Medizinrecht

Kostenerstattungsanspruch eines Tierheimes für die Unterbringung und Versorgung zuvor illegal transportierter Welpen

Aktenzeichen  W 8 K 16.565

Datum:
3.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 36338
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 2, § 16a
BGB § 677, § 679, § 670, § 683
TierSG § 18, § 19
BayAGTierGesG Art. 13
StPO § 94
BmTierSSchV § 8, § 20

 

Leitsatz

1. Bei einer Quarantäneanordnung ist die Quarantänemaßnahme grundsätzlich deren Bestandteil; das Tierheim, das die Tiere unterbringt, fungiert als Quarantänestation im Sinne von § 20 S. 1 Nr. 1 lit. b BMTierSSchV und wird (nur) als Verwaltungshelfer tätig. (Rn. 52) (redaktioneller Leitsatz)
2. Es ist hinsichtlich des Aufwendungsersatzanspruches nicht Voraussetzung, dass sich der Geschäftsherr die Details der finanziellen Folgen der Geschäftsführung in Gestalt seiner Verpflichtung zum Aufwendungsersatz vorgestellt hat. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.576,99 EUR zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 3/8, der Beklagte 5/8 zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
1.
Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, da es sich vorliegend um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfassungsrechtlicher Art handelt, für die keine Sonderzuweisung besteht.
Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder privat-rechtlich ist, richtet sich im Falle des Fehlens einer ausdrücklichen gesetzlichen Rechtswegzuweisung nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird. Öffentlichrechtlich sind dabei Streitigkeiten, wenn sie sich als Folge eines Sachverhalts darstellen, der nach öffentlichem Recht zu beurteilen ist (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 40 Rn. 6 m.w.N.).
Für die Zulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs reicht aus, dass für das Klagebegehren eine Anspruchsgrundlage in Betracht kommt, die in dem beschrittenen Rechtsweg zu verfolgen ist. Nicht erforderlich ist hierbei, dass die materielle Rechtsgrundlage, auf die sich der Kläger beruft, nach Lage der Dinge für das angestrebte Klageziel dafür primär in Betracht kommt (Kopp/Schenke, a.a.O., § 40 Rn. 6a m.w.N.). Für das gegenständliche Klagebegehren ist eine mögliche Anspruchsgrundlage der vom Klägerbevollmächtigten genannte öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch oder auch die öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag.
Die abdrängende Sonderzuweisung nach § 40 Abs. 2 VwGO, insbesondere Satz 1 Alt. 2 ist nicht einschlägig. Die Zuweisung von Ansprüchen aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung an die Zivilgerichte betrifft nur Ansprüche des Bürgers gegen den öffentlichen Rechtsträger (Verwahrer), nicht auch umgekehrt Ansprüche der öffentlichen Hand gegen den Bürger (Kopp/Schenke, a.a.O., § 40 Rn. 67). Bedient sich die Behörde zur Durchführung der Verwahrung der Hilfe eines Privaten, richten sich auch in diesem Fall die Ansprüche des Bürgers gegen die Behörde (Kopp/Schenke, a.a.O., § 40 Rn. 65). Selbst wenn man unterstellt, dass sich vorliegend das Landratsamt … des Klägers zur Durchführung einer Verwahrung bedient hat, geht es jedoch um dessen Ansprüche als auf Seite des Staates „zwischengeschalteter“ Dritter, der die (zunächst beschlagnahmten) Hunde untergebracht hat, gegen den Staat, und nicht um Ansprüche des Eigentümers der verwahrten Sache direkt aus einem Verwahrungsverhältnis. Ansprüche aus Aufopferung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, kommen vorliegend ebenfalls nicht in Betracht.
2.
Die Klage ist zulässig.
