Medizinrecht

Kein Mehrbedarf für FFP2-Masken

Aktenzeichen  L 11 AS 310/21 B ER

Datum:
23.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 43845
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB II § 21 Abs. 6

 

Leitsatz

1. Der Bedarf für FFP2-Masken ist bei verfassungskonformer Auslegung ein existenznotwendiger Bedarf, denn ohne FFP2-Masken ist nach den Beschränkungen der 13. BayIfSMV eine Teilhabe am öffentlichen Leben stark eingeschränkt und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder ein Einkaufen im Supermarkt gar nicht möglich. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ohne entgegenstehende konkrete Anhaltspunkte ist ein Bedarf von zehn Masken pro Monat anzunehmen. (Rn. 23 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Bedarf für FFP2-Masken ist nicht unabweisbar, weil er teilweise von Dritten gedeckt wurde und jedenfalls seiner Höhe nach derzeit nicht erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht. (Rn. 26 – 28) (redaktioneller Leitsatz)
4. Im Hinblick auf die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für die notwendige Anzahl an FFP2-Masken erscheint ein Anordnungsgrund als nicht gegeben. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 6 AS 327/21 ER 2021-06-14 Bes SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I. Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Nürnberg vom 14.06.2021 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.
Streitig sind höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II – Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) zur Beschaffung von FFP2-Masken.
Der Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Alg II. Für die Zeit von April 2020 bis März 2021 wurden Leistungen mit Bescheid vom 17.02.2020 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25.03.2020 und 21.11.2020) und für die Zeit von April bis September 2021 mit Bescheid vom 08.03.2021 (in der Fassung der Änderungsbescheide vom 25.03.2021 und 28.05.2021) bewilligt. Mit Bescheid vom 07.05.2021 wurde darüber hinaus eine Einmalzahlung in Höhe von 150,00 € für den Zeitraum von Januar bis Juni 2021 zum Ausgleich der mit der Covid-19-Pandemie im Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen bewilligt.
Am 19.04.2021 beantragte der Antragsteller die Übernahme von Kosten für die Anschaffung von 20 FFP2-Masken pro Woche rückwirkend zum 18.01.2021 bis zum Ende der epidemischen Lage von nationaler Tragweite.
Anspruchsgrundlage sei § 21 Abs. 6 SGB II. Seit dem 18.01.2021 gelte in Bayern an bestimmten Orten eine FFP2-Maskenpflicht. Der entsprechende laufende Bedarf sei unabweisbar, da eine allgemeine Pflicht zum Tragen der Masken u.a. im öffentlichen Personenverkehr, in Arztpraxen und im Einzelhandel bestehe. Eine FFP2-Maske koste zwischen 2,- € und 5,- €, so dass monatliche Gesamtkosten i.H.v. mindestens 160,- € entstünden. Es werde auf einen Beschluss des SG Karlsruhe – Az. S 12 AS 213/21 ER – Bezug genommen. Mit Bescheid vom 22.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2021 lehnte der Antragsgegner den Antrag ab. Eine erhebliche Abweichung von einem durchschnittlichen Bedarf liege nicht vor. Es bestehe ein notwendiger Bedarf von zehn Schutzmasken pro Monat, denn nach einem Informationsschreiben der Fachhochschule Münster (FH Münster) und der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU Münster) könnten Schutzmasken nach einer siebentägigen Trocknung bei Zimmertemperatur wiederverwendet werden. Der Trocknungszyklus könne fünfmal wiederholt werden. Für den Fall, dass eine Maske beschädigt oder aus einem anderen Anlass entsorgt werden müsse, käme ein weiterer Bedarf an drei FFP2-Masken im Monat hinzu. Ein darüberhinausgehender konkreter Bedarf an FFP2-Masken sei nicht nachgewiesen worden. Dies folge auch nicht allein aus der Maskenpflicht an bestimmten Orten. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es Masken bereits zum Stückpreis unter 50 Cent gebe, fehle ein der Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweichender Bedarf. Zudem sei ein Teil des Bedarfs bereits durch Dritte gedeckt worden. So habe ein Anspruch auf einmalig zehn kostenfreie Schutzmasken bestanden und es sei eine Einmalzahlung i.H.v. 150,- € im Rahmen des Sozialschutzpaketes III erfolgt. Die dagegen zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhobene Klage (S 6 AS 367/21) wies das SG mit Gerichtsbescheid vom 18.06.2021 ab. Über die dagegen beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegte Berufung (L 11 AS 312/21) ist bislang nicht entschieden.
