Medizinrecht

Leistungen, Rentenversicherung, Anordnungsgrund, Anordnungsanspruch, Altersrente, Erwerbsminderungsrente, Verwaltungsakt, Verletzung, Antragsteller, Rehabilitation, Beitragserstattung, Verpflichtungsklage, Form, Rentenantrag, Deutsche Rentenversicherung, allgemeine Leistungsklage, Bundesrepublik Deutschland

Aktenzeichen  S 3 R 401/21 ER

Datum:
15.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 45154
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag vom 26.08.2021 wird abgelehnt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt von der Beklagten Zahlung einer Mindest-Rentenforderung im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.
Der Antragsteller hat bei der DRV H. am 13.02.2021 Kontenklärung beantragt. Diesen Antrag hat die Deutsche Rentenversicherung H. an die Antragsgegnerin abgegeben, dort sind die Unterlagen am 19.02.2021 eingegangen.
Am 18.02.2021 hat der Antragsteller bei der DRV H. Rentenantrag gestellt, formlos.
Die Antragsgegnerin hat sich mit Schreiben vom 10.03.2021 an den Antragsteller gewandt und ausgeführt, dass dieser einen formlosen Antrag auf Zahlung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt habe. Dieser Antrag sei rechtswirksam gestellt. Allerdings sei die Antragsgegnerin für die Entscheidung über den Rentenantrag auf die Mithilfe des Antragstellers angewiesen.
Mit Schreiben vom 30.03.2021 hat der Antragsteller sich zu den Fehlzeiten im Kontenklärungsverfahren geäußert.
Die Gemeinde A. ist an den Antragsteller herangetreten wegen Aufnahme eines Formblattantrages Rente. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 28.04.2021 ausgeführt, dass ein Rentenantrag keiner gesetzlichen Form unterliege. Die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 18.05.2021 den Rentenantrag abgelehnt. Sie hat ausgeführt, dass dem Antrag auf Rente vom 18.02.2021 nicht entsprochen werden könne, solange der Antragsteller nicht mitwirke. Der Antragsteller hat der Antragsgegnerin eine ärztliche Bescheinigung der Fachärztin für Allgemeinmedizin K. vorgelegt. Diese hat eine Empfehlung zum kurzfristigen Eintritt in eine Station mehrere Sanatoriumsbehandlungen von vier bis sechs Wochen Dauer medizinisch bestätigt. Diese ärztliche Bescheinigung datiert vom 05.06.2013.
Am 09.07.2021 ist die Klage mit dem Aktenzeichen S 3 R 321/21 bei dem Sozialgericht Bayreuth eingegangen. Der Antragsteller hat mit der Klagebegründung vom 07.07.2021 ausgeführt, dass Klage erhoben werde gegen die Deutsche Rentenversicherung wegen vorenthaltenen Rentenanspruchs von 10.000,00 € infolge einer Verletzung der Gesundheit des Verletzten, gem. § 843 BGB sowie § 221 Abs. 1-2 StGB, insbesondere aber des Verstoßes gegen § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 4 und 8, sowie § 8 Abs. 6 des Völkerstrafgesetzbuch, verursacht durch Organe des Bundes, hier der Landkreis O. in seiner Form als Träger der Landeseigenen Kreissparkasse, der Anstalt des öffentlichen Rechts, durch Billigung der rechtswidrigen Herbeiführung einer Insolvenz und daraus resultierenden Verlust von Hab und Gut, der privaten Altersvorsorge in Form von Lebensversicherungen, sowie der Gesundheit des Antragstellers.
Der Antragsteller hat außerdem zur Begründung seiner Klage auf Rechtsnormen hingewiesen, die seiner Ansicht nach entscheidungserheblich seien, nämlich Artikel 25 GG, UN-Resolution 56/83 und die Gesetze zur Bereinigung des Besatzungsrechts vom 30.11.2007, nach denen wieder vollumfänglich Besatzungsrecht gelte, insbesondere Nr. 52-53.
Die Antragsgegnerin hat mit Schreiben vom 22.07.2021 ausgeführt, dass der Antragsteller sinngemäß eine allgemeine Leistungsklage erhoben habe und eine sofortige Auszahlung von monatlich 3.141,00 € begehre. Hierfür würden keine sozialrechtlichen Regelungen existieren. Soweit der Antragsteller seine Ansprüche auf Völkerrecht gründe, wäre Anspruchsgegnerin die Bundesrepublik Deutschland.
Am 26.08.2021 ist bei dem Sozialgericht Bayreuth der Antrag auf Entscheidung im Eilverfahren eingegangen.
II.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist Voraussetzung, dass ein dem Antragsteller zustehendes Recht oder rechtlich geschütztes Interesse vorliegen muss (Anordnungsanspruch), das ohne Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes vereitelt oder wesentlich erschwert würde, sodass dem Antragsteller schwere, unzumutbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (Anordnungsgrund).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund stehen nicht isoliert nebeneinander; es besteht vielmehr eine Wechselbeziehung der Art, dass die Anforderungen an den Anordnungsanspruch mit zunehmender Eilbedürftigkeit bzw. Schwere des drohenden Nachteils (dem Anordnungsgrund) zu verringern sind und umgekehrt (Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14.03.2019, Az. L 7 AS 634/19 ER-B).
