Zeuge voraussichtlich bekunden wird, ggf. die Vorlage einer entsprechenden eidesstattlichen Versicherung, sowie die Darstellung, weshalb diese Zeugenaussage voraussichtlich zu einer anderen Sachverhaltswürdigung Anlass bietet (vgl. hierzu ausführlich Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 124 Rn. 91; ferner Kuhlmann in Wysk, VwGO, 2. Aufl. 2016, § 124a Rn. 48).
Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht. Verwiesen wird im vorliegenden Fall allein auf eine „Gesprächsnotiz“ einer Mitarbeiterin der Klägerin, wonach Frau A. zu einem bestimmten, sechs Jahre zurückliegenden Vorgang bestimmte, inhaltlich rudimentäre Angaben gemacht haben soll. Weder wird eine ladungsfähige Anschrift der Zeugin genannt, noch wird vorgetragen, aus welchem Anlass das Telefonat mit Frau A. stattgefunden hat und in welchen Kontext es daher einzuordnen ist. Weiter gibt der Gesprächsvermerk die vermeintlichen Angaben von Frau A. nur indirekt wieder. Angesichts dieser Umstände wäre es aus Sicht des Senats zwingend erforderlich gewesen, ggf. durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung von Frau A. deren eigene Bekundungen dem Berufungsgericht im Rahmen der Zulassungsbegründung zu unterbreiten. Denn erst diese hätten den Senat in die Lage versetzt abzuschätzen, inwieweit eine Beweisaufnahme durch Vernehmung von Frau A. im Berufungsverfahren möglicherweise zu einem anderen als dem vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Sachverhalt geführt hätte. Eine von einem Dritten erstellte „Gesprächsnotiz“, die ein sechs Jahre zurückliegendes Ereignis betrifft, ermöglicht diese Beurteilung nicht.
Hinzu kommt, dass die Klägerin sich mit Blick auf die behauptete Äußerung von Frau A. nicht mit dem vom Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalt auseinandersetzt. Zwar trägt sie vor, dass die mutmaßlichen Angaben von Frau A. die klägerische Auffassung stützen würden. Es fehlt jedoch an der Darlegung, weshalb die Äußerung von Frau A. die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass sie in P. nur einen tatsächlichen, nicht hingegen einen gewöhnlichen Aufenthalt begründet habe, in Frage stellen soll. Soweit die Klägerin hierzu lediglich „hilfsweise“ vorträgt, dass die im Jahr 2011 getätigten Aussagen von Frau A. im Rahmen einer Verschleierungstaktik gefallen sein „könnten“, etwa in dem Sinne, dass sie zu ihrem Freund habe abhauen wollen und daher gegenüber Krippe und Einrichtung den Eindruck habe vermitteln müssen, alles sei in Ordnung und gehe seinen gewohnten Gang, handelt es sich lediglich um eine unsubstantiiert bleibende Mutmaßung. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung, die nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Zulassung der Berufung gebieten würden, hat die Klägerin mit ihrem Vorbringen demzufolge nicht dargetan.
1.2 Hinzu kommt, dass die Klägerin den zweiten, selbständigen Begründungsansatz des Verwaltungsgerichts (unter Ziffer 1. b. der Entscheidungsgründe) mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht angegriffen hat (zur Berufungszulassung wegen ernstlicher Richtigkeitszweifel bei sog. Mehrfachbegründungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 61).
Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. insbesondere B.v. 31.8.2005 – 12 BV 02.2651 – FEVS 57, 415 [417 f.], B.v. 21.10.2013 – 12 ZB 13.2139 – unveröffentlicht; hierzu auch VG Bayreuth, U.v. 15.12.2016 – B 3 K 16.365 – unveröffentlicht) bleibt die nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGB VIII für eine Maßnahme nach § 19 SGB VIII bestimmte Zuständigkeit des Jugendhilfeträgers auch für daran anschließende Maßnahmen der Hilfe zur Erziehung bestehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt, die auf einem qualitativ unverändert fortbestehendem Hilfebedarf des jungen Menschen beruht. Eine zuständigkeitsrechtlich beachtliche „neue“ Leistung liegt dabei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht allein deswegen vor, weil die geänderte oder neu hinzutretende Jugendhilfemaßnahme ganz oder teilweise einer anderen Nummer des § 2 Abs. 2 SGB VIII zuzuordnen ist (vgl. BVerwG, U.v. 19.8.2010 – 5 C 14.09 – BVerwGE 137, 368 Rn. 20). Ferner bleiben auch kurzzeitige Unterbrechungen, etwa durch eine Inobhutnahme, bei der gebotenen Gesamtbewertung außer Betracht (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 15.12.2016 – 5 C 35.15 – BeckRS 2016, 116257).
Diesem Ansatz folgend ist das Verwaltungsgericht in seinen Urteilsgründen (sub 1. b.) bezogen auf die Unterbringung nicht nur von Frau A. sondern auch von ihrem Sohn Y. in einer Mutter-Kind-Einrichtung nach § 19 SGB VIII und der nachfolgenden stationären Unterbringung von Yosef im Waisenhaus in M. nach §§ 27, 34 SGB VIII von einer einheitlichen Leistung bei einen unverändertem Hilfebedarf von Yosef ausgegangen und hat daraus den Schluss gezogen, dass die nach § 86b Abs. 1 Satz 1 SGB VIII bestimmte Zuständigkeit der Klägerin auch für die Unterbringung von Yosef im Waisenhaus fortgedauert hat und es mithin an einer Rechtsgrundlage für einen Erstattungsanspruch fehlt. Dem ist die Klägerin mit ihrem Zulassungsvorbringen nicht entgegengetreten, sodass bereits aus diesem Grund eine Berufungszulassung nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ausscheidet (vgl. Happ, a.a.O.).
2. Soweit die Klägerin weiter anführt, das Verwaltungsgericht hätte im Rahmen seiner Ermittlungspflicht Frau A. als Zeugin laden können, macht sie damit der Sache nach eine Aufklärungsrüge im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO geltend. Da diese indes nicht weiter substantiiert wird, kann sie ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung führen. Der Zulassungsantrag war daher insgesamt als unbegründet abzuweisen.
3. Die Klägerin trägt nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens. Der Streitwert bestimmt sich für das Zulassungsverfahren nach § 47 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG. Mit der Ablehnung der Berufungszulassung wird das verwaltungsgerichtliche Urteil nach § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO rechtskräftig.
Dieser Beschluss ist nach § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.


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