Der klägerische Prozessbevollmächtigte hat gegenüber dem Freistaat Bayern, vertreten durch die Staatsanwaltschaft …, die Streitverkündung erklärt. Eine Streitverkündung ist im Verwaltungsprozess nicht vorgesehen. Ihre Funktion wird teilweise durch die Beiladung nach § 65 VwGO erfüllt (Kopp/Schenke, a.a.O., § 64 Rn. 2). Für den Fall, dass die beigeladene und die beklagte Behörde denselben Rechtsträger haben, ist eine Beiladung nicht zulässig, da das gegenüber der beklagten Behörde ergehende Urteil gegenüber deren Rechtsträger in Rechtskraft erwächst und damit alle Behörden dieses Rechtsträgers nach § 121 VwGO rechtlich gebunden sind (vgl. Kopp/ Schenke, a.a.O., § 65 Rn. 5). Entsprechend liegt der Fall hier. Einer streitgenössischen einfachen Beiladung steht entgegen, dass als Streitverkündeter der Freistaat Bayern, vertreten durch die Staatsanwaltschaft …, benannt ist, dieser aber schon Beklagter ist, wenn auch vertreten durch das Landratsamt …
3.
Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat grundsätzlich einen öffentlich-rechtlichen Anspruch auf Ersatz der Aufwendungen bzw. Kosten, die ihm für die Unterbringung und Versorgung der Welpen entstanden sind. Dieser ist jedoch begrenzt auf die tatsächlich angefallenen Aufwendungen abzüglich der in diesem Zusammenhang erzielten Einnahmen.
Ein Vertrag über die Unterbringung und Versorgung der Welpen wurde zwischen Kläger und Beklagtem nicht geschlossen.
Spezialgesetzliche Regelungen aus dem Tierschutz- und Tierseuchenrecht bestehen nicht. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG, wonach im Fall der Fortnahme von erheblich vernachlässigten Tieren vom Halter die Unterbringungskosten verlangt werden können, ist hier für den geltend gemachten Anspruch gegen die Behörde nicht einschlägig. Auch eine tierseuchenrechtliche Anspruchsgrundlage ist nicht ersichtlich. Mangels spezialgesetzlicher Anspruchsgrundlagen ist für den vorliegenden Fall somit auf die allgemeinen Anspruchsgrundlagen zurückzugreifen.
a) Das Gericht sieht die Voraussetzungen für einen Anspruch aus einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677, 679, 683, 670 BGB analog) als erfüllt.
In Rechtsprechung und Literatur ist allgemein anerkannt, dass die zivilrechtlichen Bestimmungen über die Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 677 ff. BGB) im öffentlichen Recht sinngemäß Anwendung finden können (BVerwG, U.v. 28.8.2003 – 4 C 9/02 – NVwZ-RR 2004, 84; BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 5/86 – BVerwGE 80, 170; BayVGH, U.v. 30.8.2011 – 8 B 11.172 – BayVBl. 2012, 468). Vielfach wird dieses Rechtsinstitut allerdings schon durch Sondervorschriften des öffentlichen Rechts verdrängt (BayVGH, B.v. 31.8.2011 – 8 ZB 11.549 – BayVBl. 2012, 177; vgl. auch BVerwG, U.v. 28.8.2003 – 4 C 9/02 – NVwZ-RR 2004, 84). Liegt solches Sonderrecht nicht vor, ist jedenfalls im Hinblick auf die Notwendigkeit, dass nicht nur die Erfüllung der Aufgabe, sondern die Geschäftsführung selbst im öffentlichen Interesse liegen muss, eine sorgfältige Prüfung der jeweiligen Umstände geboten (vgl. BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 5/86 – BVerwGE 80, 170; BayVGH, B.v. 31.8.2011 – 8 ZB 11.549 – juris).