Am 29.04.2021 hat der Antragsteller beim SG einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Ergänzend hat er dabei vorgebracht, es seien per Post zwei Coupons für jeweils sechs FFP2-Masken versandt worden, die in der Apotheke gegen eine Eigenbeteiligung i.H.v. insgesamt 4,- € hätten abgeholt werden können. Die Masken seien eigentlich nur zum Einmalgebrauch für geschultes Medizinpersonal konstruiert. Nur wenige Personen seien fähig, fortlaufend die sehr hohen Sorgfaltsanforderungen an die private Wiederverwendung von FFP2-Masken zu erfüllen. Ohne Beachtung der nötigen Vorkehrungen käme es zu nicht fachgerecht aufbereiteten FFP2-Masken, deren Verwendung dem Infektionsschutz abträglich seien. Die Gesamtkosten im Monat von mindestens 160,- € könnten unmöglich durch andere Anteile des Regelbedarfs gedeckt werden. Auf die Entscheidung des SG Karlsruhe werde Bezug genommen. Die Sache sei eilbedürftig, weil das Tragen von FFP2-Masken notwendig sei, um sich selbst und andere vor Erregern zu schützen. Andernfalls werde auch das Grundrecht auf soziale Teilhabe in unverhältnismäßiger Weise beschränkt. Mit Beschluss vom 14.06.2021 hat das SG den Antrag abgelehnt. Für die Zeit vom 18.01.2021 bis 28.04.2021 sei der Antrag mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig, denn es fehle an einer gegenwärtigen Notlage, die auch nicht mit Verweis auf eine Fortwirkung der Ablehnung in der Vergangenheit glaubhaft gemacht worden sei. Es seien auch keine Kaufbelege über die Anschaffung von Masken für die Vergangenheit vorgelegt worden. Für die Zeit ab 01.10.2021 sei der Antrag ebenfalls unzulässig, denn dieser Zeitraum stehe nicht mehr im Zusammenhang mit der laufenden Leistungsbewilligung. Für den Zeitraum vom 29.04.2021 bis 30.09.2021 sei der Antrag unbegründet. Zwar bestehe eine Verpflichtung zum Tragen einer FFP2-Maske und damit grundsätzlich auch eine Bedarfslage, bei den hierfür entstehenden Aufwendungen handle es sich aber nicht um einen im Einzelfall unabweisbaren besonderen Bedarf. Die Maskenpflicht gelte für alle Personen im Bereich der jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften. Gründe, weshalb der Antragsteller eventuell mehr oder teurere Masken als andere benötigen sollte, seien weder vorgetragen worden noch ersichtlich. Der geltend gemachte Bedarf von 20 Masken pro Woche und der hierfür angesetzte Kaufpreis zwischen 2,- € und 5,- € pro Maske sei unrealistisch. Im Regelfall seien zehn FFP2-Masken monatlich für eine erwachsene Person ausreichend. Dem liege eine Untersuchung der FH Münster zugrunde. Dort sei – ausgehend von einer Tragedauer von zwei Stunden – die fünffache Wiederverwendbarkeit der Maske nach einem Trockenzyklus von sieben Tagen festgestellt worden. Hinzu käme ein „Sicherheitsbedarf“ von weiteren drei Masken. Der Antragsteller sei auch in der Lage, die für eine Wiederverwendbarkeit der Masken erforderlichen Vorkehrungen zu treffen. Besondere Kenntnisse seien nicht erforderlich. Unter Berücksichtigung der zumutbaren Angebote von Masken bei Discountern und im Internet ergäben sich unter Zugrundelegung eines Stückpreises von 60 Cent monatliche Kosten von 6,- €, also 1,35% des Regelbedarfs von 446,- €, weshalb keine erhebliche Abweichung von einem durchschnittlichen Bedarf festzustellen sei. Bis zum 06.03.2021 seien zudem durch Dritte einmalig zehn Schutzmasken zur Verfügung gestellt worden und auch die Kreisverhaltungsbehörden hätten je fünf FFP2-Masken kostenlos für Bedürftige zur Verfügung gestellt. Mit der Einmalzahlung von 150,- € im Mai 2021 sei es ebenfalls möglich gewesen, die ermittelten Kosten für die Anschaffung von FFP2-Masken jedenfalls bis 30.06.2021 zu finanzieren. Aufgrund der aktuellen pandemiebedingten Einschränkungen des öffentlichen Lebens sowie der bestehenden Kontaktbeschränkungen könnten auch vorhandene Einsparmöglichkeiten genutzt werden. Die Behauptung der fehlenden Möglichkeit zur Mittelumschichtung sei nicht nachvollziehbar begründet und auch sonst nicht ersichtlich. Lediglich ergänzend sei auf eine fehlende Eilbedürftigkeit hinzuweisen.
