Aktenzeichen B 1 KR 18/20 R
§ 12 SGB 5
§ 39 SGB 5
§ 92 Abs 1 S 2 Nr 13 SGB 5
§ 109 SGB 5
§ 135a SGB 5
§ 136 Abs 1 S 1 Nr 2 SGB 5
§ 137 SGB 5
§ 9 MHIRL
Verfahrensgang
vorgehend SG Wiesbaden, 26. Oktober 2016, Az: S 18 KR 75/14, Urteilvorgehend Hessisches Landessozialgericht, 30. April 2020, Az: L 8 KR 511/16, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. April 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 33 662,39 Euro festgesetzt.
Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.
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Die Klägerin ist Trägerin eines Krankenhauses, das im Jahr 2013 ua mit Fachabteilungen für Innere Medizin und Chirurgie, nicht aber für Herzchirurgie in den Krankenhausplan des Landes Hessen aufgenommen war. In diesem Krankenhaus behandelte sie die bei der beklagten Krankenkasse (KK) versicherte R. (im Folgenden: Versicherte) vom 24.7. bis 10.8.2013 vollstationär. Bei dieser wurde aufgrund einer Aortenklappen-Stenose eine transvaskuläre Aortenklappen-Implantation (transcatheter-aortic-valve-implantation – TAVI) durchgeführt. Dabei wird eine biologische Herzklappenprothese über einen kleinen Zugang mittels eines Katheters implantiert. An der Behandlung wirkten auf der Grundlage eines Dienstleistungsvertrages zwischen der Klägerin und der Klinik für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie der Universitätsmedizin M zwei Mitarbeiterinnen der letztgenannten Universitätsklinik mit. Die Klägerin stellte der Beklagten für die Behandlung der Versicherten 33 662,39 Euro auf der Grundlage der Fallpauschale (Diagnosis Related Groups 2013 – DRG) F98Z (Komplexe minimalinvasive Operationen an Herzklappen) unter Verwendung des Operationen- und Prozedurenschlüssels 2013 (OPS) 5-35a.00 (Minimalinvasive Operationen an Herzklappen: Implantation eines Aortenklappenersatzes; endovaskulär) in Rechnung. Die Beklagte lehnte die Vergütung ab, weil die Behandlung nicht vom Versorgungsauftrag der Klinik gedeckt sei. Das SG hat die auf Zahlung des Rechnungsbetrages nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen (Urteil vom 26.10.2016). Das LSG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Ungeachtet der Frage, ob die TAVI vom Versorgungsauftrag der Klinik der Klägerin umfasst gewesen sei, habe jedenfalls die Durchführung einer TAVI in einem Krankenhaus ohne Fachabteilung für Herzchirurgie im Behandlungsjahr 2013 nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprochen. Die TAVI sei 2013 noch ein junges, durch randomisierte Studien nur wenig wissenschaftlich erforschtes und nur für bestimmte Indikationen (Patienten, bei denen eine offene Operation nicht in Betracht kam) anerkanntes Verfahren gewesen, welches nach ganz überwiegender Expertenmeinung nur unter bestimmten äußeren Bedingungen, insbesondere in einem Krankenhaus mit jeweils einer Fachabteilung für Kardiologie und Herzchirurgie angewandt werden sollte. Die Klägerin könne den Vergütungsanspruch auch nicht auf die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) erst Anfang 2015 geschaffene Übergangsregelung des § 9 der Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung bei der Durchführung von minimalinvasiven Herzklappeninterventionen gemäß § 136 Abs 1 Satz 1 Nr 2 für nach § 108 SGB V zugelassene Krankenhäuser (Richtlinie zu minimalinvasiven Herzklappeninterventionen – MHI-RL) stützen.
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Die Klägerin rügt die Verletzung von § 109 Abs 4 Satz 3, § 39, § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V sowie § 137 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V aF iVm der MHI-RL. Das LSG habe das Qualitätsgebot falsch ausgelegt. Die TAVI sei 2013 bereits als Methode anerkannt gewesen. Ob sie in einem Krankenhaus ohne Fachabteilung für Herzchirurgie habe durchgeführt werden können, sei eine Frage der Qualitätssicherung, zu der es seinerzeit noch keine verbindlichen medizinischen Erkenntnisse und Vorgaben des GBA gegeben habe. Im Jahr 2013 habe entgegen der Ansicht des LSG auch noch kein Konsens der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute über das Erfordernis einer zusätzlichen herzchirurgischen Abteilung bestanden. Es lasse sich vielmehr ein Übergewicht derjenigen Stimmen feststellen, die eine herzchirurgische Abteilung für entbehrlich gehalten und eine Kooperation zwischen Herzchirurgen und Kardiologen als ausreichend angesehen hätten. Zu Unrecht lasse das LSG auch die Übergangsregelung des § 9 MHI-RL unberücksichtigt. Der GBA gehe hier ersichtlich davon aus, dass eine qualitätsgerechte Leistungserbringung bis zum Ablauf der Übergangsphase auch ohne herzchirurgische Fachabteilung gewährleistet sei. Die TAVI sei durch typisch kardiologische Techniken gekennzeichnet und insofern auch vom Versorgungsauftrag der Klägerin umfasst gewesen (Verweis auf Hessischer VGH vom 29.9.2020 – 5 A 165/20 – juris). Durch den Kooperationsvertrag mit dem Universitätsklinikum M und das Vorhalten der erforderlichen Infrastruktur (Herz-Lungen-Maschine, extrakorporale Membranoxygenierung, Hybrid-Labor, komplettes herzchirurgisches Equipment) sei die qualitätsgerechte Durchführung der Behandlung auch bei auftretenden Komplikationen mit erforderlicher Eröffnung des Brustkorbes und Operation am Herzen ausreichend gewährleistet gewesen.