Der Kläger hat mit der Unterbringung und Versorgung der Welpen eine Aufgabe aus dem Tätigkeitsbereich der öffentlichen Verwaltung wahrgenommen und damit ein fremdes Geschäft i.S.v. § 677 BGB. Eine Vereinbarung zwischen Kläger und Beklagtem hierüber bestand nicht. Der Kläger sah die Unterbringung der Welpen auch nicht als eigene, sondern als fremde Aufgabe an, was er u.a. durch die Forderung der Regelung der Kostentragungspflicht immer wieder deutlich machte. Die Unterbringung und Versorgung der Welpen war sowohl aus tierschutzrechtlichen als auch aus tierseuchenrechtlichen Gründen eine öffentlich-rechtliche Aufgabe des Landratsamtes. Spätestens ab der Aufhebung der repressiven Beschlagnahme, wenn nicht schon zum Zeitpunkt des Aufgreifens der Tiere, war die Durchführung der erforderlichen tierseuchenrechtlichen Quarantäne Aufgabe des Landratsamtes, § 18 TierSG i.V.m. § 19 Abs. 1 TierSG (Tierseuchengesetz, gültig bis 30. April 2014; jetzt: § 24 TierGesG – Tiergesundheitsgesetz). Aus der Anordnung des Landratsamtes … vom 23. Juli 2013 ergibt sich, dass für die am 13. Juli 2013 auf Grund richterlicher Anordnung beschlagnahmten Hundewelpen ein Zurücksenden nicht möglich war und die tierseuchenrechtlichen Voraussetzungen für das Verbringen nach Deutschland nicht vorgelegen haben, weshalb grundsätzlich eine Abgabe der Hundewelpen erst nach Erfüllung der Bedingungen für das innergemeinschaftliche Verbringen möglich gewesen wäre. Bis zum Vorliegen der Voraussetzungen für das innergemeinschaftliche Verbringen waren laut Landratsamt die Hundewelpen daher unter amtlicher Kontrolle zu isolieren und dies war tierseuchenrechtlich gemäß § 18 i. V. m. § 19 Abs. 1 TierSG anzuordnen. Dies muss denknotwendig bereits für den Zeitpunkt des Aufgreifens der Hundewelpen gelten. Bei einer Quarantäneanordnung ist die Quarantänemaßnahme grundsätzlich deren Bestandteil, das Tierheim, das die Tiere unterbringt, fungiert als Quarantänestation im Sinne von § 20 Satz 1 Nr. 1 lit. b BMTierSSchV und wird (nur) als Verwaltungshelfer tätig (BayVGH, U.v. 16.2017 – 20 B 16.2241 – juris Rn. 23, 27).
Auch wenn nach Ansicht des Beklagten aufgrund der Unterbringung der Hundewelpen im Tierheim des Klägers infolge der Beschlagnahme keine Verstöße gegen das Tierschutzgesetz mehr vorgelegen hätten und auch nicht zu befürchten gewesen seien, war die Unterbringung der Tiere im streitgegenständlichen Fall auch aus Tierschutzgründen erforderlich. Nach der Aufhebung der Beschlagnahme der Hundewelpen durch die Staatsanwaltschaft wäre der normale Weg eigentlich die Herausgabe der Welpen an den letzten Gewahrsamsinhaber gewesen. Dies war nach dem genannten Vermerk des Veterinäramts wegen ungeklärter Eigentumsverhältnisse und aus tierschutzrechtlichen Gründen jedoch nicht möglich, was sich aus einem Vermerk des Veterinäramts des Landratsamts … vom 23. Juli 2013 selbst (Bl. 50 der Behördenakte) ergibt. Halter war auch nach Ansicht des Beklagten (vgl. Schriftsatz vom 6. November 2017, Nr. II 1c) noch der ursprüngliche Eigentümer. Eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung des Tieres war durch den Halter nicht sichergestellt, so dass eine Unterbringung der Hundewelpen auch aus tierschutzrechtlichen Gründen bereits im Zeitpunkt der Beschlagnahme bzw. spätestens nach deren Aufhebung angezeigt war, vgl. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG (vgl. auch die interne E-Mail des Landratsamtes … vom 13. November 2015, aus der sich ergibt, dass grundsätzlich ein Verstoß gegen das TierSchG bejaht wurde, Bl. 429 der Behördenakte).
Der Kläger hat im öffentlichen Interesse und mit Willen des Landratsamtes gehandelt. Das Veterinäramt des Landratsamts war von Anfang an durch die Polizei informiert und damit auch involviert. Die Aufnahme der Welpen durch den Kläger erfolgte nach Rücksprache der Verkehrspolizeiinspektion … mit dem Veterinäramt (vgl. Bl. 7 der Behördenakte). Die Quarantäne und die Impfung waren zudem behördlich angeordnet. Dass sich das Landratsamt gegen die Kostenübernahme verwahrt hatte, steht dem nicht entgegen. Es ist nicht Voraussetzung, dass sich der Geschäftsherr die Details der finanziellen Folgen der Geschäftsführung in Gestalt seiner Verpflichtung zum Aufwendungsersatz vorgestellt hat (vgl. BeckOGK/Thole, 1.10.2018, BGB, § 683 Rn. 22).