Im vorliegenden Falle ist kein Anordnungsanspruch gegeben. Die Erfolgsaussichten der Hauptsacheklage sind gleich null.
Das Gericht hat im Sinne der Meistbegünstigung mehrere prozessuale Alternativen geprüft.
1. Der Leistungskatalog der Antragsgegnerin ergibt sich aus dem SGB VI und dem SGB IV. Er umfasst folgende Leistungen:
– Leistungen zur Prävention, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben und zur Nachsorge
– Übergangsgeld
– Ergänzende Leistungen nach § 64 Abs. 1 Nr. 2-6 und Abs. 2 sowie §§ 73,74 SGB IX
– Sonstige Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 31 SGB VI
– Versichertenrente wie Altersrente oder Erwerbsminderungsrente
– Renten wegen Todes (Witwen- oder Witwerrente, Waisenrente, etc.)
– Beitragserstattung
– Verzinsung nach dem SGB IV
Erstattung zu Unrecht erbrachter Beiträge nach § 26 SGB IV
– Verschiedene Ansprüche auf Auskunft und Beratung
– Weitere, praktisch wenig relevante Leistungen
2. Soweit die Klage auf § 843 BGB gestützt wird, ist die Zuständigkeit eines Sozialgerichts nicht gegeben. Ansprüche nach § 823 ff. BGB fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte, d.h. Amtsgericht oder Landgericht, streitwertabhängig.
3. Soweit die Klage auf § 221 Abs. 1-2 StGB, § 6 Abs. 2, § 7 Abs. 4 und 8 und § 8 Abs. 6 des Völkerstrafgesetzbuches gestützt wird, ist die Klage unbegründet.
§ 221 StGB stellt eine strafrechtliche Norm dar.
Die vom Antragsteller erwähnten Rechtsvorschriften aus dem Völkerstrafgesetzbuch regeln die Straftatbestände Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen gegen Personen. Auch hierbei handelt es sich um strafrechtliche Normen, die weder Schadensersatzansprüche noch Rentenansprüche zum Inhalt haben.
Artikel 25 Grundgesetz legt fest, dass die allgemeinen Regeln des Völkerrechts Bestandteil des Bundesrechts sind und den Gesetzen vorgehen und unmittelbare Rechte und Pflichten für Personen für die Bewohner des Bundesgebietes erzeugen. Spezifische Ansprüche auf Schadensersatz oder Rente sind damit nicht verbunden.
Soweit die UN-Resolution 56/83 einen Schadenersatzanspruch gewährt (Artikel 36, vgl. Klageschrift vom 07.07.2021) ist dieser jedenfalls nicht gegen die Beklagte gerichtet.
4. Soweit der Antragsteller sich gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 18.02.2021 wendet, durch welchen die Antragsgegnerin den Rentenantrag des Antragstellers abgelehnt hatte, weil der Antragsteller nicht am Verwaltungsverfahren mitgewirkt hat, ist die Klage unzulässig. Es fehlt an der Durchführung eines Widerspruchsverfahrens (vgl. § 78 SGG). Es handelt sich um eine unverzichtbare Prozessvoraussetzung.
5. Soweit der Antragsteller Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI begehrt, ist die Klage ebenfalls unzulässig.
Für die Zulässigkeit der Verpflichtungsklage ist erforderlich, dass die allgemeinen Prozessvoraussetzungen vorliegen und der Kläger behauptet, durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktes beschwert zu sein, weil sie rechtswidrig sei. Es muss ein Verwaltungsakt begehrt werden, nicht unmittelbar eine Leistung.
Der Verwaltungsakt muss zuvor bei dem zuständigen Versicherungsträger oder der zuständigen Behörde beantragt und abgelehnt worden sein; vor Erhebung der Verpflichtungsklage in Form der Vornahmeklage muss ein Vorverfahren (Widerspruchsverfahren) durchgeführt worden sein (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer § 54 Sozialgerichtsgesetz § 54 Rn. 20).
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
6. Soweit der Antragsteller mit seiner Klage die Gewährung eines Vorschusses gem. § 42 SGB I begehrt, ist die Klage als allgemeine Leistungsklage zulässig. Sie ist jedoch unbegründet, weil der Anspruch auf die Gewährung eines Vorschusses voraussetzt, dass der Anspruch auf die Geldleistung dem Grunde nach besteht.
Dieser Fall ist nicht gegeben. Mangels Mitwirkung des Antragstellers konnte die Antragsgegnerin nicht feststellen, dass dem Antragsteller eine Rente wegen Erwerbsminderung zusteht.


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