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Die Klägerin beantragt,die Urteile des Hessischen Landessozialgerichts vom 30. April 2020 und des Sozialgerichts Wiesbaden vom 26. Oktober 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 33 662,39 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. September 2013 zu zahlen.
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Die Beklagte beantragt,die Revision zurückzuweisen.
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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision des klagenden Krankenhauses ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Das LSG hat die Berufung gegen das klageabweisende Urteil des SG zu Recht zurückgewiesen. Die auf Zahlung der Krankenhausvergütung gerichtete echte Leistungsklage ist in dem hier bestehenden Gleichordnungsverhältnis zwischen Krankenhausträger und der beklagten KK gemäß § 54 Abs 5 SGG zulässig (stRspr; vgl zB BSG vom 30.6.2009 – B 1 KR 24/08 R – BSGE 104, 15 = SozR 4-2500 § 109 Nr 17, RdNr 12 mwN). Sie ist aber unbegründet. Dem Krankenhaus steht der geltend gemachte Vergütungsanspruch nicht zu. Die in dem nicht über eine herzchirurgische Fachabteilung verfügenden Krankenhaus der Klägerin durchgeführte TAVI war – wie das LSG zutreffend entschieden hat – wegen Verstoßes gegen das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) nicht erforderlich und verstieß damit zugleich gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V). Auf die Frage, ob die TAVI vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses für das Fachgebiet Innere Medizin gedeckt war oder ob es hierfür eines zusätzlichen Versorgungsauftrages für den Fachbereich Herzchirurgie bedurft hätte (vgl dazu auch Hessischer VGH vom 29.9.2020 – 5 A 165/20 – juris), kommt es insofern nicht an.
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Die Voraussetzungen der für den geltend gemachten Vergütungsanspruch in Betracht kommenden § 109 Abs 4 Satz 3 SGB V iVm § 7 KHEntgG und § 17b KHG sind nicht erfüllt (zur Rechtsgrundlage vgl BSG vom 8.11.2011 – B 1 KR 8/11 R – BSGE 109, 236 = SozR 4-5560 § 17b Nr 2, RdNr 13, 15 f; BSG vom 19.3.2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 11 mwN). Danach entsteht die Zahlungsverpflichtung einer KK – unabhängig von einer Kostenzusage – unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und iS von § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl BSG vom 19.3.2020, aaO, RdNr 11 mwN). An der Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit (dazu 1.) fehlt es vorliegend, weil die Durchführung einer TAVI in einer Klinik, die – wie die der Klägerin – nicht über eine herzchirurgische Abteilung verfügte, im Jahr 2013 nicht dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach (dazu 2.). Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Übergangsregelung in § 9 Satz 1 MHI-RL berufen (dazu 3.).
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1. Erforderlich ist die Krankenhausbehandlung iS von § 39 SGB V grundsätzlich nur dann, wenn die Behandlung dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und notwendig ist. Der Anspruch auf Krankenbehandlung hat sich generell daran auszurichten, welche Behandlung unter Beachtung des Qualitätsgebots und des umfassenden Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit notwendig und ausreichend ist, um das angestrebte Behandlungsziel zu erreichen (§ 27 Abs 1 Satz 1 SGB V iVm § 2 Abs 1 Satz 3, Abs 4, § 12 Abs 1 SGB V). Hierzu ist unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht nur dem Grunde nach, sondern auch dem Umfang nach zu ermitteln, welche Reichweite der Therapie indiziert ist. Dies gilt auch für die in einem Krankenhaus erbrachten Leistungen. § 137c SGB V in der hier noch maßgeblichen, ab dem 1.1.2012 geltenden Fassung (Art 1 Nr 54 Gesetz zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 22.11.2011, BGBl I 2983) steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift regelt lediglich einen Verbotsvorbehalt und schafft Raum für den GBA, Richtlinien zur Erprobung nach § 137e SGB V zu beschließen (vgl
BSG vom 19.12.2017 – B 1 KR 17/17 R – BSGE 125, 76 = SozR 4-5562 § 6 Nr 1, RdNr 21 f; BSG vom 8.10.2019 – B 1 KR 2/19 R – SozR 4-5562 § 6 Nr 3 RdNr 14 ff; zu der ab dem 23.7.2015 geltenden Fassung des Art 1 Nr 64 Buchst b des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung vom 16.7.2015 vgl demgegenüber BSG vom 25.3.2021 – B 1 KR 25/20 R – juris RdNr 19 ff).