Dem Kläger steht damit ein Aufwendungsersatzanspruch nach der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag zu.
b) Nach Überzeugung des Gerichts sind im Übrigen die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs (BVerwG, U.v. 6.9.1988 – 4 C 5/86 – BverwGE 80, 170) gegeben. Danach besteht ein Anspruch auf Erstattung des Betrages, den der Beklagte durch vorzeitiges Tätigwerden des Klägers bei zeitgerechter und sachgemäßer Wahrnehmung der Aufgaben erspart hat.
Bei dem allgemeinen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch handelt es sich um ein aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts, insbesondere der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, abgeleitetes eigenständiges Rechtsinstitut des öffentlichen Rechts, dessen Anspruchsvoraussetzungen und Rechtsfolgen, soweit sie nicht spezialgesetzlich geregelt sind, denen des zivilrechtlichen Bereicherungsanspruchs entsprechen und auch im Verhältnis zwischen Körperschaften des öffentlichen Rechts Anwendung finden können (vgl. BVerwG, U.v. 12.3.1985 – 7 C 48.82 – BVerwGE 71, 85; U.v. 30.11.1995 – 7 C 56/93 – BVerwGE 100, 56; U.v. 18.1.2001 – 3 C 7/00 – BVerwGE 112, 351). Der Anspruch zielt seinem Grundgedanken nach auf die Rückgängigmachung eines Vermögenserwerbs ab, der eines rechtfertigenden Grundes entbehrt. Er bietet die Handhabe, überall da einen Ausgleich zu schaffen, wo das Recht einen Vermögenserwerb herbeiführt, der mit den Anforderungen materieller Gerechtigkeit nicht in Übereinstimmung steht. Es soll in diesen Fällen ein gerechter und billiger Ausgleich herbeigeführt werden. Der Bereicherungsanspruch gehört also dem Billigkeitsrecht an und steht deshalb in besonderem Maße unter dem Grundsatz von Treu und Glauben (BayVGH, U.v. 29.10.1969 – Nr. 226, 227 VIII 68 – VGHE BY 23, 2). Dieser in § 242 BGB niedergelegte Grundsatz, dass Leistungen so zu bewirken sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern, prägt die gesamte Rechtsordnung und gilt auch im öffentlichen Recht. Nach der gefestigten obergerichtlichen Rechtsprechung begrenzt er auch den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch (vgl. BVerwG, U.v. 18.12.1973 – I C 34/72 – NJW 1974, 2247; U.v. 13.12.1984 – 3 C 5/82 – juris; U.v. 8.3.1990 – 3 C 15/84 – BVerwGE 85, 24; B.v. 5.3.1998 – 4 B 3/98 – NJW 1998, 3135; BayVGH, U.v. 29.10.1969 – Nr. 226, 227 VIII 68 – VGHE BY 23, 2).
Vorliegend ist die dafür erforderliche öffentlich-rechtliche Rechtsbeziehung jedenfalls durch die Quarantäneanordnung vom 23. Juli 2013 als präventive Gefahrenabwehrmaßnahme gegeben. Spätestens ab der Aufhebung der repressiven Beschlagnahme, wenn nicht schon zum Zeitpunkt des Aufgreifens der Tiere, war die Durchführung der tierseuchenrechtlichen Quarantäne Aufgabe des Landratsamtes, § 18 TierSG i.V.m. § 19 Abs. 1 TierSG. Durch die Unterbringung der Hundewelpen hat das Tierheim zudem eine tierschutzrechtliche Aufgabe des Landratsamtes wahrgenommen. Auf die Ausführungen hierzu unter a) wird Bezug genommen.