Dagegen hat der Antragsteller Beschwerde beim LSG eingelegt. Die Angabe im Beschluss, dass er seit langem Alg II beziehe, sei keine Information sondern Manipulation. Eine Umschichtung durch Einsparmöglichkeiten zur Anschaffung der notwendigen FFP2-Masken sei für ihn nicht möglich. Nach Abzug der monatlichen Fixkosten verblieben ihm 251,88 €. Auch könne er beispielsweise nicht einfach weniger Geld an den Vermieter überweisen. Die vom SG zitierte vermeintliche Studie könne nicht wissenschaftlich sein, denn die hierfür notwendigen Kriterien seien nicht erfüllt. Es werde die hohe Infektiosität und Letalität des Coronavirus und die epidemische Lage von nationaler Tragweite verharmlost. Der Beschluss leide an einem Formfehler, denn er sei nicht vom Aussteller eigenhändig unterzeichnet worden. Die Sache sei eilbedürftig, denn das Tragen von FFP2-Masken sei notwendig, um sich selbst und andere zu schützen. Das Grundrecht auf soziale Teilhabe werde in unverhältnismäßiger Weise beschränkt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf die vom Antragsgegner vorgelegten Verwaltungsakten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz einschließlich des Verfahrens L 11 AS 312/21 Bezug genommen.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-), aber nicht begründet. Das SG hat den Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zu Recht abgelehnt.
Streitig ist vorliegend im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung höherer laufender Leistungen nach dem SGB II für die Zeit ab 18.01.2021 für die Beschaffung von wöchentlich 20 FFP2-Masken. Einen entsprechenden Antrag hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 22.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2021 abgelehnt. Der Bescheid ist dabei dahingehend auszulegen, dass er die rechtlich zulässige Regelung treffen wollte, eine Änderung des letzten maßgeblichen Alg II-Bewilligungsbescheids – hier des Bescheides vom 28.05.2021 – und die Gewährung höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den aktuellen Bewilligungsabschnitt von April bis September 2021 abzulehnen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 26.11.2020 – B 14 AS 23/20 R – juris). Für den Zeitraum vom 18.01.2021 bis 31.03.2021 beinhaltet der Bescheid die Entscheidung zur Überprüfung, den vorhergehenden Bewilligungsbescheid vom 21.11.2020, diesen Zeitraum betreffend, nicht abzuändern. Nachdem sich das vorliegende Begehren des Antragstellers nicht auf Bedarfe für Kosten der Unterkunft und Heizung bezieht, sind diese nicht Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens (vgl. BSG, Urteil vom 05.08.2015 – B 4 AS 9/15 R; Urteil vom 12.12.2013 – B 4 AS 6/13 R – beide zitiert nach juris).
Soweit der Antragsteller Leistungen über den 30.09.2021 hinaus bis zum Ende der epidemischen Lage – deren weiteres Fortbestehen hat der Deutsche Bundestag zuletzt am 11.06.2021 festgestellt (Bekanntmachung des Beschlusses des Deutschen Bundestages über die Feststellung des Fortbestehens der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 15.06.2021 – BGBl. I S. 1824) – begehrt, ist der Antrag unzulässig, denn es fehlt für die Zeit ab 01.10.2021 eine Entscheidung des Antragsgegners über die Bewilligung von Alg II für den Antragsteller. Auch ist nach Auslegung des Bescheides vom 22.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2021 kein Anhaltspunkt dafür gegeben, der Antragsgegner habe darin eine Entscheidung für Zeiträume, die nach dem laufenden Bewilligungsabschnitt liegen, treffen wollen. Nachdem der derzeitige Bewilligungszeitraum noch bis 30.09.2021 läuft, besteht für eine entsprechende Entscheidung auch noch kein Anlass. Es fehlt dem Antragsteller folglich ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Teil seines Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.
Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist vorliegend § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG. Danach ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (so BVerfG, Beschluss vom 25.10.1998 – 2 BvR 745/88 -, Beschluss vom 19.10.1977 – 2 BvR 42/76 -, Beschluss vom 22.11.2002 – 2 BvR 745/88 – alle zitiert nach juris).
Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes – das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit – und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches – das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den das Begehren gestützt wird – voraus. Die Angaben hierzu müssen glaubhaft sein (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Zivilprozessordnung – ZPO -; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, § 86b Rn. 41). Zwischen Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch besteht dabei eine Wechselbeziehung. An das Vorliegen des Anordnungsgrundes sind dann weniger strenge Anforderungen zu stellen, wenn bei der Prüfung der Sach- und Rechtslage in dem vom Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorgegebenen Umfang (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 – juris) das Obsiegen in der Hauptsache sehr wahrscheinlich ist. Ist bzw. wäre eine in der Hauptsache erhobene Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist wegen des fehlenden Anordnungsanspruches der Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache offen, kommt dem Anordnungsgrund entscheidende Bedeutung zu.
Soweit existenzsichernde Leistungen in Frage stehen und deshalb eine erhebliche, über Randbereiche hinausgehende Verletzung in den Grundrechten droht, die durch eine der Klage stattgebende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden kann, ist eine Versagung der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nur dann möglich, wenn die Sach- und Rechtslage abschließend geklärt ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13 – juris). Für eine Entscheidung aufgrund einer sorgfältigen und hinreichend substantiierten Folgenabwägung ist nur dann Raum, wenn eine – nach vorstehenden Maßstäben durchzuführende – Rechtmäßigkeitsprüfung auch unter Berücksichtigung der Kürze der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren regelmäßig zur Verfügung stehenden Zeit nicht verwirklicht werden kann, was vom zur Entscheidung berufenen Gericht erkennbar darzulegen ist (vgl. zum Ganzen auch: BVerfG, Beschluss vom 14.09.2016 – 1 BvR 1335/13 -, Beschluss vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05 -; weniger eindeutig: BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12 – juris).
Soweit der Antragsteller höhere Leistungen zur Beschaffung der FFP2-Masken für Zeiträume vor der Beschlussfassung des Senates begehrt, liegt ein Anordnungsgrund nicht vor.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung des Anordnungsgrundes, also der Eilbedürftigkeit der Sache, ist in jeder Lage des Verfahrens der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (ständige Rechtsprechung des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 17.01.2011 – L 11 AS 889/10 B ER – juris). Insoweit beschreibt im Rahmen einer Regelungsanordnung der Anordnungsgrund die Notwendigkeit, wesentliche Nachteile abzuwenden, um zu vermeiden, dass der Antragsteller vor vollendete Tatsachen gestellt wird, ehe er wirksamen Rechtsschutz erlangen kann (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage, § 86b Rn. 27a). Charakteristisch ist daher für den Anordnungsgrund die Dringlichkeit der Angelegenheit, die in aller Regel nur in die Zukunft wirkt. Es ist rechtlich zwar nicht auszuschließen, dass auch für vergangene Zeiträume diese Dringlichkeit angenommen werden kann; diese überholt sich jedoch regelmäßig durch Zeitablauf. Ein Anordnungsgrund für Zeiträume vor einer gerichtlichen Entscheidung ist daher nur ausnahmsweise anzunehmen, wenn ein noch gegenwärtig schwerer, irreparabler und unzumutbarer Nachteil glaubhaft gemacht wird, und ein besonderer Nachholbedarf durch die Verweigerung der Leistungen in der Vergangenheit auch in der Zukunft noch fortwirkt oder ein Anspruch eindeutig besteht (vgl. Beschluss des Senates vom 12.04.2010 – L 11 AS 18/10 B ER – juris). Dass ein solcher Ausnahmefall vorliegt, ist hier nicht erkennbar. Dem Antragsteller ist es zumutbar, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens zur Frage der Höhe der Leistungen für die bereits vergangenen Zeiträume abzuwarten. Der Antragsteller hat einen gegenwärtigen schweren, irreparablen und unzumutbaren Nachteil nicht konkret dargetan und nicht glaubhaft gemacht. Die Eilbedürftigkeit wird vom Antragsteller vielmehr mit Selbst- und Fremdschutz vor dem Corona-Virus und der Möglichkeit der sozialen Teilhabe begründet. Ein eindeutig bestehender Anspruch – dieser müsste im Hinblick auf den Ausnahmecharakter eines Anordnungsanspruchs für Leistungen für die Vergangenheit völlig unzweifelhaft unter allen Gesichtspunkten feststehen – auf höhere Leistungen für abgelaufene Zeiträume liegt ebenfalls nicht vor. Soweit der Antragsteller auf eine Entscheidung des SG Karlsruhe vom 11.02.2021 (S 12 AS 213/21 ER) verweist, handelt es sich dabei lediglich um eine erstinstanzliche Entscheidung im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes und es wird dort lediglich von einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit eines höheren Anspruchs auf Alg II ausgegangen (vgl. juris-Rn. 40 in der Entscheidung). Zudem sehen verschiedene Landessozialgerichte keinen Raum für einen Mehrbedarf wegen der Anschaffung von FFP2-Masken (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20.05.2021 – L 7 AS 593/21 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.05.2021 – L 2 AS 494/21 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.2021 – L 21 AS 525/21 B ER; Hess. LSG, Beschluss vom 07.05.2021 – L 9 AS 158/21 B ER; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2021 – L 3 AS 350/21 B ER – alle zitiert nach juris).