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Grundsätzlich fordert das auch für die stationäre Behandlung geltende Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V), dass die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen über die Zweckmäßigkeit der Therapie Konsens besteht. Dies setzt im Regelfall voraus, dass über Qualität und Wirksamkeit der Methode – die in ihrer Gesamtheit und nicht nur in Bezug auf Teilaspekte zu würdigen ist – zuverlässige, wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen gemacht werden können. Der Erfolg muss sich aus wissenschaftlich einwandfrei durchgeführten Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der Methode ablesen lassen. Die Therapie muss in einer für die sichere Beurteilung ausreichenden Zahl von Behandlungsfällen erfolgreich gewesen sein (stRspr; vgl BSG vom 13.12.2005 – B 1 KR 21/04 R – SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 22; BSG vom 19.3.2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 15, jeweils mwN).
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2. Ob und ggf für welche Indikationen die TAVI danach im Jahr 2013 bereits als Behandlungsmethode allgemein anerkannt war, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Denn jedenfalls entsprach deren Durchführung in einer Klinik, die nicht über eine herzchirurgische Abteilung verfügte, nicht dem anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Das allgemeine Qualitätsgebot stellt auch Anforderungen an die strukturellen und prozeduralen Voraussetzungen der Leistungserbringung (dazu a). Die Konkretisierung dieser Anforderungen obliegt in erster Linie dem GBA (dazu b). Soweit und solange es – wie hinsichtlich der TAVI vor Erlass der MHI-RL – an einer solchen Konkretisierung fehlt, richten sich die Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse (dazu c). Gibt es hierzu noch keinen allgemeinen wissenschaftlichen Konsens, gebieten es das Qualitäts- und das Wirtschaftlichkeitsgebot, den Weg des gesicherten Nutzens zu gehen (dazu d und e). Gemessen daran entsprach die Durchführung der TAVI im Krankenhaus der Klägerin im Zeitpunkt der Behandlung (Juli/August 2013) nicht dem Qualitätsgebot (dazu f).
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a) Das allgemeine Qualitätsgebot des § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V stellt auch Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität der Behandlung (zu den Dimensionen des Qualitätsbegriffs allgemein vgl Noftz in Hauck/Noftz, SGB V, § 2 RdNr 55, Stand April 2019;
Roters in Kasseler Kommentar, Vor §§ 135-139d SGB V RdNr 10, Stand September 2016; Wollenschläger/Schmidl, VSSR 2014, 117, 130 f; Neumann, Die externe Qualitätssicherung im Krankenhausrecht, 2019, S 29; grundlegend Donabedian, Evaluating the Quality of Medical Care, The Milbank Memorial Fund Quarterly 1966, 166 ff, Reprint in The Milbank Quaterly 2005, 691 ff; zur Definition der Begriffe vgl auch Gutachten 2000/2001 des Sachverständigenrates für die Konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, BT-Drucks 14/5661 S 57). Dies ergibt sich allgemein auch aus § 135a Abs 1 Satz 2 SGB V. Danach müssen nicht nur die Leistungen als solche dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen, sondern sie müssen auch in der fachlich gebotenen Qualität erbracht werden (vgl Becker in Becker/Kingreen, SGB V, 7. Aufl 2020, § 135a RdNr 7; zur Differenzierung der gesetzlichen Regelungen zur Qualitätssicherung nach dem “Ob” und dem “Wie” der Leistungen vgl Roters, aaO, RdNr 24). So kann es der allgemein anerkannte Stand der medizinischen Erkenntnisse unter prozeduralen Aspekten des Qualitätsgebots erfordern, dass betroffene Versicherte im Interesse ihres Schutzes regelmäßig lediglich im Rahmen von kontrollierten klinischen Studien behandelt werden (vgl BSG vom 17.12.2013 – B 1 KR 70/12 R – BSGE 115, 95 = SozR 4-2500 § 2 Nr 4, RdNr 22; BSG vom 8.10.2019 – B 1 KR 3/19 R – BSGE 129, 171 = SozR 4-2500 § 2 Nr 14, RdNr 17; BSG vom 8.10.2019 – B 1 KR 4/19 R – SozR 4-2500 § 12 Nr 16 RdNr 18). Dasselbe gilt auch für strukturelle Anforderungen, etwa an die fachliche Qualifikation der die Behandlung durchführenden Personen oder die für die Durchführung erforderliche sachliche Ausstattung.