Eine Vermögensverschiebung ohne rechtlichen Grund ist insofern eingetreten, als den Kosten für die Unterbringung und Versorgung der Welpen des Klägers eine Kostenersparnis des Beklagten, der sich um die entsprechende Versorgung und Unterbringung der Welpen hätte kümmern müssen, gegenübersteht. Nach Art. 7 BayAGTierGesG a.F. (jetzt: Art. 13 BayAGTierGesG) werden für die Ermittlung von Seuchen, für die Anordnung von Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen und für das Verfahren über die Gewährung von Entschädigungen Gebühren und Auslagen nicht erhoben. Die Kosten für die Durchführung der Quarantäneanordnung sind jedoch solche Kosten für die Anordnung von Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen. Dies bedeutet, dass grundsätzlich die Behörde die Kosten für die Unterbringung zur Quarantäne trägt (BayVGH, U.v. 1.6.2017 – 20 B 16.2241 – juris Rn. 21 ff.). Diese Kosten hat das Landratsamt vorliegend durch die Kostentragung durch das Tierheim gespart. Das gleiche gilt hinsichtlich der Unterbringung der Hundewelpen aus tierschutzrechtlichen Gründen. Sind Tiere zunächst nicht aufgrund von § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 TierSchG, sondern aus anderen Gründen sichergestellt worden (z.B. als Beweismittel im Strafverfahren), so können Pflege- und Unterbringungskosten nur dann nach Abs. 1 S. 2 Nr. 2 geltend gemacht werden, wenn vorher ein auf Duldung der Fortnahme und pfleglichen Unterbringung gerichteter Bescheid ergangen und dem Halter bekanntgegeben worden ist, und auch nur für die Zeit nach dieser Bekanntgabe (Hirt/Maisack/Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Auflage 2016, § 16a Rn. 39 mit Hinweis auf VGH München, B.v. 7.11.2007 – 25 CS 07.1574). Dies ist hier nicht der Fall, weshalb die Kostentragungspflicht beim Landratsamt, für welches das Tierheim hier quasi als Verwaltungshelfer gehandelt hat, liegt.
c) Nach den obigen Ausführungen hat der Kläger demnach dem Grunde nach einen Anspruch auf Erstattung seiner Aufwendungen bzw. auf Kostenerstattung. Der Höhe nach ist der Anspruch jedoch begrenzt auf die tatsächlich angefallenen Aufwendungen abzüglich der in diesem Zusammenhang erlösten Einnahmen.
Hinsichtlich der geltend gemachten Unterbringungskosten für die Zeit nach der Aufhebung der Beschlagnahme hält das Gericht einen Tagessatz von 15,00 EUR pro Hund für angemessen. Die vom Kläger in der mündlichen Verhandlung angeführten Gründe, weshalb ein höherer Tagessatz als die an die Justizkasse gezahlten 12,00 EUR pro Tag und Welpe gerechtfertigt sei – die hohe Anzahl von Welpen, erforderliche Quarantäne, hoher Personalaufwand, Hygieneanforderungen, Kleintierbeherbergung, was dem Kläger im Zeitpunkt der Rechnungsstellung an die Staatsanwaltschaft nicht bewusst gewesen sei -, sind nachvollziehbar. Dem Vorbringen des Beklagten, die Isolationszeit ende für jeden Welpen individuell nach Ablauf der 15. Lebenswoche und nicht einheitlich am 30. September 2013, fehlt es schon an einer hinreichend substantiierten Darlegung, für welchen Hund die Isolation zu welchen Zeitpunkt nicht mehr erforderlich war.
Die Unterbringungskosten sind für den geltend gemachten Zeitraum zu erstatten. Auch insoweit gilt, dass die Behauptung, die Isolationszeit habe nicht einheitlich am 30. September 2013 geendet, sondern teilweise früher, zu unsubstantiiert ist. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass der Anspruch auf Kostenerstattung bzw. Aufwendungsersatz vorliegend auf tierseuchenrechtliche und daneben auch auf tierschutzrechtliche Gründe gestützt wird, die schon zum Zeitpunkt des Aufgreifens der Hundewelpen bzw. jedenfalls im Zeitpunkt der Aufhebung der Beschlagnahme und damit für den gesamten geltend gemachten Zeitraum gegeben sind, auch wenn die tierseuchenrechtliche Anordnung des Landratsamtes … erst am 23. Juli 2013 erfolgte. Auf die obigen Ausführungen wird insoweit Bezug genommen.