Hinsichtlich noch nicht abgelaufener Zeiträume bis zum 30.09.2021 ist der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes unbegründet, denn ein Anordnungsanspruch ist nicht gegeben.
Der Antragsteller erfüllt unzweifelhaft die Anspruchsvoraussetzungen für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach §§ 7, 19 Abs. 1 SGB II. Dies ist zwischen den Beteiligten unstrittig und der Antragsgegner hat auch Leistungen bis einschließlich 30.09.2021 bewilligt.
Der Antragsgegner hat es mit Bescheid vom 22.04.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.05.2021 zu Recht abgelehnt, für die Beschaffung von FFP2-Masken höhere Leistungen zu bewilligten.
Bei Leistungsberechtigten wird nach § 21 Abs. 6 Satz 1 1. HS SGB II ein Mehrbedarf anerkannt, soweit im Einzelfall ein unabweisbarer, besonderer Bedarf besteht. Der Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht (§ 21 Abs. 6 Satz 2 SGB II). Bei den notwendigen Aufwendungen für die Beschaffung von FFP2-Masken handelt es sich nicht um einen solchen Mehrbedarf.
Zwar besteht in Bayern an verschiedenen Orten die Verpflichtung, eine FFP2-Maske zu tragen. So ist nach der Dreizehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (13. BayIfSMV) vom 05.06.2021 – BayMBl. Nr. 384) eine Pflicht zum Tragen von FFP2-Masken oder einer Maske mit mindestens gleichwertigem genormten Standard (§ 3 Abs. 2 Nr. 1 13. BayIfSMV) insbesondere im Zusammenhang mit einem Besuch von Gottesdiensten in geschlossenen Räumen (§ 8 Nr. 3 13. BayIfSMV) oder Versammlungen in geschlossenen Räumen (§ 9 Abs. 2 Nr. 3 13. BayIfSMV), während der Beförderung mit öffentlichen Verkehrsmitteln als auch während des Aufenthalts in einer zu dem jeweiligen Verkehr gehörenden Einrichtung (§ 10 Satz 1 13. BayIfSMV), beim Besuch von Pflegeeinrichtungen, Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen, Altenheimen und Seniorenresidenzen (§ 11 Abs. 2 Nr. 2 13. BayIfSMV), bei einem Aufenthalt in Sportstätten, soweit kein Sport ausgeübt wird und sich Zuschauer unter freiem Himmel nicht am Sitzplatz befinden (§ 12 Abs. 4 Satz 2 1.HS 13. BayIfSMV), in geschlossenen Räumen, geschlossenen Fahrzeugbereichen und Kabinen im Zusammenhang mit Freizeiteinrichtungen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 13. BayIfSMV), dem Besuch von Handels- und Dienstleistungsbetrieben, Arzt- und Zahnarztpraxen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 Nr. 1, Abs. 2 und 3 13. BayIfSMV), in der Gastronomie und der Beherbergung (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, § 16 Nr. 5 13. BayIfSMV), der Wahrnehmung außerschulischer Bildungsangebote (§ 22 Abs. 3 Nr. 2 13. BayIfSMV), in Hochschulen (§ 23 Nr. 2 13. BayIfSMV) und bei kulturellen Veranstaltungen (§ 25 Abs. 1 Satz 2 13. BayIfSMV) vorgesehen. Teilweise ergibt sich eine FFP2-Maskenpflicht auch im Zusammenhang mit zu berücksichtigenden Rahmenkonzepten, z.B. Nr. 1.2 Corona-Pandemie: Rahmenkonzept für kulturelle Veranstaltungen in Theatern, Opern- und Konzerthäusern – Gemeinsame Bekanntmachung der Bayerischen Staatsministerien für Wissenschaft und Kunst und für Gesundheit und Pflege vom 06.05.2021 (BayMBl. 2021 Nr. 312). Gleichwohl entsteht damit hinsichtlich der Anschaffung von FFP2-Masken kein Mehrbedarf für Leistungsberechtigte nach dem SGB II.