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b) Konkretisiert werden die Mindestanforderungen an die Struktur- und Prozessqualität in erster Linie durch den GBA. Nach § 137 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V in der hier noch anwendbaren Fassung des Art 1 Nr 110 des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG vom 26.3.2007, BGBl I 378; vgl nunmehr § 136 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB V) bestimmt der GBA für die vertragsärztliche Versorgung und für zugelassene Krankenhäuser grundsätzlich einheitlich für alle Patienten durch Richtlinien nach § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 13 SGB V insbesondere Kriterien für die indikationsbezogene Notwendigkeit und Qualität der durchgeführten diagnostischen und therapeutischen Leistungen, insbesondere aufwändiger medizintechnischer Leistungen; dabei sind auch Mindestanforderungen an die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität festzulegen (vgl dazu auch BSG vom 1.7.2014 – B 1 KR 15/13 R – BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 12 ff; BSG vom 19.4.2016 – B 1 KR 28/15 R – SozR 4-2500 § 137 Nr 7 RdNr 14). Durch solche Mindestanforderungen soll auch sichergestellt werden, dass Leistungserbringer nicht aus ökonomischen Gründen Leistungen mit unzureichender technischer oder personeller Ausstattung zu Lasten der Qualität erbringen (vgl die Begründung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser , BT-Drucks 14/6893 S 30 zu Nr 5 Buchst b).
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Diesem Regelungsauftrag ist der GBA für die TAVI mit der MHI-RL vom 22.1.2015 nachgekommen (BAnz AT vom 24.7.2015 B6, zuletzt geändert am 1.4.2021, BAnz AT vom 1.7.2021 B3). Diese ist allerdings erst am 25.7.2015 in Kraft getreten und findet auf den vorliegenden Behandlungsfall aus dem Jahr 2013 daher noch keine Anwendung (Ziff III des Beschlusses des GBA vom 22.1.2015, BAnz AT vom 24.7.2015 B6; zu der Übergangsregelung des § 9 MHI-RL s noch unten d).
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c) Das heißt aber – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht, dass bei der Durchführung der TAVI vor Inkrafttreten der MHI-RL keine strukturellen und prozeduralen Qualitätsanforderungen zu beachten waren. Die Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen entsprechend dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse besteht vielmehr nach § 135a Abs 1 Satz 1 SGB V unabhängig von den Konkretisierungen durch Richtlinien oder Normenverträge (vgl die Begründung zu dem Entwurf des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 , BT-Drucks 14/1245 S 86 zu Nr 76; vgl für die vertragsärztliche Versorgung auch § 106 Abs 2a Nr 3 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung des Art 1 Nr 82 Buchst d des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung vom 14.11.2003, BGBl I 2190, jetzt § 106a Abs 2 Nr 3 SGB V). Diese begründen lediglich Mindeststandards (vgl Roters in Kasseler Kommentar, SGB V, § 135a RdNr 3, Stand September 2016). Werden bestimmte strukturelle und/oder prozedurale Mindestanforderungen an die Behandlung von der großen Mehrheit der einschlägigen Fachleute aufgrund des Standes der medizinischen Erkenntnisse befürwortet, so sind diese vom Krankenhaus auch ohne eine verpflichtende Vorgabe des GBA zu beachten (vgl
BSG vom 8.10.2019 – B 1 KR 3/19 R – BSGE 129, 171 = SozR 4-2500 § 2 Nr 14, RdNr 17; BSG vom 8.10.2019 – B 1 KR 4/19 R – SozR 4-2500 § 12 Nr 16 RdNr 18). Anderenfalls handelt es sich um eine ungeeignete Versorgung, die nicht im Rechtssinne “erforderlich” ist, mit der Folge, dass das Krankenhaus auch innerhalb seines Versorgungsauftrags hierfür keine Vergütung beanspruchen kann. Denn Versicherte haben aufgrund des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 Satz 3 SGB V) und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V) keinen Anspruch auf ungeeignete Leistungen (vgl BSG vom 1.7.2014 – B 1 KR 15/13 R – BSGE 116, 153 = SozR 4-2500 § 137 Nr 4, RdNr 11; BSG vom 19.4.2016 – B 1 KR 28/15 R – SozR 4-2500 § 137 Nr 7 RdNr 13).
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d) Gesteigerte Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität gelten bei der Erbringung von Leistungen, deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch nicht hinreichend belegt ist. Hier ist es zur Gewährleistung eines ausreichenden Versichertenschutzes erforderlich, dem bestehenden Defizit an wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit der Behandlung durch Einhaltung möglichst hoher Qualitätsstandards im Rahmen der Leistungserbringung Rechnung zu tragen, um den Versicherten ein möglichst “geschütztes Setting” zu bieten, das auch die Möglichkeit einschließt, bei auftretenden Komplikationen möglichst schnell und effektiv reagieren zu können.