Auch dem Einwand des Beklagten, nach Erreichen eines ausreichenden Impfschutzes sei ein Verbringen der Hunde in die sog. „Hausquarantäne“ möglich gewesen, ist entgegenzuhalten, dass er zu unsubstantiiert ist. Es wurde nicht vorgebracht, für welchen Hund eine Hausquarantäne wo konkret möglich gewesen wäre und vom Tierheim diese Möglichkeit aber nicht wahrgenommen worden wäre.
Die vom Kläger angesetzten Tierarztkosten in Höhe von insgesamt 7.477,79 EUR umfassen auch stationäre Aufenthalte sowie Futter-, Reinigungs- und Desinfektionskosten, deren Dauer jedoch von den Unterbringungskosten nicht ausgenommen worden ist, so dass die Unterbringungskosten soweit doppelt veranschlagt wurden. Insgesamt wurden 67 Tage (23.7.2013: 4x, 25.7.2013: 4x, 26.7.2013: 6x, 27.7.2013: 11x, 28.7.2013: 10x, 29.7.2013: 6x, 30.7.2013: 7x, 31.7.2013: 4x, 5.8.2013: 15x) und damit 1.005,00 EUR zu viel angesetzt (67 x 15 EUR = 1.005,00 EUR).
Die hiernach erstattungsfähigen Unterbringungskosten betragen demnach 19.005,00 EUR (1.267 Tage x 15,00 EUR).
Die Laborkosten in Höhe von 867,84 EUR sind – auch wenn sie im Zeitpunkt der Beschlagnahme anfielen – voll anzusetzen, da sie tierseuchen- bzw. tierschutzrechtlich begründet sind und nicht von den von der Staatsanwalt übernommenen Kosten für die Welpenversorgung in Höhe von 12 EUR/Tag pro Welpe gedeckt sind.
Von den geltend gemachten Fahrtkosten sind 141,36 EUR erstattungsfähig. Von der Reisekostenaufstellung vom 13. August 2013 sind nur die Fahrten vom 15.7. „Kotprobe“ und 22.7. „Mops und Kotprobe“ anzusetzen. Auch wenn der 15.7.2013 in den Zeitraum der angeordneten Beschlagnahme fällt, ist die an diesem Tag erfolgte Fahrt tierseuchen- bzw. tierschutzrechtlich begründet und die Kosten sind damit erstattungsfähig, weil sie nicht von den von der Staatsanwalt übernommenen Kosten für die Welpenversorgung in Höhe von 12 EUR/Tag pro Welpe gedeckt sind. Hinsichtlich der Fahrten vom 28.6. und 29.7. „Malteser“ scheitert ein Zusammenhang mit den streitgegenständlichen Hundewelpen bereits am Zeitpunkt bzw. wurde ein solcher nicht substantiiert dargelegt.
Weiter sind den entstandenen Kosten bzw. Aufwendungen die in diesem Zusammenhang durch die Abgabe der Hunde erlösten Einnahmen in Höhe von 6.800 EUR gegenzurechnen. Die vom Beklagten angeführte Abgabegebühr von 400 EUR pro Hund ergibt sich aus einem Zeitungsbericht der Mainpost vom 18. Oktober 2013 (Bl. 381 der Behördenakte) und wurde vom Kläger nicht bestritten. Ob möglicherweise ein höherer Betrag erzielbar gewesen wäre, ist unerheblich. Maßgeblich sind die tatsächlich entstandenen Kosten. Der erzielte Veräußerungserlös ist nur ein Abrechnungsfaktor, der die angefallenen Aufwendungen mindert (vgl. VG Ansbach, B.v. 31.5.2007 – AN 16 S 07.01203). Da das Tierheim quasi nur als Verwaltungshelfer tätig war, soll es die bei ihm angefallenen Kosten zwar erstattet erhalten, aber keinen Gewinn machen (Rechtsgedanke des § 242 BGB, s. unter b)). Zum selben Ergebnis kommt man hinsichtlich der öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag unter Anwendung des Rechtsgedankens von § 681 Satz 2 BGB i.V.m. § 667 BGB, wonach der Geschäftsführer zur Herausgabe des aus der Geschäftsbesorgung Erlangten verpflichtet ist. Folglich ist der für die Hunde erzielte Erlös zu verrechnen, was vom Landratsamt … auch geltend gemacht wurde.