Mit der zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz -GGi.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG) in das SGB II eingeführten Regelung zum Anspruch auf einen Härtefallmehrbedarf soll u.a. Sondersituationen Rechnung getragen werden, in denen ein seiner Art oder Höhe nach auftretender Bedarf von dem der Regelbedarfsermittlung zugrunde liegenden Verfahren nicht erfasst wird und sich der Regelbedarf als unzureichend erweist (vgl. BSG, Urteil vom 26.11.2020 – B 14 AS 23/20 R – juris). Der Bedarf für FFP2-Masken ist bei verfassungskonformer Auslegung ein existenznotwendiger Bedarf, denn ohne FFP2-Masken ist nach den Beschränkungen der 13. BayIfSMV eine Teilhabe am öffentlichen Leben stark eingeschränkt und die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder ein Einkaufen im Supermarkt gar nicht möglich.
Der Senat vermag hinsichtlich des Umfangs des geltend gemachten Bedarfs nicht zu erkennen, dass der Antragsteller wöchentlich 20 Masken benötigt. Das SG ist unter Berücksichtigung der Informationen aus dem Forschungsprojekt an der FH Münster und der WWU Münster (https://www.fh-muenster.de/gesundheit/forschung/forschungsprojekte/ moeglichkeiten-und-grenzen-der-eigenverantwortlichen-wiederverwendung-von-ffp2-masken-im-privatgebrauch/index.php) davon ausgegangen, dass die (gewöhnlichen) FFP2-Masken mehrfach verwendbar seien. Nach der in dem Forschungsprojekt beschriebenen Trocknungsmethode könnten die Masken nach sieben Tagen Trocknung bei Raumtemperatur wiederverwendet werden. Der Trocknungszyklus könne fünfmal wiederholt werden. Nach einer anderen Methode sei es möglich, ein Desinfektionsverfahren mittels zehnminütigem Kochen der Masken im Gefrier- und Kochbeutel durchzuführen. Mit diesem Verfahren könne SARSCoV-2 vollständig eliminiert werden. Eine Maske solle auf diese Art nur drei Mal behandelt werden. Hiervon ausgehend ist es nicht zu beanstanden, dass das SG von einem Bedarf von zehn Masken pro Monat ausgegangen ist. Soweit der Antragsteller pauschal darauf verweist, es habe sich nicht um eine wissenschaftliche Studie gehandelt, überzeugt dies nicht. Das Projekt wurde von einer interdisziplinären Forschergruppe aus dem Fachbereich Gesundheit / MSH, dem Labor für Instrumentelle Analytik und Kunststoffanalytik, dem Labor für Physik der Materialien / Elektronenmikroskopie Toxikologie, dem Fachbereich Design / MSD und dem Dezernat Hochschulkommunikation der FH Münster sowie dem Institut für Hygiene und dem Institut für Molekulare Virologie der WWU Münster durchgeführt. Es wurde vom Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gefördert. Auch wenn bislang keine Publikation in einer Fachzeitschrift erfolgt ist, vermag der Senat nicht zu erkennen, dass nach den Wissenschaftlichen Hinweisen auf der Internetseite des Projekts (a.a.O.) die dort vorab veröffentlichten Ergebnisse nicht auf wissenschaftlichen Grundlagen basieren sollen. Die Ergebnisse des Projekts sind daher geeignet, derzeitig eine Beurteilung der notwendigen Menge an FFP2-Masken für den Privatgebrauch zur Vermeidung von Infektionsrisiken vorzunehmen. Auch das LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 20.04.2021 – L 3 AS 350/21 B ER – juris) und das Hess. LSG (Beschluss vom 07.05.2021 – L 9 AS 158/21 B ER – juris) sowie das LSG Nordrhein-Westfalen (Beschluss vom 20.05.2021 – L 7 AS 593/21 B ER – und Beschluss vom 06.05.2021 – L 21 AS 525/21 B ER – beide zitiert nach juris) gehen – wie das SG – von einer Wiederverwendbarkeit der FFP2-Masken aus. Im Übrigen sahen auch § 1 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 2a Coronavirus-Schutzmasken-Verordnung (SchutzmV) ausgehend von der Verkündung der entsprechenden Änderung der Verordnung am 05.02.2021 (BAnz AT 05.02.2021 V1) bis zum Ablauf des 06.03.2021 einen Anspruch auf einmalig zehn Schutzmasken für Bezieher von Alg II vor. Dies entspricht ebenfalls einem Umfang von zehn Masken für einen Monat. Dass der dortige Anspruch für den Regelungszeitraum nicht bedarfsdeckend gewesen sein soll, lässt sich nicht erkennen.