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Das entspricht zum einen der Wertung des § 137e SGB V (in der hier noch maßgeblichen Fassung des Art 1 Nr 56 GKV-VStG). Danach soll die Erprobung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die (lediglich) das Potenzial einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten, grundsätzlich im Rahmen eines Erprobungsverfahrens erfolgen, das durch den GBA normativ ausgestaltet und mit besonderen personellen, sächlichen und sonstigen Voraussetzungen ausgestattet ist (§ 137e Abs 2 Satz 1 und 2 SGB V). Hierdurch soll sichergestellt werden, dass die Erprobung unter qualifizierten Bedingungen von fachlich geeigneten Ärzten und Einrichtungen durchgeführt wird (s BT-Drucks 17/6906 S 88 zu § 137e Abs 2 Satz 1). Dies eröffnet einerseits im Hinblick auf das Ziel, neue Erkenntnisse zu gewinnen, erweiterte therapeutische Handlungsspielräume. Andererseits besteht auch die Möglichkeit bei sich abzeichnenden Gefährdungen schnell zu intervenieren, etwa wenn Komplikationen bei einzelnen Teilnehmern auftreten, die dann umgehend bei den anderen Teilnehmern Berücksichtigung finden können (vgl BSG vom 25.3.2021 – B 1 KR 25/20 R – juris RdNr 33).
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Es folgt zum anderen aber auch aus dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs 1 SGB V). Dieses erfordert bei mehreren zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen, den Weg des gesicherten Nutzens zu wählen. Das Individualinteresse der Versicherten an einer wirkungsvollen und qualitätsgesicherten Behandlung und an einem Schutz vor vermeidbaren Gesundheitsgefahren korrespondiert insofern mit dem öffentlichen Interesse an einem verantwortungsvollen Umgang mit den beschränkten Mitteln der Beitragszahler (vgl BSG vom 25.3.2021 – B 1 KR 25/20 R – juris RdNr 42 mwN).
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e) Diese Grundsätze müssen auch gelten, wenn der Nutzen einer Methode im Grundsatz zwar anerkannt ist, es hinsichtlich der Einzelheiten der Leistungserbringung aber noch an verbindlichen rechtlichen Vorgaben und einem allgemeinen Konsens fehlt. Auch in einem solchen Fall gebieten es das Qualitäts- und das Wirtschaftlichkeitsgebot, den Weg des gesicherten Nutzens zu gehen und Gesundheitsgefahren für die Versicherten soweit wie möglich auszuschließen (vgl auch zum Sorgfaltsmaßstab des “vorsichtigen Arztes” im Arzthaftungsrecht BGH vom 22.5.2007 – VI ZR 35/06 – BGHZ 172, 254 = juris RdNr 13, 19; Regierungsentwurf zum Gesetz zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/10488 S 19). Insofern kann es etwa geboten sein, dass bestimmte – insbesondere besonders komplexe oder riskante – Eingriffe nur in Einrichtungen vorgenommen werden, die bereits über ausreichende Erfahrung, besonders qualifiziertes Personal und/oder eine besondere sächliche Ausstattung verfügen (vgl auch zum Arzthaftungsrecht BGH vom 30.5.1989 – VI ZR 200/88 – NJW 1989, 2321, 2322 = juris RdNr 9).
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f) Gemessen hieran entsprach die Durchführung der TAVI im Krankenhaus der Klägerin im Zeitpunkt der Behandlung (Juli/August 2013) nicht dem Qualitätsgebot.
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aa) Es existierten keine rechtlich verbindlichen Vorgaben des GBA über die bei der Durchführung von TAVI-Behandlungen zu beachtenden Anforderungen an die Strukturqualität. Diese sind erst im Jahr 2015 in Kraft getreten (s oben b; zu der Übergangsregelung in § 9 MHI-RL s unten 3.).
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bb) Auch der einschlägige OPS 5-35a (Minimalinvasive Operationen an Herzklappen) regelt keine strukturellen Voraussetzungen für die Abrechnung der Leistung.
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Soweit der OPS strukturelle Anforderungen definiert, regelt er lediglich Vergütungsvoraussetzungen, über die sich die Vertragspartner auf Bundesebene verständigt haben. Diese Voraussetzungen beschreiben vorgefundene medizinische Erfordernisse und bilden zugleich die sich daraus ergebenden erforderlichen Ressourcen ab, um die vergütungsrechtliche Gleichbehandlung der Krankenhäuser zu gewährleisten (vgl BSG vom 19.6.2018 – B 1 KR 39/17 R – SozR 4-5562 § 9 Nr 10 RdNr 13). Soweit der OPS keine Strukturvoraussetzungen regelt, heißt das aber nicht, dass solche nicht gelten. Das allgemeine Qualitätsgebot wird hierdurch nicht suspendiert. Dies wäre auch von den Ermächtigungsgrundlagen für das DIMDI (nunmehr das BfArM) und die Vertragspartner auf Bundesebene nicht gedeckt (vgl § 301 Abs 2 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Art 4 Nr 9 des Gesetzes zur Einführung eines pauschalierenden Entgeltsystems für psychiatrische und psychosomatische Einrichtungen vom 21.7.2012, BGBl I 1613; und § 17b Abs 2 KHG in der Fassung des Art 18 Nr 4 des GKV-WSG).