Entsprechend sind auch die Spenden in Höhe von 2.115,00 EUR zu berücksichtigen, die zweckgebunden im Hinblick auf die am 13. Juli 2013 aufgegriffenen streitgegenständlichen Hundewelpen gemacht wurden. Das Tierheim fungierte vorliegend sozusagen als Verwaltungshelfer und hat somit öffentlich-rechtliche Aufgaben für das Landratsamt bzw. für „dessen Welpen“ erfüllt und in Zusammenhang damit Spenden erhalten. Die Verrechnung auch der Spenden für diese Welpen ist die Konsequenz aus der rechtlichen Zuordnung der Welpen zum Landratsamt. Entgegen der im Schriftsatz vom 22. November 2018 dargelegten klägerischen Auffassung, dass hierbei allein solche Spenden Berücksichtigung finden können, die mit dem Verwendungszweck „Welpen in Not“ gekennzeichnet seien, sind auch Spenden mit den Verwendungszwecken „Welpenhilfe“, „Welpenrettung“ oder „Spende für Welpen“ zu berücksichtigen. Auch wenn der Spendenaufruf den Titel „Welpen in Not“ hatte, ist nach allgemeiner Lebenserfahrung davon auszugehen, dass auch die Spenden mit den allgemeiner gehaltenen Verwendungszwecken „Welpenhilfe“, „Welpenrettung“ oder „Spende für Welpen“ konkret in Bezug auf die Welpen aus dem Transport erfolgt sind, jedenfalls soweit ein enger zeitlicher Zusammenhang zu dem Welpentransport und dem Spendenaufruf besteht. Dies entspricht auch der Auffassung des Klägers, wie sie (noch) im Schriftsatz vom 14. September 2018 dargelegt worden ist, wonach unter Berücksichtigung des Verwendungszwecks 2.085,00 EUR gespendet worden seien. Auch nach dem mit klägerischen Schriftsatz vom 29. November 2018 übersandten Schreiben des Tierschutzbundes käme eine Anrechenbarkeit von Spenden mit einer nur vagen Bezeichnung „Welpen“ o.ä. nur in Betracht, wenn diese zumindest in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Spendenaufruf stehen, maximal drei bis vier Monate danach. Dies ist hier der Fall. Zu dem im klägerischen Schriftsatz vom 14. September 2018 genannten Spendenbetrag von 2.085,00 EUR ist noch eine Spende mit dem Verwendungszweck „Welpen in Not“ in Höhe von 30 EUR im Oktober 2013 (s. Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 22. November 2018) zu addieren.
d) Schließlich besteht kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Findet wie hier ein Vorverfahren nicht statt, erfolgt eine Erstattung von Rechtsanwaltskosten nur, wenn dies ausdrücklich geregelt ist (Kopp/Schenke, a.a.O., § 162 Rn. 16). Da im Verwaltungsverfahren eine Kostenerstattungsregelung fehlt, fällt eine anwaltliche Vertretung vor der Behörde grundsätzlich in das eigene Kostenrisiko des Betroffenen (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2006 – 19 C 06.268 – juris).
Nach alledem hat die Klage nur teilweise Erfolg.
4.
Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 1, § 63 Abs. 2 GKG i.V.m. den Empfehlungen des Streitwertkatalogs. Der Klageantrag bezieht sich auf bezifferte Geldleistungen, so dass deren Höhe maßgebend ist. Nr. 1 und Nr. 2 des Klageantrags haben jeweils selbständige Bedeutung mit einem selbständigen wirtschaftlichen Wert, so dass nach Nr. 1.1.1 des Streitwertkatalogs die Werte addiert werden.


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