Das SG Karlsruhe (Beschluss vom 11.02.2021 – S 12 AS 213/21 ER – juris) sieht dagegen keine Wiederverwendungsmöglichkeit und legt einen Bedarf von 20 Masken wöchentlich zugrunde. Dem liegt jedoch keine wissenschaftliche Erkenntnis zugrunde, vielmehr wurde der Bedarf vom SG Karlsruhe in der vom Antragsteller in Bezug genommenen Entscheidung aufgrund einer dort vom Gericht vorgenommenen Schätzung nach § 202 SGG i.V.m. § 287 Abs. 2 ZPO (siehe juris-Rn. 91 ff. der Entscheidung) festgelegt. Dem folgt der Senat aus den genannten Gründen nicht (siehe zur Kritik an der Entscheidung des SG Karlsruhe auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 06.05.2021 – L 21 AS 525/21 B ER – und LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.04.2021 – L 3 AS 350/21 B ER – m.w.N. – beide zitiert nach juris). Dem Antragsteller ist es sowohl zumutbar als auch möglich, die von ihm getragene Maske sorgsam zu behandeln und diese nach der Behandlung mittels der oben beschriebenen Verfahren mehrfach zu verwenden. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte oder Nachweise, dass er als Diplom-Ingenieur dazu nicht in der Lage wäre. Ein individuell atypisch erhöhter Bedarf bzgl. der Masken kann ebenso nicht erkannt werden. Im Übrigen hat der Antragsteller trotz Aufforderung durch das SG im Schreiben vom 05.05.2021 keine Kaufbelege zu bereits angeschafften Masken vorgelegt. Zumindest ab dem Erhalt der 150,- € aus dem Bescheid vom 07.05.2021 hätte er sich mit FFP2-Masken versorgen und hierzu Nachweise vorlegen können. Es ist nicht erkennbar, dass FFP2-Masken, die dementsprechend mehrfach verwendet werden, nicht den Anforderungen der Vorgaben der 13. BayIfSMV genügen würden.
Der Senat geht für das vorliegende Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes deshalb mit dem SG davon aus, dass ein Bedarf von zehn Masken pro Monat anzunehmen ist.
Gleichwohl ist der Bedarf als solcher nicht unabweisbar, weil er teilweise von Dritten gedeckt wurde und jedenfalls seiner Höhe nach derzeit nicht erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
Zunächst wurde für die Vergangenheit der Bedarf jedenfalls teilweise durch Dritte gedeckt. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 SchutzmV gehört der Antragsteller als Bezieher von Alg II zum anspruchsberechtigten Personenkreis, so dass er nach § 2 Abs. 2a SchutzmV bis zum Ablauf des 06.03.2021 einen Anspruch auf einmalig zehn Schutzmasken hatte. Die Abgabe erfolgte nach § 4 Abs. 2a SchutzmV über die Apotheken. Weiter bestand zudem offenbar die Möglichkeit, als Bedürftiger fünf FFP2-Masken über die Stadt A aus einem vom Freistaat Bayern zur Verfügung gestellten Kontingent zu erhalten (vgl. dazu auch https://www.nuernberg.de/presse/mitteilungen/presse_69981.html). Hinzukommt die Zahlung von einmalig 150,- € (Bescheid vom 07.05.2021) für die mit der COVID-19-Pandemie im Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen durch den Antragsgegner.