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cc) Die Durchführung der TAVI in einer Klinik ohne herzchirurgische Abteilung entsprach nach den Feststellungen des LSG im Jahr 2013 nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
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(1) Der Stand der medizinischen Erkenntnisse wird gekennzeichnet durch die Gesamtheit aller international zugänglichen Studien. Denn es entspricht allgemeinem Wissenschaftsverständnis, dass die Wissenschaftlichkeit einer Studie weder vom Ort ihrer Entstehung noch von der Stelle ihrer Publikation abhängt. Davon zu unterscheiden ist die Frage, welcher Personenkreis für die Ermittlung der “großen Mehrheit der einschlägigen Fachkreise” in den Blick zu nehmen ist. Indem § 2 Abs 1 Satz 3 SGB V auf den “allgemein anerkannten” Stand der medizinischen Erkenntnisse abstellt, soll dasjenige erfasst werden, was sich im internationalen wissenschaftlichen Diskurs ob seiner wissenschaftlichen Überzeugungskraft durchgesetzt hat. Insoweit sind im Ausgangspunkt nicht nur inländische Fachleute einzubeziehen (vgl BSG vom 13.12.2005 – B 1 KR 21/04 R – SozR 4-2500 § 18 Nr 5 RdNr 29). Besondere Bedeutung kommt bei der Feststellung des allgemein anerkannten Standes der wissenschaftlichen Erkenntnisse den Stellungnahmen der einschlägigen Fachgesellschaften zu, insbesondere, wenn sich diese bereits in ärztlichen Leitlinien und Empfehlungen niedergeschlagen haben und auf diese Weise geeignet sind, medizinische “Standards” zu definieren (vgl BSG, aaO, RdNr 32 f; BSG vom 19.11.1997 – 3 RK 6/96 – BSGE 81, 182, 188 = SozR 3-2500 § 109 Nr 5 S 40 = juris RdNr 18, jeweils mwN; allgemein zur Rolle von Leitlinien der Fachgesellschaften bei der Ermittlung des medizinischen Standards vgl Stöhr in Festschrift für G. Hirsch, 2008, S 431, 433 f; Wollenschläger/Schmidl, VSSR 2014, 117, 158 ff; Francke in Hart, Ärztliche Leitlinien im Medizin- und Gesundheitsrecht, 2005, S 171, 208 ff, 221 ff).
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Die Feststellungen, die die Tatsacheninstanz zum allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse, auch im Hinblick auf Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität, zu treffen hat, sind entsprechend der Rspr des erkennenden Senats auf breiter Grundlage zu treffen. Nur ein solches Vorgehen sichert die von Art 3 Abs 1 GG geforderte Rechtsanwendungsgleichheit, für welche – außerhalb gebotener Feststellungen anlässlich des Einzelfalls – die Richtlinien des GBA sorgen (stRspr, vgl zuletzt BSG vom 19.3.2020 – B 1 KR 20/19 R – BSGE 130, 73 = SozR 4-2500 § 12 Nr 18, RdNr 16 mwN).
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(2) Gemessen daran ist die Entscheidung des LSG, dass die Durchführung einer TAVI in einer Klinik, die – wie die der Klägerin – nicht über eine herzchirurgische Abteilung verfügte, im Jahr 2013 nicht dem anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprach, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
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Gestützt hat das LSG seine Entscheidung insbesondere auf die Tragenden Gründe zum Beschluss des GBA vom 22.1.2015 zu der MHI-RL (S 5 ff, abrufbar unter www.g-ba.de). Dort wird unter Auswertung der internationalen Publikationen näher dargelegt, dass sich in interdisziplinären Leitlinien und Positionspapieren der führenden kardiologischen und herzchirurgischen Fachgesellschaften aus Europa, Nordamerika und Australien ein umfassender Konsens gezeigt habe, dass zu den erforderlichen Ressourcen und Voraussetzungen für die Durchführung der TAVI neben der Fachabteilung für Innere Medizin und Kardiologie eine Fachabteilung für Herzchirurgie gehöre. Der GBA hat sich dabei überwiegend auf Publikationen aus dem Jahr 2012 gestützt, also solche, die im hier maßgeblichen Behandlungszeitpunkt bereits vorgelegen haben. Er hat sich auch mit der Gegenansicht der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DKG) und weiterer deutscher Kardiologen auseinandergesetzt, wonach die Durchführung der TAVI auch in Krankenhäusern erfolgen könne, die nicht über beide Fachabteilungen für Herzchirurgie und Kardiologie verfügen (vgl ESC Pocket Guidelines – Herzklappenerkrankung, 2012, S 21, abrufbar unter https://leitlinien.dgk.org/2014/pocket-leitlinie-herzklappenerkrankung/; Hein et al, Outcome of patients after emergency conversion from transcatheter aortic valve implantation to surgery, 2013, abrufbar unter doi.org/10.4244/eijv9i4a73; Zahn et al, Transcatheter aortic valve implantation: first results from a multi-centre real-world registry, European Heart Journal, 2011, S 198 ff, abrufbar unter https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehq339; vgl auch Mudra et al, Strukturelle und organisatorische Voraussetzungen zur Durchführung des Transkatheter-Aortenklappenersatzes , Der Kardiologe 2011, 366, 368 ff, abrufbar unter http://dx.doi.org/10.1007/s12181-011-0369-4; Eggebrecht et al, Transcatheter aortic valve implantation (TAVI) by centres with and without an on-site cardiac surgery programme: preliminary experience from the German TAVI registry, EuroIntervention, 2014, S 602 ff; Kuck et al, Qualitätskriterien zur Durchführung der transvaskulären Aortenklappenimplantation , Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, 2015, S 12, abrufbar unter https://leitlinien.dgk.org/2014/qualitaetskriterien-zur-durchfuehrung-der-transvaskulaeren-aortenklappenimplantation-tavi/; vgl ferner die gemeinsame Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft Leitende Kardiologische Krankenhausärzte eV , des Berufsverbandes der Niedergelassenen Kardiologen sowie des Berufsverbandes der Deutschen Internisten eV , BDI aktuell 2013, S 3 f). Er hat ausgeführt, dass alle diese Arbeiten ihre Thesen auf eine Interpretation von Komplikationsraten nach TAVI gründeten, deren empirische Grundlagen wegen des fehlenden Vergleichs und der fehlenden Vergleichbarkeit der Gruppen jedoch kritisch zu betrachten seien. Die europäischen Leitlinienautoren hätten als Reaktion auf diese Publikationen aus Deutschland klargestellt, dass die Empfehlung der europäischen Leitlinie trotz der deutschen Modifikation weiterhin Gültigkeit habe und die in der “Pocket Guideline” formulierte Auffassung als unbegründet angesehen werde (vgl Vahanian/Alfieri, The Joint Task Force on the Management of Valvular Heart Disease of ESC/EACTS. eLetters: TAVI: The Importance of the “heart team” and medico-surgical centres European Heart Journal, Comment vom 17.9.2012, abrufbar unter https://academic.oup.com/eurheartj/article/33/19/2451/483360) Die Studienlage zeige aus Sicht des GBA, dass ein internationaler fachlicher Konsens hinsichtlich der Notwendigkeit der unmittelbaren Zusammenarbeit zwischen Kardiologen und Herzchirurgen bestehe, die durch ein interdisziplinäres Herzteam und das Vorhandensein beider Fachabteilungen in einem Krankenhaus gewährleistet sein sollte. Die Empfehlungen der Gruppe deutscher Kardiologen stellten einen Sonderweg dar (vgl Tragende Gründe zum Beschluss vom 22.1.2015 zu der MHI-RL, S 9 ff; vgl ferner Döbler et al, Indikationsstellung, Strukturen und Prozesse für die kathetergestützte Aortenklappenimplantation, Zeitschrift für Herz-, Thorax- und Gefäßchirurgie 2012, 86, 91).
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(3) Die Feststellungen des LSG hat die Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffen. Sie sind deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG; vgl zur Bejahung der Bindungswirkung in einem ähnlich gelagerten Fall BSG vom 24.4.2018 – B 1 KR 13/16 R – BSGE 125, 262 = SozR 4-2500 § 137e Nr 1, RdNr 26; BSG vom 24.4.2018 – B 1 KR 10/17 R – BSGE 125, 283 = SozR 4-2500 § 137c Nr 10, RdNr 27).
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Selbst wenn es sich hierbei um generelle Tatsachen handeln sollte, die nicht der Bindungswirkung des § 163 SGG unterfallen, hat der Senat keinen Zweifel, dass die im Einklang mit der Einschätzung des GBA stehenden Feststellungen richtig sind. Die Behauptung der Klägerin, es lasse sich ein Übergewicht derjenigen Stimmen feststellen, die eine herzchirurgische Abteilung für entbehrlich hielten, ist zumindest bei der erforderlichen Einbeziehung der europäischen und internationalen Publikationen nicht nachvollziehbar.