Die Abweichung von einem durchschnittlichen Bedarf ist zudem nicht erheblich. Für die Beschaffung FFP2-Masken hat das SG darauf hingewiesen, dass Masken zu einem Stückpreis bereits ab 0,18 € erhältlich sind. Eine Überprüfung am 16.07.2021 hat ergeben, dass auch in anderen Online-Shops z.B. bei Kaufland (https://www.kaufland.de/pro-duct/382437978/?vid=357339966) 100 FFP2-Masken für 21,99 € und bei Lidl (https://www.lidl.de p/ffp2-masken-50er/p800000638) 50 FFP2-Masken für 19,99 € angeboten werden. Teilweise sind die FFP2-Masken auch schon zu günstigeren Stückpreisen von 0,18 € erhältlich (https://www.1kfz.de/drogerie-gesundheit/ 224/ffp2-atemschutzmas-ke-ce-din-en149-2001-a1-2009-mindestabnahme-6-stueck; recherchiert am 19.07.2021). Selbst unter Annahme eines Stückpreises von 0,22 € ergibt sich daraus bei monatlich 10 Masken ein Betrag von 2,20 €. Gemessen am Regelbedarf des Antragstellers handelt es sich dabei um einen prozentualen Anteil von unter 0,5%. In die Bemessung des Regelbedarfs sind bereits Bedarfe für Gesundheitspflege und Bedarfe für andere Waren und Dienstleistungen eingeflossen. Soweit damit die Kosten für die Masken nicht bestritten werden können oder man davon ausgehen wollte, dass die Beschaffung von FFP2-Masken dem nicht zugeordnet werden kann, kann der Bedarf jedenfalls unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten bei anderen Bedarfspositionen gedeckt werden. Ausgaben etwa für Freizeit, Unterhaltung und Kultur dürften aufgrund der Corona-Pandemie derzeit noch vermindert anfallen, so dass z.B. aus den in den Regelbedarf eingerechneten monatlichen Ausgaben für Verkehr und für Freizeit, Unterhaltung und Kultur ein höherer Bedarf an anderer Stelle, wie in Bezug auf die FFP2-Masken gedeckt werden kann (vgl. dazu auch LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.05.2021 – L 2 AS 494/21 B ER; Beschluss vom 20.05.2021 – L 7 AS 593/21 B ER; zum „Umschichten“ siehe auch Hess. LSG, Beschluss vom 07.05.2021 – L 9 AS 158/21 B ER – alle zitiert nach juris). Gegenwärtig ist der Gesetzgeber deshalb auch noch nicht zu einer kurzfristigen Sonderanpassung der Regelbedarfe gezwungen (vgl. Groth in jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 70 Rn. 16). Auch wenn es durchaus auch in Pandemie-Zeiten denkbar ist, dass anderweitige kostenpflichtige Angebote für Freizeit, Unterhaltung und Kultur in Betracht kommen, so hält der Senat einen Ausgleich von 2,20 € für zumutbar und möglich. Soweit der Antragsteller vorbringt, ein Umschichten von Mitteln sei ihm deshalb nicht möglich, weil er nicht weniger Miete an seinen Vermieter zahlen könne, ist dies unerheblich, da die Leistungen für Bedarfe der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II unabhängig von den Leistungen für den Regelbedarf nach § 20 SGB II erbracht werden.
Im Hinblick auf die Höhe der erforderlichen Aufwendungen für die notwendige Anzahl an FFP2-Masken i.H.v. 2,20 € monatlich erscheint im Übrigen auch ein Anordnungsgrund als nicht gegeben (vgl. auch Hess. LSG, Beschluss vom 07.05.2021 – L 9 AS 158/21 B ER; LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.05.2021 – L 2 AS 494/21 B ER – beide zitiert nach juris).
Die Frage, ob der Antragsteller Alg II bereits seit langem bezieht, ist vorliegend unerheblich, so dass auf die weiteren Ausführungen des Antragstellers hierzu nicht einzugehen ist. Der Beschluss des SG in den Akten ist vom Richter ordnungsgemäß unterzeichnet worden (§ 134 Abs. 1 i.V.m. § 142 Abs. 1 SGG). Diese Urschrift bleibt bei den Akten; zugestellt wird nach § 202 SGG i.V.m. §§ 317 Abs. 1 Satz 1, § 329 Abs. 1 ZPO grundsätzlich lediglich eine beglaubigte Abschrift (zum Urteil: Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leit-herer/Schmidt, SGG, 13. Aufl., § 135 Rn. 2).
Die Beschwerde war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der analogen Anwendung des § 193 SGG.
Der Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).


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