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Letztlich kommt es darauf aber auch nicht an. Denn jedenfalls gab es im Jahr 2013 mit Blick auf die abweichenden Ansichten der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie und der europäischen und internationalen Fachgesellschaften keinen (international) breiten fachlichen Konsens darüber, dass TAVI-Leistungen auch in Krankenhäusern ohne herzchirurgische Fachabteilung erbracht werden konnten. Ein breiter wissenschaftlicher Konsens bestand lediglich – unter bestimmten weiteren Voraussetzungen – hinsichtlich der Durchführung der TAVI in spezialisierten Zentren, die über eine Fachabteilung für Herzchirurgie verfügten. Die Leistungserbringung in der von der Klägerin praktizierten Form eines Kooperationsmodells war mithin nicht allgemein anerkannt.
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Hinzu kommt, dass es sich bei der TAVI im Jahr 2013 noch um eine relativ neue und hochkomplexe Behandlungsmethode handelte, die auch nach den von der Klägerin angeführten Publikationen besondere Anforderungen an die Struktur- und Prozessqualität stellt (vgl Mudra et al, Strukturelle und organisatorische Voraussetzungen zur Durchführung des Transkatheter-Aortenklappenersatzes , Der Kardiologe 2011, 366, 368 ff, abrufbar unter http://dx.doi.org/10.1007/s12181-011-0369-4; vgl ferner die Tragenden Gründe zum Beschluss vom 22.1.2015 zu der MHI-RL, S 3, 6). Auch aus diesem Grund war es nach den oben genannten Maßstäben (s oben d und e) geboten, im Interesse des Versichertenschutzes den “sicheren” Weg zu wählen und die TAVI-Behandlung spezialisierten Krankenhäusern vorzubehalten, in denen beide Fachabteilungen vorhanden sind.
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3. Die Klägerin kann sich auch nicht auf die Übergangsregelung in § 9 Satz 1 MHI-RL berufen.
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Danach konnten TAVI-Leistungen bis zum 30.6.2016 auch von Krankenhäusern mit einer Fachabteilung für Innere Medizin und Kardiologie erbracht werden, die keine Fachabteilung für Herzchirurgie aufwiesen, diese Leistungen jedoch im Zeitraum vom 1.1.2013 bis zum 30.6.2014 bereits erbracht hatten.
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Die MHI-RL ist erst am 25.7.2015 in Kraft getreten und regelt die Leistungserbringung insgesamt erst ab diesem Tag (s auch oben 2. b). Eine rückwirkende Geltung ist weder in § 9 MHI-RL noch sonst in der MHI-RL angeordnet. Sie lässt sich auch nicht dem Regelungszweck des § 9 MHI-RL entnehmen. Die Leistungserbringung vom 1.1.2013 bis 30.6.2014 soll durch die Regelung nicht legitimiert werden, sondern ist vielmehr Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Übergangsregelung. Durch diese sollte den Krankenhäusern, die in dem vorgenannten Zeitraum TAVI-Leistungen auch ohne Vorhandensein einer herzchirurgischen Fachabteilung erbracht haben, Gelegenheit gegeben werden, die erforderlichen organisatorischen Umstrukturierungen vorzunehmen und ggf zu klären, ob sie im Rahmen des Krankenhausplans die Ausweisung für die weitere Fachabteilung erhalten können. Dabei ist der GBA davon ausgegangen, dass sich bei den betreffenden Krankenhäusern in dem Bezugszeitraum bereits eine Routine bei der Erbringung von TAVI entwickelt hat, die zusammen mit den weiteren Vorgaben des § 9 Satz 3 und 4 MHI-RL (Abschluss einer Kooperationsvereinbarung, Anforderungen an die Prozessqualität) im Rahmen einer Abwägung zwischen den berechtigten Interessen der Krankenhäuser und dem Schutzinteresse der betroffenen Patientinnen und Patienten die weitere Leistungserbringung in dem Übergangszeitraum rechtfertigt (vgl die Tragenden Gründe zum Beschluss vom 22.1.2015 zu der MHI-RL, S 20 f). Diese rechtfertigenden Gründe greifen für die Zeit vom 1.1.2013 bis 30.6.2014 nicht ein. Weder kann hier pauschalierend von einer bereits entwickelten Routine ausgegangen werden, noch vom Abschluss einer die Patienteninteressen hinreichend wahrenden Kooperationsvereinbarung. Krankenhäuser ohne herzchirurgische Fachabteilung, die in diesem Zeitraum TAVI-Leistungen erbracht haben, haben dies vielmehr trotz des Fehlens konkreter rechtlicher Vorgaben und eines breiten fachlichen Konsenses getan. Insofern besteht auch kein Bedürfnis für die Einräumung eines Vertrauensschutzes, zumal die Krankenhäuser die Möglichkeit gehabt hätten, ihre Berechtigung zur Leistungserbringung im jeweiligen Einzelfall durch die KK vorab verbindlich klären zu lassen (vgl Bockholdt in Hauck/Noftz, SGB V, § 109 RdNr 185 mwN, Stand Mai 2020).
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.